Effiziente Probendokumentation mittels automatisierter Produktfotografie

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Andreas Scharinger, Sibylle Maixner, Claudia Andlauer, Susanna Mayer, Rüdiger Schneider und Dirk Lachenmeier (CVUA Karlsruhe)

 

Die ersten Erfahrungen mit einem neu angeschafften System zur automatisierten Produktfotografie bestehend aus einer Fotostation mit LED-Beleuchtung und 360° Objektbewegung, Spiegelreflexkamera sowie Softwaresteuerung aller Komponenten werden berichtet. Als besonders vorteilhaft hat sich das System für sehr kleine Objekte (Nahrungsergänzungsmittel) sowie das 2D-Panorama-Stiching von runden Objekten (Dosen, Flaschen) erwiesen.

 

Warum muss ein Untersuchungsamt Fotos aufnehmen?

Als Anlage zu den Gutachten der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter werden in der Regel Fotos beigefügt, um die untersuchten Objekte eindeutig, dauerhaft und gerichtsfest zu dokumentieren. Dies können beispielsweise Abbildungen der Verpackung oder vorgefundene Fremdkörper (Glassplitter, Schimmel etc.) sein, sonstige Qualitätsabweichungen (Verfärbungen) oder auch die komplette Etikettierungen bei Kennzeichnungsbeanstandungen. Fotodokumentationen von bestimmten Analysenergebnissen sind außerdem für eine Reihe von Prüfverfahren (z.B. Dünnschichtchromatographie von Farbstoffen) notwendig und sinnvoll. Im Rahmen unserer Akkreditierung nach DIN EN ISO 17025 sind wir verpflichtet, auffällige Proben und Asservate in geeigneter Weise zu dokumentieren, z.B. durch Fotografieren.
Laut Kundenbefragungen der unteren Verwaltungsbehörden wird dort auch gewünscht, dass keine Originalverpackungen sondern Fotografien als Anlage zu den Gutachten übersandt werden. Gleichzeitig wurde teilweise die bisherige Qualität der Fotografien kritisiert. Konventionelle Lösungen mittels einfacher Kompakt-Digitalkameras haben in bestimmten Fällen zu Schwierigkeiten geführt, beispielsweise durch unscharfe Aufnahmen bei schwierigen Objekten wie sehr kleinen Verpackungen mit kleinen Schrifttypen oder spiegelnden und kontrastarmen Aufdrucken, insbesondere bei Nahrungsergänzungsmitteln und Sportlernahrung. Bei runden Objekten war es bislang notwendig, mehrere Aufnahmen anzufertigen, wobei trotzdem oft kein komplett durchgängig lesbarer Text erhalten wurde (Abb. 1).

 

Collage von herkömmlich erstellten Bildern mit zahlreichen Fehlern (z.B. Schärfe, Belichtung, Ausschnitt).

Abb. 1: Collage von herkömmlich erstellten Bildern mit zahlreichen Fehlern (z.B. Schärfe,

Belichtung, Ausschnitt)

 

Automatisierte Produktfotografie

Das eingesetzte System besteht aus einer mit LED-Lampen (47,000 Lumen) beleuchteten Fotostation, die es erlaubt Objekte mit max. 30x30x30 cm aufzunehmen. Die Objekte werden dabei auf einem Drehteller platziert und die Spiegelreflexkamera auf einem Stativarm angebracht, der eine Ausrichtung zwischen 0° und 90° erlaubt (Abb. 2). Die Aufnahmen erfolgen softwaregesteuert, wobei die Software sowohl die Beleuchtung, den Drehteller und die Spiegelreflexkamera (inkl. Übertragung des Live-Bildes) fernsteuert (Beispiele in Abb. 3). Mit dieser Anordnung können qualitativ hochwertige Aufnahmen auch von den oben genannten problematischen Proben gemacht werden. Die fertigen Aufnahmen stehen unmittelbar auf dem Dateiserver des CVUA zur Verfügung. Eine automatische LIMS-Anbindung ist in Planung.

 

Fotostation im Einsatz.

Abb. 2: Fotostation im Einsatz

  

Beispiel für mit der Fotostation aufgenommene Ei-Proben. Die Feststellung der Färbung des Eidotters mittels Farbfächer wird dabei dokumentiert.

Abb. 3: Beispiel für mit der Fotostation aufgenommene Ei-Proben. Die Feststellung der

Färbung des Eidotters mittels Farbfächer wird dabei dokumentiert.

 

2D-Panorama-Stitching von runden Objekten 

Einen besonderen Vorteil gegenüber konventionellen statischen Fotostationen besitzt das System bei runden Objekten (z.B. Nahrungsergänzungsmittelverpackungen) oder Flaschen. Diese Produkte können vollautomatisch in 360° aufgenommen werden, d.h. das System dreht die Objekte und löst jeweils alle 60° eine Fotoaufnahme aus. Die dabei erhaltenen Bilder können dann mittels Panoramasoftware zu einem einzigen 2D-Bild zusammengesetzt werden (sog. „Stitching“). Statt 6 Einzelaufnahmen von allen Seiten des Objekts erhält der Bearbeiter dann ein einziges Bild mit der gesamten Etiketteninformation. Dies ist insbesondere bei den oft sehr aufwendigen Begutachtungen von Werbeclaims und gesundheitsbezogenen Angaben auf Nahrungsergänzungsmitteln, Diätprodukten und Sportlernahrung sehr hilfreich.

 

Beispiel für ein mit Stitching zusammengesetztes Foto einer runden Verpackung eines Nahrungsergänzungsmittels.

Abb. 4. Beispiel für ein mit Stitching zusammengesetztes Foto einer runden Verpackung eines Nahrungsergänzungsmittels

 

Fazit

In einer ersten Evaluierungsphase konnte gezeigt werden, dass automatische Produktfotografie-Systeme, die ursprünglich für Warenpräsentationen auf Internetseiten entwickelt wurden, produktiv in der Arbeit eines Untersuchungsamts eingesetzt werden können. Für die Mitarbeiter wurden Schulungen in zwei Abteilungen des CVUA durchgeführt und eine Kurzanleitung erstellt. Das System wird bereits zur Erstellung von Aufnahmen eingesetzt und hat dort die bisherige Arbeitsweise abgelöst. Der automatisierte und standardisierte Prozess hat gegenüber dem bisherigen Vorgehen zu einer erheblichen Arbeitserleichterung mit gleichzeitiger Qualitätsverbesserung geführt. Insbesondere wurden die früher sehr oft notwendigen Wiederholungen von Aufnahmen bei unzureichender Qualität vermieden.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 13.09.2016