Amtliche Wurstqualitätsprüfung 2012 im CVUA Stuttgart

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Joachim Kuntzer

 

Die amtliche Wurstqualitätsprüfung findet im CVUA Stuttgart traditionell an vier Prüfungsterminen im Jahr statt und dies schon seit über 20 Jahren. Geprüft werden jeweils zehn Würste handwerklicher Herstellung aus der Gruppe der Brüh-, Koch- und Rohwürste. Jede Wurstsorte wird von zwei unabhängigen Prüfergruppen fachkundig in Aussehen, Konsistenz, Geruch und Geschmack bewertet.

 

Schmuckelement.

 

Die Prüfergruppen (durchschnittlich sechs Prüfer pro Gruppe) setzten sich aus Vertreter der Lebensmittelüberwachung, Industrie, Handwerk und Berufsschulen zusammen. Nachdem jede Wurst von zwei unabhängigen Prüfgruppen bewertet wurde, ermittelt der Prüfleiter ein Gesamtergebnis für jede einzelne Wurst. Die Proben stammen aus dem gesamten Regierungsbezirk Stuttgart und wurden von den Lebensmittelkontrolleuren ohne Ankündigung in Metzgereien entnommen. Dies ermöglicht einen realistischen Überblick über die Qualität der entnommenen Wurstproben. Neben dem Hersteller, der über das Ergebnis dieser Prüfung informiert wird, profitiert letztendlich auch der Verbraucher, da bei Sitzungen der Fleischereiinnungen die Prüfergebnisse diskutiert werden und dabei Qualitätseinbußen entgegengewirkt werden kann. Nachfolgend eine Zusammenfassung der vier über das Jahr 2012 verteilten Wurstqualitätsprüfungen im CVUA Stuttgart.

 

Pfefferbeißer 2012:

Foto: Pfefferbeißer.Bei Pfefferbeißer handelt es sich um eine Rohwurst, die ihren typischen Geschmack durch Reifungsaromen und durch die Pfefferwürzung erhält. Für eine Rohwurst ist es sehr wichtig, dass insbesondere durch Reifung und Trocknung rasch ein mikrobiell stabiles Produkt gewonnen wird. In dieser Phase, in der meist mikrobielle Starterkulturen eingesetzt werden, säuert die Wurst ab und es entsteht ein gewünschtes Reifungsaroma. Im Hinblick auf diese anspruchsvolle Technologie (niedriger pH-Wert, gut abgetrocknet, Einsatz von Pökelstoffen) wird daher aus gesundheitlichen Gründen abgeraten, Pfefferbeißer oder andere Rohwürste mittels Anleitung aus dem Internet selbst herzustellen. Soll die Säuerung schneller erreicht werden, kann Glucono-delta-Lacton (E 575) eingesetzt werden. Dies wirkt sich jedoch ungünstig auf den Geschmack (fehlendes Reifungsaroma) aus. Zwei Würste, die wohl zu rasch in den Verkauf gekommen waren, mussten aus der Wertung genommen werden. Bei beiden Würsten war die Reifung nicht abgeschlossen. Bei derart „zu frischer“ Ware besteht ein erhöhtes gesundheitliches Risiko (hier: erhöhtes mikrobiologisches Risiko durch Krankheitskeime wie Salmonellen) für den Verbraucher. Im Prüfkriterium „Geschmack“ waren die Kritikpunkte „dominierender Rauchgeschmack“, „untypische Kümmelwürzung“, „wenig Pfefferaroma“, „zu salzig“, „sehr mager“ (Anmerkung: Vom Hersteller gut gemeint, aber ein zu geringer Fettgehalt kann sich auch negativ auf den Geschmack auswirken) und „beißiger Rauchgeschmack“. Auch Fehlaromen wie „ anranzig“, „“Altgeschmack“, wurden aufgeführt. Das Auge isst mit. So wurde im Merkmal „Äußeres“ ein „faltiger Darm“ bzw. „weißlicher Belag“ (Anmerkung: Bei einem weißlichen Belag handelt es sich meist um Salzkristalle, ein Hinweis auf unsachgemäße (zu warme) Lagerung) kritisiert. Im Vergleich zu den Jahren 2006 und 2009 ergaben sich keine wesentlichen Veränderungen. Auffällig ist insbesondere der Bereich „zufriedenstellend“, „nicht zufriedenstellend“ und „untypische Beschaffenheit“ bedingt durch geschmackliche Abweichungen, Mängel im Äußeren und wie erwähnt Abgabe von zu frischer Ware. Hier sollten die Hersteller ihr Augenmerk darauf richten und dem Verkaufspersonal die Anweisungen erteilen, nicht zu frische Pfefferbeißer abzugeben, auch wenn es manchmal Kundenwunsch ist. Positiv ist zu erwähnen, dass bei einer doch anspruchsvollen Herstellungstechnologie immerhin 79 % Prozent mit „sehr gut“ und „gut“ im Jahr 2012 bewertet wurden. 2009 waren dies 89 % und 2006 wiesen 72 % diese Bewertung auf.

 

Exceldiagramm: Pfefferbeißer 2006/2009/2012.

 

Fleischkäse, grob 2012:

Foto: Fleischkäse, grob.Aus der Gruppe der Brühwürste wurde grober Fleischkäse geprüft, wobei im Merkmal „Äußeres“ keine Abzüge zu verzeichnen waren. Im Merkmal „Aussehen, Farbe,   Zusammensetzung“ wurden sichtbare „knorpelige Anteile“, „zu grober Gelee-,  Fett- und Lufteinschlüsse“ (Anmerkung: Kleinere Lufteinschlüsse sind produktionstechnisch nicht vermeidbar und führen zu keinem Punktabzug), „zu geringe Grobeinlage“ und „Knochensplitter“ festgestellt. Mit Abweichungen wie „kurz im Biss“, „zu fest“, „gummiartig“ oder „unkaubare Bestandteile“ wurden im Merkmal „Konsistenz“ Punktabzüge begründet. Beim „Geruch/Geschmack“ sind die Prüfer in besonderem Maße gefordert, da individuelle Vorlieben bzw. Abneigungen ausgeblendet werden müssen. Die meisten Diskussionen finden daher innerhalb der Prüfergruppe bei diesem Merkmal statt, da die Gruppe die Verpflichtung hat, bei jedem Erzeugnis zu einer Meinung zu kommen. Bei Bewertungen wie „Altgeschmack“, „unfrisch“, „alt“, „altsauer“ oder „verdorben“ ist die einheitliche Meinung schnell gefunden. Schwieriger wird es wenn eine Probe zunächst als „abweichend“ beschrieben wird, da bei Punktabzügen die Abweichungen genau zu benennen sind. So wird schon einiges an Erfahrung von den Prüfern abverlangt, wenn Geschmackseindrücke wie „umami“ (entspricht Glutamat) oder bestimmte Gewürze zu beschreiben sind. Weiterhin kam es zu Punktabzügen wenn der Fleischkäse „zu salzig“ oder „seifig bzw. ein „vorherrschendes Zitronenaroma“ oder eine „einseitige Zwiebelnote“ aufwies. Vergleicht man die Ergebnisse aus 2012 mit denen aus 2001 und 2002 ist eine deutliche Verbesserung der Qualität zu beobachten. Dies zeigt sich zum einen an dem erhöhten Anteil im Bereich „sehr gut“ bis „gut“ von 84 % in 2012 gegenüber 52 % in 2009 bzw. 50% in 2006 und an der Abnahme im Bereich „zufriedenstellend“, „nicht zufriedenstellend“ und „untypische Beschaffenheit“ von 50 % im Jahr 2006 auf 16 % im Jahr 2012. Eine Tendenz, die sich sehen lassen kann.

 

Exceldiagramm: Fleischkäse, grob 2001/2002/2012.

 

Hausmacher Leberwurst 2012:

Foto: Hausmacher Leberwurst.Das Merkmal „Äußeres“ gab bei der Gruppe der Kochwürste in nur wenigen Fällen Anlass zur Kritik. Eine Wurst, die schließlich wegen weiterer Abwertungen komplett aus der Bewertung genommen wurde, wies eine untypische Umrötung (Verwendung von Nitritpökelsalz) auf. Bei einer weiteren Wurst führte ein zu faltiger Darm zu einem Punktabzug. Stark „vergrauend“ und „zu hoher Schwartenanteil“ waren in „Aussehen, Farbe und Zusammensetzung“ die Kritikpunkte. Im Merkmal „Konsistenz“ führten „zu fettig“, „Knorpel“, „zu weich“ und „gummiartig“ zu Punktabzügen. Im  „Geruch und Geschmack“ trennte sich die Spreu vom Weizen. So wurden Eindrücke wie „fehlendes Leberaroma“, „dominantes Zwiebelaroma“, „zu viel Speisewürze“, „zu stark nach Nelke“ oder „zu pfeffrig“ als Kritikpunkte aufgeführt. Eine Prüfgruppe gab mit dem Vermerk „die Beste“ im Protokoll zum Ausdruck, dass auch bei einer eher rustikalen Wurst das Handwerk in der Lage ist ein Spitzenprodukt herzustellen. Auch wenn die Grafik bei den absoluten Zahlen einen deutlichen Rückgang im Bereich „sehr gut“ bis „gut“ von 2009 nach 2012 anzeigt, fällt dieser Trend im Vergleich der prozentualen Anteile geringer aus. So wurden 89 % im Jahr 2009 als „sehr gut“ bis „gut“ bewertet, im Jahr 2012 waren dies nur noch 84 %.

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei allen zitierten Kritikpunkten und mit den damit verbundenen  Punktabzügen, doch ein sehr hoher Anteil der geprüften Wurstsorten eine sehr gute bis gute Qualität bescheinigt wurde.

 

Exceldiagramm: Hausmacher Leberwurst 2001/2002/2009/2012.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 23.01.2013