Statt eiserner Kraft bald gar kein Saft?

Oliver el-Atma, CVUA Karlsruhe

 

Wieder einmal hat die Arzneimitteluntersuchungsstelle Baden-Württemberg ein angeblich natürliches Potenzmittel als nicht zugelassenes und bedenkliches Arzneimittel „enttarnt“.

 

Potenzmittel.

Potenzmittel

Das Präparat wird im Internet als „Male Enhancer“ zur Stärkung der sexuellen Begierde und Manneskraft angeboten. Der Verbraucher soll so zum „eisernen Ritter“ werden. Es handelt sich angeblich um ein natürliches Mittel ohne schädliche chemische Wirkstoffe.

 

Die Innovationsfreude der Branche kennt offenbar keine Grenzen. Schon in der Vergangenheit hatte die Arzneimitteluntersuchungsstelle in angeblich rein pflanzlichen Produkten nicht nur einen, sondern zwei synthetische Arzneistoffe identifiziert. Diese Befunde wurden nun durch den Nachweis einer dritten Wirksubstanz sogar „getoppt“.

 

Die nachgewiesenen nicht deklarierten Substanzen Sildenafil (Originalpräparat Viagra) und Tadalafil (geschützter Handelsname Cialis) sind strukturell verwandt. Es handelt sich um spezifische Phosphodiesterase V (PDE-5)-Hemmer, die zur Behandlung von Erektionsstörungen des Mannes eingesetzt werden. Häufig können teilweise schwerwiegende Herzkreislaufnebenwirkungen bis hin zu Todesfällen auftreten, weshalb diese Arzneistoffe auf legalem Wege auch nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich sind.

 

Der dritte enthaltene Wirkstoff hat zwar einen anderen Wirkmechanismus, wird aber auch bei Potenzproblemen angewendet, nämlich bei vorzeitigem Samenerguss. Alle drei nachgewiesenen Substanzen werden nicht nur bei Erkrankungen eingesetzt, sondern auch als sogenannte Lifestyle-Medikamente, d.h. Präparate, die nicht in erster Linie der Behandlung einer Krankheit dienen, sondern einer erhöhten Lebensqualität.

 

Da die beiden Arzneistoffe Sildenafil und Tadalafil sich synergistisch ergänzen und einer der beiden Stoffe auch in sehr großer Menge in dem Produkt enthalten ist, handelt es sich hierbei um ein bedenkliches Arzneimittel, dessen Risiken den Nutzen bei weitem überwiegen.

 

Es muss dringend davon abgeraten werden, „Lifestyle“-Präparate wie Potenzmittel im Internet zu erwerben. Im besten Fall schadet ein solcher Kauf „nur“ der Geldbörse, im schlimmsten Fall aber auch der eigenen Gesundheit mit teilweise dramatischen Folgen. Da die stark wirksamen Arzneistoffe i.d.R. nicht angegeben werden, ist das Risiko einer Anwendung für den Verbraucher nicht kalkulierbar.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 03.05.2017