Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Säuglings- und Kindernahrung im Jahr 2011 und 2010

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Carmen Wauschkuhn

 

Hintergrund der Untersuchungen

Schmuckelement.Säuglinge und Kleinkinder zählen zu den besonders empfindlichen Personengruppen, für die bezüglich ihrer Ernährung besondere Erfordernisse gelten. Im Vergleich zu den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs sind Höchstmengen für Pflanzenschutzmittel (sowie Nitrat und andere Schadstoffe und Kontaminanten) bei Säuglings- und Kleinkindernahrung deutlich niedriger angesetzt. Nach den Vorschriften der Diät-Verordnung gilt für den Gehalt an Pflanzenschutz-, Schädlingsbekämpfungs- und Vorratsschutzmittelwirkstoffen eine generelle Höchstmenge von 0,01 mg/kg, bezogen auf das Lebensmittel in der Verzehrsform. Für bestimmte Wirkstoffe sind spezifische, noch niedrigere Höchstmengen festgesetzt, die nicht überschritten werden dürfen. Im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes soll Säuglings- und Kleinkindernahrung somit möglichst frei von Pflanzenschutzmittelrückständen sein. Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurde deshalb auch in diesem Jahr wieder Säuglings- und Kleinkindernahrung auf ihren Gehalt an Rückständen von Pflanzenschutzmitteln untersucht.

 

Zusammenfassung

Im Untersuchungsjahr 2011 wurden am CVUA Stuttgart insgesamt 19 Proben Säuglings- und Kleinkindernahrung auf Rückstände von über 550 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen untersucht. Es handelte sich hierbei um 13 Proben Getreidebeikost für Säuglinge und Kleinkinder (2 Proben Getreidebrei mit Milch zuzubereiten, 11 Proben Getreidebrei mit Milch und anderen Zutaten zuzubereiten) sowie 6 Proben Obstzubereitung für Säuglinge und Kleinkinder. Hinsichtlich ihres Gehaltes an Pflanzenschutzmittelrückständen erwiesen sich fast alle Proben - eine Probe ausgenommen - als rückstandsfrei. Alle Proben entsprachen somit den gesetzlichen Anforderungen. Die Ergebnisse zeigen, dass die untersuchte Säuglings- und Kleinkindernahrung außerordentlich gering mit Pflanzenschutzmittelwirkstoffen belastet ist. Dies zeigten auch die Untersuchungen des Vorjahres. Hier wurden in 6 von 26 Proben Rückstände an Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen, wobei die Gehalte alle im Spurenbereich (<0,01mg/kg) lagen (Abbildung 1).

 

Diagramm.

Abbildung 1: Rückstandssituation bei Säuglings- und Kleinkindernahrung.
*) 2011 wies nur eine Probe einen Pestizidwirkstoff im Spurenbereich (0,001 mg/kg) auf, 2010 wiesen 6 Proben Rückstände an Pflanzenschutzmitteln im Spurenbereich (< 0,01 mg/kg) auf .

 

Ausführliche Darstellung der Ergebnisse 2011

In nur einer der 19 untersuchten Proben konnte ein Pflanzenschutzmittelwirkstoff im Spurenbereich (Tebufenpyrad 0,001mg/kg) nachgewiesen werden. Es handelte sich um einen Getreidebrei deutscher Herkunft, der mit Milch und anderen Zutaten zuzubereiten ist (Milchbrei mit Hafer-Anteil). Insgesamt waren 16 der 19 Proben aus ökologischer Erzeugung, eine Probe davon enthielt den nachgewiesenen Rückstand im Spurenbereich (Tabelle 1). Tabelle 2 zeigt die Herkunftsverteilung der untersuchten Proben.

 
Probenart Anzahl Proben Proben mit Rückständen Nachgewiesene Wirkstoffe Gehalt
min.-max.
[mg/kg]
Getreidebrei bio *)
11
1 (9 %)
Tebufenpyrad (1x)
0,001
Getreidebrei konv. **)
2
-
 
 
Obstzubereitung
bio *)
5
-
 
 
Obstzubereitung konv. **)
1
-
 
 
Summe
19
1 (5 %)
 
 

Tabelle 1: Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen bei Säuglings- und Kleinkindernahrung 2011.
*) aus ökologischer Erzeugung;**) aus konventioneller Erzeugung.

 

 
Herstellungsland Anzahl Proben Proben mit Rückständen Nachgewiesene Wirkstoffe Gehalt
min.-max.
[mg/kg]
Deutschland
7
1*)
Tebufenpyrad (1x)
0,001
Italien
1
-
 
 
ungekläert
11
-
 
 
Summe
19
1 (5 %)
 
 

Tabelle 2: Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen bei Säuglings- und Kleinkindernahrung
2011 nach Herkunft.
*) Anzahl Proben für prozentuale Auswertung zu gering.

 

Untersuchungen im Jahr 2010

Auch im Vorjahr war keine der untersuchten Proben zu beanstanden und die Ergebnisse zeigten auch hier eine sehr geringe Belastung mit Pflanzenschutzmittelrückständen. Insgesamt wurden 26 Proben Säuglings- und Kleinkindernahrung auf Rückstände von über 550 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen untersucht. Es handelte sich hierbei um 20 Proben Gemüsezubereitung sowie 6 Proben Obstzubereitung für Säuglinge und Kleinkinder. In 6 Proben konnten Rückstände an Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen werden, wobei die Gehalte alle im Spurenbereich (unterhalb 0,01 mg/kg) lagen und maximal 2 Pflanzenschutzmittelwirkstoffe gleichzeitig nachgewiesen werden konnten.

 

Ausführliche Darstellung der Ergebnisse 2010

In 3 Proben waren jeweils zwei Pflanzenschutzmittelwirkstoffe gleichzeitig pro Probe nachweisbar, in den anderen 3 Proben wurde nur ein Wirkstoff nachgewiesen. Hierbei handelte es sich um eine Probe Obstzubereitung (Aprikosenmark) italienischer Herkunft sowie 5 Proben Gemüsezubereitung (4 Proben deutscher Herkunft, eine Probe ungeklärter Herkunft). Die Hälfte der untersuchten Proben stammte aus ökologischer Erzeugung, wobei nur in einer „Bio-Probe“ (Reis mit Karotten und Pute) ein Wirkstoff im Spurenbereich (Azoxystrobin 0,001) nachweisbar war, in den anderen Bio-Proben konnten keinerlei Rückstände nachgewiesen werden (Tabelle 3). Tabelle 4 zeigt die Herkunftsverteilung der untersuchten Proben.

 
Probenart Anzahl Proben Proben mit Rückständen Nachgewiesene Wirkstoffe Gehalt
min.-max.
[mg/kg]
Obstzubereitung konv. **)
6
1***)

Cyprodinil (1x)

Etofenprox (1x)

0,002

0,005
Gemüsezubereitung bio *)
13
1 (8 %)
Azoxystrobin (1x)
0,001
Gemüsezubereitung konv. **)
7
4***)

Azoxystrobin (1x)
Emamectin (1x)
Ethoxyquin (1x)

Difenoconazol (3x)

0,002
0,002
0,004

0,002-0,004
Summe
26
6 (23 %)
 
 

Tabelle 3: Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen bei Säuglings- und Kleinkindernahrung 2010.
*) aus ökologischer Erzeugung;**) aus konventioneller Erzeugung; ***) Anzahl Proben für prozentuale Auswertung zu gering.

 

 

Herstellungsland Anzahl Proben Proben mit
Rückständen
Nachgewiesene Wirkstoffe Gehalt
min.-max.
[mg/kg]

Deutschland

19

4 (21%)

Azoxystrobin (1x)
Emamectin (1x)
Ethoxyquin (1x)
Difenoconazol (3x)

0,002
0,002
0,004
0,002-0,004

Frankreich

1

-

 

 

Italien

3

1*)

Cyprodinil (1x)
Etofenprox (1x)

0,002
0,005

Kolumbien

1

-

 

 

Niederlande

1

-

 

 

ungeklärt

1

1*)

Azoxystrobin (1x)

0,001

Summe

26

6 (23 %)

 

 

Tabelle 4: Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen bei Säuglings- und Kleinkindernahrung 2010 nach Herkunft.
*) Anzahl Proben für prozentuale Auswertung zu gering.

 

Wirkstoffspektrum

Bei den Untersuchungen von Säuglings- und Kleinkindernahrung wurden in beiden Untersuchungsjahren insgesamt 7 verschiedene Pestizidwirkstoffe nachgewiesen (nicht bestimmbare Gehalte wurden hier nicht berücksichtigt; Abbildung 2). Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Fungizide (Azoxystrobin, Cyprodinil, Difenoconazol) daneben ein Insektizid (Etofenprox) sowie ein Akarizid (Tebufenpyrad), die in Deutschland als Pflanzenschutzmittelwirkstoffe zugelassen sind. Die Stoffe Ethoxyquin (Fungizid) und Emamectin (Insektizid) wurden in einer Babynahrung mit Lachsanteil nachgewiesen. Diese beiden Wirkstoffe stammen möglicherweise aus der Zutat Fisch (Verwendung als Futtermittelzusatzstoff bzw. als Tierarzneimittel).

 

Infokasten

Anforderungen an Säuglings- und Kleinkindernahrung

Säuglings- und Kleinkindernahrung zählt zu den diätetischen Lebensmitteln, da es sich hierbei um Lebensmittel handelt, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind und den besonderen Ernährungserfordernissen Rechnung tragen sollen. Im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes und einer höchstmöglichen Vorsorge - soll Säuglings- und Kleinkindernahrung - soweit wie technisch möglich - frei von Rückständen an Pflanzenschutzmitteln sein. Hierbei werden unter anderem die besondere Empfindlichkeit von Säuglingen und Kleinkindern gegenüber Fremdstoffen, die spezifischen Verzehrsgewohnheiten der Säuglinge und Kleinkinder sowie ggf. auch die lückenhaften Kenntnisse über die Toxikologie bestimmter Stoffe bei Säuglingen und Kleinkindern berücksichtigt.

 

Wegen der ubiquitären Verbreitung einiger persistener Pflanzenschutzmittel und der stetigen Weiterentwicklung analytischer Nachweismethoden ist es selbst bei sorgfältiger Auswahl der Rohstoffe nicht möglich, Säuglingsnahrung immer ohne nachweisbare Rückstände herzustellen. Daher gilt für den Gehalt an Pflanzenschutzmittel-, Schädlingsbekämpfungsmittel- und Vorratsschutzmittelrückständen eine generelle Höchstmenge von 0,01 mg/kg. In der Regel können Rückstände bis zu diesem Gehalt, bezogen auf die verzehrfertige Zubereitung, als unvermeidbar und aus toxikologischer Sicht als vertretbar angesehen werden. Für bestimmte Stoffe sind aufgrund toxikologischer Gründe niedrigere Höchstmengen festgesetzt. Ware, in denen diese Höchstmenge überschritten wird, darf nicht in den Verkehr gebracht werden.

 

Mit „Bio“ gekennzeichnete Säuglings- und Kleinkindernahrung unterliegt zusätzlich den Vorschriften der EG-Öko-Verordnung. Diese erlaubt praktisch keine Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. In der Öko-Verordnung sind keine speziellen Grenzwerte festgesetzt, die die Verkehrsfähigkeit von Öko-Lebensmittel mit Pestiziden regelt. Allerdings sind bei Erzeugnissen aus ökologischem Landbau in der Regal auch unter Berücksichtigung von Abdrift und Umweltkontaminanten keine bestimmbaren Rückstände über dem von der baden-württembergischen Lebensmittelüberwachung für amtliche Maßnahmen erarbeiteten analytischen „Orientierungswert“ von 0,01 mg/kg  zu erwarten. Im Gegensatz zu der Höchstmenge gemäß den Vorschriften der Diät-Verordnung handelt es sich hierbei um einen Schwellenwert, oberhalb dessen festgestellt werden muss, woher die Rückstandsbelastung stammt und ob gegen die Pflanzenschutzmittelanwendungsverbote der Öko-Verordnung verstoßen wurde. Bei einem Verstoß wird von einer Verbrauchertäuschung ausgegangen und die Ware wegen Irreführung beanstandet.

 

Diagramm.

Abbildung 2: Stoffespektrum und Häufigkeitsverteilung der nachgewiesenen Pflanzenschutzmittelwirkstoffe in Säuglingsnahrung 2011 und 2010.

 

Bildernachweis:

Brei zur Abwechslung... Lecker!!!, Helene Souza, Pixelio.de, Image-ID=509456

 

Artikel erstmals erschienen am 20.12.2011