Neue Melaminfunde in Hirschhornsalz und anderen Lebensmitteln

Dr. Christiane Lerch (CVUA Stuttgart)

 

In Baden-Württemberg wurde Melamin in Hirschhornsalz („ABC-Trieb –“) und in einem sog. „Sojasnack“ nachgewiesen.

In einer Meldung im Europäischen Schnellwarnsystem vom 30.10.2008 wurde über den Melaminfund in einem aus China stammenden Lebensmittelzusatzstoff informiert: Danach war In Taiwan ein hoher Melamingehalt (1400-2400 mg/kg) in verschiedenen Chargen von Ammoniumbicarbonat, einer speziellen Zutat, vor allem für Lebkuchengebäck oder "Amerikaner" nachgewiesen worden.

 

Aufgrund dieser Meldung wurden 6 Stichproben Hirschhornsalz„ABC-Trieb" untersucht. Eine Probe wies einen Melamingehalt von 470 mg/kg auf, in allen anderen war Melamin nicht nachweisbar.
Daraufhin wurde die Untersuchung von Nachproben (Vorlieferanten) und von im Handel befindlichen Hirschhornsalz, sowohl im Einzelhandel als auch für die gewerbliche Nutzung in Bäckereien, sofort veranlasst.

 

Insgesamt wurden bisher 28 Proben zur Untersuchung vorgelegt; bei 7 dieser Proben (5 verschiedene Chargen) war Melamin in einer Menge von 200 bis 470 mg/kg nachweisbar, in 16 Proben war Melamin nicht nachweisbar. Inzwischen wurde von den zuständigen Behörden das weitere Verarbeiten und Inverkehrbringen von beanstandeter Ware untersagt.

 

Die Ursache der Kontamination dürfte im vorliegenden Fall nicht in einer Verfälschungsabsicht liegen, sondern es besteht die Vermutung, dass es sich um ein technisches Produkt mit einer herstellungsbedingten Verunreinigung mit Melamin handelt.

 

Eine unmittelbare Gesundheitsgefahr ist bei rezepturmäßiger Verwendung (ca. 0,1 bis 1 %) nicht gegeben. Bei Kleinkindern, der am stärksten gefährdeten Verbrauchergruppe wäre nach der gesundheitlichen Bewertung von Melamin durch die Weltgesundheitsorganisation ein täglicher Verzehr von 500 g mit ABC-Trieb hergestellter Backwaren noch nicht gesundheitsschädlich.

 

Infokasten

„Hirschhornsalz ABC-Trieb“, chemisch „Ammoniumhydrogencarbonat“, wird als Triebmittel typischerweise bei der Herstellung von Lebkuchen, Pfeffernüssen oder „Amerikanern“ eingesetzt. Während des Backvorgangs wird daraus Ammoniak und Kohlendioxid freigesetzt, wodurch der Teig an Volumen zunimmt. ABC-Trieb wird bei nur bei sog. „Flachgebäcken“ eingesetzt, da bei anderen Backwaren Reste von Ammoniak im Teig verbleiben können, die den Geschmack des Produkts beeinträchtigen würden.

Ammoniumhydrogencarbonat wird auch als Ammoniumbicarbonat bezeichnet, woraus sich auch die Abkürzung „ ABC -Trieb“ ableitet.

 

Die Untersuchungen von im Handel befindlichen ABC-Trieb, sowohl im Einzelhandel als auch für die gewerbliche Nutzung in Bäckereien, werden fortgesetzt.

 

Weiterhin wurde in einer in China hergestellten Probe „Sojasnack“ (Knabbergebäck) ein Melamingehalt von 7 mg/kg festgestellt.

 

Gesamtübersicht

Die Gesamtzahl der in Baden-Württemberg auf Melamin untersuchten Proben beläuft sich derzeit auf 376 (Stand 26.11.2008), darunter Backwaren, Getreideprodukte, Milch- und Käseerzeugnisse, Eiprodukte, Fische, Meerestiere, Pudding, Sojaerzeugnisse, Speiseeis, Suppen, Süßwaren, Teigwaren, Schokolade, Kakaogetränke, Säuglingsnahrung, Diätetische Lebensmittel, Sportlernahrung, Fertiggerichte, Nahrungsergänzungsmittel und Trockeneiprodukte und Hirschhornsalz.

Melaminhaltig waren bisher lediglich vier verschiedene Produktgruppen: Bonbons (7 Proben der chinesischen Marke White Rabbit“), Kekse (2 Proben der chinesischen Marke „Koala“), Hirschhornsalz „ABC-Trieb “ (7 Proben aus 5 verschiedenen Chargen) sowie eine Probe chinesischer „Sojasnack“.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 01.12.2008