Wie echt ist die Vanille im Lebensmittel?

Dr. Harald Hahn

 

Vanille gehört zu den edelsten, wertvollsten und zugleich beliebtesten Gewürzen der Welt. Bei der Aromatisierung von Lebensmitteln wird die Vanilleschote direkt oder in Form des aus der Vanilleschote gewonnenen Vanille-Extraktes verwendet. Doch das ist teuer und der Bedarf ist groß. Aus diesem Grund werden zur Aromatisierung von Lebensmitteln häufig biotechnologisch und synthetisch hergestellte Aromastoffe, insbesondere Vanillin, eingesetzt. Im Jahr 2010 wurden weltweit 15‘000 Tonnen Vanillin gehandelt. Weniger als 1 % davon wurde aus Vanilleschoten gewonnen <1>.

 

Vanillin wird synthetisch hauptsächlich aus Lignin, Guajacol und Eugenol hergestellt. Eugenol ist ein natürlicher Bestandteil der Gewürznelke. Lignin und Guajacol sind in Holz enthalten, Lignin fällt beispielsweise als Nebenprodukt bei der Papierherstellung an.

Vanillin aus der biotechnologischen Herstellung ist laut rechtlicher Definition ein „natürlicher Aromastoff“ (siehe Infokasten). Für dessen Herstellung wird kommerziell beispielsweise ein Verfahren genutzt, bei dem als Ausgangsprodukt Ferulasäure aus Reiskleie verwendet wird.

 

Vanille

 

Warum wird getäuscht?

Der Prozess der Kultivierung der Vanillepflanze bis zur Nacherntebehandlung von Vanilleschoten ist sehr zeit- und personalintensiv, was sich im Preis von Vanilleschoten niederschlägt. Der Weltmarktpreis von aus der Schote gewonnenem Vanillin lag in den vergangenen Jahren, je nach Erntemenge und erzielten Qualitäten, zwischen 1.000 €/kg und 3.200 €/kg. Diese Preise dürften aktuell noch höher liegen. Dem gegenüber steht ein Preis für synthetisch gewonnenes Vanillin von 12 €/kg <1>. Im Jahr 2017 war in verschiedenen Pressemeldungen nachzulesen, dass, insbesondere in der Folge einer Reihe von Unwettern und Missernten auf Madagaskar, der Preis um ein Vielfaches angestiegen ist <2, 3, 4>. Teilweise kann das Angebot auf dem Weltmarkt die Nachfrage nicht mehr bedienen. So stieg innerhalb der letzten Jahre der Preis für die Vanilleschote von 30 auf 500 € / kg. Daraus wird deutlich, welch enormer wirtschaftlicher Gewinn aus der unerlaubten bzw. nicht korrekt deklarierten Verwendung von synthetisch erzeugtem Vanillin zur Herstellung von Lebensmitteln zu ziehen ist. Hinzu kommt die immer höhere Nachfrage nach „natürlichen“, also möglichst wenig verarbeiteten, mit möglichst wenigen Aromen produzierten Lebensmitteln.

 

Wie wird getäuscht?

Hier ist zunächst einmal die Frage zu klären, welche Lebensmittel denn überhaupt Vanille enthalten müssen.

Bei manchen Lebensmitteln entspricht es der berechtigten Verbrauchererwartung, dass bei der Herstellung ausschließlich Vanille, Vanilleextrakt bzw. natürliches Vanillearoma (Unterscheidung siehe Infokasten) verwendet wurde, z.B. bei Vanillekipferl, Vanilleeis oder Vanille-Berlinern.

Weiterhin muss in jedem Lebensmittel, das einen entsprechenden Hinweis im Zutatenverzeichnis enthält oder für das mit der Verwendung von Vanille geworben wird, Vanilleschote oder -extrakt enthalten sein. 

 

Infokasten

Was ist eigentlich ein natürliches Aroma?

• Ein natürliches Aroma darf nur aus Aromaextrakten und/oder natürlichen Aromastoffen zu-sammengesetzt sein.

• Natürliche Aromastoffe und Aromaextrakte müssen aus pflanzlichen, tierischen oder mikrobiologischen Ausgangsstoffen bzw. -materialien gewonnen worden sein (beispielsweise nicht aus Mineralöl). Diese Ausgangsstoffe dürfen nur durch herkömmliche Lebensmittelzubereitungsverfahren, z.B. Kochen, Braten, Rösten für das weitere Verfahren vorbehandelt werden. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass manche Aromastoffe nicht von Natur aus im Rohstoff enthalten sind, sondern diese erst bei der Zubereitung eines Lebensmittels entstehen. Als Herstellungsverfahren dürfen nur enzymatische, mikrobiologische oder geeignete physikalische Verfahren zur Anwendung kommen.

• Natürliche Aromastoffe müssen natürlich vorkommen und in der Natur nachgewiesen worden sein.

• Ein natürliches Aroma, das nach seinem Ausgangsstoff benannt wird (z.B. „natürliches Vanillearoma“), muss zu mindestens 95 Gewichts-% auch daraus hergestellt worden sein. Auch muss gewährleistet sein, dass der Ausgangsstoff sensorisch leicht erkennbar ist. Der restliche, nicht aus dem Ausgangsstoff stammende Teil (maximal 5 Gewichts-%) darf nur für die Standardisierung verwendet werden oder z.B. zur Verleihung einer frischeren, schärferen, reiferen oder grüneren Aromanote.

 

Am einfachsten und für den Hersteller am einträglichsten ist dabei der Einsatz von synthetisch gewonnenem Vanillin anstelle von Vanille bzw. Vanilleextrakt. Dies lässt sich hinreichend eindeutig mit Hilfe der nachfolgend aufgeführten Analysenmethoden nachweisen. Raffinierter und schwerer nachzuweisen ist der Zusatz von Aromastoffen, die einzeln oder in Kombination zwar ein vanilleähnliches Aroma hervorrufen, jedoch im Rahmen der 95 / 5 – Regelung  (s. Infokasten) bei natürlichen Vanillearomen noch zulässig sein könnten. Für den Nachweis einer Verfälschung genügt in diesem Falle nicht nur das Auffinden dieser Stoffe, sondern es muss darüber hinaus auch noch der in diesem Zusammenhang verursachte Einfluss dieser Verbindungen auf die Gesamtzusammensetzung und –sensorik belegt werden.

 

Wie wird untersucht?

Für das Aroma der Vanille ist der Aromastoff Vanillin zwar charakteristisch, aber es tragen auch noch viele weitere Einzelstoffe zum Gesamtaroma bei. Ebenso enthält Vanille auch nicht aromaaktive Verbindungen.

Diese Begleitstoffe sind teilweise in relativ konstanten Verhältnissen zum Vanillin enthalten, die auch bei der Verarbeitung erhalten bleiben. Für die Feststellung der Authentizität von echter Vanille hat es sich bewährt, die Konzentrationsverhältnisse der Einzelstoffe Vanillin, para-Hydroxybenzaldehyd, Vanillinsäure und para-Hydroxybenzoesäure zu ermitteln und mit Literaturwerten zu vergleichen. Damit wird geprüft, ob die ggf. deklarierten Zutaten Vanilleextrakt oder Vanilleschote tatsächlich für die Herstellung des Lebensmittels eingesetzt wurden. Wurde dagegen isoliertes Vanillin aus der Vanilleschote verwendet, ist diese Untersuchungsmethode nicht zielführend. Dagegen kann es wiederum lohnenswert sein, auf weitere Verbindungen, die ein Vanillearoma hervorrufen können, aber nicht oder in nicht relevanten Mengen in der Vanille vorkommen, zu prüfen.

 

Spektrum

Chromatogramm der Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC) mit UV-Detektion zur bestimmung von Vanillin und dessen Begleitprodukten (Quelle: CVUA Sigmaringen)


Eine Stoffeigenschaft, die sehr spezifisch über der Herkunft des Vanillins Auskunft geben kann, ist das Verhältnis der stabilen Isotope des Kohlenstoffs. Isotope sind Atome mit gleicher Anzahl an Protonen, aber unterschiedlicher Anzahl an Neutronen. Stabile Isotope zerfallen nicht, deren Verteilung kann deshalb auch nach langer Zeit noch anzeigen, mit welchen Ausgangsprodukten und unter welchen Bedingungen ein Stoff hergestellt wurde. Aufgrund von Besonderheiten in der Photosynthese bei der Vanille ist hierdurch eine sehr verlässliche Abgrenzung zwischen Vanillin aus der Vanillepflanze und synthetisch hergestelltem Vanillin möglich. Mit Hilfe der Untersuchungsmethode Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IRMS - isotope ratio mass spectrometry) kann dieser Verhältniswert bestimmt werden. Die hierfür benötigten Geräte sind in Anschaffung und Betrieb jedoch sehr teuer. In Baden-Württemberg werden diese Untersuchungen deshalb nur im CVUA Freiburg durchgeführt <6>.

 

Quellen

  1. 1.Gallage N.J. et al: Vanillin-Bioconversion and Bioengeneering of the Most Popular Plant Flavor and Its De Novo         Biosythesis in the Vanilla Orchid (2015) Molecular Plant 8, 40-57
  2. 2.Vanillepreis explodiert
  3. 3. Warum Vanille teurer als Silber ist
  4. 4.Nur Safran ist teurer
  5. 5.Verordnung (EG) Nr. 1334/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Aromen und bestimmte Lebensmittelzutaten mit Aromaeigenschaften zur Verwendung in und auf Lebensmitteln sowie zur Änderung der Ver-ordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 2232/96 und (EG) Nr. 110/2008 und der Richtlinie 2000/13/EG (ABl. L 354/34), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 2017/1250 vom 11. Juli 2017 (ABl. L 179/3)
  6. 6.Die Untersuchung auf Herkunft und Echtheit

 

 

Artikel erstmals erschienen am 04.05.2018