Berliner mit „guten Fetten“ hergestellt?

Mirjam Epp, Irene Straub, Manuela Mahler

 

Trans-Fettsäuregehalte in fettgebackenen Lebensmitteln immer noch zu hoch - Leitlinien zur Minimierung von TFA in Lebensmitteln ohne durchschlagenden Erfolg

Die meisten Europäer wissen nur wenig über trans-Fettsäuren in Lebensmitteln und nur ein geringer Anteil der Bevölkerung ist aufgrund der Aufnahme von trans-Fettsäuren besorgt. Dabei sind die negativen Auswirkungen, wie das erhöhte Risiko von Herzkreislauferkrankungen, durch einen hohen Konsum solcher Fettsäuren eindeutig belegt [1].

Höhere Gehalte an trans-Fettsäuren können beispielsweise in Siedegebäcken enthalten sein. Im Rahmen der Fortführung eines Untersuchungsprojektes aus 2013 am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe [2] wurde dies bestätigt.

Gleichzeitig konnte anhand der Ergebnisse aufgezeigt werden, dass es zwischen 2013 und Anfang 2017 aber auch Teilerfolge bei der Reduzierung von trans-Fettsäuren gibt.

 

Was sind trans-Fettsäuren

Ungesättigte Fettsäuren kommen in der Natur größtenteils in der cis-Konfiguration vor. Durch die industrielle Teilhärtung (partielle Hydrierung) von pflanzlichen Ölen mit einem hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sowie bei der Fettraffination entstehen neben gesättigten Fettsäuren auch trans-Fettsäuren (trans-fatty acids, kurz: TFA). TFA sind ungesättigte Fettsäuren mit mindestens einer Doppelbindung in der trans-Konfiguration. Dabei stellt die trans-Elaidinsäure (C 18:1 trans 9) die am häufigsten vertretene TFA dar [3]. Durch die veränderte räumliche Anordnung und Ausdehnung des Moleküls, besitzen TFA im Vergleich zu den jeweiligen cis-Stereoisomeren höhere Schmelz- und Siedetemperaturen, sodass sie bei Raumtemperatur halbfest bis fest sind [4].

 

Abbildung 1: Kalottenmodell und Strukturformel der Ölsäure (cis-9-Octadecensäure) und der Elaidinsäure (trans-9-Octadecensäure)

 

Da teilgehärtete Öle vor allem bei der Herstellung von Back- und Frittierfetten Verwendung finden, überrascht es weiter nicht, dass  laut einer Studie des Bundesinstituts für Riskobewertung (BfR) aus dem Jahr 2013 speziell Backwaren, frittierte Kartoffelprodukte und Fertiggerichte noch relativ hohe Mengen an TFA enthielten Bei einer TFA Aufnahme oberhalb von 2% der Nahrungsenergie steigt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, weshalb in der Summe nicht mehr als 1% der Nahrungsenergie als trans-Fettsäuren aufgenommen werden sollten [3]. In den letzten Jahren wurden deswegen verstärkt Anstrengungen unternommen, die Gehalte an industriell bedingten trans-Fettsäuren in Lebensmitteln zu reduzieren. Insgesamt  wurden die Qualitätssicherungsmaßnahmen der Hersteller zur Minimierung des trans-Fettsäuregehaltes von Streichfetten, Backwaren, Süßwaren und Fertigprodukten als der wichtigste Beitrag hierfür angesehen.

 


Aktuelle Lage

Laut einer Studie des Joint and Research Center (JRC) [5] im Auftrag der Europäischen Kommission sind in den letzten zwei Dekaden die TFA-Gehalte in vielen Lebensmitteln gesunken. Die Gehalte lagen bei den meisten untersuchten Lebensmitteln unter 2 g/100 g Gesamtfett und bei 77 % der untersuchten Lebensmittel sogar unter 0,5 g /100 g Gesamtfett. Allerdings wurde auch deutlich, dass einige Lebensmittel  auf dem europäischen Markt immer noch hohe TFA-Gehalte mit Spitzenwerten bis 54 g/100 g Fett aufweisen. Einer Untersuchung von STENDER aus 2013 zufolge [6] liegen in einigen europäischen Ländern die TFA-Gehalte in vorverpackten Kuchen, Waffeln und Keksen aus Supermärkten nach wie vor über 2 g/100 g Fett.

Ein Höchstgehalt auf europäischer Ebene ist ausschließlich für Säuglingsanfangsnahrung und Folgenahrung (nicht über 3 % des Gesamtfetts sowie Olivenöl (0,05 – 0,4 %, je nach Kategorie des Olivenöls) rechtlich festgelegt [7, 8].

In Deutschland existiert seit einigen Jahren eine Leitlinie zur Minimierung von TFA in Lebensmitteln, die jedoch nicht rechtlich bindend ist, und eine Reduktion des TFA-Gehaltes auf unter 2 g/100 g bezogen auf den Gesamtfettgehalt anstrebt [9].
In Dänemark, Österreich, Ungarn, Island, Norwegen aber auch der Schweiz existieren bereits gesetzlich verankerte Höchstwerte von 2 g/100 g Fett [1 ].

Im Juni 2016 gab die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) bekannt, dass teilgehärtete Öle für menschliche Nahrungszwecke nicht „allgemein als unbedenklich anerkannt werden“ können. Daher sollen Lebensmittelhersteller innerhalb der nächsten drei Jahre, teilgehärtete Öle aus Lebensmitteln entfernen, sofern diese nicht von der FDA genehmigt wurden [10]. Die Reduzierung der TFA-Gehalte hat ebenfalls eine große Priorität im europäischen Aktionsplan „Nahrung und Ernährung (2015-2020)“ des WHO-Regionalkomitees für Europa [11]. Ziel des Aktionsplans ist es, die Zahl der durch Herz-Kreislauf Erkrankungen bedingten vorzeitigen Todesfälle signifikant zu verringern, Adipositas und prävalenten Fehlernährungsformen entgegenzuwirken. 2016 forderten Abgeordnete der Europäischen Kommission, dass innerhalb von zwei Jahren auf Unionsebene eine gesetzliche Obergrenze   für industrielle TFA in sämtlichen Lebensmitteln festgesetzt werden sollten [12].

 

Ziel des Untersuchungsprojektes

Aus süßem Hefeteig geformtes und in heißem Fett ausgebackenes Siedegebäck (ggf. gefüllt mit u.a. Konfitüre) wird je nach regionaler Herkunft Berliner Pfannkuchen oder kurz Berliner sowie Krapfen oder Kreppel bezeichnet.

 

Berliner
Abbildung 2: Berliner


Das CVUA Karlsruhe untersuchte bereits 2013 im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans unter anderem Fettgebäck auf ihren Gehalt an TFA [2]. Daher wurde auch der Fragestellung nachgegangen, ob zwischenzeitlich die TFA Gehalte minimiert werden konnten. Weiterhin wurde geprüft, ob es eine Korrelation zwischen den Gehalten an TFA und der Betriebsart (Einzelhandelskette/Bäckerei ) gibt.

 

Anfang des Jahres 2017 wurden insgesamt 27 Proben derartiger Siedegebäcke auf ihren Gehalt an TFA untersucht. Dabei wurden jeweils die Summen der trans-Isomere der Octadecaensäure (C 18:1), Linolsäure (C 18:2) und Linolensäure (C18:3) bestimmt. Die Proben stammten neben wenigen Proben aus dem Einzelhandel überwiegend aus kleinen handwerklichen Betrieben der Region.

 

Ergebnisse und Fazit

Anfang 2017 wurden insgesamt 27 „Berliner“ untersucht. Die untersuchten Proben wiesen einen mittleren Gehalt an trans-C18:1-Isomeren von 11 g/100 g Fett auf. Die weiteren  trans-Isomere (C 18:2 und C 18:3) trugen in der Summe mit maximal ≤ 0,6 g/100 g Fett in allen Proben nur zu einem sehr geringen Maße zu der Belastung mit TFA bei.

 

Bei 16 Proben (59 %) der untersuchten Siedegebäckproben lag der Gehalt an trans- Isomeren unter dem angestrebten Gehalt von höchstens 2 g/100 g Fett. Hierzu gehörten alle sieben analysierten Produkte, die nach den Angaben der Lebensmittelüber-wachungsbehörden in großen Einzelhandelsketten erhoben wurden (s. auch Abb. 2).

 Im Vergleich zum Jahr 2013 hat sich die Situation hinsichtlich der trans-Fett Gehalte zwar verbessert. Die Situation ist jedoch nicht zufriedenstellend, denn es gibt leider immer noch viele Hersteller, deren Produkte erheblich über den angestrebten trans-Fettgehalten von 2 g/100g liegen. Damals ergaben die Untersuchungen von 23 Proben Berliner noch einen mittleren trans- C18:1 Isomeren -Gehalt von 14 g/100 g Fett. Nur bei 4 Proben (17  %) lag der Gehalt an trans- C18:1-Isomeren unter dem angestrebten Gehalt von höchstens 2 g/100 g Fett.

Verteilung der TFA Gehalte nach Probenherkunft

Abbildung 3: Verteilung der TFA Gehalte nach Probenherkunft.

 

Ausblick

Das CVUA Karlsruhe hat in 2017 auch noch weitere Produktgruppen wie Kremtorten und Donuts auf ihren Gehalt an TFA zu untersucht. Die Untersuchungen bei Berlinern sollen 2018 fortgesetzt werden.

 

Literatur

 

[1]    Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über Transfettsäuren in Lebensmitteln und in der generellen Ernährung der Bevölkerung der Union (2015)
https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/safety/docs/fs_labelling-nutrition_trans-fats-report_de.pdf
[2]    I. Straub et. al.: TFA – Besserung in Sicht? (2014)

http://www.cvuas.de/pub/beitrag.asp?subid=2&Thema_ID=2&ID=1961&lang=-DE&Pdf=No
[3]    Höhe der derzeitigen TFA-Aufnahme in Deutschland ist gesundheitlich unbedenklich; Stellungnahme 028/2013 des BfR vom 6. Juni 2013 

http://www.bfr.bund.de/cm/343/hoehe-der-derzeitigen-trans-fettsaeureaufnahme-in-deutschland-ist-gesundheitlich-unbedenklich.pdf
[4]    Opinion of the Scientific Panel on Dietetic products, nutrition and allergies [NDA] related to the presence of trans fatty acids in foods and the effect on human health of the consumption of trans fatty acids (2004)

https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/81
[5]    JRC science and policy reports: Trans fatty acids in Europe: where do we stand?- A synthesis of the evidence: 2003-2013 (2014)

http://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/bitstream/JRC91353/lbna26795enn.pdf
[6]    S. Stender et. al. (2014): Tracing artificial trans fat in popular foods in Europe: a market basket investigation; BMJ Open http://bmjopen.bmj.com/content/bmjopen/4/5/e005218.full.pdf
[7]    Verordnung über diätetische Lebensmittel (Diätverordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. April 2005 (BGBl. I S. 1161) zuletzt geändert durch Artikel 60 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474)

https://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/di_tv/gesamt.pdf
[8]    Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1348/2013 der Kommission vom 16. Dezember 2013 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2568/91 über die Merkmale von Olivenölen und Oliventresterölen sowie die Verfahren zu ihrer Bestimmung

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32013R1348
[9]    Gemeinsame Initiative der deutschen Lebensmittelwirtschaft und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Leitlinien zur Minimierung von TFA in Lebensmitteln (2012)

https://www.bll.de/de/lebensmittel/ernaehrung/fett/tfa-trans-fettsaeuren   
 [10]    Department of Health and Human Services; Food and Drug Administration: Final Determination Regarding Partially Hydrogenated Oils (2015)

https://www.gpo.gov/fdsys/pkg/FR-2013-11-08/html/2013-26854.htm
[11]    WHO: Europäischer Aktionsplan Nahrung und Ernährung (2015-2020) (2014)

http://www.euro.who.int/de/about-us/governance/regional-committee-for-europe/past-sessions/64th-session/documentation/working-documents/eurrc6414-european-food-and-nutrition-action-plan-20152020
 [12]    Pressemitteilung: Abgeordnete fordern Grenzwerte für industrielle Transfettsäuren in Lebensmitteln; Plenartagung (26.10.2016)

http://www.europarl.europa.eu/pdfs/news/expert/infopress/20161020IPR47866/20161020IPR47866_de.pdf

 

 

 

 

 

 

 

Artikel erstmals erschienen am 13.12.2017