Weichmacher und PAK Befunde in Spielzeug und Körperkontaktmaterialien werden seltener
Anna Jung, Magdalena Köhler
Gute Nachrichten aus dem Bereich der Untersuchung von Spielzeug und Körperkontaktmaterialien auf Weichmacher (Phthalate) und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Der positive Trend setzt sich weiter fort, da die zu beurteilenden Befunde seltener geworden sind. Das CVUA Stuttgart hat in den Jahren 2021 bis 2023 267 Proben auf Phthalate und in den Jahren 2022 bis 2023 102 Proben auf PAK untersucht. Von den 102 untersuchten Proben auf PAK darunter Wärmeflaschen, Halloweenartikel, Aquaschuhe, Fitnessgeräte, Skistöcke, Mousepads, Stirnlampen, Kletterschuhe, Werkzeuggriffe, enthielt keine einen PAK über dem Grenzwert der VO (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung). Lediglich eine Probe wurde wegen Naphthalin beurteilt. Von den 267 untersuchten Proben auf Phthalate, darunter Fahrradsättel, Wickelunterlagen, Spiel- und Gymnastikbälle, Gartenschläuche, Planschbecken, Fanartikel, Puppen, Fitnessmatten, Regenjacken, Flip-Flops, Tischdecken, Werkzeuggriffe wurden 17 Proben gemäß der VO (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung) beurteilt.
Abbildung 1: Exemplarisch dargestellte Körperkontaktmaterialien (links: Badeutensilien, rechts: Flip-Flops). Anmerkung: lediglich zur Illustration, nicht in Verbindung mit auffälligen Befunden.
Weichmacher (Phthalate)
Weich gemachte Kunststoffe wie Polyvinylchlorid (PVC) enthalten in der Regel Weichmacher. Nur so können sie gut verarbeitet werden und behalten ihre elastischen Eigenschaften. Der Großteil des weichgemachten PVC wird für die Bauindustrie produziert, es findet allerdings auch in Medizinprodukten, als Lebensmittelverpackung oder in Spielzeugen und Körperkontaktmaterialien Verwendung [1]. Als Weichmacher können sogenannte Phthalate eingesetzt werden, die fast ausschließlich für die Verwendung in PVC produziert werden. Diese können sich mit der Zeit aus den Erzeugnissen herauslösen und vom Menschen inhalativ, über die Nahrung oder über die Haut aufgenommen werden [2].
Einige Phthalate sind als wahrscheinlich reproduktionstoxisch eingestuft. Ihr Einsatz ist daher nach der REACH-Verordnung, der EU Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, zulassungspflichtig und in Babyartikeln, Spielzeug und Erzeugnissen mit Körperkontakt verboten [3]. Folgende Phthalate fallen unter dieses Verwendungsverbot Bis(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP), Benzylbutylphthalat (BBP) und Diisobutylphthalat (DIBP), Diisononylphthalat (DINP), Diisodecylphthalat (DIDP) und Di-n-octylphthalat (DNOP).
In den letzten Jahren sind insbesondere Spielzeughersteller aufgrund möglicher Gesundheitsgefahren durch den Einsatz von Phthalaten verstärkt auf alternative Weichmacher (Ersatzweichmacher) umgestiegen. Einige Beispiele für Ersatzweichmacher sind Citrate, Adipate, Sebaccate sowie DINCH (1,2-Cyclohexandicarbonsäure-diisononylester). Leider ist die toxikologische Beurteilung der Ersatzweichmacher noch nicht abschließend erfolgt, so dass man bis jetzt nur wenig über die gesundheitlichen Auswirkungen weiß.
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)
PAK sind Substanzen, die bei einer unvollständigen Verbrennung entstehen. Unter dem Begriff PAK wird eine Vielzahl an Verbindungen zusammengefasst. Sie kommen ubiquitär in der Umwelt vor und bestehen aus mindestens zwei oder mehr aromatischen Kohlenwasserstoffringsystemen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schätzt das „krebserzeugende Potential jeder einzelnen Substanz als vergleichbar ein, jedoch unterscheiden sie sich in ihrer kanzerogenen Wirkungsstärke“ [4]. Die jeweilige Wirkungsstärke wurde in Bezug auf die Leitsubstanz Benzo[a]pyren ermittelt. Da die Exposition des Menschen mit PAK auch über andere Quellen wie die Umwelt erfolgt, sind PAK in Verbraucherprodukten unerwünscht und sollten auf ein technisch vermeidbares Minimum gesenkt werden [4, 5]. Die PAK sind ebenfalls in der o.g. REACH-Verordnung geregelt (siehe Infokasten).
EPA-PAKs
In einzelnen Proben werden auch PAK nachgewiesen, die der Gruppe der Umwelt-PAK zuzuordnen sind (z. B. Naphthalin, Phenanthren, Pyren). Diese Substanzen sind vor allem PAK, die bei Untersuchungen in der Umwelt (Luft, Wasser, Boden) häufig nachgewiesen wurden und dafür als Leitsubstanzen von der amerikanischen Umweltbehörde (EPA – Environmental Protection Agency) charakterisiert wurden. Das BfR beschreibt, dass bei Hautkontakt mit entsprechenden PAK-haltigen Produkten die PAK in der Regel sehr gut über die Haut aufgenommen werden können [6]. Auch wenn für diese Substanzen (EPA-PAKs) bisher keine Grenzwerte abgeleitet werden konnten, kann ein zusätzliches gesundheitliches Risiko nicht ausgeschlossen werden.
Abbildung 2: Exemplarisch dargestellte Körperkontaktmaterialien (links: Kletterschuhe, rechts: Mousepads). Anmerkung: lediglich zur Illustration, nicht in Verbindung mit auffälligen Befunden
Infokasten
Rechtsgrundlagen – Phthalate (Weichmacher)
Phthalate sind aufgrund ihrer fortpflanzungsgefährdenden Eigenschaften in Anhang XIV der REACH-Verordnung als zulassungspflichtige Stoffe gelistet. Solche Stoffe dürfen Hersteller, Importeure oder nachgeschaltete Anwender gemäß Art. 56 der REACH-Verordnung nicht zur Verwendung in Verkehr bringen und nicht selbst verwenden, es sei denn, es liegt eine entsprechende Zulassung vor.
In Spielzeug, Babyartikeln und aller Erzeugnisse mit Körperkontakt ist die Verwendung der Phthalate DEHP, DBP, BBP, DIBP, DINP, DIDP und DNOP einzeln oder in Kombination ab einer Konzentration von 0,1 Gewichts-% im weichmacherhaltigen Material gemäß Art. 67 in Verbindung mit Anhang XVII Nr. 51 der REACH-Verordnung verboten. Entsprechende Erzeugnisse dürfen nicht in Verkehr gebracht werden.
Für die ebenfalls als fortpflanzungsgefährdend eingestuften Phthalate Diisopentylphthalat, verschiedene 1,2-Benzoldicarbonsäure-ester, Bis(2-methoxyethyl)-phthalat, Dipentylphthalat und n-Pentyl-isopentylphthalat gilt seitdem ebenso ein Verwendungsverbot, sofern keine Zulassung für die geplante Verwendung vorliegt. Über die Erteilung einer Zulassung entscheidet die Europäische Kommission unter Beteiligung der Mitgliedsstaaten.
Rechtsgrundlagen – PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe)
Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gelten PAK als krebserzeugend. Die unterschiedlichen „Substanzen weisen jedoch unterschiedliche kanzerogene Wirkungsstärken (Potenz) auf“. Das bedeutet in Bezug auf die Leitsubstanz Benzo[a]pyren, dass von anderen PAK teilweise eine 10-, 100- oder 1000-fach höhere oder 10-fach geringere Menge benötigt wird, um dieselbe toxikologische Wirkung auszulösen [4]. Von der EU wurde in der REACH-Verordnung für 8 PAK (Benzo[a]pyren, Benzo[e]pyren, Chrysen, Benzo[a]anthracen, Dibenzo[a,h]anthracen, Benzo[j]fluoranthen, Benzo[b]fluoranthen und Benzo[k]fluoranthen) mit einer hohen krebserzeugenden Wirkungsstärke ein Grenzwert von je 1 mg/kg Material für die Einzelsubstanz festgelegt. Dieser Grenzwert gilt für Erzeugnisse mit Körperkontakt. Für Spielzeug und andere Baby- und Kleinkindprodukte, liegt der Grenzwert bei je 0,5 mg/kg [3].
Untersuchungsergebnisse Phthalate 2021 bis 2023
In den Jahren 2021 bis 2023 untersuchte das CVUA Stuttgart 267 Proben auf ihren Gehalt an Weichmachern. Nur in 17 Proben wurden entsprechende Weichmacher nachgewiesen (6,4 %). Beurteilt aufgrund der Überschreitung des Grenzwertes nach der REACH-VO wurden Flip-Flops/ Sandalen, Regenjacken, ein Gartenschlauch und Gartenhandschuhe, Schwimmflügel für Erwachsene sowie ein Spielball für Kinder. Weiterhin eine Schutzbrille, ein Werkzeuggriff, eine Tischdecke, ein Regenüberzug für Fahrradsattel und die Dichtung einer Milchzahndose.
Abbildung 3: Exemplarisch dargestellte Körperkontaktmaterialien und Spielzeug (links: Fahrradsättel und Yogamatten, rechts: Puppen). Anmerkung: lediglich zur Illustration, nicht in Verbindung mit auffälligen Befunden.
Untersuchungsergebnisse PAK 2022 bis 2023
In den Jahren 2022 bis 2023 untersuchte das CVUA Stuttgart 102 Proben auf ihren Gehalt an PAK. Keine einzige Probe enthielt einen PAK über dem Grenzwert der VO (EG) Nr. 1907/2006 (REACH-Verordnung). Lediglich eine Probe wurde wegen Naphthalin, einem EPA-PAK beurteilt Es handelte sich um eine Halloweenmaske.
Abbildung 4: Exemplarisch dargestellte Körperkontaktmaterialien und Scherzartikel (links: Werkzeug, rechts: Halloweenartikel). Anmerkung: lediglich zur Illustration, nicht in Verbindung mit auffälligen Befunden.
Fazit
Erfreulicherweise wurden nur in 6 % der in den letzten drei Jahren auf Weichmacher untersuchten Proben verbotene Phthalate nachgewiesen. Davon waren lediglich 1 % Baby- und Spielzeugartikel. Dies zeigt, dass die bestehenden Verbote wirksam sind und von Seiten der Industrie umgesetzt werden. Nur im Bereich der Körperkontaktmaterialien muss noch etwas nachgebessert werden, da das Verkehrsverbot der REACH-Verordnung für diesen Bereich erst seit 2020 gilt.
Bei den PAK-Proben aus den letzten zwei Jahren sieht es sogar noch besser aus. Lediglich eine Probe war aufgrund ihres Naphthalin (EPA-PAK)-Gehaltes auffällig. Wobei bei dieser Probe keine Grenzwertüberschreitung nach den Vorgaben der REACH-Verordnung vorlag. Im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes werden wir selbstverständlich weiterhin weitere Produktgruppen untersuchen, da die PAK als krebserzeugend gelten, auch wenn in den letzten zwei Jahren keine Überschreitung der Grenzwerte festgestellt wurde.
Bildernachweis
Eigene Bilder, CVUA Stuttgart.
Quellen
[1] Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt e.V.
[2] Umweltbundesamt (2007): Phthalate, die nützlichen Weichmacher mit den unerwünschten Eigenschaften
[3] REACH-Verordnung: Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Agentur für chemische Stoffe, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission (ABl. L 396/1), zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2023/2482 vom 13.11.2023 (ABl. L 2023/2482).
[4] BfR: Aktualisierte Stellungnahme Nr. 051/2009 des BfR vom 14. Oktober 2009 zu polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) in Spielzeug