Nachweis von Antikörpern gegen das Virus der Aujeszkyschen Krankheit bei Wildschweinen im Norden Baden-Württembergs

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Birgitta Polley, Valerij Akimkin, Andreas Hänel

 

Bei der Untersuchung von zwei Serumproben von Wildschweinen aus Nord-Baden-Württemberg wurden im CVUA Stuttgart Antikörper gegen das Virus der Aujeszkyschen Krankheit nachgewiesen. Es ist der erste Fund von Antikörpern gegen die Krankheit bei Wildschweinen in diesem Gebiet seit über zehn Jahren. Allerdings war wenige Tage zuvor im benachbarten Bayern ein Jagdhund mit den Symptomen der Krankheit gestorben. Wie weit die Krankheit in der Wildschweinepopulation Nord-Württembergs vorgedrungen ist, müssen weitere Untersuchungen zeigen.

Was ist die Aujeszkysche Krankheit?

Bei dem Erreger der Aujeszkyschen Krankheit handelt es sich um ein Herpesvirus (Suid Herpesvirus 1, SHV1).
Die typische Eigenschaft aller Herpesviren ist, dass sie nach einer durchlaufenen Infektion lebenslang im Körper verbleiben (persistieren). Das Virus versteckt sich nach der akuten Krankheitsphase im Organismus, das betroffene Tier bleibt damit lebenslänglich Virusträger.

Erkrankte Schweine zeigen Fieber, zentralnervöse Störungen (Zittern, Lähmungen, Stimmlosigkeit) und Lungenentzündung. Bei tragenden Sauen sind häufig Aborte zu beobachten. Die Krankheit kann auch nur vorübergehend sein und die Schweine werden scheinbar wieder gesund, bleiben aber lebenslang Virusträger. Die Aujeszkysche Krankheit ist bei Hausschweinen  und Rindern nach der Verordnung über Anzeigepflichtige Tierseuchen vom 12.06.2013 anzeigepflichtig.

Dramatisch verläuft die Krankheit, wenn sich Hunde oder Katzen infizieren. Infektionsquelle für diese Tiere ist das Fleisch infizierter Schweine; beim Jagdhund zum Beispiel der Aufbruch eines infizierten Wildschweines. Die Symptome ähneln der Tollwut, weshalb die Krankheit auch als Pseudowut, im englischen Sprachraum Pseudorabies bezeichnet wird. Die Tiere zeigen starke Unruhe und kratzen sich blutig, haben aber, im Gegensatz zur Tollwut, die mit Hydrophobie (Angst vor Wasser) einhergeht, Durst. Der Tod tritt in ein bis drei Tagen ein.

 

Foto: Der Erreger der Aujeszkyschen Krankheit ist ein Herpesvirus (Elektronenmikroskopische Aufnahme, Vergrößerung 200.000-fach, CVUA Stuttgart).

Der Erreger der Aujeszkyschen Krankheit ist ein Herpesvirus (Elektronenmikroskopische Aufnahme, Vergrößerung 200.000-fach, CVUA Stuttgart).

 

Auch Rinder können sich mit Aujeszkyscher Krankheit anstecken, wenn sie in Kontakt mit infizierten Schweinen kommen. Die Krankheit verläuft stets tödlich mit schweren respiratorischen und zentralnervösen, der Tollwut ähnelnden Symptomen.

 

Kommt die Aujeszkysche Krankheit in Deutschland noch vor?

Die Aujeszkysche Krankheit gilt in Deutschland seit 2003 offiziell in den Hausschweinebeständen getilgt. Dies gelang auch durch die flächendeckende Anwendung eines markierten Impfstoffes. Die Antikörper geimpfter Schweine können im Labor von den Antikörpern feldinfizierter Schweine unterschieden werden.

Bei Wildschweinen werden jedoch immer wieder vereinzelt Antikörper gegen das Virus der Aujeszkyschen Krankheit nachgewiesen. Deshalb werden in Deutschland im Rahmen eines Monitorings regelmäßig Serumproben von Wildschweinen auf Antikörper gegen die Aujeszkysche Krankheit untersucht. Im Jahr 2008 verstarb in Baden-Württemberg ein Jagdhund nach Kontakt mit infizierten Wildschweinen eines Wildgatters im Landkreis Ravensburg an Aujeszkyscher Krankheit (siehe Internetbeitrag STUA Aulendorf vom 18.03.2009 "Jagdhund verstarb an Aujeszkyscher Krankheit"). Im gleichen Gebiet wurden nachfolgend Antikörper bei Wildschweinen nachgewiesen. Aktuell wurde im Januar 2014 die Krankheit bei einem Jagdhund in  Bayern an der Grenze zu Baden-Württemberg nachgewiesen.

Im nördlichen Baden-Württemberg verliefen die Kontrolluntersuchungen an Serumproben von Wildschweinen jedoch bis Anfang Januar 2014 stets negativ.

 

Aujeszkysche Krankheit bei Wildschweinen in Nord-Württemberg

Im Januar 2014 wurden beim CVUA Stuttgart zwei Serumproben von Wildschweinen angeliefert, die im nördlichen Baden-Württemberg an der Grenze zu Bayern geschossen worden waren. Diese Tiere hatten keine Krankheitssymptome gezeigt. Da aber in Bayern kurz zuvor über einen Fall von Aujeszkyscher Krankheit bei einem Jagdhund berichtet worden war, wurden diese Proben in das Aujeszky-Monitoring mit eingeschlossen. Die Proben fielen zunächst positiv im ELISA-Test auf und die Ergebnisse wurden mit einem weiteren ELISA verifiziert. Es wurden Antikörper gegen das Feldvirus der Aujeszkyschen Krankheit nachgewiesen.
In einem weiteren Test wurde das Ergebnis auch quantitativ bestätigt: Im Serumneutralisationstest werden die Seren in verschiedenen Verdünnungsstufen mit einer genau definierten Menge an Aujeszky-Virus vermischt und dann auf empfängliche Zellkulturen verbracht.
Bis zu einer Verdünnung von 1:16  bzw. 1:64  waren die Seren in der Lage, die definierte Virusmenge zu neutralisieren.
Der direkte Nachweis des Virus selbst durch einen Immunfluoreszenztest oder durch Anzucht in der Zellkultur ist aus den vorhandenen Serum-Proben nicht möglich, hierfür sind Organe wie Gehirn, Lymphknoten, Milz und Tonsillen erkrankter Wildschweine erforderlich.
Da aber Herpesviren nach einer Infektion grundsätzlich im Wirtsorganismus persistieren, muss davon ausgegangen werden, dass die Wildschweine auch Virusträger waren.

 

Wie kann man Haustiere vor der Aujeszkyschen Krankheit schützen?

Da die Aujeszkysche Krankheit im nördlichen Baden-Württemberg bisher nur bei Wildschweinen nachgewiesen wurde, sollten alle Maßnahmen ergriffen werden, um den Kontakt zwischen Haustieren und Wildschweinen zu unterbinden.
Das heißt, dass Jagdhunde beispielsweise keinen Wildschweine-Aufbruch fressen dürfen und dass Hunden und Katzen kein unbeaufsichtigter Freilauf in wildschweinedichten Gebieten ermöglicht werden darf.

Die Schutzmaßnahmen, die Schweinehalter beachten müssen, sind ausführlich in der Schweinehaltungshygieneverordnung vom 17.06.2009 beschrieben.
Insbesondere Jäger, die auch Schweinehalter sind, sollten strikte Hygieneregeln beachten.
Genauere Aussagen über die Verbreitung der Aujeszkyschen Krankheit im nördlichen Baden-Württemberg sind nur möglich, wenn Wildschweine in diesem Gebiet vermehrt bejagt und beprobt werden. Die Blutproben können dann am CVUA Stuttgart zusätzlich zu den vorgeschriebenen Tests auf Schweinepest auch auf Antikörper gegen das Virus der Aujeszkyschen Krankheit untersucht werden. Die Weiterführung des Aujeszky-Monitorings bei Wildschweinen ist somit unerlässlich.

 

Eine nicht zu unterschätzende Gefahr: Wildtiere als Reservoir für Krankheitserreger

Im CVUA Stuttgart werden regelmäßig Proben von Wildtieren auf das Vorhandensein von Krankheitserregern oder Antikörpern gegen Krankheiten untersucht, die bei Haus- und Wildtieren vorkommen können.
Bereits 1999 wurden im Rahmen dieser Untersuchungen zunächst die Antikörper und dann das Virus der Klassischen Schweinepest in Baden-Württemberg entdeckt und in den folgenden Jahren erfolgreich mittels Impfung und verstärkter Bejagung getilgt.

 

Foto: Die Anzahl der Wildschweine in den heimischen  Wäldern hat stark zugenommen.

Die Anzahl der Wildschweine in den heimischen  Wäldern hat stark zugenommen.

 

Im September 2012 gelang erstmals bundesweit der Nachweis des Schmallenbergvirusgenoms bei einem Reh (siehe Internetbeitrag vom 30.11.2012 "Schmallenbergvirus bei einem erwachsenen Reh nachgewiesen"). Diese Krankheit, die zu Aborten und Missbildungen führt,  hat mittlerweile flächendeckend die Rinder-, Schaf- und Ziegenbestände in Baden-Württemberg erfasst.

Im Februar 2013 wurden in  den Organen eines Rehs Brucellosebakterien nachgewiesen (siehe Internetbeitrag vom 20.02.2013 "Brucellose bei einem Reh - Eine fast vergessene Tierseuche bei Wiederkäuern").
Im November 2013 berichtete das CVUA Stuttgart außerdem über die Staupe-Epidemie beim Fuchs, die auch eine Gefahr für Haushunde darstellt. (siehe Internetbeitrag vom 19.11.2013 "Staupe-Epidemie im Landkreis Esslingen beim Fuchs").

 

Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen!

Untersuchungen von Wildtieren auf Krankheiten werden durch finanzielle Mittel des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) Baden-Württemberg unterstützt und sind daher kostenfrei.

 

Infokasten

Bei der Untersuchung von zwei Serumproben von scheinbar gesunden Wildschweinen aus  Nord-Württemberg wurden im CVUA Stuttgart mittels ELISA und Serumneutralisationstest Antikörper gegen das Virus der Aujeszkyschen Krankheit nachgewiesen.

 

Die Hauptwirte der Aujeszkyschen Krankheit sind hauptsächlich Haus- und Wildschweine, bei denen nach der Infektion  zentralnervöse Störungen, Lungenentzündungen und Aborte auftreten. Das Virus kann aber auch Hunde, Katzen und Wiederkäuer infizieren und bei diesen zu einer schweren, tödlich verlaufenden Erkrankung führen. Da die Symptome denen der Tollwut ähneln, wird die Krankheit auch als Pseudowut (englisch: Pseudorabies) bezeichnet. Für den Menschen ist das Virus nicht gefährlich.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 28.02.2014