Radiochemisches Labor – Messstelle für nuklearen Notfallschutz am CVUA Stuttgart

In geringen Mengen sind radioaktive Stoffe Bestandteil unserer natürlichen Umwelt. Mit der militärischen und zivilen Nutzung der Kernspaltung durch den Menschen sind weitere radioaktive Elemente in die Umwelt gelangt. Die oberirdischen Kernwaffentests der 50er und 60er Jahre, Tschernobyl und Fukushima – diese Stichworte sind eng mit den radiochemischen Laboratorien des Landes verbunden.

 

Größere radiochemische Ereignisse sind glücklicherweise selten. Sie können dann aber schlagartig zu einem hohen Bedarf an verlässlichen Messdaten zur Umwelt-, aber auch der Lebensmittel- oder Trinkwasser-Radioaktivität führen. Diese Messergebnisse unterstützen bei der Lageeinschätzung und dienen den zuständigen Behörden in Land und Bund, die richtigen Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers auszuwählen.

 

Die Partner

Der Flächenstaat Baden-Württemberg betreibt drei radiochemische Messstellen:

 

Die LUBW ist in erster Linie zuständig für die Umgebungsüberwachung kerntechnischer Anlagen, (insbesondere Kernkraftwerke), während die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Freiburg und Stuttgart Monitoring-Messungen von Lebensmitteln, Trinkwasser, Futtermitteln und landwirtschaftlichen Nutzflächen betreiben.

 

Alle Messstellen in Baden-Württemberg sind in das Integrierte Mess- und Informationssystem (IMIS) des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) eingebunden. Auch unsere Messdaten zur Umweltradioaktivität werden in jährlichen Berichten des BfS mit den Daten der anderen Bundesländer zusammengefasst.

 

Von dem radiochemischen Umweltmonitoring, das systematische Routinemessungen umfasst, wird der Intensivbetrieb bei nuklearen Vorfällen unterschieden. Dieser wird vom BfS bei entsprechender Lageeinschätzung ausgelöst und bedingt eine erheblich höhere Anzahl an Untersuchungen und die schnelle Weitergabe der erhaltenen Messdaten.

 

Im Jahr 2016 hat die Landesregierung Baden-Württembergs erhebliche Investitionsmittel zur Verfügung gestellt, um die drei baden-württembergischen Messstellen fit für den IMIS-Intensivbetrieb zu machen. Damit sind diese materiell und personell so ausgestattet, dass auch im Intensivfall die zu erwartenden sehr hohen Probenzahlen bewältigt werden.

 

Auch wurde die Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung der drei Messstellen, beispielsweise durch Personaltausch der Mitarbeitenden und durch Know-How-Transfer zur Qualitätssicherung oder technischen Fragen intensiviert. Hier hat das CVUA Stuttgart sehr von den Erfahrungen der Kolleginnen und Kollegen der anderen Messstellen profitiert.

 

Im Rahmen dieses „Fitnessprogramms“ wurden am CVUA Stuttgart die Anzahl der Gamma-Detektoren verdoppelt, neue Messverfahren eingeführt und Modernisierungen in den Gerätschaften für die Probenvorbereitung vorgenommen. Als Neuerung wurde zudem das Personalkonzept ergänzt und erweitert. Neben dem festen Mitarbeiterstamm, der die Routinearbeiten übernimmt, wurden für den Intensivbetrieb weitere Mitarbeiter benannt und geschult. Für den Fall der Fälle stehen nun ausreichend kompetente technische Mitarbeitende und Sachverständige zur Verfügung um im Mehrschichtbetrieb die erwarteten Probenzahlen zeitnah zu untersuchen.

 

Methoden

Am CVUA Stuttgart werden in allen Probenarten (Trinkwasser, Lebensmittel, Futtermittel, Landwirtschaftliche Proben) Radionuklide mit der Gamma-Spektrometrie gemessen. Mit der Gamma-Messung werden auch die Restaktivitäten von Cäsium 137 (Cs-137), welche uns bei dem Reaktorunfall von Tschernobyl erreichten, ermittelt. In der Cs-137 Untersuchung steht heute Wildschweinfleisch im Fokus, da unsere Schwarzkittel über ihre Nahrung (Hirschtrüffel und andere Pilze) dieses Radionuklid aufnehmen können.

 

Abb.: Low Level Beta Counter mit Präparateschälchen, u.a. zur Bestimmung von Strontium-90 (Sr-90).

Abb.: Low Level Beta Counter mit Präparateschälchen, u.a. zur Bestimmung von Strontium-90 (Sr-90)

 

Mit der Gamma-Spektrometrie lassen sich viele, aber leider nicht alle Radionuklide ohne chemische Aufarbeitung erfassen: Ausgerichtet auf die niedrigen Aktivitäten, die uns im Routinebetrieb begegnen, werden systematisch Strontium 90 (Sr-90) und Strontium 89 (Sr-89) mit der low level Beta-Messung ermittelt. Auch die Messung von Tritium (H-3) mittels Flüssigszintillationszählung und die Alpha-Spektrometrie zur Messung von Alphastrahlern wie Uran und Plutonium im Trinkwasser werden routinemäßig durchgeführt.

 

In radiochemischen Notfallsituationen ist die Gamma-Spektrometrie die wichtigste Technik, da sie die schnellsten Messergebnisse liefert. Für den Intensivbetrieb werden daher hier entsprechend hohe Messkapazitäten bereitgestellt.

 

Artikel erstmals erschienen am 07.05.2018