Schlank und fit mit Pillen?

Gefährlicher „Fatburner“ in Nahrungsergänzungsmitteln für Sportler, Gefahren bei Produkten aus dem Internet

Sibylle Maixner, Matthias Kohl-Himmelseher

 

Im Sommer 2015 hatte Interpol vor Diätpillen mit 2,4-Dinitrophenol (DNP) gewarnt. Nahrungsergänzungsmittel für Sportler versprachen eine schnelle Gewichtsreduktion durch eine Steigerung der Fettverbrennung. Über den Internethandel können solche Produkte leicht beschafft werden. Die Untersuchungsämter in Großbritannien spürten den giftigen Stoff auf und informierten über das europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel (RASFF) alle übrigen Mitgliedstaaten. In den daraufhin vom CVUA Karlsruhe untersuchten Proben aus dem Präsenzhandel ergaben sich keine positiven DNP-Befunde.

Hintergrund

Bei dem Stoff DNP handelt es sich um eine Industriechemikalie, die bei der Synthese von Farbstoffen, Holzschutzmitteln, Insektiziden und Sprengstoffen verwendet wird.

 

Auch als Lebensmittelzusatz hat DNP schon eine längere Historie hinter sich. Bereits in den 1930er Jahren wurde es zum Abnehmen verwendet. Als die schädlichen Nebenwirkungen bekannt wurden, wurde es aber schnell wieder vom Markt genommen.

 

DNP ist eine fettlösliche Substanz, die chemisch zur Gruppe der Nitrophenole gehört. Die

Stoffgruppe kann über die Atmung, die Haut oder im Magen-Darmtrakt aufgenommen werden und beim Menschen lebensbedrohliche Vergiftungen hervorrufen. Dabei stört DNP den normalen Energiestoffwechsel in den Körperzellen. Es verhindert die Bildung des Energieträgers Adenosintriphosphat (ATP) in den Mitochondrien. Die im Zuge der Atmungskette gebildete Energie wird stattdessen als Wärme frei, was sich in ansteigender Körpertemperatur oder Schweißausbrüchen äußern kann.

 

Weitere Symptome für eine akute Vergiftung können sein: Übelkeit, Erbrechen, Gelbfärbung der Haut, Krämpfe, Atemnot, Blutdruckabfall und Herzrhythmusstörungen bis hin zu Koma und Tod.

Wenn DNP in geringer Dosis über einen längeren Zeitraum eingenommen wird, reichert sich der Stoff im Körper an. Es kann dann zu Schädigungen von Leber, Niere, Blutbildung, Herz-Kreislauf- und Nervensystem kommen. Gelbfärbungen von Augen, Urin und Schweiß werden beschrieben.

Als tödliche orale Einmal-Dosis werden in der Literatur 1 bis 3 Gramm DNP angegeben. Aufgrund der Anreicherung im Körper können aber auch geringere, über mehrere Tage eingenommene Mengen zu tödlichen Vergiftungen führen [1, 2, 3, 4, 5].

 

Immer wieder wird DNP heutzutage unerlaubt Nahrungsergänzungsmitteln und Schlankheitsmitteln (sogenannten „Fettverbrennern“ oder „Fatburnern“) zugesetzt. In der Bodybuilder-Szene, wo man großen Wert auf eine gut strukturierte Muskulatur mit nur geringem Anteil an Fettgewebe legt, wird es als besonders wirksam angepriesen. Bei manchen Vertreibern wird zwar auf die Gefährlichkeit hingewiesen. Dennoch sind immer wieder Todesfälle infolge einer DNP-Aufnahme zu beklagen.

 

Untersuchungen am CVUA Karlsruhe

Im CVUA Karlsruhe als zentraler Einrichtung in Baden-Württemberg zur Untersuchung von Sportlernahrung werden derartige Proben auf unzulässige Zusätze, insbesondere auch auf nicht deklarierte Zusatzstoffe oder Zutaten untersucht.

 

Die Proben des jüngsten Untersuchungsprogrammes stammten aus dem stationären Handel wie Fitness-Studios, lokalen Sportgeschäften und Supermärkten (= Präsenzhandel). Neben DNP wurden dabei auch Arzneistoffe wie z.B. Sibutramin, Phenolphthalein (Appetitzügler), Sildenafil oder Tadalafil (potenzsteigernde Mittel) erfasst.

 

2015 wurden insgesamt 70 Proben analysiert. Es handelte sich um Produkte zur Zufuhr von Eiweiß, Aminosäuren, Vitaminen, Mineralstoffen oder Pflanzenextrakten in Form von Pulvern, Kapseln, Flüssigkeiten, Gelen oder Riegeln. Die Kennzeichnung wies zum Teil auf Fettverbrennung, Körperstraffung oder ähnliche Wirkungen hin.

 

Analytik

Die Analytik erfolgte mittels HPLC-DAD nach methanolischer Extraktion. Eingesetzt wurde ein HPLC-Screening-Prüfverfahren: mittels eines Lösungsmittelgradienten werden verschiedene Inhaltsstoffe einer fraglichen Probe zu unterschiedlichen Zeiten (= Retentionszeiten) von einer Trennsäule, dem Herzstück der Anlage, gespült und durch einen nachgeschalteten Detektor nachgewiesen. Anhand einer Retentionszeitenliste und/oder einer Spektrenbibliothek können so unter bestimmten Voraussetzungen auch Stoffe nachgewiesen werden, auf die nicht gezielt geprüft wurde, z.B. da sie nicht im Zutatenverzeichnis aufgeführt oder teilweise auch illegal zugesetzt worden sind.

 

Ergebnisse

Erfreulicherweise konnte in diesen Proben kein DNP nachgewiesen werden. Die Verbraucherinnen und Verbraucher sind also beim Erwerb von Sportlerlebensmitteln aus dem Präsenzhandel bei weitem nicht so gefährdet wie beim Internetkauf.

 

Zu warnen ist vor allem vor Produkten aus dem internationalen Internethandel. Die hier angebotenen Nahrungsergänzungsmittel können derzeit noch kaum in die Überwachung einbezogen werden. Besonders tückisch sind nicht deklarierte DNP-Zusätze zu Sportlernahrung, deren Gefährlichkeit für den Verbraucher dann nicht erkennbar ist.

 

Weitere Informationen zu den Erfahrungen des CVUA Karlsruhe aus 7 Jahren Internetüberwachung siehe auch:

 

Literatur

[1] Ludewig R., Akute Vergiftungen, WVG Stuttgart, 1999

[2] Römpp Chemie Lexikon, Thieme Verlag Stuttgart, 1997

[3] Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen

(BLV): Fat-Burner mit 2,4-Dinitrophenol (DNP), 03.07.2015

http://www.blv.admin.ch/themen/04678/04711/06156/index.html?lang=de, abgerufen am 02.02.2016
[4] Interpol (2015). INTERPOL issues global alert for potentially lethal illicit diet drug,
04 May 2015 http://www.interpol.int/News-and-media/News/2015/N2015-050, abgerufen am 02.02.2016

[5] Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung Nr. 046/2015 des BfR vom 26. November 2015

http://www.bfr.bund.de/cm/343/nahrungsergaenzungsmittel-die-dinitrophenol-dnp-enthalten-koennen-zu-schweren-vergiftungen-bis-hin-zu-todesfaellen-fuehren.pdf, abgerufen am 02.02.2016

 

 

Artikel erstmals erschienen am 15.03.2016