Neue Wege zum Nachweis von pathogenen Bacillus cereus

Interdisziplinäres Team des CVUA Stuttgart setzt auf „Infrarot-Fingerabdruck“ in Lebensmittel-Erkrankungsproben

Dr. Jörg Rau

 

Das CVUA Stuttgart ist in Baden-Württemberg Zentrallabor für Lebensmittel, die im Verdacht stehen, eine Erkrankung hervorgerufen zu haben. Ein Verursacher lebensmittelbedingter Erkrankungen ist hierbei Bacillus cereus (B. cereus), ein variantenreiches Umweltbakterium. Wer Pech hat und mit kontaminierten Lebensmitteln genügend dieser Keime aufnimmt, kann von Durchfall geplagt werden. Einige Varianten können auch Erbrechen verursachen. Schuld daran ist ein hitzestabiles Toxin, das sogenannte Cereulid, das von diesen Stämmen gebildet wird.

Die Identifizierung von B. cereus wird in der Routine vieler Lebensmittellaboratorien mit einer Methode aus der offiziellen Sammlung amtlicher Untersuchungsverfahren (§64 LFGB Methode 00.00-25) durchgeführt. Die damit identifizierten Bacilli werden als „präsumtive B. cereus“ bezeichnet, eine relativ unspezifische Sammelbezeichnung für pathogene und nicht-pathogene B. cereus, die zusätzlich noch nah verwandte B. thuringiensis einschließt.

Die Infrarotspektroskopie (IR) bringt Licht ins Dunkel dieses Cocktails aus teils harmlosen und teils krank machenden Bazillen. In Kombination mit einer auf künstlichen neuronalen Netzen gestützten Datenanalyse wurde die IR bereits in vielen Fällen zur Differenzierung von Mikroorganismen erfolgreich eingesetzt. Dabei ließen sich nicht nur die jeweilige Gattung und Art zuordnen, sondern auch Unterart-spezifische Eigenschaften abbilden.

Nun wurde eine IR-Methode zur näheren Unterscheidung der „präsumtiven B. cereus“ auf Artebene (B. cereus / B. thuringiensis) im Umfeld nah verwandter Bakterien erstellt. Die Fähigkeit, das Cereulid-Toxin zu bilden wurde einerseits durch molekularbiologischen Nachweis des entsprechenden Gens (mittels PCR) und andererseits durch direkten Nachweis des Toxins (mittels LC-MS) überprüft. Auf Basis dieser Daten wurde eine weitere IR-Methode zur schnellen Identifizierung von cereulidbildenden B. cereus erstellt.

 

Im Rahmen der Studie wurde auch erstmals in Deutschland die Isolierung von seltenen „Bacillus cytotoxicus“ aus Lebensmitteln beschrieben. Hierbei handelt es sich ebenfalls um potentielle Krankheitserreger, die eine noch höhere Toleranz gegen Hitze besitzen als B. cereus. Daher ist “B. cytotoxicus“ bei lang warmgehaltenen Speisen möglicherweise besonders kritisch.

 

Die Bewährungsprobe der IR-Methode ließ nicht lange auf sich warten: Anlässlich eines lebensmittelbedingten Erkrankungsfalls konnte sie erfolgreich eingesetzt werden. Hierbei hilft die enge Zusammenarbeit mit den Experten des Landesgesundheitsamtes – einer Abteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart: In einer Kantine waren kurz nach dem Essen mehrere Personen erkrankt. Der Lebensmittelkontrolleur konnte vor Ort Reste des Menüs sicherstellen. Die Untersuchungen am CVUA Stuttgart zeigten, dass im verzehrten Menü das Toxin und cereulidbildende B. cereus enthalten waren. Proben des beliefernden Caterers und die von den Erkrankten erhaltenen Proben enthielten ebenfalls die krankmachenden Bakterien. Der Vergleich im IR zeigte die große Ähnlichkeit der isolierten B. cereus aus Lebensmittel und den Proben der Patienten. Die eindeutige Zuordnung erlaubte die Aufklärung der Infektionskette. Schuld war hier der gekochte Reis mit Soße, der deutliche Mengen des toxischen Cereulids enthielt.

 

Abbildung: Präsumptive Bacillus cereus auf Schafblutagar.

Abbildung: Präsumptive Bacillus cereus auf Schafblutagar

Zu sehen sind nach einem Tag Bebrütung bei 30°C (rechts) und 55°C (links)

1 B. cereus

2 B. cereus (cereulidbildend)

3 B. thuringiensis

4 "B. cytotoxicus"

 

Quellen

Rau, J., R. Perz, G. Klittich, M. Contzen (2009)
Cereulidbildende präsumtive Bacillus cereus aus Lebensmitteln - Differenzierende Untersuchungen mittels kultureller Methoden, LC-MS/MS, PCR und Infrarotspektroskopie unter Berücksichtigung thermotoleranter Vertreter.

Berl. Münch. Tierärztl. Wochenschr. 122 (1-2): 25 -36

Siehe hierzu auch unser Beitag „Bakteriengift von Bacillus cereus chemisch nachweisbar“ vom 09.02.2004

 

Artikel erstmals erschienen am 19.01.2009