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Gemüsechips – die gesunde Alternative zu Kartoffelchips?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Rüdiger Weißhaar, Dr. Gerhard Braun

 

Gemüsechips werden durch Frittieren von dünnen Gemüsescheiben hergestellt und meist als knuspriges Knabbererzeugnis auf Gemüsebasis beworben. Ihre Beliebtheit und Nachfrage sind in den letzten Jahren stark angestiegen.

Das CVUA Stuttgart hat im 1. Halbjahr 2017 im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung 56 Proben Gemüsechips auf ihre Zusammensetzung, Zusatzstoffe sowie auf Acrylamid und unerwünschte Metallrückstände untersucht. Dabei zeigte sich, dass Gemüsechips nicht unerhebliche Fett- und Energiegehalte aufweisen, auch ihr Salzgehalt ist nicht vernachlässigbar.

Zusatzstoffe wie Farbstoffe, Konservierungsstoffe und Schwefeldioxid waren nicht nachweisbar.

Auffällig war der Gehalt an Acrylamid. Es wurde zwar eine sehr große Schwankungsbreite festgestellt, aber immerhin bei 8 Proben war der (für Kartoffelchips gültige) Richtwert von 1000 µg/kg überschritten.

 

Abb. 1: Gemüsechips.

Abb. 1: Gemüsechips

 

Frittiertes Gemüse – voll im Trend

Sie nennen sich Veggie-Chips, Gemüse-Snack, Knuspergemüse oder einfach Gemüsechips und werden von den Herstellern als leckere, gemüsehaltige Alternative zu den bekannten Kartoffelchips angeboten. Wie ihre Bezeichnung verrät, bestehen sie vorwiegend aus Gemüse: Verwendet werden meist Karotte, Pastinake, Süßkartoffel sowie Rote Bete – einzeln oder auch in Mischung; auch Wirsingchips und Grünkohlchips sind im Handel.

Die Herstellung von Gemüsechips ist einfach: Das Gemüse wird in sehr dünne Scheiben geschnitten und in Öl (meist Sonnenblumenöl, selten auch Olivenöl) bei ca. 160 °C mehrere Minuten frittiert. Als Alternative werden außerdem fettfreie Produkte angeboten, die nicht frittiert, sondern ohne Öl gebacken bzw. gedörrt werden. Weitere Zutat ist Speisesalz, gelegentlich werden auch Kräuter (Petersilie, Dill) und Gewürze (Chili, Cayennepfeffer, Paprika) verwendet.

Das CVUA Stuttgart hat im 1. Halbjahr 2017 im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung 56 Proben Gemüsechips auf ihre Zusammensetzung, Zusatzstoffe sowie auf Kontaminanten untersucht.

 

Gemüse oder Gemüsechips – Unterschiede im Nährwert?

Bei frittierten Gemüsechips beträgt der Gemüseanteil meist 60 bis 70 %, während üblicherweise 28 bis 37 % Fett im Enderzeugnis verbleiben. Mit dem Verzehr von 100 g Gemüsechips wird die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Fettzufuhr von 60 bis 80 g Fett pro Tag [1] fast zur Hälfte erreicht.

Auch der Nährwert ist mit 480 bis 520 Kcal/100 g nicht zu vernachlässigen: Eine 100 g-Portion trägt somit auf Grundlage der Referenzmenge von 2000 Kcal/Tag zur täglichen Kalorienaufnahme eines Erwachsenen zu ca. 25 % bei. Zum Vergleich: 100 g Karotten weisen einen Energiegehalt von ca. 30 Kcal auf.

 

Bei unseren Untersuchungen konnte die Verwendung der im Zutatenverzeichnis angegebenen Öle (meist ölsäurereiches Sonnenblumenöl, zum Teil auch Olivenöl) bestätigt werden. Die gute Nachricht: Transfettsäuren waren nur in Spuren enthalten.

 

Wie die Analysen weiter ergaben, betrug der Salzgehalt der Gemüsechips in den meisten Proben um 1,5 %; Spitzenreiter war eine Probe Grünkohlchips, welche einen Salzgehalt von 2,6 % aufwies. Bei einer derartigen Salzkonzentration der Gemüsechips wird die von der WHO zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlene Menge von 5 Gramm pro Tag [2] bereits mit einer Verzehrsmenge von 100 g Gemüsechips zur Hälfte ausgeschöpft. Obwohl die Hersteller meist Portionsgrößen von lediglich 30 g benennen, so dürften doch 100 g eine nicht unrealistische Verzehrsmenge für einen Fernsehabend sein. So stellen beispielsweise die Gemüsechips in Abbildung 1 eine Verzehrsmenge von 100 g dar.

 

Zusatzstoffe – nicht nötig und nicht nachweisbar

Gemüsechips sind farbkräftig – je nach Gemüseart orangefarben (Karotte), grün (Grünkohl, Wirsing) oder dunkellila (Rote Bete), das verdanken sie den natürlich vorkommenden Farbstoffen. Der Zusatz von künstlichen Farbstoffen ist daher unzulässig. Wie Stichproben ergaben, waren künstliche Farbstoffe nicht nachweisbar.

Konservierungsstoffe, wie Sorbinsäure oder Benzoesäure, sind bei diesen Erzeugnissen unnötig und unzulässig. Einem möglichen Verderb durch z. B. Schimmelpilze wird durch den Herstellungsvorgang (Frittieren) vorgebeugt.

Alle untersuchten Gemüsechips waren frei von diesen Zusatzstoffen.

Auch Schwefeldioxid wirkt konservierend, ist darüber hinaus wirksam gegen Oxidationsprozesse. Seine Verwendung ist z. B. bei Trockenfrüchten zulässig und üblich, nicht jedoch bei Gemüsechips. Dies ist in gesundheitlicher Hinsicht erfreulich, da Schwefeldioxid ein nicht zu vernachlässigendes allergenes Potential aufweist. In keiner der 30 untersuchten Proben war Schwefeldioxid nachweisbar.

 

Kontaminanten – unerwünscht

Rückstände von Metallen, auch Schwermetallen, finden sich in geringsten Konzentrationen in vielen Lebensmitteln. Der Gesetzgeber hat daher für einige ausgewählte Lebensmittel Höchstwerte festgelegt. Für Gemüsechips existieren keine Höchstmengen – wohl aber für Frischgemüse. Ein Blick auf die ermittelten Blei- und Cadmiumgehalte von Gemüsechips zeigt, dass diese deutlich unter den (vergleichbaren) Grenzwerten für Gemüse liegen.

Auch die Gehalte an Eisen, Zink, Aluminium, Chrom, Nickel, Kupfer, Mangan und Thallium, für welche weder für Gemüse noch für Gemüsechips Höchstwerte festgelegt wurden, lagen unter der Bestimmungsgrenze oder im gesundheitlich absolut unbedenklichen Spurenbereich.

 

Acrylamid

Es ist schon lange bekannt, dass Kartoffelchips zu den Lebensmitteln mit dem höchsten Risiko für die Bildung von Acrylamid gehören. Das liegt daran, dass Kartoffeln von Natur aus reich an der Aminosäure Asparagin sind, dem wichtigsten Ausgangsprodukt für Acrylamid. Daneben enthalten sie häufig auch Zucker, die andere wichtige Komponente, die für die Bildung von Acrylamid unabdingbar ist. Kommen dann noch hohe Temperaturen und ein niedriger Wassergehalt dazu, sind hohe Acrylamidgehalte vorprogrammiert. Inzwischen haben die Hersteller von Kartoffelchips jedoch viele Maßnahmen ergriffen, um die Acrylamidbildung zu minimieren, so dass Überschreitungen der einschlägigen Richtwerte kaum mehr vorkommen. So wurde am CVUA Stuttgart in den letzten 5 Jahren keine einzige Überschreitung des EU-Richtwertes festgestellt.

 

Infokasten

Acrylamid

Acrylamid bildet sich beim Erhitzen aus der Aminosäure Asparagin und reduzierenden Zuckern, wie Glucose oder Fructose, insbesondere an der (wasserarmen) Oberfläche von frittierten, gebackenen oder gerösteten Lebensmitteln wie Pommes frites, Kaffee, verschiedenen Backwaren und Kartoffelchips.

Auch 15 Jahre nach dem ersten Nachweis von Acrylamid in Lebensmitteln ist man sich über die toxikologische Bewertung dieser Kontaminationen immer noch nicht einig: Einerseits gilt Acrylamid nach wie vor als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“, andererseits haben epidemiologische Untersuchungen noch keinen Zusammenhang zwischen Acrylamid in unserer Nahrung und dem Auftreten verschiedener Krebsarten nachweisen können.

Solange das Risiko durch Acrylamid in Lebensmitteln nicht abschließend geklärt ist, gilt das „ALARA“-Prinzip (as low as reasonably achievable): Lebensmittel sollten so hergestellt werden, dass der Gehalt an Acrylamid so niedrig wie möglich ist. Zu diesem Zweck gibt es in Deutschland seit 2002 das Acrylamid-Minimierungskonzept mit nationalen „Signalwerten“. Signalwerte sind keine rechtlich verbindlichen Höchstwerte, sondern Orientierungswerte, bei deren Überschreitung Lebensmittelüberwachung und Lebensmittelproduzenten gemeinsam nach den Ursachen und nach Strategien zur künftigen Verminderung der Acrylamidgehalte suchen.
Dieses Konzept wurde 2011 auch von der EU übernommen. Inzwischen existieren auf EU-Ebene Richtwerte („Benchmarks“) und Herstellungsempfehlungen zur Vermeidung überhöhter Acrylamidgehalte für die meisten betroffenen Lebensmittelgruppen.

Weiterführende Informationen zum Thema Acrylamid finden Sie hier.

 

Aber wie sieht es mit den Acrylamidgehalten von Gemüsechips aus?

 

Ein EU-Richtwert für Gemüsechips existiert bisher noch nicht. Legt man jedoch den Richtwert für Kartoffelchips zugrunde, so liegen 8 von 56 untersuchten Proben über diesem Richtwert, der aktuell 1000 µg/kg beträgt.

Immerhin 18 Proben liegen im Bereich von 500 bis 1000 µg/kg und nur in 12 Proben lag der Gehalt unter 100 µg/kg.

Der höchste Gehalt an Acrylamid wurde in einer Chips-Mischung aus Süßkartoffeln, Pastinaken und roter Bete festgestellt, er betrug 1700 µg/kg.

Süßkartoffeln sind wohl in erster Linie verantwortlich für die hohen Acrylamidgehalte, die in vielen Gemüsechips-Mischungen gefunden wurden. Chips aus roter Bete weisen ebenfalls manchmal höhere Gehalte auf, doch es gibt auch rote Bete-Chips mit sehr geringen Acrylamidgehalten.

Auch Chips aus Karotten und Linsen können erhebliche Gehalte an Acrylamid aufweisen. Keine oder nur vernachlässigbare Acrylamidbildung findet man dagegen bei Gemüsechips auf Wirsingbasis.

 

Fazit

Gemüsechips weisen erhebliche Gehalte an Fett und Kalorien auf. Ihr Salzgehalt ist je nach Produkt nicht unbedeutend. Für den Verbraucher lohnt sich daher ein Blick auf die Nährwerttabelle auf der Verpackung.

Zusatzstoffe spielen in diesen Produkten keine Rolle.

Auffällig ist jedoch der Gehalt an Acrylamid, der tendenziell deutlich höher ist als in Kartoffelchips.

 

Quellen

[1] http://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/

[2] Mapping salt reduction initiatives in the WHO European Region, ISBN 978 92 890 0017 8; (Publikation ist nur online erhältlich)

 

Artikel erstmals erschienen am 21.08.2017 07:11:17

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