Wenn beim Grillen das Fett auf die Holzkohle tropft ....

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Rüdiger Weißhaar

 

Wissenschaftler des CVUA Stuttgart weisen erstmals nach, dass beim Grillen auch erhebliche Mengen an Glycdiylestern und 3-MCPD-Estern entstehen können.

Schon seit einigen Jahren beschäftigt man sich am CVUA Stuttgart mit zwei unerwünschten Lebensmittelkontaminanten, nämlich mit den Fettsäureestern des 3-MCPD (3-MCPD-Ester) und des Glycidol (Glycidylester).

 

Noch ist nicht sicher bekannt, ob diese Stoffe tatsächlich ein Gesundheitsrisiko für den Verbraucher darstellen, man weiß aber, dass die zugrunde liegenden Verbindungen 3-MCPD und Glycidol nicht unbedenklich sind: 3-MCPD kann bei Versuchstieren (gutartige) Tumore erzeugen, Glycidol kann bei Versuchstieren und wahrscheinlich auch beim Menschen Krebs erzeugen, die International Agency for Research on Cancer (IARC) hat daher Glycidol, wie z.B. auch Acrylamid, in die Gruppe 2A („probably carcinogenic to humans“) eingestuft.

 

Wegen des ungeklärten Gesundheitsrisikos sollte man bei der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln die Bildung dieser Stoffe vermeiden, so weit dies sinnvoll möglich ist. Wie das Beispiel Säuglingsmilchnahrung zeigt, konnte inzwischen in einigen Bereichen eine deutliche Absenkung der Gehalte, insbesondere an Glycidylestern, erreicht werden.

 

Bisher ist man davon ausgegangen, dass 3-MCPD-Ester und Glycidylester in erster Linie bei der Raffination von Speisefetten und Speiseölen gebildet werden, doch jetzt haben Wissenschaftler des CVUA Stuttgart eindeutig nachgewiesen, dass sie auch beim Grillen von fetthaltigen Lebensmitteln in erheblichem Umfang entstehen können.

 

Schmuckelement.Dazu wurde in einem ersten Schritt Speiseöl auf glühende Holzkohle getropft, die entstehenden Dämpfe wurden in einer Glasapparatur aufgefangen (siehe Abbildung) und anschließend analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass die Dämpfe 3-MCPD-Ester und Glycidylester enthalten. Die Mengen waren beträchtlich: pro Gramm Fett konnten mehrere Milligramm an estergebundenem Glyciol und 3-MCPD nachgewiesen werden. Es zeigte sich auch dass wesentlich mehr Glycidylester (bis zu 10 mal mehr) als 3-MCPD-Ester gebildet werden.

 

 

Schmuckelement.

 

Es stellte sich natürlich sofort die Frage, ob diese Substanzen nicht nur in einer Versuchsapparatur, sondern auch beim Grillen unter realistischen Bedingungen gebildet werden.

 

Um diese Frage zu beantworten musste das Labor zeitweise als Grillplatz herhalten: typischen Grillfleischerzeugnisse wie Schweinehals, Schweinebauch, Rostbratwurst etc. wurden auf Holzkohlengrills verschiedener Bauart, sowie Elektro- und Gasgrill in haushaltsüblicher Weise gegrillt.

 

 

Das Resultat der Versuche war eindeutig:

Glycidylester (und 3-MCPD-Ester) werden beim herkömmlichen Grillen mit Holzkohle in erheblichem Umfang gebildet und finden sich auch im Grillgut wieder.

 

Die Gehalte im Grillgut schwanken allerdings sehr stark und sind abhängig von der Art des Grillguts und von der Art und Weise, wie gegrillt wird.

Mit fettreichem Grillgut, wie Schweinebauch, fettreicher Bratwurst, stark ölmariniertem Grillfleisch bilden sich deutlich mehr unerwünschte Substanzen, als mit fettarmen Grillgut.

Auf einem Gas- oder Elektrogrill bleibt die Bildung von 3-MCPD-Estern und Glycidylestern und auch von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) weitgehend aus, im Gegensatz zum konventionellen Holzkohlegrill. Bei den Holzkohlegrills spielt der Abstand zwischen Glut und Grillgut eine ganz wichtige Rolle; je näher das Grillgut an der Glut, desto höher der Gehalt an Glycidylestern im Grillgut.


Die höchsten Gehalte bei unseren Grillversuchen fanden sich in Schweinebauch, mariniertem Schweinehals und Rostbratwurst, die auf einem Einmalgrill (mit minimalem Abstand zwischen Grillgut und Glut) gegrillt wurden. Gehalte bis zu 3 Milligramm pro kg an estergebundenem Glycidol und bis zu 6 Mikrogramm pro kg an Benzo-a-pyren, einem krebserregenden PAK, wurden dabei im fertig gegrillten Lebensmittel festgestellt.
Noch wesentlich höhere Gehalte an Glycidylestern, 3-MCPD-Estern und PAKs wurden übrigens in der Fettkruste, die an den Grillgittern haftet, gefunden.

 

Das Fazit der Grillversuche lässt sich ganz einfach beschreiben:

Die Bildung von unerwünschten Substanzen, insbesondere von Glycidylestern lässt sich wirksam vermeiden, wenn verhindert wird, dass Fett direkt auf die glühende Holzkohle oder auf eine andere glühende Fläche (z.B. Heizstäbe) tropft.

 

Hier die wichtigsten Regeln für ein unbeschwertes Grillen:

  • Fettreiches Grillgut nicht direkt auf den Rost legen, sondern Grillschalen o.ä. verwenden.
  • Wenn aus Geschmacksgründen auf Grillschalen verzichtet wird, sollte man vor dem Grillen wenigsten den Überschuss an Ölmarinade mit Küchenkrepp abtupfen und grobe Fettränder des Grillfleisches abschneiden.
  • Möglichst großen Abstand zwischen Grillgut und Glut halten. Die unerwünschten Substanzen werden zwar trotzdem gebildet, sobald Fett auf die Glut herabtropft, aber es schlägt sich ein geringerer Bruchteil davon auf dem Grillgut nieder und zwar umso weniger, je weiter das Grillgut von der Glut entfernt ist.
  • Den Grillrost nicht zu dicht belegen, so dass die entstehenden Dämpfe abziehen können.
  • Bei Verwendung eines Gasgrills mit abgedecktem Brenner oder eines Elektrogrills mit abgedeckten Heizstäben sinkt das Risiko einer Bildung von Glycidylestern und 3-MCPD-Estern auch ohne Grillschalen nahezu auf Null.
 

Das Risiko durch die Bildung von Glycidylestern und 3-MCPD-Estern beim Grillen, lässt sich nach den heutigen Erkenntnissen der Toxikologie noch nicht einschätzen, wer aber auf Nummer sicher gehen will, sollte die genannten, einfachen Regeln beherzigen und dann entspannt das Grillen genießen.

 

Fragen und Antworten zu Glycidol-Fettsäureestern (BfR 2009)

 

Bildernachweis:

Albrecht Maier, CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 01.08.2011