Neue und alte Fischarten auf dem Markt - who is who?

Dr. Elke Müller-Hohe, Dr. Klaus Pietsch, CVUA Freiburg, Dr. Tabea Pflaum, Dr. Manfred Möllers, CVUA Karlsruhe, Dr. Gabriele Engler-Blum, CVUA Sigmaringen

 

ScholleAktueller Hintergrund

Eine ständig wachsende Nachfrage und die Möglichkeiten des globalen Handels haben zu einer starken Zunahme von unterschiedlichen Fischarten auf dem deutschen Markt geführt. Das für die Vermarktung von Fischen verbindliche Verzeichnis von Handelsbezeichnungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) verzeichnet jährlich einen Zuwachs von neuen Arten.

 

Für eine korrekte Etikettierung müssen u.a. die Handelsbezeichnung der Art sowie der wissenschaftliche Name aufgeführt werden. Teilweise werden unterschiedliche Fischarten auch unter einer Bezeichnung zusammengefasst. So dürfen zum Beispiel die unterschiedlichen atlantischen und pazifischen Lachsarten unter der Bezeichnung „Lachs” zusammengefasst werden. Gleiches gilt auch für den „Seeteufel” (auch „Angler” oder „Lotte”). Unter dieser Bezeichnung werden die atlantischen Lophius-Arten (z.B. Lophius piscatorius) mit der einzigen pazifischen Art (Lophius litulon) zusammengefasst.

 

Unter der Bezeichnung Seezunge, Heilbutt und Scholle darf jeweils nur eine ganz bestimmte Fischart gehandelt werden. Verwandte Arten müssen hingegen andere Bezeichnungen tragen.
Im Einzelhandel und bei verpackter Ware kann der Verbraucher die wissenschaftliche Bezeichnung in der Kennzeichnung zur Information heranziehen. Dies ist in der Gastronomie nur selten möglich.
Für den Verbraucher muss aber die Fischart klar erkennbar sein, damit er eine fundierte Kaufentscheidung treffen kann.

 

Die CVUAs Baden-Württembergs überprüfen regelmäßig Produkte in Bezug auf die richtige Artenbezeichnung. Die Bestimmung der Fischarten erfolgt überwiegend mittels molekularbiologischer Methoden (PCR und DNA-Sequenzierung) aber auch anhand morphologischer Merkmale. Die schnelle Entwicklung auf dem Markt, vor allem hinsichtlich Fischarten aus dem asiatischen Raum, und aus neuen Fanggebieten, stellen auch eine analytische Herausforderung dar [1].

Die Ergebnisse

Die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse aus den Untersuchungen der vergangenen Jahre sind in diesem Beitrag zusammengestellt. Die Proben wurden in den Jahren 2010 bis 2014 auf allen Handelsebenen sowie in Gaststätten und Restaurants erhoben.
Untersucht wurden sowohl frische oder tiefgekühlte Fische als auch zubereitete Fische, z.B. in Fertiggerichten oder ausgewählten Fischerzeugnissen.

SteinbuttPlattfische

Bei Plattfischproben wurden häufig nicht zutreffende Bezeichnungen festgestellt. Dies ergibt sich einerseits aus dem „Klassiker” Seezunge, wo insbesondere in der Gastronomie oft „Seezunge” auf der Speisekarte steht, obwohl Tropen-, Rot- oder eine andere Zunge auf dem Teller liegt. Andererseits werden Heilbuttproben im Einzelhandel meist falsch bezeichnet. Es handelte sich hierbei ganz überwiegend um den Schwarzen Heilbutt, in der Regel geräuchert. Trotz des ähnlichen Namens handelt es sich beim „Heilbutt”, der auch als „Weißer Heilbutt” bezeichnet werden kann, und beim „Schwarzem Heilbutt” um verschiedene Fischarten mit sehr unterschiedlichem Fettgehalt. „Seezunge” und „Heilbutt” sind seltener und deutlich wertvoller als andere Zungen und „Schwarzer Heilbutt” daher sind sie erheblich teurer.

 

Grafik Plattfische

 

„Neue Fischarten”

SnapperIm Rahmen eines Projektes wurden Fischarten untersucht, die nicht zu den klassischen deutschen Speisefischen gehören. Teilweise war die angegebene wissenschaftliche Bezeichnung korrekt angegeben und „nur” die deutsche Bezeichnung nicht zutreffend. Teilweise stimmten weder die wissenschaftliche Bezeichnung noch die Handelsbezeichnung.

Bei den „neuen Fischarten”, vor allem in der Gruppe der Meerbarben und der Schnapper konnten mehrere Proben mit der Sequenzierung nicht eindeutig identifiziert werden. Es handelt sich in beiden Fällen um Familien mit zahlreichen Gattungen und Spezies. So dürfen in Deutschland unter der Bezeichnung „Meerbarbe” über 80 verschiedene Fischarten der Familie Mullidae und unter der Bezeichnung „Schnapper” oder „Snapper” alle Lutjanidae mit mehr als 100 Arten vermarktet werden.

 

"Neue Fischarten"

 

ButtermakreleSonstige Arten und Fischerzeugnisse

Kaum auffällige Befunde wurden bei Fischarten wie Lachs, Seelachs, Kabeljau, Zander oder Seeteufel festgestellt. Dasselbe gilt für Fischrogen-Erzeugnisse.

 

Allerdings fielen vor allem die „Butterfische” auf, welche als Lepidocybium flavobrunneum oder Fische der Familie Gempylidae identifiziert wurden. Diese müssen korrekt als „Buttermakrelen” bezeichnet werden. Aufgrund ihres hohen Gehaltes an für viele Menschen unverträglichen Wachsestern existieren darüber hinaus für diese Fische spezielle Kennzeichnungsvorschriften, die auf mögliche Verdauungsstörungen nach Verzehr dieser Erzeugnisse hinweisen.

 

sonstige Fischarten und Fischerzeugnisse

 

Das Untersuchungsverfahren

An den CVUAs Baden-Württembergs werden Fischarten mit molekularbiologischen Methoden, vor allem mittels DNA-Sequenzierung, bestimmt. Aus den Fischproben wird die DNA extrahiert. Aus der DNA wird zunächst ein Abschnitt des mitochondrialen Cytochrom-b-Gens mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) vervielfältigt (s. Abb. a) und anschließend sequenziert. Über einen sogenannten BLAST-Search der amplifizierten und sequenzierten DNA-Sequenz mit der Sequenz-Datenbank "GenBank" des National Center for Biotechnology Information (NCBI) erfolgt die Identifizierung der Fischart (s. Abb. b) [2-4].

Alternativ können Fischarten auch anhand des Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus (RFLP, engl.: Restriction Fragment Length Polymorphism) bestimmt werden. Bei dieser Methode werden die mittels PCR vervielfältigten DNA-Fragmente aus dem mitochondrialen Cytochrom-b-Gen mit ausgewählten Restriktionsenzymen geschnitten (Restriktionsverdau). Die erhaltenen Restriktionsfragmente werden anschließend mittels Agarose-Gelelektrophorese aufgetrennt und sichtbar gemacht. Je nach Fischart werden verschiedene Fragmente erhalten, so dass eine Fischartbestimmung anhand der gebildeten Fragmentmuster möglich ist.

Elektropherogramm

Abbildung: Molekularbiologische Untersuchung von Fischproben

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

Literatur

  1. Rehbein, H., Müller-Hohe, E. und Hanel, R. (2009) Falsche Fische - ein Bericht über die Schwierigkeiten der Identifizierung einer „Seezunge". Informationen aus der Fischereiforschung (Information on Fishery Research) 56 (1), pp. 35-40.
  2. Rehbein, H., Köppel, R. und Hankeln, T. (2012) Leitfaden für die Lebensmittelüberwachung zur Identifizierung der Fischart durch DNA-Sequenzierung von PCR-Produkten. Journal für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit 7 (3), 255-260.
  3. Amtliche Sammlung von Untersuchungsverfahren nach §64 LFGB: L 10.00-12 Fischartbestimmung in rohen Fischen und Fischerzeugnissen durch Sequenzanalyse von Cytochrom-b-Sequenzen
  4. NCBI, Blast Nukleotid-Alignment

 

 

Artikel erstmals erschienen am 27.03.2015