Viel verwendet, selten positiv – Rückstände von Glyphosat in Getreide

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Ellen Scherbaum, Anne Wolheim, Diana Kolberg und Cristin Wildgrube

 

In den Jahren 2010 und 2012 wurden durch das CVUA Stuttgart 127 Proben Getreide, Getreidemahlerzeugnisse, und Erzeugnisse aus Getreide speziell auf das Herbizid Glyphosat untersucht, das mit einer Verkaufsmenge von 15.000 Tonnen Pflanzenschutzmittelpräparat pro Jahr in Deutschland zu den am häufigsten eingesetzten Herbiziden gehört.

Zusammenfassung:

Foto von Getreidefeld.In den Jahren 2010 und 2012 wurden durch das CVUA Stuttgart 127 Proben Getreide, Getreidemahlerzeugnisse, und Erzeugnisse aus Getreide speziell auf das Herbizid Glyphosat untersucht, das mit einer Verkaufsmenge von 15.000 Tonnen Pflanzenschutzmittelpräparat pro Jahr in Deutschland zu den am häufigsten eingesetzten Herbiziden gehört.

 

Von 127 untersuchten Proben wiesen lediglich 2 (1,6 %) Rückstände weit unter der Höchstmenge auf. Beide Proben wurden konventionell erzeugt und stammten aus Deutschland. Damit wurden in 100 % der ökologisch und in 98,4 % der konventionell erzeugten Getreide und deren Erzeugnisse keine Rückstände an Glyphosat festgestellt. Die ermittelten Rückstandsgehalte lagen jeweils weit unterhalb der gültigen Höchstmengen.

 

Hintergründe:

Getreide:

Der Begriff Getreide umfasst verschiedene Arten landwirtschaftlich gezüchteter Kulturpflanzen, die botanisch gesehen zur Familie der Gräser (Gramineen) zählen. Die wichtigsten Getreidearten sind Roggen, Weizen, Gerste, Hirse, Hafer, Mais und Reis. In der Ernährung des Menschen spielt Getreide bereits seit Tausenden von Jahren eine zentrale Rolle als Lebensmittel-Rohstoff und als Hauptbestandteil des Grundnahrungsmittels Brot. Unter den landwirtschaftlichen Produkten kommt dem Getreide eine besondere Bedeutung zu, weil mit einem Minimum an Produktionsaufwand ein Höchstmaß an nährstoffreicher Nahrung erwirtschaftet werden kann.

 

Kaum ein Lebensmittel lässt sich so vielseitig und abwechslungsreich zubereiten wie Getreide. In erster Linie denkt man dabei an die verschiedenen Brotsorten, vom deutschen Roggenbrot bis zum türkischen Fladenbrot, aber auch an Reis als Risotto oder Pilaw, Polenta aus Mais oder Kuskus aus Hirse. Getreide enthält wichtige, unverzichtbare Bestandteile einer ausgewogenen Ernährung. So enthalten 100 g Weizen beispielsweise 11,4 g Eiweiß, 60,2g Kohlenhydrate und 2g Fett, außerdem reichlich Ballaststoffe, viel Kalium, Phosphor und Magnesium und die Vitamine B1, B2, B6 und A.

 

Getreide spielt als Grundnahrungsmittel für die Welternährung eine große Rolle und ist ein wichtiger Faktor für die globale Ernährungssituation. 2010 wurden auf der Welt rund 2.431 Mio. Tonnen Getreide (einschließlich Reis) geerntet.

 

Tabelle 1: Weltweite Getreideproduktion in Tonnen.
Getreideart Weltproduktion (t) Produktion in Deutschland (t)

Mais

844.405.181

4.072.900

Weizen

650.881.002

24.106.700

Reis

672.015.587

-

Gerste

123.477.192

10.412.100

Hirse

84.930.562

-

Hafer

19.600.935

600.300

Roggen

12.328.178

2.903.470

Summe

2.431.745.337

42.095.470

 

 

Glyphosat:

Abbildung 1: Strukturformel von Glyphosat.

Strukturformel von Glyphosat.

Glyphosat ist ein nicht-selektives Blattherbizid, mit der chemischen Bezeichnung N-(Phosphonomethyl)-glycin und mit der Summenformel C3H8NO5P. Glyphosat ist eine Hauptkomponente in vielen Breitbandherbiziden. Die Substanz kam erstmals als Wirkstoff des Herbizidpräparates „Roundup“ auf den Markt. Glyphosat ist ein Herbizid mit systemischer Wirkung, d.h. es wird von der Pflanze aufgenommen und über die Wurzeln und Leitungsbahnen verteilt. Es hemmt die pflanzliche 5-Enolpyrovylshikimat-3-Phosphatsynthase (EPSP-Synthase) und somit die Synthese aromatischer Aminosäuren in der Pflanze. Untersuchungen berichten bei einer Anwendung von Glyphosat zum einen über eine gute biologische Abbaubarkeit, eine geringe Warmblütertoxizität, eine geringe Bodenaktivität und keine Akkumulation, zum anderen wird aber auch von einem erhöhten Befall mit Fusarien-Wurzelpilzen berichtet und einer Behinderung der Ansammlung von Knöllchenbakterien, was negative Folgen für die Pflanzenverfügbarkeit von Stickstoff hat [2].

 

In der Landwirtschaft wird Glyphosat (Präparat Roundup) seit 1974 verwendet, um Unkraut oder konkurrierende Pflanzen von Äckern vor Aussaat der Kulturpflanze (Vorauflaufherbizid) abzutöten.

 

Roundup wirkt ausschließlich über grüne Pflanzenteile und nicht über die Wurzel. Es ist somit möglich, in einem Arbeitsgang Unkraut zu bekämpfen und zusätzlich eine frische Saat ("im Vorauflauf") einzubringen. Deren Keimung und Wuchs werden nicht negativ beeinflusst. Es wird oft zusammen mit gentechnisch verändertem Saatgut verkauft, aber auch in konventionellen Monokulturen eingesetzt.

 

Zudem wird Glyphosat auch bei einem „Sikkation“ genannten landwirtschaftlichen Verfahren angewendet, bei dem Kulturpflanzenbestände abgetötet werden, um die Reifung der Samen zu beschleunigen bzw. den Reifezeitpunkt aller Pflanzen innerhalb einer Kultur vor dem Hintergrund einer maschinellen Ernte anzugleichen [3, 4]. Problematisch kann dies werden, wenn zu früh nach einer Anwendung ohne Einhaltung einer ausreichenden Wartezeit geerntet wird, und so überhöhte Rückstandsmengen in die Nahrung gelangen.

 

Für 2010 wird der Inlandsabsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln in Deutschland mit ca. 15.000 Tonnen angegeben (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL).

 

Das BVL informiert auf seiner Homepage über Berichte zu toxikologischen Effekten bei glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittelformulierungen. Allerdings sind diese Effekte nicht auf den Wirkstoff Glyphosat, sondern auf bestimmte Beistoffe, die polyethoxylierten (POE)-Tallowamine, zurückzuführen, die nur in einigen glyphosathaltigen Formulierungen enthalten sind. Weitere Informationen zu diesem Thema, sowie Ausführungen zur Pflanzenschutzmittelzulassung sind auf der BVL-Homepage www.bvl.bund.de aufgeführt (Pressemitteilung vom 1.6.2010). Aktuell werden Zeitungsberichte zum Nachweis von Glyphosat im Urin von Menschen und Tieren diskutiert.

 

Umfangreiche Informationen zur Risikobewertung und Zulassung des Herbizid-Wirkstoffs Glyphosat wurden auch im Rahmen einer kleinen Anfrage einiger Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (vom 27. September 2011) als Antwort der Bundesregierung veröffentlicht (Bundestags-Drucksache 17/7168).

 

Rechtliche Aspekte:

In der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 sind für die Substanz Glyphosat verschiedene Rückstandshöchstmengen für Getreide gemäß Artikel 18 Absatz 1b der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt, die in Anhang I dieser Verordnung aufgeführt sind. In der nachfolgenden Tabelle sind beispielhaft Rückstandshöchstgehalte für Glyphosat aufgeführt.

 

Tabelle 2: Rückstandshöchstgehalte für Glyphosat in Getreide.
Getreideart Höchstmenge an Glyphosat (mg/kg)

Gerste

20

Buchweizen (Amaranth, Quinoa)

0,1*

Mais

1

Hirse (Kolbenhirse, Teff)

0,1*

Hafer

20

Reis

0,1*

Roggen

10

Sorghum

20

Weizen (Dinkel, Triticale )

10

Sonstige

0,1*

* Keine Anwendung, Höchstmenge auf Bestimmungsgrenze gesetzt.

 

Untersuchungsergebnisse:

Insgesamt 127 Proben Getreide und Getreideerzeugnisse wurden in den Jahren 2011 und 2012 auf Rückstande an Glyphosat untersucht. In nur zwei von 127 Proben (1,6 %) konnten Rückstände an Glyphosat nachgewiesen werden. Die höchste nachgewiesene Rückstandsmenge betrug 0,26 mg/kg Glyphosat in einer Roggen-Knäckebrot-Probe. Der zweite Rückstand von 0,086 mg/kg Glyphosat wurde in einer Hirse-Probe gefunden. Von diesen 127 untersuchten Proben waren 37 aus ökologischer Erzeugung. Hier konnte kein Rückstand an Glyphosat nach-gewiesen werden.

Anzahl der Proben mit und ohne Glyphosat-Rückstände und Probenzahl aus ökologischer Erzeugung.

Abbildung 2: Anzahl der Proben mit und ohne Glyphosat-Rückstände und Probenzahl aus ökologischer Erzeugung.

 

Diagramm Herkunftslaender der untersuchten Proben.

 

78 Proben der 127 Getreide und Getreideerzeugnisse kamen aus Deutschland. Bei den Proben (Knäckebrot und Hirse, siehe oben) mit den gefundenen Rückstandsgehalten wurde Deutschland als Herkunftsland angegeben.

 

 

 

 

Abbildung 3: Herkunftsländer der untersuchten Proben.

 

Trotz der häufigen Anwendung von Glyphosat konnten nur in 2 Getreideproben von 127 Rückstände gefunden werden. Alle untersuchten Proben aus ökologischer Erzeugung waren frei von Glyphosat-Rückstanden.

 

Literatur:

[1] http://www.wissen.de/thema/getreide
[2] Glyphosat (wikipedia.org)
[3] Sikkation (wikipedia.org)
[4] www.roundup.de
[5] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/071/1707168.pdf

 

Bildernachweis:

Getreide, Wilhelmine Wulff, Pixelio.de, 593205.

 

English version

 

Artikel erstmals erschienen am 16.08.2012