Allergene in Lebensmitteln

Hans-Ulrich Waiblinger (CVUA Freiburg), Dr. Tabea Pflaum (CVUA Karlsruhe), Dr. Gabriele Engler-Blum (CVUA Sigmaringen), Ursula Blum-Rieck (CVUA Stuttgart)

 

Ende 2014 trat die Kennzeichnungspflicht für Allergene in loser Ware, d.h. unverpackten Lebensmitteln in Kraft. Im Vorfeld dieser Regelung wurden einzelne Produktgruppen wie Backwaren oder Speiseeis vorab getestet. Viele dieser Proben enthielten auch Bestandteile von Allergenen, die laut Rezeptur eigentlich nicht enthalten sein sollten (Näheres s.u.).

 

Untersuchungsschwerpunkt waren jedoch, wie zuletzt, die Überprüfungen auf nicht deklarierte Allergene in verpackten Lebensmitteln. Bei insgesamt 2.335 dieser Untersuchungen wurden in 104 Fällen nicht gekennzeichnete Allergene nachgewiesen. Dieser Anteil auffälliger Befunde ging mit 4 % gegenüber den Vorjahren nochmals leicht zurück. Bei weiteren 197 Tests auf Allergene (= 8 %) waren Allergene nachweisbar, allerdings in sehr geringen Spurenanteilen unter dem Beurteilungswert (Näheres hierzu s. unten).

 

Fotoreihe Allergene

 

Prozentual am häufigsten waren nicht gekennzeichnete Verunreinigungen durch Milch, Senf, Gluten, Ei und Soja (s. Grafik). Zugenommen hat der Anteil positiver Proben bei Ei (8 statt 4 % im Vorjahr) sowie Milch (14 statt 8 %); eine Abnahme war bei dem Anteil von Proben mit nicht deklarierten Bestandteilen von Soja festzustellen (4 gegenüber 9% im Vorjahr).

 

Milch wurde häufig in Backwaren oder Fertiggerichten nachgewiesen, ohne dass in der Kennzeichnung darauf hingewiesen wurde. Bei Senf waren ebenfalls Fertiggerichte, dazu Fleischerzeugnisse sowie Gewürzzubereitungen häufig betroffen. Ei und Soja wurden beispielsweise häufiger in Teigwaren, Gluten in Knabber-Erzeugnissen auf Soja- und Maisbasis nachwiesen.

 

Tabelle: Allergenuntersuchungen 2014

Tabelle: Allergenuntersuchungen 2014  verpackte Ware ohne Hinweise auf Allergene

 

Diagramm: Allergenuntersuchungen 2014

Es wurden nur Befunde mit Allergenanteilen über einem intern festgelegten Beurteilungswert als „positiv" bewertet (s. Infokasten).

 

kann...enthalten oder das Problem mit den Kreuzkontaminationen

Nach wie vor müssen Allergenspuren, die nachweislich durch eine unbeabsichtigte Verunreinigung in das Lebensmittel eingetragen worden sind, nicht gekennzeichnet werden. Viele Produkte weisen dennoch aus Gründen der Produkthaftung auf mögliche Spuren hin. Auch Produkte, die eine solche Spurenkennzeichnung aufwiesen, wurden stichprobenartig untersucht. Auffällig häufig waren bei Schokolade tatsächlich auch die entsprechenden allergenen Bestandteile nachweisbar.

Nahezu 100% der Proben mit Spurenhinweis auf Milch enthielten tatsächlich Milchprotein; bei drei Viertel der Proben mit Spurendeklaration von Haselnuss war Haselnuss auch nachweisbar. Auch hier kann in Einzelfällen den Befunden vor Ort näher nachgegangen werden, etwa um das Allergenmanagement des Betriebs zu hinterfragen oder abzuklären, ob nicht doch eine (eigentlich deklarationspflichtige) allergenhaltige Zutat ursächlich war.

 

Bundesweite Beurteilungswerte der Überwachungslabors jetzt veröffentlicht

Bei der Beurteilung der analytischen Befunde wurden bereits in den vergangenen Jahren in Baden-Württemberg interne Orientierungswerte herangezogen. Die Anwendung von Orientierungswerten hat sich in der Untersuchungspraxis sehr bewährt und wurde auch in Labors anderer Bundesländer eigeführt.

Die bundesweiten Sachverständigengremien der Lebensmittelüberwachung, ALS und ALTS, haben in ihren Arbeitstreffen 2014 beschlossen, diese Orientierungswerte zu veröffentlichen, s. auch Bericht zum 74. Arbeitstreffen des ALTS.

Zuvor sind die Werte nochmals überarbeitet worden, da 2014 mit der Veröffentlichung von Taylor et al. Referenzdosen und damit aktuelle allergologische Grundlagen verfügbar waren (Taylor S et al 2014 Establishment of Reference Doses for residues of allergenic foods: Report of the VITAL Expert Panel. Food and Chemical Toxicology 63 (2014) 9-17). Dieses Expertengremium hat sogenannte Referenzmengen der jeweiligen allergenen Lebensmittel festgelegt, bei deren Überschreitung eine freiwillige Allergenkennzeichnung, d.h. auch im Falle von Kontaminationen, empfohlen wird.

Bei dem Konzept der Beurteilungswerte handelt es sich lediglich um interne Aktionswerte und nicht um Grenzwerte. Das Konzept orientiert sich sowohl an aktuellen Erkenntnissen aus der gesundheitlichen Bewertung als auch an dem analytisch Machbaren.

 

Weitere Informationen zu den Beurteilungswerten

 

Im Vorfeld der neuen Kennzeichnungspflicht: lose Ware im Fokus

Seit dem 13. Dezember 2014 haben Kunden nicht nur bei verpackter, sondern auch bei unverpackter (loser) Ware Anspruch auf Informationen über enthaltene Allergene, etwa in Bäckereien, an der Fleischtheke oder in der Gastronomie.
Mit kleineren Untersuchungsreihen sollten Betriebe für das das Thema sensibilisiert werden: So wurden noch vor diesem Stichtag Backwaren aus regional produzierenden Bäckereibetrieben sowie Speiseeis aus Eisdielen gezielt auf enthaltene Allergene geprüft. Die Ergebnisse wurden mit den Rezepturangaben der Betriebe verglichen.
Die Auswertung zeigt, dass auch mit Einführung der Allergenkennzeichnungspflicht bei unverpackter Ware für Allergiker Vorsicht geboten sein kann (s. Abbildungen):


Diagramm: Eis (offene Ware)

 

Diagramm: Backwaren(offene Ware)

Nachweis von Allergenen in unverpackter Ware: Backwaren sowie Speiseeis. Die Beprobung erfolgte jeweils vor dem Stichtag für die Einführung der Kennzeichnungspflicht. Jeweils Anzahl von Proben mit positivem, negativem oder Spurenbefund (< Beurteilungswert).

 

Soja und Haselnuss waren neben vier weiteren Allergenen bei Eis am häufigsten nachweisbar.
Bei Backwaren waren dies Mandel, Milch und Haselnuss, aber auch Lupine und Soja wurden nachgewiesen, ohne dass dies aus der Rezeptur erkennbar war.


Lesen Sie hierzu auch den ausführlichen Bericht vom 12.12.2014

 

Glutenfreie Lebensmittel

Infokasten

Lebensmittel, die als „glutenfrei" angeboten werden, dürfen maximal 20 Milligramm Gluten pro Kilogramm Lebensmittel enthalten. Derzeit Nicht erlaubt sind Aussagen wie „glutenarm". Etwa 0,3 Prozent der deutschen Bevölkerung leidet an Zöliakie (Synonym: Sprue), einer chronischen Erkrankung des Dünndarms.

Logo: GlutenfreiVerursacht wird die Zöliakie durch Gluten, einem Getreideprotein. Glutenhaltige Getreidearten wie Weizen, Dinkel, Roggen und Gerste müssen von Zölialiepatienten lebenslang gemieden werden.
Mittlerweile ist eine große Zahl „glutenfreier" Produkte im Handel. Erkennbar sind sie am durchgestrichenen Ährensymbol.

 

Bei 5 von insgesamt 128 untersuchten Proben (= 4 %) von Lebensmitteln mit dem Hinweis „glutenfrei" war der Grenzwert von 20 mg/kg überschritten. Betroffen waren 2 Proben eine Lupinenmehls, ein Sojamehl sowie zwei Soßenpulver. Letztere waren zwar nicht als "glutenfrei" gekennzeichnet, sondern mit den Hinweisen „laut Rezeptur ohne Zusatz von Gluten bzw. „von Natur aus „glutenfrei". Solche Hinweise können aber Verbraucher dazu verleiten, dass es sich um tatsächlich „glutenfreie" Erzeugnisse handelt. Daher wurden die Befunde bei diesen Erzeugnissen in der Auswertung mit erfasst.
Weitere 10 Proben von „glutenfreien" Erzeugnissen enthielten Gluten, allerdings jeweils unter dem Grenzwert.
Im Vergleich mit den vergangenen Jahren (s. Abbildung) hat der Anteil auffälliger Proben somit wieder etwas zugenommen.

 

Diagramm: Nachweis von Gluten

Abbildung: Gluten in „glutenfreien" Lebensmitteln. Anteile von Gluten-positiven Proben bzw. Proben, bei denen der Grenzwert von 20 mg/kg überschritten war. Untersuchungen der Jahre 2010 bis 2014.

 

 

Lesen Sie weitere Informationen

Allergene in Lebensmitteln

 

Bildnachweis

alle CVUA Freiburg

 

Artikel erstmals erschienen am 18.05.2015