Untersuchung von Beerenobst auf Rückstände und Kontaminanten (Januar bis August 2016)

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Kathi Hacker, Nadja Bauer

 

So schmeckt der Sommer! Süße Früchtchen wie Erdbeeren, Himbeeren und auch Johannisbeeren sind aufgrund ihres fruchtig-frischen Geschmacks und ihrer vielseitigen Verwendbarkeit bei Verbrauchern sehr beliebt. Gleichzeitig sind diese Früchte sehr empfindlich und anfällig gegenüber verschiedenen Schaderregern, weshalb beim gewerbsmäßigen Anbau dieser Beerenobstarten der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zum Schutz vor negativen Einflüssen erforderlich ist. Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurde deshalb auch im Jahr 2016 wieder Beerenobst auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Kontaminanten untersucht.

Schmuckelement.

 

Zusammenfassung

Von Januar bis August 2016 wurden am CVUA Stuttgart insgesamt 157 Beerenobstproben aus konventionellem Anbau und 14 Beerenobstproben aus ökologischem Anbau auf Rückstände von über 700 verschiedenen Pestizidwirkstoffen, Pestizidmetaboliten sowie Kontaminanten untersucht. Bei den konventionellen Beerenobstproben handelte es sich um 81 Proben Strauchbeeren und 76 Proben Erdbeeren, wovon 69 % (109 Proben) aus einheimischer Produktion stammten. Die gesetzlich festgelegten Höchstmengen wurden bei 11 Proben (7 %) überschritten. Bei Beerenobst aus ökologischer Erzeugung waren 10 der 14 Proben (71 %) rückstandsfrei.

 

Rückstände von Pflanzenschutzmitteln

Beerenobst aus konventionellem Anbau:

Johannisbeeren: Abgesehen von einer Probe aus den Niederlanden stammten alle anderen untersuchten Johannisbeeren aus einheimischem Anbau. In 32 der 34 (94 %) untersuchten Johannisbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden. In 4 Proben (12 %) lag der nachgewiesene Rückstandsgehalt eines oder mehrere Wirkstoffe über der gesetzlich für Johannisbeeren festgelegten Höchstmenge. 29 der 34 Proben (85 %) wiesen Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe auf (= Mehrfachrückstände; siehe Infokasten). Im Mittel enthielten die Johannisbeeren 8,9 Wirkstoffe pro Probe und einen mittleren Pestizidgehalt von 1,0 mg/kg Johannisbeeren. Bei der Überprüfung der sogenannten Indikationszulassung (siehe Infokasten) konnten in 7 (21 %) der 33 Johannisbeerproben aus heimischer Produktion Rückstände von Pestizidwirkstoffen nachgewiesen werden, die in Deutschland nicht für die Anwendung bei Johannisbeeren zugelassen sind. Des Weiteren wiesen zwei dieser 7 Proben Johannisbeeren, die als Ware aus Deutschland in den Verkehr gebracht wurde, Rückstände von Pestizidwirkstoffen auf, die in Deutschland generell nicht mehr zugelassen sind.

 

Stachelbeeren: In allen 10 untersuchten Stachelbeerproben, die allesamt als Ware aus Deutschland in den Verkehr gebraucht wurden, konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden. 9 dieser Proben wiesen außerdem mehrere Wirkstoffe pro Probe auf. Im Mittel waren dies 10,1 Wirkstoffe pro Probe (Ø-Gehalt 0,55 mg/kg Stachelbeeren). In zwei Proben lagen die Rückstandsgehalte je eines Wirkstoffes über der jeweils gesetzlich festgelegten Höchstmenge, gleichzeitig waren in diesen 2 Proben (20 %) jeweils Rückstände von nicht für die Anwendung bei Stachelbeeren zugelassenen Wirkstoffen nachweisbar.

 

Himbeeren: Von 15 im Berichtsjahr untersuchten Himbeerproben stammten 11 aus einheimischer Erzeugung. In allen untersuchten Himbeerproben konnten Pestizidrückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe nachgewiesen werden. Im Mittel enthielten die untersuchten Himbeeren 5,8 Wirkstoffe pro Probe (Ø 0,92 mg/kg Himbeeren). Die nachgewiesenen Rückstandsgehalte lagen alle unterhalb der jeweils gesetzlich festgelegten Höchstmengen. In einer der 11 Proben (9 %) mit deutscher Herkunft wurde ein Wirkstoff nachgewiesen, der nicht für eine Anwendung bei Himbeeren zugelassen ist.

 

Brombeeren: Insgesamt wurden 4 Proben untersucht, wobei 3 Proben aus Deutschland und 1 Probe aus den Niederlanden stammten. In allen untersuchten Brombeerproben wurden mehrere Pestizidrückstände pro Probe nachgewiesen. Im Mittel enthielten die Brombeeren 5,3 Wirkstoffe pro Probe (Ø-Gehalt 0,17 mg/kg Brombeeren).

 

Erdbeeren: Neben den 81 Strauchbeerenobstproben wurden auch 76 Erdbeerproben auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln und Kontaminanten untersucht. 43 Erdbeerproben stammten aus heimischer Erzeugung. In 75 von 76 (99 %) untersuchten Erdbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden, wobei 74 Proben gleichzeitig auch Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe aufwiesen. Im Mittel enthielten die Erdbeeren 6,3 Wirkstoffe pro Probe (Ø-Gehalt 0,39 mg/kg Erdbeeren). In 3 Proben (4 %) lag der nachgewiesene Rückstandsgehalt eines Pflanzenschutzmittelwirkstoffes über der jeweils für Erdbeeren gesetzlich festgelegten Höchstmenge. Außerdem konnten in 3 Erdbeerproben (2x Spanien, 1x Italien) Rückstande an Chlorat über 0,01 mg/kg nachgewiesen werden. Erfreulicherweise konnten in diesem Berichtsjahr bei keiner der deutschen Proben Rückstände von Wirkstoffen nachgewiesen werden, deren Anwendung nicht zugelassen ist.

 

Tabelle 1: Rückstände in Beerenobst aus konventionellem Anbau (CVUA Stuttgart Januar bis August 2016)
Obstkultur Anzahl
Proben
Proben mit
Rückständen
Proben mit
Mehrfach-rückständen
mittlerer Pestizidgehalt (ohne Fosetyl) [mg/kg] Proben über der HM
** ohne Chlorat
Stoffe über der HM
Erdbeeren 76 75 (99 %) 74 (97 %) 0,39 3 (4 %)* 2x Spinosad,
Chlorpropham
Johannisbeeren 34 32 (94 %) 29 (85 %) 1,0 4 (12 %) Ametoctradin,
Dimethoat (Summe), 
Fenazaquin,
Fosetyl (Summe),
Methoxyfenozide,
Procymidon,
Tebufenozid,
Vinclozolin
Himbeeren 15 15 (100 %) 15 (100 %) 0,92 0 -
Heidelbeeren 15 14 (93 %) 13 (87 %) 0,19 2 (13 %) 2x Fosetyl (Summe)
Stachelbeeren 10 10 (100 %) 9 (90 %) 0,55 2 (20 %) Ametoctradin,
Fosetyl (Summe)
Moos-, Josta- und Brombeeren 7

 

10 (100 %) 6 (86 %) 0,10 0  
Summe

Vergleich:*
2015
2014
2013
2012
2011
2010
157


179
178
211
171
182
194
153 (97 %)


177 (99 %)
169 (95 %)
193 (92 %)
158 (92 %)
157 (86 %)
183 (94%)
146 (93%)


165 (92 %)
165 (93 %)
185 (88 %)
145 (85 %)
143 (79 %)
163 (84%)
  11 (7 %) 


6 (3,4 %)
1 (0,6 %)
10 (5 %)
4 (2 %)
1 (0,5 %)
6 (3%)
 

HM = Höchstmenge;
* diese Daten sind nur bedingt miteinander vergleichbar, da in den unterschiedlichen Jahren z.T. ungleiche Anteile der unterschiedlich belasteten Obstkulturen untersucht wurden.

** 3 weitere Höchstmengenüberschreitung mit Chlorat bei Erdbeeren (2x Spanien, 1x Italien) wurden in dieser Auswertung nicht berücksichtigt.

 

Infokasten

Indikationszulassung
(§ 12 (1) Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen)

Die Indikationszulassung gilt für alle Pflanzenschutzmittel seit dem 01.07.2001 und besagt, dass die betroffenen Mittel zugelassen sind, aber nur bei den Anwendungs­gebieten eingesetzt werden dürfen, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL, Zulassungsdatenbank) festgesetzt sind. [3]

Daneben können die zuständigen Behörden der Bundesländer nach § 22 PflSchG unter bestimmten Voraussetzungen Einzelfallgenehmigungen für die Anwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel in weiteren Anwendungsgebieten erteilen. In Baden-Württemberg ist hierfür das Landwirtschaftliches Technologiezentrum Augustenberg zuständig . Diese Genehmigungen gelten nur für den Antrag stellenden Betrieb und für die beantragte Fläche.

Infokasten

Mehrfachrückstände

Wird in oder auf einem Lebensmittel gleichzeitig mehr als ein Pflanzenschutzmittelwirkstoff nachgewiesen, spricht man von Mehrfachrückständen. Für das Auftreten dieser Mehrfachrückstände ist grundsätzlich eine Vielzahl von Ursachen denkbar. Neben der Anwendung unterschiedlicher Wirkstoffe während der Wachstumsphase zur Bekämpfung verschiedener Schadorganismen können sie beispielsweise auf die Anwendung von Kombinationspräparaten mit mehreren Wirkstoffen oder einen gezielten Wirkstoffwechsel zur Vermeidung der Entwicklung von Resistenzen bei Schaderregern zurückzuführen sein. Auch während der Lagerung und/oder beim Transport ist eine weitere Anwendung bzw. eine Übertragung von kontaminierten Transportbehältern oder Förderbändern möglich. Geringe Wirkstoffrückstände können von vorangegangenen Anwendungen oder durch Abdrift bei Pflanzenschutzmaßnahmen von benachbarten Feldern stammen. Des Weiteren setzen sich manche Proben aus Partien von verschiedenen Erzeugern zusammen, die unterschiedliche Wirkstoffe angewendet haben. Darüber hinaus kann auch eine nicht ausreichende Umsetzung der guten landwirtschaftlichen Praxis bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln nicht immer ausgeschlossen werden.

Quelle: BVL [1]

 

Ökologisch erzeugtes Beerenobst:

Zwischen Januar und August 2016 wurden insgesamt 14 Beerenobstproben aus ökologischem Anbau auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Hierbei handelte es sich um 7 Proben Erdbeeren (5x Deutschland, 1x Italien, 1x Spanien), 4 Proben Heidelbeeren aus Spanien, 2 Proben Brombeeren aus Deutschland und 1 Johannisbeerprobe, ebenfalls aus Deutschland. 10 Proben (71 %) waren rückstandsfrei. In 4 Proben, 3 Heidelbeerproben aus Spanien und 1 Erdbeerprobe aus Deutschland, konnten Rückstandsgehalte an Phosphonsäure zwischen 0,046 und 15,6 mg/kg nachgewiesen werden. Bei Phosphonsäure handelt es sich um einen in der EU zugelassenen fungiziden Wirkstoff, der bis zum 30.09.2013 im ökologischen Anbau als Pflanzenstärkungsmittel zugelassen war (siehe Infokasten)

Infokasten

Phosphonsäure und Fosetyl

Sowohl Phosphonsäure als auch Fosetyl sind in der EU zugelassene fungizide Wirkstoffe (VO (EU) 369/2013 [5]), die somit unabhängig vom Eintragsweg unter den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 396/2005 fallen.
Bis zum 30.09.2013 war Phosphonsäure bzw. das Kaliumsalz im ökologischen Anbau als Pflanzenstärkungsmittel zugelassen.
Neben der Anwendung als Fungizid ist ferner ein Eintrag durch phosphonathaltige Düngemittel, auch als Blattdünger, denkbar. Die weitere Zulässigkeit solcher Düngemittel wird derzeit auf europäischer Ebene wegen der eindeutigen fungiziden Wirkung von Phosphonsäure geprüft.

Darüber hinaus wird angenommen, dass sich die Phosphonate bzw. Phosphonsäure nach Behandlungen in mehrjährigen Kulturen im Holz der Pflanze anreichern und über die Früchte und vermutlich auch über die Wurzel im Laufe der Zeit ausgeschieden werden. Erhöhte Phosphonsäuregehalte könnten somit aufgrund der langen Verweildauer in den Pflanzen auch aus einer früheren zulässigen Anwendung herrühren.

 

Fazit und Bewertung

Die Ergebnisse der Rückstandsuntersuchungen zeigen auch in diesem Jahr, dass konventionell erzeugtes Beerenobst zu den Obst-sorten gehört, welche sowohl einen hohen Anteil an Proben mit Pestizidrückständen (97 %) als auch einen hohen Anteil an Proben mit Mehrfachrückständen (93 %) aufweist. Der Anteil an Proben mit Gehalten über den gesetzlich festgelegten Höchstmengen (ohne Berücksichtigung von Chlorat) ist mit 7,0 % (11 Proben) vergleichsweise hoch (2015: 3,4 %). Für den Verbraucher sehr positiv ist, dass alle nachgewiesenen Rückstandsgehalte unterhalb der jeweils toxikologisch festgelegten Referenzwerte [2] liegen und damit alle Proben als gesundheitlich unbedenklich zu bewerten waren.3

 

Ausführliche Darstellung der Ergebnisse siehe PDF-Dokument.

Quellen

[1] Hintergrundinformation: Mehrfachrückstände von Pflanzenschutzmitteln in und auf Lebensmitteln,

[2] Grenzwerte für die gesundheitliche Bewertung von Pflanzenschutzmittelrückständen Information Nr. 022/2009 des BfR vom 10. Juni 2009,

[3] BVL Zulassungsdatenbank

[4] VO (EG) 396/2005: Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 991/2014 vom 19. September 2014 (ABl. L 279/1)
[5] VO (EU) 369/2013: Durchführungsverordnung (EU) Nr. 369/2013 der Kommission vom 22. April 2013 zur Genehmigung des Wirkstoffs Kaliumphosphonat gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Änderung des Anhangs der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 540/2011 der Kommission (ABl. L 111/39)
[6] VO (EG) 889/2008: Verordnung (EG) Nr. 889/2008 der Kommission vom 5. September 2008 mit Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen hinsichtlich der ökologischen/biologischen Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle (ABl. L 250/1 vom 18.09.2008)

 

Artikel erstmals erschienen am 17.11.2016