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Verzehr und Zubereitung von ganzen Aloe-Blättern – ein Update

Aufgrund des Anthranoidgehaltes sollte auf den Verzehr ganzer Blätter von Aloe Arborescens und Aloe Vera verzichtet werden. Auch die Selbstzubereitung von Aloe-Gel im Haushalt birgt Risiken.

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Christiane Lerch, Thomas Kapp, Thea Baumgart, Inge Gronbach, Eva-Maria Plate

 

Aufgrund der Erfahrungen aus dem Jahr 2017 wurde je eine, über das Internet bezogene Probe Blätter von Aloe Arborescens und Aloe Vera untersucht. Die Blätter waren zum direkten Verzehr bzw. zur Selbstzubereitung von Gel bestimmt. Beide Proben wurden unter Berücksichtigung des festgestellten Aloingehaltes (Summe Aloin A und Aloin B) in Verbindung mit den Zubereitungshinweisen und der Bewerbung als gesundheitsschädlich beurteilt.

 

Unseren Bericht aus dem Vorjahr mit allgemeinen Informationen und Erläuterungen zur Problematik des Anthranoidgehaltes von Aloe finden Sie hier.

 

Blätter von Aloe Arborescens und Aloe Vera zur Verwendung als Lebensmittel (z.B. in Smoothies) werden im Internet vielfach angeboten. Das Spektrum der Zubereitungshinweise beider Aloe Species ist breit: von der unkritischen Empfehlung des Direktverzehrs bis zu detaillierten Anweisungen, wie bei der Gelherstellung eine Kontamination mit den in der Schale befindlichen Anthranoiden wie Aloin vermieden werden soll.

 

Risikobewertung

Im November 2017 äußerte sich das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), dass aufgrund ihres kanzerogenen Potentials anthranoidhaltige Zubereitungen für die Verwendung in Lebensmitteln, einschließlich Nahrungsergänzungsmitteln nicht geeignet sind.

Bei der Herstellung von Lebensmitteln aus Blättern von Pflanzen der Gattung Aloe sollten die anthranoidhaltigen äußeren Blattschichten sorgfältig entfernt werden, um Verunreinigungen mit krebsverdächtigen Anthranoiden so gering wie möglich zu halten [1].

Im Januar 2018 hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) eine Stellungnahme zur Sicherheit von Anthranoidverbindungen in Lebensmitteln veröffentlicht: Aufgrund des genotoxischen und kanzerogenen Potentials dieser Stoffe kann das Gremium keine Aufnahmemenge nennen, die als unschädlich für die Gesundheit gelten kann [2].

 

Aloe Arborescens

Foto: Aloe Arborescens, Ton Rulkens, veröffentlicht unter einer Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic Lizenz.

Die Species Aloe Arborescens ist weniger bekannt als Aloe Vera (Foto: Ton Rulkens, veröffentlicht unter einer Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic Lizenz).

 

Foto: Aloe-Blätter.

Laut Angaben auf der Bestellseite im Internet sollte die Probe nach einem Rezept „zur inneren Anwendung nach Pater Romano Zago“ mit Schale zubereitet werden:

  • 300 g Aloe arborescens mit Schale (Dornen vorher mit einem Messer entfernen)
  • 500 g reiner Bienenhonig
  • 3–4 Esslöffel Zuckerrohrschnaps zur Konservierung
  • Alle Zutaten zusammen in einem Mixer zerkleinern, in ein Glas abfüllen und täglich ca. 2–3 Löffel vor jeder Mahlzeit konsumieren. Im Kühlschrank aufbewahrt hält sich dieser Cocktail über mehrere Tage frisch.

Am Markt sind derartige Zubereitungen auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.

 

Foto: willkürliche Probenteilmenge von mehreren Aloe-Blättern.

Zur Bestimmung des Aloin-Gehaltes wurden willkürlich Teilmengen von mehreren Blättern der Probe gebildet.
Die Teilproben wurden homogenisiert, extrahiert und mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographieauf ihren Aloin-Gehalt untersucht.

 

Die Gehalte an Aloin variierten zwischen 469 und 24  mg pro kg.

 

Die toxikologisch besonders kritisch zu bewertende Verbindung Aloe-Emodin war mittels LC-TOF-Massenspektrometrie nur in nicht quantifizierbaren Spuren enthalten. Aloe-Emodin kann jedoch im menschlichen Darm aus Aloin gebildet werden [1][2].

 

Bei Einhaltung der Zubereitungs- und Verzehrshinweise resultiert eine Aufnahmemenge von etwa 10–19 mg Aloin.

Die Unterschiede der ermittelten Aloin-Gehalte sind u.E. vor allem dadurch verursacht, dass Anthranoide in der Oberschicht von Aloe-Blättern konzentriert vorliegen. Das anteilige Verhältnis von Blattoberschicht zu Blattinnerem unterscheidet sich von Blattstück zu Blattstück; der Aloingehalt eines Blattabschnittes ist abhängig von der Blattdicke und Blattlänge.

 

Aus der Literatur ist außerdem bekannt, dass die Aloingehalte in verschiedenen Blattteilen natürlicherweise stark variieren können und auch von dem Alter der Blätter sowie den Kultivierungs- und Klimabedingungen der Pflanze abhängig sind [3]. Auf der Internetseite des Anbieters wurde zwar empfohlen, das blattinnere Gel zu verzehren, allerdings auch direkt auf Videos im Internet verlinkt, die zum Verzehr des ungeschälten Blattes animieren.

 

Foto: Aloe-Blätter und Messer liegen auf einem blauen Küchenkrepp.

Das Schneiden der Blätter und Abtrennen des inneren Blattgels erfolgte in haushaltsüblicher Art und Weise.

 

1: Die grüne Rinde oder Cuticula der Aloe-Pflanze

2: Die äußere Blattpulpa von Aloe-Blättern enthält Latex und Anthrachinone

3: Das Innere von Aloe-Blättern speichert das Gel

 

Typischerweise tritt beim Schneiden von Aloe Vera-Blättern aus der Latexschicht eine gelbliche, stark aloinhaltige Flüssigkeit aus, die am Schneidewerkzeug anhaftet und auf das Gel übertragen werden kann.

 

Foto: zwei von der Schale befreite Aloe-Gelstreifen.

Bei sorgfältiger Abtrennung lag der Aloingehalt des Gels zwischen 6 und 24 mg pro kg, nach grobem Abschälen allerdings bei 149 mg pro kg.

 

Foto: mehrere mundgerecht geschnittene, ungeschälte Blattstücke.

„Mundgerecht“ geschnittene, ungeschälte Stücke enthielten 163 mg Aloin pro kg.

 

Durch einfaches Abwaschen mit Wasser ließ sich der Aloingehalt des Gels und der „mundgerechten“ Stücke nicht relevant vermindern. Repräsentativ für ein ungeschältes großes Blattmittelstück war ein Aloingehalt von 213 mg/kg. In der Blattschale mit anhaftenden Gelresten war der Aloingehalt wie erwartet am höchsten (639 mg pro kg). Erfreulich war, dass die Substanz Aloe-Emodin in keinem Fall nachgewiesen werden konnte.

 

Fazit

  • Auch bei sorgfältigem Entfernen der Schale können gewisse Mengen an Aloin bzw. Anthranoiden in das Blattgel übertragen werden.
  • Wird die Blattoberseite mitverzehrt, werden erheblich höhere Mengen dieser Stoffe aufgenommen.

 

Die tatsächliche Aufnahmemenge an Aloin (bzw. Anthranoiden) und damit das gesundheitliche Risiko für den Verbraucher ist aufgrund der geschilderten Variabilitäten letztlich nicht genau kalkulierbar.

 

Infokasten

Verbrauchertipp

Aufgrund des Gehaltes an giftigen Anthranoiden wird vom Verzehr ungeschälter Blätter von Aloe und Zubereitungen daraus grundsätzlich abgeraten.

Auf die Selbstzubereitung von Gel aus ganzen Blättern sollte verzichtet werden, da auch bei sorgfältiger Abtrennung der Schale bei der Zubereitung Aloin leicht in das Gel übertragen werden kann.

Den Standpunkt der Verbraucherzentrale zum Verzehr von Aloe-Blättern finden Sie hier.

 

Untersuchung von handelsüblichem Aloe Vera-Gel

In diesem Jahr wurden sechs Proben handelsüblicher Aloe Vera-Saft bzw. Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Aloe Vera-Gel auf ihren Aloingehalt untersucht., Aloin war in diesen Produkten nicht nachweisbar.

 

Quellen

[1] Stellungnahme Nr. 032/2017 des BfR vom 2. November 2017

[2] EFSA Journal, Vol 16 (1), Januar 2018

[3] The distribution of the phenolic metabolites barbaloin, aloeresin and aloenin as a peripheral defense strategy in the succulent leaf parts of Aloe arborescens, Y. Gutterman et al., Biochemical Systemmatics and Ecology, 28(9) 825–838, 2000

 

Artikel erstmals erschienen am 04.09.2018 12:55:06

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