Tafeltrauben – Ergebnisse der Untersuchungen auf Pflanzenschutzmittelrückstände

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Nadja Bauer

 

Hintergrund der Untersuchungen

Schmuckelement.Tafeltrauben sind bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen beliebt und auch nahezu ganzjährig im Angebot. Bislang stammt der Großteil der hierzulande angebotenen Tafeltrauben aus dem Ausland, jedoch steigt der Anteil einheimischer Tafeltrauben auf dem Markt stetig an.

 

Um die Trauben vom Austrieb bis zur Lese vor einer Vielzahl von Schädlingen und Krankheiten zu bewahren und die Ernte zu sichern, kommen beim gewerbsmäßigen Anbau von Tafeltrauben häufig Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Aus diesem Grund gehörten Tafeltrauben in den letzten Jahren hinsichtlich der Pestizidrückstandsbefunde immer zu den höher belasteten Obstsorten. Einheimische Tafeltrauben wiesen zudem oft Rückstände an nicht für diese Kultur zugelassenen Wirkstoffen auf (Indikationszulassung). Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung in diesem Jahr wieder Tafeltrauben, verstärkt auch aus einheimischem Anbau, auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht.

 

Zusammenfassung

Tafeltrauben aus konventionellem Anbau

Am CVUA Stuttgart wurden im Berichtszeitraum (Januar bis Dezember 2013) insgesamt 123 Proben konventionell erzeugter Tafeltrauben aus verschiedenen Herkunftsländern auf Rückstände von über 600 Pestiziden untersucht. Hierbei stammten 31 Proben (25 %) aus Deutschland. Bei 121 der untersuchten Tafeltrauben (98 %) aus konventionellem Anbau wurden Pflanzenschutzmittelrückstände nachgewiesen (2012: 98 %; 2011: 98 %; 2010: 96 %).

  • Einheimische Proben: Die einheimischen Proben wurden vorwiegend bei Kleinerzeugern / Direktvermarktern entnommen. Alle 31 Tafeltrauben stammten aus Baden-Württemberg. In 2 dieser Proben wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt. Dies entspricht einer Quote von knapp 7 % (2012: 21 %; 2011: 16 %; 2010: 15 %).
  • Proben aus dem Ausland: Bei 3 der 92 untersuchten Traubenproben ausländischer Herkunft (Italien, Marokko, Türkei) wurden Gehalte über der jeweils gesetzlich festgelegten Höchstmenge festgestellt. Somit lag die Beanstandungsquote bei 3 % (2012: 5 %; 2011: 1 %; 2010: 6 %).
  • Unerfreulich: Bei einer der 123 untersuchten Proben wurde die akute Referenzdosis für den Wirkstoff Methomyl bezogen auf Kleinkinder überschritten, so dass diese Probe als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet im Sinne der Verordnung (EG) 178/2002 beurteilt wurde.
  • Mehrfachrückstände: 118 der 123 untersuchten Proben (96 %) wiesen mehrere Wirkstoffe pro Proben auf. Im Mittel enthielt eine konventionell erzeugte Traubenprobe 7,9 Wirkstoffe mit einem mittleren Pestizidgehalt von 5,7 mg/kg Trauben. (Werte des Jahres 2012: 7,3 Wirkstoffe  und 0,45 mg/kg Trauben; 2011: 6,3 Wirkstoffe und 0,55 mg/kg; 2010: 5,5 Wirkstoffe und 0,52 mg/kg). Der extreme Anstieg des mittleren Pestizidgehaltes ist auf den Nachweis des im Jahr 2012 neu in das Untersuchungsspektrum aufgenommenen Wirkstoff Fosetyl (Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure)  zurückzuführen. In den untersuchten Tafeltrauben wurden Gehalte zwischen 0,028 und 45,5 mg/kg festgestellt. Ohne diesen Wirkstoff liegt der mittlere Pestizidgehalt ähnlich wie in den Vorjahren bei 0,47 mg/kg.
  • Indikationszulassung: In 9 (29 %) einheimischen Proben wurden Wirkstoffe nachgewiesen, die in Deutschland für eine Anwendung bei Tafeltrauben nicht zugelassen sind. Bei den Wirkstoffen handelt es sich um Dithianon (3x), Fluopyram (3x), Folpet (3x) und Indoxacarb (3x). Eine mögliche Ursache für diese Befunde könnte der Unterschied hinsichtlich der zugelassenen Wirkstoffe bei Tafel- und Keltertrauben sein. Dafür spricht auch die Tatsache, dass wie bereits im Jahr 2012 in den einheimischen Proben keine Wirkstoffe nachgewiesen werden konnten, die in Deutschland überhaupt nicht, d.h. für keine Kultur, zugelassen sind.

 

Tafeltrauben aus ökologischem Anbau

Im Berichtszeitraum wurden insgesamt 26 ökologisch erzeugte Tafeltrauben unterschiedlicher Herkunft auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersucht (hierbei stammte eine Probe aus Deutschland). Bei 7 der untersuchten Traubenproben waren keine Rückstände an chemisch-synthetischen Wirkstoffen nachweisbar. In einer Probe wurden Rückstände der quaternären Ammoniumverbindungen Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC) in Höhe von 0,02 mg/kg nachgewiesen. Nach Artikel 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang II und VII der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion ist die Verwendung von DDAC bei Erzeugnissen aus ökologischem Landbau nicht zugelassen. Für den Wirkstoff DDAC sind keine Rückstandshöchstmengen in den Anlagen II und III der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 für Trauben festgelegt. Somit gilt nach Artikel 18 Abs. 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 eine EU-weit gültige, allgemeine Höchstmenge von 0,01 mg/kg.

 

Fazit

Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass konventionell erzeugte Tafeltrauben unverändert wie schon in den letzten Jahren zu den Obstsorten mit höherer Belastung an Pflanzenschutzmittelrückständen zählen. 98 % der untersuchten Tafeltraubenproben aus konventionellem Anbau enthielten Rückstände von Pestiziden. Der Anteil an Proben mit Höchstmengenüberschreitungen ist mit 4 % im Vergleich zum Vorjahr (9 %) wieder leicht gesunken. Die akute Referenzdosis (ARfD, siehe Infokasten "Akute Referenzdosis") bezogen auf Kleinkinder wurde bei einer Probe mit Herkunft Türkei überschritten. Bei  9 der 31 Tafeltrauben aus einheimischer Erzeugung wurden Rückstände an Wirkstoffen nachgewiesen, die für Tafeltrauben in Deutschland nicht zugelassen sind. (Verstoß gegen die Indikationszulassung, siehe Infokasten "Indikationszulassung", Gehalte > 0,01 mg/kg): Dithianon (3x), Fluopyram (3x), Folpet (3x) und Indoxacarb (3x). Bei Anwendung Dithianon, Fluopyram, Folpet oder Indoxacarb enthaltender Pflanzenschutzmittel dürfen Trauben nicht als Tafeltrauben zum Direktverzehr in den Verkehr gebracht werden.

 

Von den 26 untersuchten Tafeltrauben aus ökologischem Anbau unterschiedlicher Herkunft erfüllten 25 die Bestimmungen für den ökologischen Anbau.

 

Infokasten

Unterscheidung zwischen Tafeltrauben und Keltertrauben

Besonders bei Trauben aus einheimischem Anbau scheint die Abgrenzung zwischen Keltertrauben (zur Weinbereitung) und Tafeltrauben (zum Verzehr) teilweise nicht bekannt zu sein. Trauben, welche an Marktständen, in Hofläden, in Einzelhandelsgeschäften oder Supermärkten dem Verbraucher zum Direktverzehr angeboten werden, sind lebensmittelrechtlich als Tafeltrauben einzustufen und zu beurteilen.

 

Die Differenzierung ist wichtig, da einige u.a. toxikologisch relevante Pestizide nur für den Einsatz in Keltertrauben zugelassen sind, nicht bei Tafeltrauben die direkt verzehrt werden. Bei der Weinbereitung wird durch kellertechnische Maßnahmen wie das Abpressen, die Gärung oder die Klärung ein Großteil der Pestizidrückstände entfernt. Deswegen gelten aus Verbraucherschutzgründen unterschiedlich hohe Rückstandshöchstgehalte für Tafel- und Keltertrauben.

Ausführliche Darstellung der Ergebnisse für Tafeltrauben aus konventionellem Anbau

Abbildung 1 zeigt die aktuelle Rückstandssitutation bei den insgesamt 123 untersuchten Tafeltraubenproben aus konventionellem Anbau. Insgesamt 98 % der im Jahr 2013 untersuchten Tafeltrauben aus konventionellem Anbau wiesen Rückstände mindestens eines Wirkstoffes auf, lediglich bei 2 % der Proben konnten keine Rückstände nachgewiesen werden.

 

Abbildung 1 Rückstandssituation bei Tafeltrauben aus konventionellem Anbau (CVUA Stuttgart 2013).

Abbildung 1 Rückstandssituation bei Tafeltrauben aus konventionellem Anbau (CVUA Stuttgart 2013); R = Rückstand; HM = Höchstmenge nach VO (EG) Nr. 396/2005

 

Einen Überblick über die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen gibt Tabelle 1. Von insgesamt 123 untersuchten Tafeltraubenproben aus konventionellem Anbau wurden 5 aufgrund von Höchstmengenüberschreitungen beanstandet. 2 dieser Proben stammten aus einheimischem Anbau, die übrigen drei aus Italien, Marokko bzw. der Türkei. Eine der Höchstmengenüberschreitungen bei den einheimischen Proben ist auf den Rückstand Folpet zurückzuführen. Für diesen Wirkstoff liegt die Höchstmenge für Tafeltrauben bei 0,02 mg/kg und damit deutlich unterhalb der Höchstmenge für Keltertrauben (5 mg/kg). In der zweiten einheimischen Probe lag der nachgewiesene Gehalt für den Stoff Trimethylsulfonium-Kation, der sich bei der Verwendung von Glyphosat bildet, mit 0,21 mg/kg Trauben deutlich über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge von 0,05 mg/kg Trauben. Pflanzenschutzmittel, die den Wirkstoff Glyphosat enthalten, sind in Deutschland für eine Anwendung bei Tafeltrauben zugelassen.

 

Die Ergebnisse der Untersuchung sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
  Herkunft Anzahl
Proben
mit Rück-ständen mit Mehrfach-rückständen Proben über
der HM
Stoffe über
der HM
Europa Deutschland 31 29 (94%) 29 (94%) 2 (7%) Folpet (1x);
Trimethylsulfonium-Kation (1x)
Griechenland 2 2* 2* 0  
Italien 23 23 (100%) 21 (91%) 1 (4%) Avermectin, Summe (1x)
Spanien 7 7 (100%) 7 (100%) 0 -
Türkei 5 5* 5* 1* Methomyl, Summe (1x)
Asien Israel 2 2* 2* 0 -
Afrika Ägypten 5 5* 5* 0 -
Marokko 3 3* 3* 1* Dimethoat, Summe (1x)
Südafrika 14 14 (100%) 14 (100%) 0 -
Amerika Argentinien 2 2* 1* 0 -
Brasilien 10 10 (100%) 10 (100%) 0 -
Chile 11 11 (100%) 11 (100%) 0 -
Peru 5 5* 5* 0 -
  Ohne Angabe 3 3* 3 * 0 -
SUMME 123 121 (98%) 118 (96%) 5 (4%)  
Zum Vergleich**:
2012 90 98% 89%   9% 10
2011 124 98% 93% 3% 4
2010 138 96% 88% 9% 14
2009 148 100% 93% 16% 35
2008 101 96% 87% 8% 8
2007 128 95% 86% 9% 15
2006 139 96% 88% 10% 14
2005 122 98% 86% 12% 18
2004 138 91% 76% 24% 38


 

HM = Höchstmenge nach VO (EG) Nr. 396/2005; *Datenbasis für prozentuale Auswertung zu gering; **Diese Daten sind nur bedingt miteinander vergleichbar, da in den unterschiedlichen Jahren z.T. ungleiche Anteile der Herkunftsländer untersucht wurden.

 

Überschreitung der akuten Referenzdosis bei einer Probe aus der Türkei:

Bei einer Probe Tafeltrauben aus der Türkei war die akute Referenzdosis (ARfD; siehe Infokasten "Akute Referenzdosis") für den Wirkstoff Methomyl bezogen auf Kleinkinder überschritten (Ausschöpfung der ARfD 145 %, nach EFSA PRIMO-Modell). Diese Probe wurde daher als "nicht sicher" und damit als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet im Sinne der Verordnung (EG) 178/2002 beurteilt.

 

Infokasten

Akute Referenzdosis (Acute Reference Dose, ARfD)

Zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, die eine hohe akute Toxizität aufweisen und schon bei einmaliger oder kurzzeitiger Aufnahme gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen können, eignet sich der ADI-Wert (acceptable daily intake) nur eingeschränkt. Da er aus längerfristigen Studien abgeleitet wird, charakterisiert er eine akute Gefährdung durch Rückstände in der Nahrung möglicherweise unzureichend. Deshalb wurde neben dem ADI-Wert ein weiterer Expositionsgrenzwert eingeführt, die sogenannte akute Referenzdosis (acute reference dose, ARfD). Die Weltgesundheitsorganisation hat die ARfD als diejenige Substanzmenge definiert, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko für den Verbraucher resultiert. Anders als der ADI- wird der ARfD-Wert nicht für jedes Pflanzenschutzmittel festgelegt, sondern nur für solche Wirkstoffe, die in ausreichender Menge geeignet sind, die Gesundheit schon bei einmaliger Exposition zu schädigen können.

 

Quelle:

Grenzwerte für die gesundheitliche Bewertung von Pflanzenschutzmittelrückständen

Verzehrsmodell für Kinder, Information Nr. 016/2005 des BfR vom 2. Mai 2005

(www.bfr.bund.de)

 

Tafeltrauben aus einheimischer Erzeugung

Alle 31 Tafeltrauben stammten aus Baden-Württemberg und wurden vorwiegend bei Kleinerzeugern / Direktvermarktern entnommen. Lediglich in 2 dieser Proben wurden Höchstmengenüberschreitungen festgestellt. Dies entspricht einer Quote von knapp 7 %. Das heißt, die Beanstandungen bei einheimischen Proben ist im Vergleich zu den Vorjahren deutlich gesunken (2012: 21 %; 2011: 16 %; 2010: 15 %).

 

Nicht zugelassene Wirkstoffe:

Neben der Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Höchstmengen wird im Rahmen der Rückstandsuntersuchungen bei Proben aus einheimischem Anbau zusätzlich überprüft, ob die nachgewiesenen Rückstände aus einer zugelassenen Anwendung stammen (siehe Infokasten "Indikationszulassung"). In 9 (29 %) einheimischen Proben wurden Wirkstoffe nachgewiesen, die in Deutschland für eine Anwendung bei Tafeltrauben nicht zugelassen sind (Tabelle 2). Bei den Wirkstoffen handelt es sich um Dithianon (3x), Fluopyram (3x), Folpet (3x) und Indoxacarb (3x). Eine mögliche Ursache für diese Befunde könnte der Unterschied hinsichtlich der zugelassenen Wirkstoffe bei Tafel- und Keltertrauben sein. Dafür spricht auch die Tatsache, dass in den einheimischen Proben wie bereits in den Jahren 2012 und 2011 keine Wirkstoffe nachgewiesen werden konnten, die in Deutschland überhaupt nicht, d.h. für keine Kultur, zugelassen sind.

 

Tabelle 2: Nicht zugelassene Wirkstoffe in deutschen Tafeltrauben aus konventionellem Anbau im Vergleich zu den Vorjahren (CVUA Stuttgart Jan. – Dez. 2013 sowie 2009-2012)
Jahr Anzahl
Proben
davon Proben mit in
Deutschland
nicht zugelassenen
Stoffen
davon Proben mit für
diese Kultur
nicht zugelassenen
Stoffen
Anzahl Stoffe die für
diese Kultur
nicht zugelassenen sind
(z.T. mehrere/Probe)
2013 31 0 9 (29%) Dithianon (3x),
 Fluopyram (3x),
Folpet (3x),
Indoxacarb (3x)
2012 24 0 10 (42%) Captan,
4x Dimethomorph,
4x Dithianon,
5x Folpet,
Indoxacarb,
2x Iprovalicarb,
Spiroxamin
2011 19 0 4 (21%) Azoxystrobin,
3x Folpet,
Spiroxamin
2010 39 1 (3%)
Endosulfan
8 (21%) Fluquinconazol,
5x Folpet,
Indoxacarb,
2x Spiroxamin
2009 21 1 (5%)
Oxydemeton-methyl
(ARfD über 100%)
16 (76%) Captan
15 x Folpet (2x ARfD über 100%)
2x Indoxacarb
6x Iprovalicarb
2x Metalaxyl
1x Spiroxamin

 

Infokasten

Indikationszulassung (§ 12 Pflanzenschutzgesetz)

Die Indikationszulassung gilt für alle Pflanzenschutzmittel seit dem 01.07.2001 und besagt, dass die betroffenen Mittel zugelassen sind, aber nur bei den Anwendungsgebieten eingesetzt werden dürfen, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL, Zulassungsdatenbank: https://portal.bvl.bund.de/psm/jsp/) festgesetzt sind.

Mehrfachrückstände

96 % der untersuchten Tafeltrauben wiesen Rückstände mehrere Wirkstoffe pro Probe auf (Mehrfachrückstände; Tabelle 3). Im Mittel enthielt eine Traubenprobe 7,9 nachweisbare Wirkstoffe. Das Vorkommen, die Art und Anzahl dieser Mehrfachrückstände lässt sowohl auf den Einsatz von sogenannten Kombinationspräparaten (mit mehreren Wirkstoffen) als auch auf den Einsatz verschiedener Präparate gegen unterschiedliche Krankheiten bzw. Schädlinge schließen. Aufgrund von z.B. Zulassungsänderungen, Auslaufen von Zulassungen oder Neuzulassungen ist das Wirkstoffspektrum einem ständigen Wandel unterzogen. Um ein möglichst umfassendes Bild über die Belastungssituation der Lebensmittel zu erhalten, ist es für die amtliche Lebensmittelüberwachung besonders wichtig, die analytischen Methoden ständig weiterzuentwickeln und neue Stoffe zu erfassen. Der mittlere Pestizidgehalt stieg in diesem Jahr von 0,45 mg/kg um mehr als das zehnfache auf 5,7 mg/kg Trauben an. Dieser extreme Anstieg ist auf den Nachweis des im Jahr 2012 neu in das Untersuchungsspektrum aufgenommenen Wirkstoffes Fosetyl (Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure) zurückzuführen. In den untersuchten Tafeltrauben wurden Gehalte zwischen 0,028 und 45,5 mg/kg festgestellt. Ohne diesen Wirkstoff läge der mittlere Pestizidgehalt ähnlich wie in den Vorjahren bei 0,47 mg/kg Trauben. 

 

Tabelle 3: Pflanzenschutzmittelrückstände in Tafeltrauben aus konventionellem Anbau differenziert nach Jahr (CVUA Stuttgart Jan. – Dez. 2013 sowie 2006 bis 2012)
Jahr Mittlerer
Pestizidgehalt

[mg/kg]
Æ Anzahl Stoffe
pro Probe
Maximale
Anzahl an Stoffe
pro Probe
Anzahl an
unterschiedlichen
nachgewiesenen Stoffe
2013 5,7* 7,9 26 95
2012 0,45 7,3 23 81
2011 0,55 6,3 23 84
2010 0,52 5,5 16 83
2009 0,62 5,9 24 88
2008 0,32 4,0 19 63
2007 0,40 4,7 12 71
2006 0,48 6,4 21 82

* hier wurde der Wirkstoff Fosetyl, Summe mit berücksichtigt; ohne Fosetyl, Summe liegt der mittlere Pestizidgehalt bei 0,47 mg/kg

 

Wie Tabelle 4 zeigt unterscheiden sich die untersuchten Tafeltrauben aus konventionellem Anbau bei der durchschnittlichen Anzahl Stoffe pro Proben nur wenig (zwischen 6 und 8 Wirkstoffen pro Probe) wohingegen der mittlere Pestizidgehalt bzw. die maximale Anzahl Stoffe pro Probe je nach Herkunftsland um Faktor 10 bzw. mehr als 3 größer sein kann. Während der mittlere Pestizidgehalt bei Proben aus Asien (2 Proben) bei 1,1 mg/kg liegt, beträgt dieser bei einheimischen Proben 12,2 mg/kg (wenn  der Wirkstoff Fosetyl (Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure) eingerechnet wird). Die maximale Anzahl an Wirkstoffen pro Probe lag bei den Proben aus Asien bei 7 wohingegen in einer türkischen Probe 26 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen werden konnten.

 

Tabelle 4: Pflanzenschutzmittelrückstände in Tafeltrauben aus konventionellem Anbau differenziert nach Herkunft (CVUA Stuttgart Jan. – Dez. 2013)
  Afrika Asien Amerika Europa
(ohne D)
Deutschland
durchschnittlieche Anzahl Stoffe
pro Probe
6,1 6,0 7,5 8,6 8,2
Mittlerer
Pestizidgehalt
mit Fosetyl, Summe

[mg/kg]
1,7 1,1 4,7 3,2 12,2
Mittlerer
Pestizidgehalt
ohne Fosetyl, Summe

[mg/kg]
0,22 0,26 0,63 0,68 0,26
 Maximale
Anzahl
Stoffe
pro Probe
10 7 12 26 17

 

Wie Abbildung 2 zeigt, ist die Häufigkeitsverteilung der pro Probe nachgewiesenen Anzahl an Wirkstoffen sehr breit gefächert. Spitzenreiter war in diesem Jahr eine Probe aus der Türkei mit 26 nachweisbaren Wirkstoffen

 

Abbildung 2: Häufigkeitsverteilung von Mehrfachrückständen in Tafeltrauben aus konventionellem Anbau.

Abbildung 2 : Häufigkeitsverteilung von Mehrfachrückständen in Tafeltrauben aus konventionellem Anbau (CVUAS Jan. – Dez. 2013). Hierbei wurden alle massenspektrometrisch abgesicherten Werte oberhalb der Bestimmungsgrenze herangezogen.

 

Wirkstoffspektrum

Bei den im Jahr 2013 durchgeführten Rückstandsuntersuchungen von Tafeltrauben aus konventionellem Anbau wurden insgesamt 95 verschiedene Wirkstoffe nachgewiesen. Diese stark ansteigende Anzahl an nachgewiesenen Stoffen (Jahr 2012: 81 Wirkstoffe; Jahr 2011: 84 Wirkstoffe) ist zu vor allem auf die ständige Erweiterung und Anpassung des untersuchten Stoffspektrums sowie auf die Weiterentwicklung der analytischen Methoden zurückzuführen. Eine Übersicht des Stoffspektrums der im Jahr 2013 bei konventionellen Tafeltrauben am häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffe gibt Tabelle 5.

 

Pilzerkrankungen stellen bei der Traubenerzeugung ein erhebliches Problem dar. Dies spiegelt sich auch im unten aufgeführten Stoffspektrum wider: bei 31 der 50 häufigsten Wirkstoffe (62 %) handelt es sich um sogenannte Fungizide, die zur Bekämpfung von Pilzerkrankungen eingesetzt werden.

 

Tabelle 5: Wirkstoffspektrum in Tafeltrauben aus konventionellem Anbau: die 50 häufigsten nachgewiesenen Wirkstoffe sowie Stoffe mit Höchstmengenüberschreitung (CVUA Stuttgart Jan. – Dez. 2013); Hierbei wurden alle massenspektrometrisch abgesicherten Werte oberhalb der Bestimmungsgrenzen herangezogen.

* = Summenparameter; F = Fungizid; I = Insektizid; A = Akarizid; W = Wachstumsregulator
  Wirkstoffe Anzahl Proben
mit Rückständen
Maximum
(mg/kg)
Anzahl Proben
über der
Höchstmenge
1 Fosetyl, Summe (F) 78 45,5 0
2 Boscalid (F) 55 1,1 0
3 Cyprodinil (F) 50 0,48 0
4 Myclobutanil (F) 43 0,17 0
5 Fenhexamid (F) 40 2,2 0
6 Penconazol (F) 38 0,35 0
7 Fludioxonil (F) 37 0,27 0
8 Quinoxyfen (F) 32 0,18 0
9 Imidacloprid (I) 30 0,4 0
10 Spinosad* (I) 30 0,2 0
11 Metrafenone (F) 25 0,93 0
12 Dimethomorph (F) 22 0,49 0
13 Spiroxamine (F) 22 0,33 0
14 Fluopyram (F) 21 0,53 0
15 Pyrimethanil (F) 21 2 0
16 Famoxadon (F) 18 0,11 0
17 Indoxacarb (I) 17 0,16 0
18 Tebuconazol (F) 17 0,065 0
19 Cyazofamid (F) 16 0,14 0
20 Fluopicolid (F) 15 0,046 0
21 Kresoxim-methyl (F) 15 0,039 0
22 Methoxyfenozide (I) 15 0,22 0
23 Pyraclostrobin (F) 15 0,28 0
24 2.6-Dichlorbenzamid 14 0,007 0
25 Chlorat (H) 13 0,022 0
26 Iprodion (F) 13 3 0
27 Proquinazid (F) 13 0,056 0
28 Azoxystrobin (F) 12 0,41 0
29 Trifloxystrobin (F) 12 0,32 0
30 Chlorpyrifos (I) 11 0,13 0
31 Spirotetramat, Gesamt* (I) 11 0,18 0
32 Difenoconazol (F) 10 0,17 0
33 Folpet (F) 9 0,079 1
34 Metalaxyl/Metalaxyl M (F) 9 0,15 0
35 Gibberelinsäure (W) 8 0,01 0
36 Lambda-Cyhalothrin (I) 8 0,05 0
37 Cyflufenamid ((F) 7 0,02 0
38 Deltamethrin (I) 6 0,026 0
39 Dithianon (F) 6 0,055 0
40 Ethephon (W) 6 0,47 0
41 Iprovalicarb (F) 6 0,014 0
42 Methiocarb, Summe (I, A) 6 0,011 0
43 Tetraconazol (F) 6 0,062 0
44 Chlorpyrifos-methyl (I) 5 0,009 0
45 Emamectin (I) 5 0,006 0
46 Tebufenpyrad (I, A) 5 0,028 0
47 Avermectin, Summe (I) 4 0,022 1
48 Fenarimol (F) 4 0,006 0
49 Perchlorat 4 0,056 0
50 Spirotetramat-Enol Glykosid, Metabilit 4 0,13 0
...        
  Dimethoat Omethoat Summe 2 0,035 1
  Methomyl, Summe 2 0,056 1
  Trimethylsulfonium-Kation 1 0,21 1

 

 

Tafeltrauben aus ökologischem Anbau

Von den 26 untersuchten Tafeltrauben aus ökologischem Anbau unterschiedlicher Herkunft erfüllten 25 die Bestimmungen für den ökologischen Anbau. Bei einer Probe aus Südafrika wurden Rückstände der quaternären Ammoniumverbindungen Didecyldimethylammoniumchlorid (DDAC; siehe Infokasten "DDAC – eine quartäre Ammoniumverbindung") in Höhe von 0,02 mg/kg nachgewiesen. Gemäß EU-Öko-Verordnung ist die Verwendung von DDAC bei Erzeugnissen aus ökologischem Landbau nicht zugelassen. Da keine spezifischen Rückstandshöchstmengen für DDAC in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 festgesetzt sind, gilt die allgemeine Rückstandshöchstmenge von 0,01 mg/kg gemäß Artikel 18 Absatz 1b der Verordnung (EG) Nr. 396/2005. Mittlerweile gibt es für DDAC (Didecyldimethyl-ammoniumchlorid) seitens der EU einen Eingriffswert von 0,5 mg/kg; dieser Wert wird in der vorliegenden Probe nicht überschritten. DDAC kann mehrere Eintragswege haben, u.a. gezielte Anwendung  als Pflanzenschutzmittel oder Kreuzkontamination, da es auch als Desinfektionsmittel zugelassen ist. Da die Ursachenklärung der DDAC-Rückstände in der Praxis oft schwierig ist, ist der Eingriffswert von 0,5 mg/kg eine Hilfe für den Handel und den Vollzug, um vorübergehend die Vermarktung von Erzeugnissen mit Gehalten an DDAC < 0,5 mg/kg zu ermöglichen (Managementmaßnahme). Diese Gehalte werden derzeit als gesundheitlich unbedenklich angesehen. Siehe hierzu den Internetbeitrag " Rückstände von quartären Ammoniumverbindungen (QAV) in frischem Obst und Gemüse – Herkunft und Befunde"

 

Der Anteil an Trauben mit Rückständen liegt bei den untersuchten Proben aus ökologischem Anbau mit 73 % (19 von 26 Proben) im Vergleich zu den Vorjahren relativ hoch (2012: 42 %). Er ist jedoch zu einem Großteil auf den neu in das Untersuchungsspektrum aufgenommenen Wirkstoff Fosetyl (Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure) zurückzuführen. Dieser Wirkstoff wurde in 9 von 26 (35 %) Proben nachgewiesen. Bei Phosphonsäure handelt es sich um einen Fungizid-wirkenden Stoff, dessen Verwendung als Pflanzenstärkungsmittel  im ökologischen Traubenanbau bis Ende 2013 zugelassen war. Bei 8 der 19 Proben mit Rückständen wurde der insektizide Wirkstoff Spinosad nachgewiesen, welcher gemäß EU-Öko-Verordnung für den ökologischen Landbau zugelassen ist. Insgesamt sind 15 der 19 Traubenproben mit Rückständen auf diese beiden Wirkstoffe zurückzuführen.

 

Infokasten

DDAC – eine quartäre Ammoniumverbindung

DDAC ist eine quartäre Ammoniumverbindung, die in der EU sowohl als Pflanzenschutzmittel für Zierpflanzen als auch als Biozid zur Desinfektion zugelassen ist. DDAC wurde auch in dem Pflanzenstärkungsmittel Vi-Care nachgewiesen, dessen Inverkehrbringen in Deutschland inzwischen untersagt worden ist.

 

BAC ist eine quartäre Ammoniumverbindung, die als Wirkstoff in Pflanzenschutzmitteln in der EU nicht zugelassen ist. BAC und andere quartäre Ammoniumverbindungen befinden sich für eine Reihe von Produktarten in der EU-Wirkstoffprüfung für Biozide. BAC war in dem Pflanzenstärkungsmittel/Zusatzstoff "WUXAL Aminoplant" enthalten. Das Inverkehrbringen von "WUXAL Aminoplant" wurde sowohl als Pflanzenstärkungsmittel als auch als Zusatzstoff bereits untersagt.

 

Kreuzkontaminationen können z.B. durch Kontakt der Nutzpflanzen bzw. des Lebensmittels mit Oberflächen, die mit DDAC/BAC-enthaltenden Biozidprodukten behandelt wurden, bzw. aufgrund der Nutzung von DDAC/BAC zur Desinfektion von Waschwasser in Packlagern oder von Bewässerungswasser resultieren. Weitere Expositionsquellen in der Landwirtschaft können DDAC/BAC-enthaltende Düngemittel oder DDAC/BAC als Beistoffe in Pflanzenschutzmitteln sein.

Literatur

EFSA PRIMO-Modell

 

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Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 10.02.2014