Photoinitiatoren in Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff

Magdalena Köhler, Roland Perz, Anna Kaufmann

 

Verpackungen sollen nicht nur dem Schutz des Lebensmittels und der Information der Verbraucher dienen, sie sollen auch schön bunt sein, damit der Verbraucher noch schneller zugreift. Die dazu genutzten Farbsysteme sind jedoch nicht immer unbedenklich. Die hierfür verwendeten Substanzen können, je nach ihrem Migrationspotential, aus der Verpackung in das Lebensmittel übergehen. Im Jahr 2022 untersuchten wir 140 unterschiedlich verpackte Lebensmittel, u. a. Schafskäse, Joghurts mit Topping, Energy Gele und auch Schokoeier. Das erfreuliche Ergebnis: 96 % der Proben waren unauffällig, lediglich bei jeweils drei Schafskäse- und Energygelproben wurden wir fündig.

 

Rechtliche Anforderungen

In Deutschland gilt seit 7. Dezember 2021 die Einundzwanzigste Verordnung zur Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung (sog. „Druckfarbenverordnung“). Darin werden Stoffe, für die Herstellung bedruckter Lebensmittelbedarfsgegenstände (Verpackungen) und der Übergang dieser Stoffe auf Lebensmittel geregelt. Die genannte Änderung der Bedarfsgegenständeverordnung gilt jedoch erst ab dem 01.01.2026. Bis dahin bleibt die Leitlinie des Europäischen Druckfarbenverbandes EuPIA (European Printing Ink Association) einschlägig. Diese enthält eine Positivliste für sogenannte Photoinitiatoren (siehe Infokasten) in Druckfarben für Lebensmittelkontaktmaterialien.

 

Infokasten

Wieso werden Photoinitiatoren eingesetzt?

Im Gegensatz zu lösemittelbasierten Farben ermöglichen UV-Farben eine sekundenschnelle Trocknung und bieten damit die Möglichkeit für hohe Druckgeschwindigkeiten. Die Vernetzung wird durch eine definierte UV-Strahlung ausgelöst ("initiiert"). Die Reaktion wird durch Photoinitiatoren gestartet: Sie absorbieren auftreffendes UV-Licht, zerfallen dabei in sog. freie Radikale und steuern den Härtungsprozess in der anfänglich feuchten Druckfarbe. Welche Photoinitiatoren eingesetzt werden, ist vom Farbsystem abhängig.

Photoinitiatoren, die nicht in der Liste aufgeführt sind, sollten nur verwendet werden, wenn die Migration 10 µg/kg nicht überschreitet oder wenn eine Barriere (siehe Infokasten) vorhanden ist [1]. Die Leitlinie hat zwar keine gesetzliche Wirkung, sie beschreibt jedoch die Gute Herstellungspraxis im Bereich der Druckfarben für den Lebensmittelkontakt und kann somit zur Auslegung der entsprechenden EU-Verordnung (VO (EG) Nr. 2023/2006) herangezogen werden. Proben, die nicht der Leitlinie entsprechen, können somit gemäß Art. 3 Buchstabe b der VO (EG) Nr. 1935/2004 beurteilt werden, da die festgestellten Übergänge in das Lebensmittel nicht der Guten Herstellungspraxis und somit als unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung des Lebensmittels zu beurteilen ist.

 

Infokasten

Was ist eine Barriere?

Bei Barrieren im Bereich der Lebensmittelbedarfsgegenstände (Verpackungen) handelt sich um Materialien, wie z. B. eine dünne Metallschicht, die die Migration von Molekülen erschweren sollen (siehe Abb.)

Während Glas für die meisten Stoffe praktisch unpassierbar ist, gibt es bei Kunststoffen große Unterschiede in der Barrierewirkung. PET ist z. B. eine gute Barriere in Hinblick auf die Migration von Molekülen im Gegensatz zu Polyethylen. Papier oder Karton weist die schlechteste Barrierewirkung der genannten Materialien auf.

 

Weitere Informationen zur Bedruckung von Lebensmittelkontaktmaterialien und zu Untersuchungsergebnissen aus früheren Jahren finden Sie hier.

 

Projekte aus dem Jahr 2022

Im Jahr 2022 untersuchten wir eine ganze Bandbreite an verpackten Lebensmitteln. Von Schokoeiern über Fertiggerichte bis hin zu sogenannten Quetschies. Auch wenn die EU aufgrund ihrer Offensive gegen Plastikmüll viele Verbote beschlossen hat, insbesondere bei Einwegkunststoffartikeln [2], so sind diese im Verpackungsbereich immer noch weit verbreitet. Der Vorteil von Kunststoff ist u. a., dass die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängert wird, da die Lebensmittel vor Keimen, vor dem Austrocknen und mechanischen Einflüssen geschützt werden. Ein weiterer großer Vorteil ist, dass Plastik wenig wiegt und daher beim Transport weniger Energie benötigt [3]. Jedoch sind Verpackungen aus Kunststoff nicht zuletzt aufgrund ihrer Bedruckung nicht ungefährlich. Aus dem Aufdruck können sog. Photoinitiatoren ins Lebensmittel übergehen. Dies haben wir untersucht und die Untersuchungsergebnisse in der Grafik veranschaulicht:

 

Grafik 1: Untersuchungsergebnisse sortiert nach Anzahl „unauffällig“ und „auffällig“ aus dem Jahr 2022.

Grafik 1: Untersuchungsergebnisse sortiert nach Anzahl „unauffällig“ und „auffällig“ aus dem Jahr 2022

 

Rechtliche Beurteilung der Ergebnisse

Auffällig ist, dass nur aus den Verpackungen der Energy Gele und der Schafskäseproben Photoinitiatioren aus der Verpackung in das Lebensmittel übergegangen sind. Alle anderen Produktgruppen waren unbelastet.

Die Verpackung der auffälligen Proben wurde aufgrund dessen gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchstabe b der VO (EG) Nr. 1935/2004 im Hinblick auf das Gebot, keine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeizuführen, beurteilt. Da es sich um Kunststoffverpackungen handelt, folgt daraus ein Verkehrsverbot gemäß Art. 4 Buchstabe a der VO (EU) Nr. 10/2011 (Kunststoff-VO).

 

Wie haben wir untersucht?

In der Regel werden erst die verpackten Lebensmittel untersucht. Hierzu wird das Lebensmittel zerkleinert und homogenisiert. Anschließend wird es extrahiert (mit Acetonitril für 24 Stunden bei 70 °C). Nach dem Abkühlen wird der Extrakt filtriert und kann dann flüssigchromatographisch getrennt und am Tandemmassenspektrometer vermessen werden. Kommt es zu auffälligen Befunden im Lebensmittel, so werden die Verpackungen untersucht, um so den Rückschluss zu führen, dass die im Lebensmittel nachgewiesenen Photoinitiatoren aus der Verpackung stammen.

 

Unterschiedliches Migrationsverhalten der einzelnen Photoinitiatoren

Unserer Erfahrung nach ist das Migrationsverhalten der einzelnen Photoinitiatoren sehr unterschiedlich, in erster Linie abhängig von der Molekülgröße. Manche migrieren bereits nach kurzer Zeit, manche mittelfristig und manche erst nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums.

 

Fazit

Der hohe Anteil an unauffälligen Proben von 96 % belegt, dass die Hersteller und Verpacker die Gute Herstellungspraxis überwiegend einhalten. Dennoch gibt es vereinzelt Proben in Folienverpackungen aus Kunststoff (6 von 140), die einen auffälligen Befund aufweisen. Die Einhaltung der Guten Herstellungspraxis ist heute bereits rechtlich bindend. Im Zusammenhang mit den Leitlinien der Druckfarbenindustrie ist daher die Verwendung der beanstandeten Photoinitiatoren oberhalb der Migrationslimits unzulässig. Dennoch bleibt zu hoffen, dass mit Beginn der Gültigkeit der Druckfarbenverordnung 2026 sich die Quote der auffälligen Produkte noch weiter verringert. Etliche Druckereibetriebe sind gegenwärtig noch mit der Umstellung ihrer Farbsysteme beschäftigt.

 

Solange noch Verstöße auftreten, werden wir unsere Untersuchungen regelmäßig fortsetzen.

 

Quellen

[1] EuPIA-Leitlinie Druckfarben zur Verwendung auf der vom Lebensmittel abgewandten Oberfläche von Lebensmittelverpackungen und Gegenständen; EuPIA Suitability List of Photoinitiators and Photosynergists for Food Contact Materials (Stand Oktober 2020)

 

[2] EU-Beschränkungen für bestimmte Einwegkunststoffartikel

 

[3] Mal anders betrachtet: Die Vorteile und der Nutzen von Plastik

 

 

Artikel erstmals erschienen am 27.02.2023