Logo des CVUA Stuttgart.

Hautpilzerkrankung beim Igel – die Diagnostik im Vorfeld kann Tier und Mensch gleichermaßen schützen

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Reinhard Sting

 

Hautpilzerkrankung beim Menschen sind keine Seltenheit. Aber nicht nur an eine Übertragung von Mensch zu Mensch sondern auch vom Tier auf den Menschen (Zoonose) ist zu denken. Unter den Tieren können neben Haustieren auch Wildtiere Quellen für Hautpilzerkrankungen, sog. Dermatophytosen, darstellen. Wenig bekannt ist, dass unter den Wildtieren Igel (Erinaceus europaeus) nicht selten Träger des sog. Igel-Hautpilzes Trichophyton mentagrophytes var. erinacei sind, der vor allem durch in Pflege genommene Tiere auf den Menschen übertragen werden kann. Nachweisbar sind Infektionen mit diesem Hautpilz mit Hilfe labordiagnostischer Untersuchungen. Gute Hygiene und Behandlung infizierter Tiere bieten Schutz vor einer Infektion.

Schmuckelement.

 

Hautpilzinfektionen bei Mensch und Tier

Hautpilze (Dermatophyten) sind in der Lage in Haut, Haare, Nägel bzw. Krallen einzudringen, sich zu vermehren und dadurch Entzündungen, sog. Dermatophytosen hervorzurufen. Betroffen sind Mensch und Tier gleichermaßen. Quellen von Hautpilzerkrankungen sind allerdings nicht getrennt für Mensch und Tier zu betrachten, sondern die Berücksichtigung einer möglichen Übertragung bestimmter Hautpilze vom Tier auf den Menschen spielt für die Prophylaxe und Therapie eine entscheidende Rolle. Hierbei darf nicht nur an Haustiere gedacht werden, sondern auch Wildtiere müssen mit in das Spektrum möglicher Infektionsquellen einbezogen werden.

Zoonosen

Hautpilzerkrankungen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können, sind sog. Zoonosen!

Während Hautpilzerkrankungen, die vom Tier übertragen worden sind, beim Menschen entzündliche Hautveränderungen verursachen, zeigen Tiere, die die Infektion übertragend, oftmals keine klinischen Anzeichen einer Dermatophytose. Kommt es zur Ausbildung klinischer Symptome sind diese bei Mensch wie auch beim Tier im klassischen Falle durch die sog. Ringflechte charakterisiert, die mit sich ringförmig ausbreitenden Hautveränderungen mit Schuppenbildung, Haarausfall und Abbrechen der Haare sowie einer randständigen, nässenden, teilweise auch eitrigen Entzündung mit Rötung und Juckreiz der Haut einhergeht. Beim Igel beobachtet man Hautveränderungen (schuppige, krustige Haut) vor allem im Kopfbereich und leicht ausziehbare Stacheln. Die Ausprägung der Entzündungserscheinungen kann sehr unterschiedlich sein. Dermatophytosen sind durch konsequente äußerliche Anwendung sog. Antimykotika behandelbar.

 

Unter den Hautpilzen, die Mensch und Tier gleichermaßen betreffen, spielen Arten der Gattung Trichophyton ein wichtige Rolle. Unter diesen sind T. mentagrophytes-Arten wichtige Vertreter dieser Gattung, die weltweit Dermatophytosen bei Mensch und Tier verursachen. T. mentagrophytes gliedert sich in sog. anthropophile, an den Menschen adaptierte, und sog. zoophile Variationen, die man bei Tieren findet. Die zoophilen T. mentagrophytes-Arten sind auch auf den Menschen übertragbar (Zoonosen). Beschrieben sind die zoophilen Variationen T. mentagrophytes var. granulosum(Hauptwirte sind Nagetiere), T. mentagrophytes var.quinkeanum (Hauptwirte sind Mäuse) und T. mentagrophytes var. erinacei , der sog. Igel-Hautpilz (Hauptwirte sind Igel).
Andere Haussäugetiere können von den genannten Variationen ebenfalls betroffen sein.

 

Der Igel-Hautpilz

T. mentagrophytes var. erinaci wurde erstmals 1960 bei Igeln (Erinaceus) von Marples und Smith in Groß-Britannien und Neuseeland beschrieben. Aufgrund des überwiegenden Vorkommens von T. mentagrophytes var.erinacei beim Igel wird dieser Hautpilz auch als Igel-Hautpilz bezeichnet, wobei diese Bezeichnung nicht über seine Übertragbarkeit auf den Menschen hinwegtäuschen darf. Beim Igel sind Infektion mit diesem Hautpilz keine Seltenheit. Während es für Deutschland keine zuverlässigen Daten über dessen Vorkommen beim Igel gibt, zeigen Untersuchungen aus England, dass bei Igeln und in deren Nestern mit einem Vorkommen dieses Hautpilzes von 20-25% zu rechnen ist. Betroffen sind vor allem die Hautpartien der Kopfregion aber auch Hautregionen mit Stacheln älterer Tiere. Neben den Tieren selbst spielen deren Nester, in denen der Hautpilz bei Trockenheit bis zu einem Jahr infektionsfähig bleiben kann, als Erregerreservoir eine wichtige Rolle. Die Übertragung des Pilzes von Tier zu Tier oder vom Tier auf den Menschen geschieht durch direkten Kontakt. Auch wenn die Übertragung des Igel-Hautpilzes eher ein seltenes Ereignis ist, besteht bei regelmäßigem Kontakt vor allem mit in Pflege aufgenommenen Igeln die Gefahr einer Übertragung auf den Menschen. Bei Hautveränderungen der Pfleglinge sollte deshalb stets an eine Infektion mit dem Igel-Hautpilz gedacht werden. Zur Vorbeuge sind das Tragen von stachelsicheren Handschuhen, sorgfältige Handhygiene (Händewaschen) und das Achten auf Hygiene des Igelnestes (regelmäßiges Säubern und Desinfektion) wichtig.

Sicherheit

...bietet eine labordiagnostische Untersuchung einer Haut- oder Stachelprobe auf Hautpilze.

Die labordiagnostische Untersuchung auf Hautpilze dauern bis zur endgültigen Diagnose mind. 1 Woche, oftmals 2 Wochen, so dass entspr. Vorkehrungsmaßnahmen bereits im Vorfeld angewendet werden sollten. Im Falle einer nachgewiesenen Infektion bei Mensch oder Tier ist eine konsequent durchgeführte äußerliche Behandlung mit sog. Antimykotika erfolgreich. Besondere Bedeutung kommt hierbei wie bereits hervorgehoben begleitenden Hygienemaßnahmen zu, die eine Eliminierung des Erregers im Umfeld (Igelnest, Kontaktgegenstände, etc.) und somit das Verhindern einer Neuinfektion zum Ziel haben. Nach erfolgreicher Behandlung gilt es auch, eine Neueinschlappung des Pilzes zu verhindern (Quarantäne neu in Pflege aufgenommener Igel sowie deren Behandlung im Bedarfsfall).

 

Der vorliegende Fall

Uns wurden Stacheln und Hautschuppen eines Igels in Pflege, der für eine Hautpilzinfektion verdächtige Symptome zeigte, zum Zweck einer mykologischen Untersuchung zugesendet. Die Untersuchungen ergaben den Nachweis von T. mentagrophytes var.erinacei aufgrund folgender Kriterien:

  • Weiße, puderartige Pilzkolonien mit z.T. eingefaltetem Zentrum nach ca. 1 Woche (Abbildung 1).

  • Gelblich-braune Färbung der Rückseite der Kolonien (Abbildung 2).

  • Nach 1 Woche starke Bildung tropfenförmiger, frei liegender oder an kurze, verzweigte Pilzhyphen (Pilzfäden) gebundener Mikrokonidien (Abbildung 3).

  • Nach 2 Wochen Bildung zahlreicher freiliegender oder an lange Hyphen gebundener Mikrokoniedien (Abbildung 4) und Bildung zigarrenförmiger, glattwandiger Makrokonidien mit Septierung in 2-6 Kammern sowie Makrokonidien mit nur einer Kammer (Abbildung 5).

  • Spiralhyphen waren nicht zu erkennen.

 

Bild Hautkrankheit.

Abbildung 1: Weiße, puderartige Kolonien von T. mentagrophytes var. erinacei. Links ist ein in den Pilzagar gesteckter und rechts ein auf den Pilzagar gelegter Igelstachel zu sehen. (Sabouraud-Agar)

Bild Hautkrankheit.

Abbildung 2: Gelb-braune Verfärbung der Rückseite der Kolonien von T. menta-grophytes var. erinacei. (Sabouraud-Agar)

 

Bild Hautkrankheit.

Abbildung 3: Mikroskopisches Bild eines Tesafilmabklatsches nach 1 Woche der in Abbildung 1 gezeigten Pilzkolonien von T. mentagrophytes var. erinacei. Sichtbar sind zahlreiche tropfenförmige Mikrokonidien (A) sowie Mikrokonidien an kurzen und verzweigten Hyphen (B) (Methylenblaufärbung, 100-fache Vergrößerung).

 

Bild Hautkrankheit.

Abbildung 4: An lange Hyphen (Pilzfäden) gebundene Mikrokonidien von T. mentagrophytes var. erinacei. (Methylenblaufärbung, 100-fache Vergrößerung).

Bild Hautkrankheit.

Abbildung 5: Bildung zahlreicher tropfenförmiger Mikrokonidien (A) sowie zigarrenförmiger, glattwandiger Makrokonidien mit Septierung in 2-6 Kammern (B) sowie Makrokonidien mit nur einer Kammer (C) von T. mentagrophytes var. erinacei (Methylenblaufärbung, 200-fache Vergrößerung).

Bildernachweis

Der Winterspeck muss her, Mensi, Pixelio.de, Image-ID=427191.

 

Artikel erstmals erschienen am 09.07.2010 10:20:56

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart
Postfach 1206 · 70702 Fellbach
☎ +49 (0)711 / 34 26 12 34

 Kleines Landeswappen von Baden-Württemberg.