Erstellung eines Screeningverfahrens für die Fruchtsaftanalytik
Ein Bericht aus unserem Laboralltag
Thomas Kapp
Um Fruchtsäfte hinsichtlich ihrer Zusammensetzung zu charakterisieren und eventuelle Abweichungen in der Beschaffenheit oder gar Verfälschungen aufzudecken ist es erforderlich, ein breites Spektrum an Analysenparametern zu untersuchen. Enzymatische, photometrische oder nasschemische Methoden, die üblicherweise zu diesem Zweck eingesetzt werden, haben den Nachteil, dass sie mitunter sehr zeitaufwändig und ressourcenintensiv sind. Dies gilt vor allem dann, wenn größere Probenzahlen untersucht werden sollen. Unter Analytikern erfreuen sich daher seit einiger Zeit spektrometrische Screeningverfahren wachsender Beliebtheit. Insbesondere die FTIR-Spektroskopie (siehe Infokasten) in Verbindung mit Verfahren der multivariaten Datenanalyse erwies sich hierbei als enorm leistungsfähig.
FTIR-Spektroskopie
Bei der Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie (FTIR-Spektroskopie) handelt es sich um ein Messverfahren, bei dem Breitband-Infrarotstrahlung (elektromagnetische Strahlung mit Wellenlängen im Mikrometer-Bereich) durch eine mit Probe befüllte Messzelle geschickt wird. Die Probe absorbiert dabei abhängig von ihrer Zusammensetzung charakteristische Anteile der Strahlung. Da im Gegensatz zur klassischen Infrarot-Spektroskopie ein ganzer Wellenlängenbereich gleichzeitig gemessen wird, kommt es zur Bildung von Interferenzen. Aus dem nach Probenpassage aufgenommenen Interferogramm kann mit Hilfe eines mathematischen Verfahrens, der Fourier-Transformation, das Infrarotspektrum der Probe errechnet werden. Dieses wiederum bildet die Grundlage für statistische Berechnungen, die schließlich Aussagen über die Zusammensetzung der Probe hinsichtlich Art und Menge einzelner Bestandteile erlauben.
Da eine störungsfreie Untersuchung mittels FTIR-Spektroskopie klare Proben erfordert, müssen trübe Säfte vorab einer Klärung unterzogen werden. Klare Säfte können direkt, also ohne jegliche Probenvorbereitung gemessen werden.
Folgende Parameter gehören zum derzeitigen Untersuchungsumfang der Schnellmethode:
- pH-Wert
- relative Dichte
- Extraktgehalt
- Gehalte verschiedener Zuckerarten (Glucose, Fructose, Saccharose)
- Gesamtsäuregehalt
- Gehalte organischer Säuren (Citronensäure, Äpfelsäure, Weinsäure)
- Sorbit
Die Leistungsfähigkeit des Verfahrens zeigte sich bereits im Zuge der Kalibrierung des Spektrometers für die Fruchtsaftanalytik. Für insgesamt 100 Säfte und Nektare unterschiedlicher Fruchtarten wurden die genannten Parameter zunächst nach traditionellen analytischen Methoden bestimmt. Anhand der dadurch erhaltenen Referenzwerte erfolgte dann die FTIR-Kalibrierung. Der sehr kurze Probenzyklus der FTIR-Methode (ca. 90 Sekunden pro Probe) ermöglichte die Messung aller 100 Proben in knapp drei Stunden, wohingegen die konventionelle Referenzanalytik mehrere Wochen Arbeit bedeutete.
Probenvorbereitung für trübe Säfte: Auch die Analyse größerer Probenserien ist mit dem neuen Screeningverfahren schnell erledigt. Die Bestimmung von elf Analysenparametern in 50 Saftproben dauerte nur knapp 1,5 Stunden.
Traditionelle Analytik dennoch nicht verzichtbar
Obwohl sich die Genauigkeit der Methode für die meisten Parameter als sehr gut erwiesen hat, kann auf die konventionellen Analysenverfahren dennoch nicht verzichtet werden. Als Übersichtsanalyse soll die Schnellmethode vielmehr dazu dienen, auffällige Proben zu identifizieren, die dann gezielt den anerkannten amtlichen Untersuchungsverfahren unterworfen werden. Durch die Steigerung des Probendurchsatzes einhergehend mit einer Fokussierung aufwändiger Analytik auf tatsächlich relevante Problemfälle führt das entwickelte FTIR-Screeningverfahren zu einer Effizienzsteigerung in der Überwachung von Fruchtsäften und dient damit nicht zuletzt auch dem Schutz von Verbraucherinteressen.
Quellen
AIJN European Fruit Juice Association, Market Report 2010 – Liquid Fruit
Bildernachweis
Apfelsaft, andi-h, Pixelio.de, Image-ID=479616.
CVUA Stuttgart