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„Alkoholfreie“ Getränke: Wirklich ohne Alkohol?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Peter Lenz

 

Das CVUA Stuttgart hat im Jahr 2011 die Gehalte an Alkohol (Ethanol) in unterschiedlichen Getränken und anderen Lebensmitteln überprüft, in denen der Verbraucher im Allgemeinen keinen Alkohol erwartet. Wie die Ergebnisse zeigen, muss der Verbraucher teilweise aber mit geringen Alkoholmengen rechnen, auch wenn die Angabe „alkoholfrei“ rechtmäßig in der Etikettierung verwendet wird.

Schmuckelement.Das CVUA Stuttgart hat im Jahr 2011 die Gehalte an Alkohol (Ethanol) in unterschiedlichen Getränken und anderen Lebensmitteln überprüft, in denen der Verbraucher im Allgemeinen keinen Alkohol erwartet. Wie die Ergebnisse zeigen, muss der Verbraucher teilweise aber mit geringen Alkoholmengen rechnen, auch wenn die Angabe „alkoholfrei“ rechtmäßig in der Etikettierung verwendet wird.

Insgesamt war in 59 von 191 Proben Alkohol nicht nachweisbar. Bei 97 Proben lag der Gehalt unter 0,1 Volumenprozent (%vol); 35 Proben enthielten 0,1 %vol bis zu max. 2,0 %vol. Dabei handelte es sich v. a. um Erfrischungsgetränke und Milchprodukte. Alle untersuchten Produkte waren rechtmäßig im Verkehr.

 

 

Diagramm Alkoholgehalte in Vol%.

 

Wein, „Sekt“, Cocktails & Co

Rechtlicher Hintergrund: Bei alkoholischen Getränken wie Wein sind auch alkoholärmere oder als „alkoholfrei“ deklarierte Varianten auf dem Markt. Ebenso werden alkoholfreie Cocktails auf Fruchtsaftbasis oder Malztrunk dem Verbraucher angeboten. Malztrunk wird zwar wie obergäriges Bier gebraut, darf aber im Gegensatz zu Malzbier mit Zucker versetzt werden. Deswegen zählt es zur Kategorie der Erfrischungsgetränke. Wird alkoholfreier Wein mit Kohlensäure versetzt und dieses schäumende Getränk in „Schaumwein-Glasflaschen abgefüllt, sind diese Produkte als „Schäumendes Getränk aus alkoholfreiem Wein“ zu bezeichnen. Die Angabe „alkoholfreier Sekt“ ist unzulässig.

 

Der Begriff „alkoholfrei“ in der Etikettierung ist nicht als völlig alkoholfrei im naturwissenschaftlichen Sinn zu verstehen. Alkoholfreier Wein darf lt. Gesetz bis zu 0,5 %vol Alkohol enthalten. Trotz dieser geringen Alkoholgehalte zählt „alkoholfreier Wein“ nicht zu den alkoholischen Getränken, gleichwohl der Verzehr wegen der Geschmacksgewöhnung aus präventiven Gesichtspunkten kritisch erscheinen kann. Die tatsächliche Angabe des Alkoholgehaltes auf dem Etikett ist bei Getränken erst ab Alkoholgehalten von mehr als 1,2 %vol vorgeschrieben.

 

Technologie: Dass Alkohol als Geschmacksträger fungiert, schmeckt man einigen dieser alkoholärmeren Getränke an. Wird bei der Gärung weniger Alkohol gebildet, können dementsprechend weniger typische Aromastoffe entstehen. Der sensorische Eindruck ist gelegentlich eher fad und erinnert z.B. im Falle von alkoholfreiem Wein an Traubensaft.

 

Bei Wein entsteht der Alkohol als Produkt der alkoholischen Gärung der Traubenmaische (Rotwein) oder des Süßabdruckes, des abgepressten Mostes (Weißwein). Zur Herstellung der alkoholärmeren und alkoholfreien Getränke dieser Art gibt es unterschiedliche physikalische Verfahren. Zum einen kann die alkoholische Gärung frühzeitig gestoppt oder durch niedrige Vergärungstemperaturen nahezu unterdrückt werden. Zudem bedienen sich die Hersteller auch z.B. der Vakuumdestillation oder der auf dem Prinzip der Osmose beruhenden Membran- und Dialyseverfahren. Gemeinsam ist letzt genannten Verfahren die Entfernung des Alkohols.

 

Es wurden 3 alkoholfreie Weine, 5 schäumende Getränke aus alkoholfreiem Wein (sogenannter „alkoholfreier Sekt“) sowie 2 alkoholfreie Malzgetränke, ein alkoholfreier Cocktail auf Fruchtgetränkebasis und 4 „Kinderpunsche“ untersucht. Sämtliche Befunde für den Alkoholgehalt bewegten sich im zulässigen Rahmen und dürften technologisch bedingt sein. Im Falle von alkoholfreiem Wein bewegten sich die Restgehalte an Alkohol zwischen 0,03 und 0,17 %vol, im Falle der schäumenden Getränke aus alkoholfreiem Wein zwischen 0,04 und 0,23 %vol. Die Malzgetränke wiesen einen Alkoholgehalt von 0,01 bzw. 0,32 %vol auf, der alkoholfreie Cocktail auf Fruchtbasis war so gut wie alkoholfrei. Bei den Kinderpunschen lagen die Gehalte an Alkohol immerhin zwischen 0,2 und 0,3 %vol.

 

Erfrischungsgetränke

Zu den Erfrischungsgetränken zählen Fruchtsaftgetränke (6 -30 % Fruchtanteil), Fruchtschorlen (25 - 50 % Fruchtanteil), Limonaden (unter 3 % Fruchtanteil) und Brausen, die in der Regel künstliche Aroma- und Farbstoffe enthalten. In den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke, welche die allgemeine Verkehrsauffassung wiedergeben, werden maximal 2 Gramm pro Liter Alkohol genannt, der aus Fruchtbestandteilen oder Aromen stammt. Dies entspricht umgerechnet einem Höchstgehalt von 0,25 %vol Ethanol in Erfrischungsgetränken. Bei Limonaden und vor allem bei Brausen ist es auch denkbar, dass Alkohol über Konservierungsstoffe oder Farbstoffe als „Trägerstoff“ in die Erzeugnisse gelangt. Insgesamt wurden 40 Erfrischungsgetränke auf ihren Alkoholgehalt untersucht. Nahezu alle Messwerte lagen unter 0,1 %vol, in 10 Produkten war Alkohol auch in Spuren nicht nachweisbar. Ausnahmen bildeten eine Kräuterlimonade (0,28 %vol) und eine Zitronenlimonade (0,12 %vol). Ein Grundstoff zur industriellen Herstellung von Himbeerbrause enthielt 0,47 %vol Alkohol, der offensichtlich über das künstliche Aroma eingetragen wurde. Dieser Sirup wird jedoch mit Wasser 100-fach verdünnt, so dass das fertige Erzeugnis allenfalls noch Spuren von Alkohol enthält.

 

Fruchtsäfte, Fruchtnektare und „Smoothies“

Nach der Fruchtsaftverordnung muss Fruchtsaft zwar gärfähig sein, d.h. er darf nicht durch Konservierungsstoffe haltbar gemacht sein, andererseits darf er nicht gegoren sein. Daraus begründet er seine Eignung als Getränk für Kinder, wie auch für Erwachsene, die „flüssige Früchte“, jedoch ohne Alkohol genießen möchten. Eine Besonderheit stellen die Sogenannten „Smoothies“ dar. Bei Smoothies handelt es sich um Mischungen verschiedener Fruchtsäfte mit Fruchtmark (Püree). Durch den Zusatz von Fruchtmark (oft aus Banane, Pfirsich oder Aprikose) schmecken sie dickflüssiger und sämiger. Wie Fruchtsäfte weisen Smoothies Fruchtgehalte von 100 % auf.

 

Allerdings lassen sich bei den  genannten Produkten Spuren von Alkohol  nicht ganz vermeiden. So befinden sich oft bereits auf den frischen Früchten alkoholproduzierende Mikroorganismen wie Hefepilze, die vor oder während der Verarbeitung der Früchte zu geringen Mengen an Alkohol führen können. Da Fruchtsaft außer einer eventuellen Klärung üblicherweise keine weitere Behandlung erfährt, werden diese Alkoholspuren beim weiteren Herstellungsprozess nicht entfernt. Nach den Leitsätzen für Fruchtsäfte, welche den guten Handelsbrauch und die Verkehrsauffassung beschreiben, wird ein Alkoholgehalt von 3 Gramm pro Liter, entsprechend 0,38 %vol toleriert. Eine Ausnahme bildet Traubensaft: da es sich bei Trauben um besonders gärfähige Früchte handelt, ist für diese Saftart in der EU-Verordnung ein Höchstwert von 1 %vol festgelegt.

 

Wie die Untersuchungen des CVUA Stuttgart ergaben, werden die genannten Gehalte nicht überschritten. So wurden 43 Fruchtsäfte, darunter 15 Apfelsäfte, 5 Orangensäfte, 2 Grapefruitsäfte, 4 Traubensäfte, 12 Mehrfruchtsäfte, sowie 20 Fruchtnektare (u.a. Sauerkirsch-, Johannisbeer-, Maracuja- und Mehrfruchtnektare mit Fruchtgehalten zwischen 25 % und 50 %) und 6 „Smoothies“ untersucht. Die Alkoholgehalte lagen zwischen nicht nachweisbar (kleiner als 0,01 %vol) und 0,3 %vol mit einem Mittelwert von 0,05 %vol. Der höchste Wert wurde mit 0,3 %vol in einem roten Traubensaft gemessen.

 

Gemüsesäfte

Auch für Säfte, die aus Gemüse hergestellt werden, existieren eigene Leitsätze. Hiernach sind in diesen Erzeugnissen - wie bei den Fruchtsäften auch - maximal 0,38 %vol Alkohol zulässig. Eine Ausnahme bilden milchsauer vergorene Sauerkrautsäfte. Diese dürfen mehr Alkohol enthalten, ein Grenzwert ist in den Leitsätzen nicht genannt. Jedoch ist die Menge an Alkohol, die entstehen kann, durch den geringen Zuckergehalt begrenzt. Andere milchsauer vergorene Gemüsesäfte dürfen dagegen nur die o.g. 0,38 %vol Alkohol enthalten. Insgesamt war in den 34 untersuchten Gemüsesäften (außer Sauerkraut) bis zu 0,26 %vol Alkohol vorhanden. Milchsauer vergorene Sauerkrautsäfte enthielten immerhin bis zu 2,0 %vol Alkohol.

 

Milch und milchhaltige Getränke

In allen 27 untersuchten Milchproben war Alkohol nicht nachweisbar. Dabei wurde Milch mit unterschiedlichen Fettgehalten geprüft, sowohl frische als auch haltbare. Auch in verschiedenen laktosefreien Milchproben konnten wir Alkohol nicht nachweisen. Lediglich 2 von 4 Milchprodukten enthielten mit 0,01 %vol geringe Spuren an Alkohol. Dabei handelte es sich um einen Kefir und eine aromatisierte Buttermilch. Bei Kefir kann der Alkohol bei der Fermentierung gebildet werden, bei der Buttermilch ist ein Eintrag von Ethanol über das Erdbeeraroma denkbar. Eine Schokomilch und eine Probe Ayran (Erfrischungsgetränk aus Joghurt und Wasser) waren gänzlich frei von Alkohol.

 

Weitere Lebensmittel

Neben Getränken wurden auch 27 Marmeladen und Konfitüren untersucht. Diese Obstprodukte enthielten nur Spuren an Alkohol. Zum Vergleich wurden auch 8 Proben Weingelee und eine Probe Konfitüre mit Kirschwasser  analysiert, bei denen Alkohol selbstverständlich erwartet wird. Die Gehalte schwankten hier zwischen 0,5 und 5,7 %vol. Dies ist technologisch bedingt und hängt u. a. von der Kochzeit des Produktes ab. Ein „Mindestalkoholgehalt“ ist bei Weingelee nicht vorgeschrieben. Bei diesen Lebensmitteln ist zu erwähnen, dass der Gehalt an Alkohol nicht deklariert werden muss. Die Angabe ist nur bei Getränken ab einem Alkoholgehalt von 1,2 %vol erforderlich.

 

Weiterhin wurden 8 Proben Tomatenmark untersucht, wobei Alkohol in keinem Fall nachweisbar war. Ein erhöhter Alkoholgehalt wird bei Tomatenmark als Verderbnisindikator gewertet.

 

Infokasten

Maximale Alkoholgehalte nach den jeweiligen Rechtsnormen und Leitsätzen:

  • alkoholfreier Wein: 0,5 %vol.
  • alkoholfreie Erfrischungsgetränke: 0,25 %vol.
  • Fruchtsäfte: 0,38 %vol; Ausnahme: Traubensaft: 1,0 %vol.
  • Gemüsesäfte: 0,38 %vol; Ausnahme: milchsauer vergorener Sauerkrautsaft: mehr als 0,38 %vol.

 

Verbrauchertipp

Angebrochene Behältnisse mit Fruchtsaft und ähnlichen Getränken immer nur gekühlt lagern und innerhalb weniger Tagen verbrauchen! Einmal geöffnet können über die Luft Hefen in das Lebensmittel gelangen. Diese beginnen dann schnell, den vorhandenen Zucker zu Alkohol zu vergären.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Artikel erstmals erschienen am 23.05.2012 11:16:05

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