Glühwein - Glühpunsch - Glühbirne?
A. Mattes, A. Rechel, M. Rupp (CVUA Freiburg), K. Zietemann (CVUA Stuttgart)
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung untersuchten die CVUAs Freiburg und Stuttgart in der zurückliegenden Wintersaison 119 alkoholhaltige Heißgetränke.
Zwischen fertig verpackten Glühweinen aus dem Einzelhandel und offener Ware von Weihnachtsmärkten fielen auch einige ungewöhnliche Neu-Kompositionen und Kuriositäten auf, wie z. B. Zobo-Glühwein, Feigenblüten-Glühwein, „Glühbirne” oder im Zinntopf erhitzte Feuerzangenbowle. Insgesamt waren die untersuchten Proben aber weitestgehend unauffällig.
Abb. 1: klassischer Glühwein
Infokasten
Glühwein ist in der Verordnung (EU) Nr. 251/2014 über aromatisierte Weinerzeugnisse geregelt und genießt einen strengen Schutz. Danach ist Glühwein ein sog. aromatisiertes weinhaltiges Getränk, das ausschließlich aus Rot- oder Weißwein gewonnen wird und hauptsächlich mit Zimt und/oder Gewürznelken gewürzt wird. Der vorhandene Alkoholgehalt beträgt mindestens 7 % vol. Eine Süßung mit Zucker, Traubenmost, Honig oder Zuckersirupen ist erlaubt, der Zusatz von Wasser nicht.
Wenn der Glühwein aus Weißwein zubereitet wurde, muss die Bezeichnung „Glühwein” entsprechend ergänzt werden (z. B. „Weißer Glühwein”). Alle anderen alkoholischen Heißgetränke, auch wenn sie mit Glühwein hergestellt wurden, dürfen diesen Namen nicht tragen.
Alle Jahre wieder strömen die Menschen im Dezember auf die Weihnachtsmärkte. Für viele gehört zu einem Weihnachtsmarktbesuch eine Tasse Glühwein fest dazu, entsprechend groß ist das Angebot an Glühweinen auf deutschen Weihnachtsmärkten. Auch das Angebot an abgefüllten, trinkfertigen Glühweinen ist in den letzten Jahren gewachsen. Für die amtliche Weinüberwachung ist dies immer wieder ein Anlass, das Glühweinangebot auf Weihnachtsmärkten und das Angebot an abgefüllter Ware zu untersuchen.
Untersuchungsergebnisse
Die Proben entsprachen größtenteils den rechtlichen Vorgaben. Die meisten Mängel sind auf eine unzureichende Kennzeichnung zurückzuführen (siehe Tabelle 1).
Nur eine Probe musste aufgrund eines unerwünschten Stoffes beanstandet werden (s. unten), womit sich der Trend der letzten Jahre zu einem unbedenklichen Verzehr der Produktgruppe fortsetzt.
Routinemäßig wurden unter anderem die Gehalte an Aluminium, Kupfer, Zink, Cadmium, Zinn, Blei und Arsen bestimmt und mit den Grenzwerten der Weinverordnung abgeglichen. Insbesondere Kupfer und Aluminium sowie Zink und Zinn können sich während des Warmhaltens der Getränke bei entsprechender Standzeit aus ungeeigneten Gerätschaften (Töpfe, Kessel, Durchlauferhitzer, Schöpfkellen, Zapfhähne etc.) lösen.
Ein Beispiel hierfür lieferte eine Probe Feuerzangenbowle, die durch einen stark erhöhten Gehalt an Zinn auffiel. Der Zinngehalt lag mit 62 mg/L deutlich über dem zulässigen Grenzwert von 1 mg/L. Die Probe wurde daher als nicht verkehrsfähig beurteilt, aus toxikologischer Sicht sind Gehalte in dieser Größenordnung jedoch als unbedenklich einzustufen. [1]
Infokasten
Feuerzangenbowle wird üblicherweise aus mit Gewürzen und Orangenschalen aromatisiertem Rotwein hergestellt. Über dem Wein wird ein mit Rum getränkter Zuckerhut angezündet, sodass der Zucker karamellisiert und in die Feuerzangenbowle tropft. Da der Rumalkohol in der Regel verbrennt, gelangt er nicht oder nur in geringsten Mengen in die Feuerzangenbowle.
Bereits bei der Probennahme war festgestellt und vermerkt worden, dass die Feuerzangenbowle in einem verzinnten und damit ungeeigneten Topf zubereitet wurde. Weitere Informationen zu geeigneten Gerätschaften finden Sie in unserem Merkblatt „Glühwein und andere Heißgetränke im offenen Ausschank".
Infokasten
Schon die alten Griechen liebten gewürzten Wein und süßten ihn mit Honig. Dabei galt die einfache Regel: je exotischer die Herkunft der Gewürze, umso besser. Die Römer übernahmen diese Rezepturen und würzten ihren Wein ebenfalls. Für die Verbreitung des gewürzten Weines in der damaligen Zeit war sicher hilfreich, dass die Weinbereitung noch nicht die heutige Kunstfertigkeit erreicht hatte. Mit den Gewürzen konnte so manche unerwünschte Geschmacksnote überdeckt werden.
Diese Tradition setzte sich weiter fort: auch Karl der Große und der französische Sonnenkönig Louis XIV mochten Würzwein. In den kalten Wintermonaten wurde schon damals dieser Wein warm getrunken. Als dann im späten Mittelalter viele neue Gewürze von Asien nach Europa gelangten, verhalf dies dem damaligen Würzwein zu wahrer Blüte. Die Gewürze waren teure Kostbarkeiten und wer sich gewürzten Wein leisten oder anbieten konnte, war nicht nur reich, sondern auch angesehen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Glühwein weiter bis zum heutigen klassischen Verständnis von Glühwein (siehe Infokasten zu Glühwein). [2]
Variationen und Trends
Seit einigen Jahren fällt bei der Untersuchung von Glühwein ein Trend besonders ins Auge: Immer mehr Anbieter entwickeln die traditionelle Rezeptur von Glühwein kreativ weiter. Dies zeigte sich nicht zuletzt an mehreren ungewöhnlichen und kuriosen Glühweinen oder anderen Heißgetränken, die den CVUAs vorlagen:
ZOBO-GLÜHWEIN
Unter den Proben befand sich ein als „Zobo-Glühwein" bezeichnetes alkoholhaltiges Heißgetränk. Bei Zobo handelt es sich üblicherweise um ein Erfrischungsgetränk aus Nigeria, das aus den Blüten der Hibiskus-Art Roselle (Hibiscus sabdariffa) hergestellt wird. „Zobo" (Kurzform für Zoborodo) bedeutet in Hausa, einer westafrikanischen Sprache, „das rote Getränk".
Grundsätzlich konnte die Probe auf zwei Arten hergestellt worden sein: entweder durch Mischen von Glühwein mit dem Zobo-Getränk oder durch Aromatisierung von Glühwein mit getrockneten Roselle-Blüten. Im ersten Fall würde der „Zobo-Glühwein" nicht den rechtlichen Vorgaben entsprechen, da er durch den Getränkezusatz nicht mehr ausschließlich aus Rot- oder Weißwein hergestellt wurde. Nur die zweite Herstellungsmethode würde noch der rechtlichen Definition von Glühwein entsprechen. Diese sieht vor, dass ein Glühwein hauptsächlich mit Zimt und/oder Gewürznelken gewürzt wird, was weitere würzende Zutaten aber nicht ausschließt.
Nach Informationen des Herstellers wurde das Erzeugnis aus Rotwein, getrockneten Roselle-Blüten, Zimt, Orangenschalen, Nelke, Zucker, Weinbrand und Rum hergestellt. Bezüglich des „Zobo"-Zusatzes wäre die Bezeichnung „Glühwein" damit zwar prinzipiell möglich, nicht jedoch aufgrund des Zusatzes von Weinbrand und Rum. Der Zusatz von Alkohol, auch in Form von Spirituosen, ist bei aromatisierten weinhaltigen Getränken grundsätzlich nicht zulässig. Der Hersteller entfernte daraufhin den Begriff „Glühwein" aus der Produktbezeichnung und verwendete den Begriff „alkoholisches Heißgetränk Zobo".
FEIGENBLÜTEN-GLÜHWEIN
Ebenso nicht ausschließlich aus Rot- oder Weißwein hergestellt war ein zur Untersuchung vorgelegter „Feigenblüten-Glühwein", der neben Wein eine nicht unerhebliche Menge an Orangensaft und Feigenblüten-Sirup enthielt. Das Getränk war zudem nicht hauptsächlich mit Zimt und/oder Nelke gewürzt und erfüllte damit nicht die rechtliche Definition eines Glühweines.
GLÜHWEIN MIT SCHUSS
Neben neuen Geschmacksrichtungen wird auch Glühwein mit einem Zusatz unterschiedlicher Spirituosen wie Rum, Wodka oder diversen Likören immer beliebter und die Bandbreite an zugesetzten Spirituosen nimmt zu. Diese Variationen sind häufig unter kreativen Phantasiebezeichnungen wie z. B. „Glühbirne" (Glühwein mit Birnenlikör) oder „Ohrenwärmer" (Glühwein mit Amarettolikör) zu finden (siehe Abb. 3). Dies ist grundsätzlich zulässig, allerdings sind Phantasiebezeichnungen als Verkehrsbezeichnung nicht ausreichend, zudem dürfen die Variationen nicht als „Glühwein" bezeichnet werden (siehe Infokasten 1). Mögliche Bezeichnungen sind z. B. „Glühpunsch mit Rum" o. ä.
Abb. 3: Produktbezeichnungen auf dem Weihnachtsmarkt
ALKOHOLFREIER GLÜHWEIN
Der Trend geht inzwischen auch zum „0 ‰-Glühwein" oder „Autofahrerglühwein". Da laut der rechtlich festgelegten Definition Glühwein einen Alkoholgehalt von mindestens 7 % vol aufweist, darf für Getränke aus alkoholfreiem Wein diese Bezeichnung nicht verwendet werden. Eine mögliche Bezeichnung wäre „alkoholfreier Glühpunsch".
FRUCHTGLÜHWEIN
Auf Weihnachtsmärkten werden auch immer öfter Heidelbeer- und Kirschglühwein angeboten. Diese sind nicht zu verwechseln mit dem herkömmlichen Glühwein, da sie aus Fruchtwein hergestellt werden. Wie bei Glühwein aus Traubenwein darf kein Wasser zugesetzt werden. Der Mindestalkoholgehalt liegt jedoch bei 5 % vol für Apfel-/Birnenglühweine bzw. bei 5,5 % vol für Fruchtglühweine.
Zusammenfassung
Unsere Ess- und Trinkgewohnheiten entwickeln sich stetig weiter, auch der Glühwein wird kreativ weiterentwickelt. So wurden in den letzten Jahren immer wieder neuartige Glühwein-Variationen entdeckt. Durch den besonderen Schutz muss ein Glühwein allerdings den strengen rechtlichen Vorgaben entsprechen. Unabhängig von geschmacklichen Vorlieben und kulinarischer Abwechslung muss im Einzelfall geprüft werden, ob das so kreierte Getränk noch einem Glühwein entspricht oder ob es unter anderem Namen wie z. B. „Punsch" o.ä. zu verkaufen ist. Insgesamt waren die untersuchten Proben aber weitestgehend unauffällig.
Literatur
[1] Stellungnahme Nr. 046/2005 des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 07. September 2005
[2] Weinwirtschaft Nr. 15/2009, S. 22
Weiterführende Informationen
Merkblatt „Glühwein und andere Heißgetränke im offenen Ausschank"
Glühwein 2009 - Gute Qualität auf den Weihnachtsmärkten der Region und in der Flasche
Glühwein - Entwarnung bei Cumarin, Vorsicht beim Erhitzen
Bildnachweis
Glühwein: clipdealer.com (lizenzfrei)
Roselle-Hibiscus: „Bissap" von User: Chameleon - Eigenes Werk. Lizenziert unter GFDL über Wikimedia Commons
alle weiteren Fotos: CVUA Freiburg