Frühlingszeit – Morchelzeit

Dr. Pat Schreiter (Pilzsachverständige (DGfM) und universitätsgeprüfte Fachberaterin für Mykologie (DGfM))

 

Speise- und Spitzmorcheln (Morchella esculenta und M. elata) sind lecker und gehören zu den wenigen Speisepilzen, die im Frühling ihre Fruchtkörper bilden. So wurde mir am Ostersonntag bei einem Spaziergang durch eine Streuobstwiese statt eines Ostereis eine Speisemorchel beschert. Außerdem fand ich noch einen sehr jungen, ebenfalls essbaren Morchelbecherling (Disciotis venosa), auch bekannt als Flatschmorchel. Ein mehr als gelungener Spaziergang, wenn man, wie ich, Pilze liebt.

 

Foto von Speisemorchel (links) und Morchelbecherling.

Abb. 1: Speisemorchel (links) und Morchelbecherling, gefunden am Ostersonntag 2024 auf einer Streuobstwiese im Murrtal.

 

Achtung: Artenschutz!

Wie einige andere Pilzarten, darunter auch Steinpilz, Pfifferling oder Trüffel, stehen Speise- und Spitzmorchel unter Artenschutz. Eigentlich darf man sie in Deutschland nicht aus der Natur entnehmen, also sie weder sammeln, noch weiterverarbeiten und auf keinen Fall vermarkten. Glücklicherweise gibt es hierzu eine Ausnahmeregelung: Einige betroffene Pilzarten, darunter alle heimischen Morcheln, dürfen in geringen Mengen für den eigenen Bedarf gesammelt werden. Für das Sammeln größerer Mengen oder das gewerbliche Sammeln benötigt man eine Sondergenehmigung.

 

Vorsichtig: Verwechslungsgefahr!

Foto von Spitzmorchel (links) und Giftlorchel.

Abb. 2: Spitzmorchel (links) und Giftlorchel

 

Im Frühling wachsen auch die Giftlorcheln (Gyromitra esculenta), die den Morcheln zum Verwechseln ähnlich sind. Diese Lorchelart galt früher als Speisepilz, daher der wissenschaftliche Name „esculenta“, zu Deutsch „essbar“. Sie wird heute jedoch wegen des in ihr enthaltenen Giftstoffes Gyromitrin und seines Abbauproduktes Methylhydrazin als potenziell tödlich eingestuft. Von ihrem Verzehr ist daher dringend abzuraten, auch wenn die Giftlorchel in Skandinavien nach einem speziellen Zubereitungsprozess als Delikatesse gilt.

 

Seltene Unverträglichkeit: Morchella-Syndrom

In letzter Zeit wurde in seltenen Fällen berichtet, dass nach dem Verzehr einer großen Menge meist frischer Morcheln das Morchella-Syndrom auftrat, das mit Zittern, Sehstörung, Schwindel- und Trunkenheitsgefühl oder sogar zeitweiser Lähmung verbunden ist. Nach einiger Zeit verschwinden die Symptome wieder. Die Ursache dafür ist noch nicht geklärt. Bei getrockneten Morcheln scheint dies kaum vorzukommen. Außerdem schmecken Morchel und auch viele andere Pilze nach dem Trocknen intensiver.

 

Meine Empfehlung:

Bei allen gesammelten Pilzen gilt: Nur sicher als Speisepilz bestimmte Pilze dürfen verspeist werden. Wenn Sie bei der Identifizierung nicht sicher sind, sollten Sie lieber einen geprüften Pilzsachverständigen konsultieren. Bis auf wenige Ausnahmen sollen wild gesammelte Pilze immer nur gut gegart, z. B. Anbraten von 15 Minuten, verzehrt werden.

 

Bildernachweis

Abb. 1: Pat Schreiter, CVUA Stuttgart
Abb. 2: Henri Koskinen, www.mushroomimage.com

 

 

Artikel erstmals erschienen am 08.04.2024