Baden-Württemberg

Die Untersuchungsämter für Lebensmittelüberwachung und Tiergesundheit

Nostalgie mit Folgen – Glühweine aus Metallkesseln können zu viel Blei, Kupfer und Zinn enthalten

Untersuchung von offenen Glühweinen im Jahr 2017

Bauer N., Bonasch K, Heinlein A., Meier M., Rupp M., Wagner B.

 

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden an den CVUAs Freiburg und Stuttgart in der Vorweihnachtszeit 2017 Glühweine und andere alkoholhaltige Heißgetränke, die auf Weihnachtsmärkten oder vergleichbaren Veranstaltungen ausgeschenkt wurden, u.a. auf Rückstände an Blei, Kupfer und Zinn untersucht. Wieder im Trend scheint zu sein, diese Heißgetränke in nostalgischen Kesseln zu erhitzen. Unsere Untersuchungsergebnisse zeigen, dass dies vereinzelt negative Auswirkungen auf die Zusammensetzung der angebotenen Getränke haben kann.

 

Archivbild: ein Glas mit Glüwein steht auf einer Eisfläche. Foto: Johannes/Pixabay, CC0 Public Domain.

Archivbild. Foto: Johannes/Pixabay, CC0 Public Domain.

 

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Definition Glühwein

Glühwein ist ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk, das ausschließlich aus Rotwein oder Weißwein gewonnen wird und hauptsächlich mit Zimt und/oder Gewürznelken gewürzt wird. Im Fall der Zubereitung von Glühwein aus Weißwein muss die Verkehrsbezeichnung „Glühwein“ durch Wörter entsprechend ergänzt werden (z. B. durch das Wort „weiß“). Der Zusatz von Wasser und Alkohol, auch in Form von Spirituosen, ist unter der Bezeichnung „Glühwein“ nicht zulässig.

Zubereitungstipps

Nach den rechtlichen Vorgaben muss Glühwein einen vorhandenen Alkoholgehalt von mindestens 7 % vol. aufweisen. Daher sollte Glühwein nur bis ca. 70 °C erwärmt werden. Am besten geeignet hierfür sind Durchlauferhitzer, da bei diesen Geräten die Erhitzungstemperatur einfach einzustellen ist und kein Alkohol verdunstet. Infrage kommen auch Elektrokocher mit Thermostat. Diese sind gut geeignet, müssen aber mit einem Deckel verschlossen werden, um den Alkoholverlust beim Erhitzungsprozess zu minimieren. Den Glühwein niemals kochen, da es sonst zu drastischen geschmacklichen Änderungen und einem Alkoholverlust kommt. Bereits bei Temperaturen von mehr als 70 °C kann der Alkohol in Abhängigkeit von der Kochzeit vollständig entweichen.

Zu langes Erhitzen lässt nicht nur den Alkohol verdampfen, eine zu lange Standzeit bei (zu) hohen Temperaturen kann auch zu einem unerwünschten „Marmelade“- oder „Koch-Ton“ führen. Dieser sensorische Eindruck kann analytisch durch einen erhöhten HMF-Gehalt bestätigt werden. HMF (Hydroxymethylfurfural) entsteht bei längerer Erhitzung zuckerhaltiger Lösungen. Es ist somit eine Art „Koch-Indikator“, d.h. je länger ein Glühwein vor sich hin „geköchelt“ hat, umso höher ist der HMF-Wert. Schon ein Gehalt größer 20 mg/L kann geschmacklich als „Marmelade“- oder „Koch-Ton“ wahrgenommen werden.

 

Untersuchungsergebnisse

Im Jahr 2017 wurden 54 Heißgetränke auf Rückstände der Schwermetalle Blei, Zinn, Kupfer und Zink sowie auf Aluminium untersucht. In 10 Proben konnten Gehalte an Blei, Zinn und Kupfer nachgewiesen werden, die jeweils über der gesetzlich festgelegten zulässigen Höchstmenge lagen ( siehe Tabelle 1 ). Bei 5 dieser 10 Proben lagen die Gehalte von je 2 Elementen über der zulässigen Höchstmenge (Zinn und Kupfer bzw. Zinn und Blei), Bei den anderen 5 Proben lagen die nachgewiesenen Gehalte je eines Elements über der zulässigen Höchstmenge (Kupfer, Blei, Zinn). Diese Heißgetränke wurden daher als nicht verkehrsfähig beurteilt. Eine Probe Glühwein wurde aufgrund des sehr hohen Bleigehaltes (4,6 mg/L) als gesundheitsschädlich beurteilt. Informationen zur gesundheitlichen Bewertung von Blei und anderen Schwermetallen sind auf der Homepage des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) abrufbar [1].

 

Tabelle 1: Schwermetallrückstände in Heißgetränken 2017 in BW
  Aluminium [mg/L] Blei [mg/L] Kupfer [mg/L] Zink [mg/L] Zinn [mg/L]
Anzahl Befunde > Höchstmenge 0 5 3 0 7
Höchstmenge 81) 0,20 / 0,152) 21) 51) 11)
Maximaler Gehalt3) 2,6 4,6 3,9 2,4 30,8
Minimaler Gehalt3) 0,14 0,02 0,02 0,29 0,02

1) § 13 i. V .m. Anlage 7 WeinV
2) 0,20 mg/kg bei Erzeugnissen der Weinlese 2001–2015 bzw. 0,15 mg/kg der Weinlese ab 2016 (VO (EG) 1881/2006)
3) Bezogen auf die positiven Befunde

 

Durch die stofflichen Eigenschaften der Getränke (alkoholisch, säurehaltig) und ihrer Abgabebedingungen (Wärme, Standzeit) wird ein Übergang von Metallionen in das Lebensmittel begünstigt. Daher liegen Gefäße, die nicht für das Erhitzen und Vorrätig Halten von Glühwein und ähnlichen Heißgetränken geeignet sind, als Ursache für die hohen Gehalte an Schwermetallen nahe. Zur Vermeidung solcher Übergänge sollten grundsätzlich Gerätschaften aus Edelstahl verwendet werden, die möglichst im Verfahren der Durchlauferhitzung eine indirekte Erhitzung und sehr kurze Warmhaltezeit des Produktes gewährleisten.

 

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Gerätschaften

Das Erhitzen und Vorrätig Halten von Glühwein und ähnlichen Heißgetränken muss grundsätzlich in geeigneten Gerätschaften erfolgen.

Als generell geeignet zu bewerten sind Einrichtungen aus Edelstahl, sowie alle Systeme, die im Verfahren der Durchlauferhitzung eine indirekte Erhitzung und sehr kurze Warmhaltezeit des Produktes gewährleisten.

 

Nachfolgende beispielhaft aufgezählte Apparaturen sind generell ungeeignet:

  • Kessel aus Kupfer
  • Kessel innen verzinnt (führt zu überhöhten Zinngehalten)
  • Aluminiumbehälter (führt zu überhöhten Aluminiumwerten)
  • Edelstahlbehälter mit innenliegender kupferner Heizschlange
  • Zapfhähne mit Anteilen von Messing (= Kupfer-Zink-Legierung), z. B. innenliegende Befestigungsschrauben
  • Schöpfkellen aus Kupfer
  • abgenutzte oder beschädigte Emaille Behälter
  • vernickelte Gerätschaften, z. B. vernickelte Tauchsieder (führt zu hohen Nickel-Gehalten)

 

Fazit

Aufgrund der auffälligen Ergebnisse des vergangenen Jahres werden auch in der Saison 2018 Untersuchungen erfolgen. Im Sinne des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes werden von der Lebensmittelüberwachung frühzeitig offene Heißgetränke von Weihnachtsmärkten entnommen und auf Rückstände an Schwermetallen untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden im Dezember in einem ergänzenden Bericht veröffentlicht.

 

Zusätzliche Informationen

Im Zuge der Untersuchungsreihe wurden weitere Mängel festgestellt. So wiesen 13 Proben Kennzeichnungsfehler auf, eine Probe musste wegen sensorischen Abweichungen beanstandet werden und bei einer Probe wurde unzulässiger Weise ein als „Kosmetikum für die Aromapflege“ bezeichnetes ätherisches Öl aus Orangenschalen zugesetzt.

 

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Veröffentlichung im gemeinsamen Jahresbericht 2017 [2], [3]

Glühwein mit Pfiff – Schwermetallrückstände in Glühwein vom Weihnachtsmarkt – Gesundheitsschutz durch schnelle und gute Zusammenarbeit

Im Dezember 2017 wurden am CVUA Freiburg und Stuttgart Glühweine auf Rückstände an Schwermetallen untersucht, die von den unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden als offene Ware auf Weihnachtsmärkten entnommen wurden. Hierbei wurden in einem Glühwein, der aus einem beschichteten Kupferkessel entnommen wurde mit 4,6 mg/L ein so hoher Gehalt an Blei nachgewiesen, dass diese Probe als gesundheitsschädlich eingestuft und die Ware zum Schutz der Verbraucher aus dem Verkehr gezogen wurde. Weiterhin wurde die gesetzliche Höchstmenge für Zinn um das 17-fache überschritten. Die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde hat daraufhin weitere Proben aus anderen Kesseln des Standes entnommen. Bei den chemischen Untersuchungen wurden ebenfalls erhöhte Werte an Blei und Zinn festgestellt. Der ursprünglich eingesetzte Glühwein war vor der Erhitzung in diesen Kesseln diesbezüglich jedoch unauffällig. Zur Aufklärung der Ursache der Kontamination wurde ein vom Betrieb verwendeter Kupferkessel am CVUA Stuttgart auf die Elementlässigkeit untersucht. Hierbei stellte sich heraus, dass die Blei- und Kupferlässigkeit des Kessels zu hoch war und dieser damit die gesetzliche Anforderung an einen Bedarfsgegenstand nicht erfüllte. Bei den Nachermittlungen der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörde stellte sich heraus, dass die überhöhten Schwermetallgehalte auf eine ungeeignete Beschichtung der Kupferkessel zurückzuführen war. Bei dem zur Beschichtung eingesetzten Material handelte es sich den Ermittlungen zufolge um eingeschmolzene Orgelpfeifen. Diese gaben dem Glühwein diese spezielle „Note“.

 

Quellen

[1] Bundesinsitut für Risikobewertung

[2] Untersuchungsämter-BW

[3] Verbraucherportal-BW

 

Artikel erstmals erschienen am 07.11.2018 07:53:33

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