Nagellack – selten frei von Schadstoffen, aber kein Risiko für die menschliche Gesundheit

Nitrosamine in Nagellacken: Untersuchungsergebnisse aus den Jahren 2016 und 2017

Die Kosmetik-Sachverständigen des CVUA Karlsruhe

 

In einem großen Teil der Nagellack-Proben konnten Nitrosamine nachgewiesen werden. Rechtliche Grenzwerte für diese Stoffgruppe fehlen jedoch. Die toxikologische Abwägung gibt Entwarnung: Die bisher festgestellten Gehalte der krebserregenden Substanzen waren so gering, dass ein Risiko für die menschliche Gesundheit nicht gesehen wird.

 

Das Bild zeigt das Lackieren von Fingernägeln mit rotem Nagellack.

 

Nitrosamine sind eine Stoffklasse organisch-chemischer Verbindungen. Einige Vertreter dieser Stoffklasse gelten als krebserregend, Nitrosamine sind in kosmetischen Mitteln deshalb verboten.

Kosmetische Mittel können mit Nitrosaminen belastet sein, die aus Verunreinigungen von Rohstoffen stammen oder im kosmetischen Mittel durch Reaktion von Inhaltsstoffen bei Herstellung und Lagerung gebildet werden.

 

Am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe (CVUA) wurden deshalb im Jahr 2016 Nagellackproben schwerpunktmäßig auf das Nitrosamin N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) untersucht. Im Jahr 2017 wurde das Untersuchungsspektrum um die Nitrosamine N-Nitrosodimethylamin (NDMA), N-Nitrosomorpholin (NMOR) und N-Nitrosodiethylamin (NDEA) erweitert.

 

Unsere Ergebnisse

Insgesamt wurden 194 Nagellacke auf NDELA untersucht, 131 Proben im Jahr 2016 (Schwerpunkt NDELA) und 63 Proben im Jahr 2017. Davon wurden 55 Proben im Jahr 2017 zusätzlich auf die weiteren drei Nitrosamine untersucht. Der höchste festgestellte NDELA-Wert lag bei 1700 µg/kg. Weitere Proben enthielten niedrigere, aber deutlich nachweisbare Gehalte.

Unter Abwägung der toxikologischen Eckpunkte und der bestimmungsgemäßen und vorhersehbaren Anwendungsbedingungen besteht bei den bisher gefundenen Gehalten kein Risiko für die menschliche Gesundheit, auch bei den festgestellten Maximalwerten ist keine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit zu erwarten. Da es sich aber bei Nitrosaminen um verbotene Stoffe handelt, dürfen gemäß Art. 17 der EU-Kosmetikverordnung nur technisch unvermeidbare Spuren im Produkt vorhanden sein.

 

Die folgende Tabelle zeigt, welcher Anteil der untersuchten Nagellack-Proben bei den Untersuchungen des Jahres 2017 keine bestimmbaren Gehalte an den o. g. Nitrosaminen aufwiesen.

 

  Anteil Proben ≤ BG*
NDELA 49 %
NDMA 25 %
NMOR 44 %
NDEA 84 %

* BG = Bestimmungsgrenze (20 µg/kg): Analyse nach dem erweiterten Normverfahren DIN/EN/ISO 15819 „Detection and determination of N-nitrosodiethanolamine (NDELA) in cosmetics by HPLC-MS/MS“.

 

Von den 55 untersuchten Proben im Jahr 2017 wiesen 10 Proben Gehalte an Nitrosaminen unter der Bestimmungsgrenze auf, bei 24 Proben konnten zwei oder mehrere der analysierten Nitrosamine nachgewiesen werden, bei 21 Proben wurde eines der vier Nitrosamine nachgewiesen.

 

Lagen die Gehalte eines oder mehrerer der betrachteten Nitrosamine oberhalb der von uns ermittelten technisch unvermeidbare Spuren, über dem "Eingreifwert" (siehe dazu Infokasten), wurden die für die jeweiligen Produkte verantwortlichen Kosmetikunternehmer aufgefordert, die Ursache der hohen Nitrosamin-Gehalte zu prüfen und zu beheben. Der Kosmetikunternehmer muss in diesen Fällen beweisen, dass die nachgewiesenen Gehalte technisch unvermeidbar sind. Können diese Belege nicht erbracht bzw. die Ursache nicht behoben werden, sind die Nagellacke als nicht rechtskonform im Sinne des Artikels 14 der EU-Kosmetikverordnung zu beurteilen.

 

Die Ursache der Nitrosaminentstehung in bestimmten kosmetischen Mitteln ist bislang nicht geklärt. Das CVUA Karlsruhe plant diesbezüglich weitere Untersuchungen.

 

Infokasten

Wieso gibt es keine Grenzwerte für Nitrosamine in Nagellack?

Da es sich bei Nitrosaminen um verbotene Stoffe handelt, dürfen gemäß Art. 17 der EU-Kosmetikverordnung nur technisch unvermeidbare Spuren im Produkt vorhanden sein.

Doch wie hoch sind technisch unvermeidbare Spuren?

 

Die Festlegung eines belastbaren „Eingreifwertes“, der keine "Spur" mehr darstellt ist erst möglich, wenn eine möglichst repräsentative Zahl unterschiedlicher Proben geprüft wurde. Das CVUA Karlsruhe hat den "Eingreifwert" so festgelegt, dass 90 % der gemessenen Proben Gehalte unter diesem Wert aufweisen.

Dabei darf man nicht vergessen, dass es eine große Palette von Nagellacken unterschiedlicher Zusammensetzung gibt. Der festgelegte Wert ist keine gesetzliche Grenze, sondern eine Orientierung, die sich abhängig von weiteren Untersuchungsergebnissen und technologischen Erkenntnissen ändern kann.

 

Neben weiteren Untersuchungen von Nagellacken auf Nitrosamine durch das CVUA Karlsruhe in diesem Jahr sind daher auch bundesweit Untersuchungen im Rahmen des Monitoring 2018 geplant, die dann der Festlegung einer Eingreifgrenze dienen können.

 

Wenn diese Eingreifgrenzen deutlich überschritten werden, müssen aus der Sicht der Sachverständigen des CVUA Karlsruhe die vier Nitrosamine NDELA, NDMA, NMOR und NDEA nicht als Summenparameter, sondern unabhängig voneinander bewertet werden, um die Sicherheit des Produktes beurteilen zu können. Diese Schlussfolgerung ergibt sich auch aus der unterschiedlichen toxikologischen Bewertung durch den wissenschaftlichen Kosmetikausschuss der EU-Kommission SCCS (SCCS/1458/11 vom 27.03.2012).

 

 

Artikel erstmals erschienen am 07.09.2017