Fremdkörper, Insektenbefall und Co. – Verbraucherbeschwerden unter der Lupe!

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Bianca Gmeiner

 

Im Labor „Lebensmittel tierischer Herkunft und Feinkostsalate“ des CVUA Stuttgarts wurden 2018 aus unterschiedlichen Produktgruppen 28 Beschwerdeproben untersucht. Die Verbraucherbeschwerden waren vielfältig und zum Teil kurios – Rasierklinge im fleischhaltigen Feinkostsalat! Kunststoff- oder Metallteile in der Rohwurst! Glassplitter im Gulasch! Maden im Börek! – um nur einige Beispiele zu nennen. Nicht alle Beschwerdegründe konnten im Labor nachvollzogen werden. Nichtsdestotrotz wurden 2018 insgesamt 71,4 % der vorgelegten Beschwerdeproben beanstandet, alleine 29 % der Proben wurden als gesundheitsschädlich beurteilt. Unsere Laborergebnisse geben dabei wichtige Hinweise zur Ursachenforschung für die Kontrolle vor Ort.

 

Beschwerdeproben – Beschwerdegründe

Jeder Verbraucher, der in einem Lebensmittel, einem kosmetischen Mittel, einem Bedarfsgegenstand oder Tabak einen Mangel feststellt, kann dies bei seiner Lebensmittelüberwachungsbehörde (LMÜ) melden. In Baden-Württemberg leiten diese Behörden die Beschwerdeproben in der Regel an die Labore der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter (CVUA) zur sachverständigen Beurteilung weiter. Die CVUAs selbst nehmen derartige Proben nicht direkt an.

 

Zu den typischen Beschwerdegründen zählen ein abweichender grobsinnlicher Eindruck der Probe (Geruch, Aussehen, Geschmack), Fremdkörper (u. a. Glas, Kunststoff, Insektenbefall), die Kennzeichnung bzw. Aufmachung, Störung des Wohlbefinden sowie Wertminderungen. Im Jahr 2018 wurden dem Labor für „Lebensmittel tierischer Herkunft“ am CVUA Stuttgart, das auch zuständig für „Feinkostsalate“ und „Mayonnaise“ ist, 28 Beschwerdeproben vorgelegt. Die Beschwerdemängel sowie die vorgelegten Produktgruppen waren dabei sehr vielfältig (siehe Abbildung 1 und 2).

 

Abbildung 1: Beschwerdeproben im Jahr 2018 – Beschwerdemängel des Verbrauchers bei den jeweiligen Proben.

Abbildung 1: Beschwerdeproben im Jahr 2018 – Beschwerdemängel des Verbrauchers bei den jeweiligen Proben

 

Abbildung 2: Beschwerdeproben im Jahr 2018 – Verteilung der untersuchten Produktgruppen (n = 28).

Abbildung 2: Beschwerdeproben im Jahr 2018 – Verteilung der untersuchten Produktgruppen (n = 28)

 

Auch der Angebotszustand der Proben variierte. Die Beschwerdeproben, die z. B. aus dem Einzelhandel stammten, wurden uns sowohl vorverpackt als auch bereits geöffnet vorgelegt. Auch lose Ware aus Dienstleistungsbetrieben, wie beispielsweise Gaststätten, gingen als Beschwerdeprobe ein. In einzelnen Fällen wurde lediglich der Beschwerdegrund (z. B. der Fremdkörper) zur Beurteilung vorgelegt.

 

Beschwerdeproben – Vorgehensweise

Die Beschwerdeproben werden bei Probeneingang in unserem Labor sofort und mit hoher Priorität unter die Lupe genommen. Das Untersuchungsspektrum hängt dabei vor allem vom Grund der Beschwerde ab. Bei vielen Proben erfolgt vorab eine sensorische Prüfung. Dafür bringen sich zum Teil auch Sachverständige anderer Laborbereiche des CVUAs ein. Durch diese interdisziplinäre Zusammenarbeit im CVUA Stuttgart können wir die schnelle und fachgerechte Bearbeitung der vielfältigen Proben gewährleisten.

Neben der sensorischen Prüfung werden verschiedene Analysentechniken angewendet. Beim Fremdkörperfund kann das Material oft bereits durch Infrarotspektroskopie identifiziert werden. Der Tierartennachweis erfolgt teilweise schon in Minuten mittels Matrix-unterstützte Laser Desorption/Ionisation Flugzeit-Massenspektrometrie (MALDI-TOF MS). So kann bei gewachsenem Fleisch das Pferdefleisch eindeutig vom Rindfleisch und der Schafskäse vom Kuhmilchkäse unterschieden werden.

 

Beschwerdeproben – Untersuchungsergebnisse aus 2018 im CVUA Stuttgart

Im Labor für „Lebensmittel tierischer Herkunft“ am CVUA Stuttgart wurden in 2018 insgesamt ca. 2500 Proben untersucht. Hierunter fallen auch Feinkostsalate und Mayonnaise, für deren Untersuchung das Labor zentral in Baden-Württemberg zuständig ist. Bei den Proben handelte es sich überwiegend um Planproben (siehe Infokasten). Neben Planproben wurden auch anlassbezogene Proben wie Verdachts-, Verfolgs- oder Beschwerdeproben untersucht. So wurden dem 2018 insgesamt 28 Beschwerdeproben vorgelegt. Im Vergleich zu den Vorjahren konnte dabei ein leichter Anstieg dieser Probenart beobachtet werden (siehe Abbildung 3).

 

Abbildung 3: Anzahl der Beschwerdeproben in den Jahren 2015 bis 2018 im Labor Tierische Lebensmittel.

Abbildung 3: Anzahl der Beschwerdeproben in den Jahren 2015 bis 2018 im Labor „Tierische Lebensmittel“

 

Abbildung 4: Beanstandungsgründe der Beschwerdeproben im Jahr 2018 im Labor Tierische Lebensmittel.

Abbildung 4: Beanstandungsgründe der Beschwerdeproben im Jahr 2018 im Labor „Tierische Lebensmittel“

 

Von den untersuchten Beschwerdeproben entsprachen 20 nicht den rechtlichen Vorgaben, womit sich eine Beanstandungsquote von 71,4 % berechnet (siehe Abbildung 4). Bei 28,6 % der Beschwerden konnte der Beschwerdegrund bei der Untersuchung im Lebensmittel nicht nachvollzogen werden. Im Vergleich dazu wurden im Jahr 2017 ca. 62,5 % (15 von 24 Beschwerdeproben) beanstandet. Die untersuchten Beschwerdeproben wurden zum größten Teil als gesundheitsschädlich (ca. 29 %) bzw. als nicht zum Verzehr geeignet (ca. 29 %) beurteilt. Dabei hat sich auch im Jahr 2018 gezeigt, dass ein Schädlingsbefall bzw. der Fund von Fremdkörpern (u. a. Glas-, Metall- bzw. Knochensplitter) in Lebensmittelproben keine Einzelfälle sind.

 

Beschwerdegründe – Beispiele

Die Beanstandungsgründe bei den als gesundheitsschädlich beurteilten Proben waren überwiegend scharfkantige, harte Fremdkörper aus Metall, Glas oder Knochen. So wurde u. a. ein fleischhaltiger Salat mit Rasierklinge, Metallkügelchen in Rauchpeitschen, Glassplitter im Gulasch oder ein Knochensplitter im Geflügelsalat eingereicht (siehe Abbildung 5).

 

Abbildung 5: isolierte Fremdkörper in gesundheitsschädlich beurteilten Proben (I: Rasierklinge aus fleischhaltigem Salat, II) Metallkügelchen aus Rauchpeitschen, III) Glassplitter im Gulasch; IV) Knochensplitter im Geflügelsalat).

Abbildung 5: isolierte Fremdkörper in gesundheitsschädlich beurteilten Proben (I: Rasierklinge aus fleischhaltigem Salat, II) Metallkügelchen aus Rauchpeitschen, III) Glassplitter im Gulasch; IV) Knochensplitter im Geflügelsalat)

 

Die Schabe im gemüsehaltigen Salat, die Maden im Börek, die Plastikreste in der Hüttenwurst bzw. die sauer gewordene Vollmilch sind zwar nicht direkt gesundheitsschädlich, aber solche verdorbenen oder ekelerregenden Lebensmittel will kein Verbraucher verzehren. Entsprechend wurden solche Proben als „nicht zum Verzehr geeignet“ beurteilt (siehe Abbildung 6).

 

Abbildung 6: nicht zum Verzehr geeignet beurteilte Proben (I: Maden im Börek (siehe weißer Pfeil), II) Schabe im gemüsehaltigen Salat, IIIa) sauer gewordene Vollmilch; IIIb) sauer gewordene Vollmilch nach Erhitzen (sichtbar durch deutliche Ausflockung); IVa und IVb) Plastikreste in der Hüttenwurst).

Abbildung 6: nicht zum Verzehr geeignet beurteilte Proben (I: Maden im Börek (siehe weißer Pfeil), II) Schabe im gemüsehaltigen Salat, IIIa) sauer gewordene Vollmilch; IIIb) sauer gewordene Vollmilch nach Erhitzen (sichtbar durch deutliche Ausflockung); IVa und IVb) Plastikreste in der Hüttenwurst)

 

Eine abschließende Beurteilung ist bei vielen Beschwerdeproben schwierig. Ein Grund ist oft die weitere Verarbeitung sowie die unsachgemäße Lagerung der Probe im Haushalt des Verbrauchers. Ein weiterer Grund ist zudem, dass nur Probenteile (z. B. der isolierte Fremdkörper) dem CVUA Stuttgart zur Beurteilung vorgelegt wurden und eine amtliche Vergleichsprobe nicht erhoben werden konnte. Die Bewertung im Labor beruht nur auf der vorliegenden Probe oder Probenteil. In welchem Zustand die Probe tatsächlich an den Verbraucher abgegeben wurde, kann im Nachhinein nicht beurteilt werden.

Insbesondere bei Fremdkörperfunden ist eine Betriebskontrolle oft sinnvoll. Im Betrieb gehen die Lebensmittelkontrolleure der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde auf Spurensuche und versuchen vor Ort die Fremdkörper Maschinen, Gefäßen oder Verpackungen zuzuordnen.

Die hohe Beanstandungsquote innerhalb der Beschwerdeproben zeigt, dass der Grund der Verbraucherbeschwerde häufig zutrifft. Dennoch waren ein Viertel der Beschwerdeproben von 2018 im Labor unauffällig. So konnte beispielsweise der Verdacht nicht bestätigt werden, dass Pferdefleisch statt Rindfleisch bei einer Roulade verwendet wurde.

 

Fazit

Aus jeder Verbraucherbeschwerde kann sich rasch ein größerer Sachverhalt entwickeln, der zum Warenrückruf bzw. zur öffentlichen Warnung führen kann. Im Europäischen Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF; Rapid Alert System for Food and Feed) gehören Fremdkörper zu den Gründen, die eine Warnung häufig auslösen [1]. Das CVUA Stuttgart nimmt daher jede Verbraucherbeschwerde sehr ernst. Die Beschwerde- und Vergleichsproben werden deshalb auch in den kommenden Jahren sorgfältig und mit hoher Priorität von den Sachverständigen untersucht und beurteilt.

 

Infokasten

Risikoorientierte Planproben, anlassbezogene Proben

Man unterscheidet risikoorientierte Planproben und anlassbezogenen Proben, zu denen die Beschwerdeproben gehören [2].

 

Risikoorientierte Planproben: Zu den „risikoorientierten Planproben“ zählen alle im Vorfeld planbaren Proben, bei denen die Aufdeckung einer gesundheitlichen Gefahr oder die Feststellung eines Verstoßes Ziel der Probenahme und -untersuchung ist. Hierzu können z. B. auch Proben aus Überwachungsprogrammen zählen.

 

Anlassbezogene Proben: Zu den „Anlassbezogenen Proben“ zählen beispielsweise Beschwerdeproben, Verdachtsproben, Erkrankungsproben, Verfolgs-/Nach-/Vergleichsproben und Importproben. Diese Proben folgen ebenfalls einem risikoorientierten Ansatz, lassen sich jedoch nicht im Vorfeld planen.

  • Verdachtsproben: Verdachtsproben werden von den Lebensmittelüberwachungsbehörden (LMÜs) erhoben, wenn der Verdacht auf einen Rechtsverstoß besteht oder wenn andere Hinweise wie eine EU-Schnellwarnung für dieses Produkt vorliegt.
  • Verfolgs- und Nachproben: Verfolgs- und Nachproben werden mit dem Ziel entnommen, vermutete Gesetzesabweichungen zu bestätigen bzw. um Untersuchungsbefunde zu erhärten.
  • Beschwerdeproben: Jeder Verbraucher kann ein Produkt mit einem Mangel (z.B. Fremdkörper) der LMÜ als Probe einreichen. Diese Beschwerdeproben werden in Baden-Württemberg an die jeweils zuständigen Chemischen- und Veterinäruntersuchungsämter weitergeleitet. Die Sachverständigen beurteilen die Proben nach den notwendigen Untersuchungen und klären, ob die Verbraucherbeschwerde berechtigt war.
  • Erkrankungsproben: im Zusammenhang mit Hinweisen auf ein durch ein Lebensmittel, kosmetischen Mittel, Bedarfsgegenstand bedingte Humanerkrankung.

 

Weitere Informationen finden sie auf dem Verbraucherportal Baden-Württemberg [3].

 

Quellen

[1] European Commission: RASFF portal

[2] Allgemeine Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts, des Rechts der tierischen Nebenprodukte, des Weinrechts, des Futtermittelrechts und des Tabakrechts (AVV Rahmen-Überwachung – AVV RÜb) vom 3. Juni 2008 Zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 15. Februar 2017 (BAnz AT 17.02.2017 B3)

[3] Verbraucherportal Baden-Württemberg: Lebensmitteluntersuchung

 

Artikel erstmals erschienen am 05.08.2019