Frischer Fisch aus dem Netz?

Susanna Mayer, Claudia Andlauer, Martin Lohneis, Dirk W. Lachenmeier, Constanze Sproll, CVUA Karlsruhe

 

Ob der im Internet bestellte frische Fisch auch während der Sommermonate frisch den Verbraucher erreicht, hat das CVUA Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem Internetüberwachungsteam Baden-Württemberg untersucht. Vier der zehn Proben waren zum Ende der eingeräumten Lagerungsfrist verdorben. Neun der zehn Proben mussten wegen Kennzeichnungsmängeln im Internet beanstandet werden.

 

Spirituosen, Süßigkeiten, Fertigprodukte oder Gemüse – online kann man mittlerweile alles bestellen. Auch kühlpflichtige Lebensmittel oder Tiefkühlprodukte werden über das Internet verkauft. Frische Waren, wie Milch, Eier, Käse oder Fisch werden angeblich bereits von fünf Prozent der Internetnutzer online bestellt [1]. Für den online-Vertrieb gelten die gleichen gesetzlich verankerten Temperaturvorgaben, wie für den Einzelhandel. Bis zur Abgabe von Frischfischen an den Verbraucher sind im Einzelhandel und online-Handel die Temperaturvorgaben der EU-Verordnung Nr. 853/2004 einzuhalten. Vom Hersteller auf der Verpackung aufgedruckte abweichende Lagertemperaturen sind in diesen Fällen Empfehlungen für den Haushalt des Endverbrauchers. Das Überschreiten dieser  Kühltemperaturen kann die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigen, sowie zum vorzeitigen Verderb der Lebensmittel führen.

 

Unser Projekt

 In Zusammenarbeit mit dem Internetüberwachungsteam in Baden-Württemberg wurden während der letzten Sommermonate zehn Fischproben in Online-Shops gekauft, am CVUA Karlsruhe angeliefert und untersucht.

Lachs

Abb.1: Lachs unter dem Wasser

Es handelte sich um fünf Proben Frischfisch, um eine Probe Tiefkühl-Fisch und um vier Proben Räucherfisch. Frischfische oder davon zugeschnittene Fischteile, wie Filets, sind leicht verderblich und müssen nach dem Fang oder der Entnahme aus Aquakulturen in schmelzendem Wassereis gekühlt oder verpackt bis zur Abgabe an den Verbraucher bei Temperaturen unter +2°C gelagert werden. Sie sind dabei nur wenige Tage haltbar. Räucherfische werden bei der Herstellung einem Räucherverfahren unterzogen. Bei gängigen Heißräucherverfahren kommt es zur Gerinnung des Muskeleiweißes. Ein typisches heißgeräuchertes Produkt ist zum Beispiel die geräucherte Forelle. Andere Erzeugnisse wie der Räucherlachs werden kaltgeräuchert. Zur Keimreduktion bzw. Wasserentzug vor dem Räuchern werden die Produkte in Lake bzw. Trockensalz eingelegt. Bei diesem Verfahren ist jedoch nicht sichergestellt, dass im Lebensmittel vorhandene Keime wie der bei Räucherfischen gefürchtete Krankheitserreger Listeria monocytogenes abgetötet werden.

 

Ergebnisse

 Alle bestellten Fische trafen einen Tag nach der Bestellung im CVUA Karlsruhe ein. Zwei Räucherfische wurden ungekühlt versandt. Die übrigen Pakete waren zur Kühlung der verpackten Fische mit Kühlelementen versehen.

 

Fisch-Proben in Styroporboxen mit Kühlelementen

Abb.2: Fische mit Kühlelementen

 

Fisch-Proben in Styroporboxen mit Kühlelementen

Abb.3: Fische mit Kühlelementen

 

In Folie eingeschweißte Teilstücke eines Lachses in Styroporbox

Abb.4: In Folie eingeschweißte Teilstücke eines Lachses in Styroporbox

 

Nach dem Eintreffen der Pakete wurde die Temperatur im Lebensmittel gemessen.
Bei Probeneingang hatten vier von fünf Frischfischproben die rechtlich festgelegte Temperatur von +2°C überschritten. Es wurden Temperaturen zwischen +4°C und +11°C festgestellt. Lediglich ein Rotbarschfilet wurde mit einer Eingangstemperatur von 0°C geliefert. Nur bei diesem Fisch enthielt das Paket außen auch einen Hinweis auf den verderblichen Inhalt. Eine Fischprobe wurde tiefgefroren angeboten und versandt. Sie traf mit einer Temperatur von 0°C ein. Bei den kühlpflichtigen Räucherfischen trafen drei ungekühlt am CVUA Karlsruhe ein. Zwei dieser Fische, nämlich ein Räucherlachs und eine geräucherte Forelle wurden ohne Kühlelemente angeliefert. Es wurden Eingangstemperaturen von +24°C bzw. von +25°C gemessen (siehe Tabelle 2).

 

Lagerungstest

 Die Temperaturangaben zur Kühllagerung im Haushalt des Kunden sowie die eingeräumten Lagerzeiträume unterschieden sich bei den verschiedenen Anbietern der Fischprodukte deutlich. Zur Überprüfung dieser Angaben wurden die Lebensmittel unter kontrollierten Bedingungen nach den Vorgaben der Online-Anbieter gekühlt gelagert und anschließend sensorisch, mikrobiologisch und chemisch untersucht. Zum Ende der Lagerung waren drei von fünf Fischen verdorben. Sie wiesen hohe Gehalte an Pseudomonaden und Enterobacteriaceae auf. Diese Keime tragen in der Regel zum Verderb der Frischfische bei. Leider wies auch das vorschriftsgemäß gekühlt angelieferte Rotbarschfilet deutliche Anzeichen von Verderb auf. Neben der Einhaltung der Kühlkette kann auch die Keimbelastung des Rohmaterials, sowie Kontamination während oder nach der Herstellung zum Verderb beitragen. Bei den beiden Seefischen Rotbarsch und Kabeljau waren außerdem erhöhte Gehalte an flüchtigem Basenstickstoff festzustellen. Flüchtiger Basenstickstoff gilt bei diesen Fischen als chemischer Indikator für Verderbnis. Auch der aufgetaute Fisch war am Ende der Lagerung bereits mit hohen Gehalten der Verderbnisflora belastet, es trat jedoch noch kein Verderb auf.

 

Bei den Untersuchungen unauffällig waren das nicht gelagerte Filet einer Lachsforelle und das drei Tage bei +4°C gelagerte Filet einer Renke (siehe Tabelle 1).

 

Übersichtstabelle mit Untersuchungsergebnissen der Proben Frischfisch

Tabelle1: Untersuchungsergebnisse frischer Fische

 

*    keine Lagerung der Probe

**   während des Transportes aufgetaut

***  Flüchtiger Basenstickstoff hoch (chemischer Verderbsindikator)

Beim Barsch handelt es sich ursprünglich um Tiefkühl-Fisch 

 

Übersichtstabelle mit Untersuchungsergebnissen der Proben von geräuchertem Fisch

Tabelle2: Untersuchungsergebnisse geräucherter Fische

 

*    während des Transportes aufgetaut

**   Listeria monocytogenes nachgewiesen

 

Nach der vom Anbieter eingeräumten Lagerung wurde bei dem ohne Kühlelemente versandten Räucherlachs Verderbnis festgestellt. Er wies hohe Zahlen an Verderbnis verursachenden Keimen auf. Zudem wurde der Krankheitserreger Listeria monocytogenes nachgewiesen. Ein gefrorener kaltgeräucherter Stör taute während des Transportes auf. Ein derartiges unkontrolliertes Auftauen birgt allerdings erhebliche Risiken, da bei einem längeren Transportzeitraum eine Sicherstellung der Kühltemperatur nicht gewährleistet werden kann.

 

 

Fazit

 Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass bei allen geprüften Lebensmitteln Mängel bei der Temperaturführung vorlagen. Leider haben sich auch im Vergleich zu unseren früheren Untersuchungen [2,3] keine Verbesserungen eingestellt. Vier der zehn Proben waren zum Ende der eingeräumten Lagerungsfrist sogar verdorben. Auch Krankheitserreger wurden nachgewiesen. Die Untersuchungen zeigen, dass eine Online-Bestellung von Frischfischen und geräucherten Fischen mit erheblichen Risiken verbunden ist. Der Transport im Online-Handel bestellter Waren erfolgt üblicherweise in ungekühlten Transportfahrzeugen. Nicht zustellbare Pakete werden in der Nachbarschaft oder an anderer Stelle zur Abholung abgegeben oder später erneut zugestellt. Die beim Versand von Frischfisch oder Räucherfisch erforderliche Aufrechterhaltung der Kühlkette dürfte unter diesen Bedingungen kaum zu realisieren sein. Zur Sicherstellung eines hygienisch einwandfreien Online-Vertriebs von leicht verderblichen Fischen sind daher noch deutlich mehr Anstrengungen erforderlich.

 

 

Quellen:

[1] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Jeder-vierte-Nutzer-hat-online-Lebensmittel-gekauft.html abgerufen am 06.09.2016

[2] Löbell-Behrends, S., Böse, W., Marx, G., Sabrowski, A., Lexe, M., Lohneis, M., & Lachenmeier, D. W. (2010). Lebensmittelüberwachung im Internet. Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung, 62 (12), 433-434. https://www.researchgate.net/publication/235981179_Lebensmitteluberwachung_im_Internet

[3] Hengen J. (2014). Fleischwaren aus dem Internet - attraktive Alternative oder böse Überraschung?

http://www.cvuas.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=2007&lang=DE&Pdf=No

 

 

Artikel erstmals erschienen am 05.05.2017