Tafeltrauben das ganze Jahr über aus aller Herrenländer: Wie sicher sind sie?

Dr. Anne Benkenstein

 

Tafeltrauben gehören zu den beliebtesten Früchten und sind das ganze Jahr über fester Bestandteil vieler Obstschalen. Doch wie wirken sich Anbaumethoden und Herkunft auf ihre Qualität und Sicherheit aus? Während Verbraucher zunehmend Wert auf gesunde und umweltfreundliche Produkte legen, rücken Tafeltrauben regelmäßig in den Fokus von Untersuchungen und Kontrollen. In diesem Bericht haben wir die aktuellen Daten zu Pestizidrückständen ausgewertet und die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

 

Rund um die Tafeltrauben

Tafeltrauben gehören in vielen Haushalten zu den beliebtesten Obstsorten. Sie sind süß, saftig und dienen nicht nur als Snack, sondern auch als Zutat in zahlreichen Rezepten. Es gibt weltweit über 10.000 Traubensorten, die für unterschiedliche Zwecke genutzt werden. Nur eine kleine Auswahl davon ist für den Tafeltrauben-Markt relevant, darunter beliebte Sorten wie Thompson Seedless, Crimson, und Italia. Besonders gefragt sind kernlose Sorten, da sie sich besser für den direkten Verzehr eignen [1]. Tafeltrauben sind reich an Antioxidantien (vor allem die Schale) und enthalten außerdem Vitamin C, Vitamin K und Ballaststoffe.

 

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Tafeltrauben in Deutschland lag in der Saison 2022/23 bei etwa 5,1 Kilogramm [2]. Damit ist die Traube eine beliebte Frucht, allerdings mit einem geringeren Konsum im Vergleich zu Äpfeln oder Bananen, die in deutlich größeren Mengen verzehrt werden. Insgesamt wurden im Jahr 2022/23 rund 428.000 Tonnen Tafeltrauben konsumiert, die größtenteils Importware aus aller Welt darstellen. Nur etwa 2 % der in Deutschland gehandelten Tafeltrauben stammen aus heimischem Anbau [1]. In Abbildung 1 ist eine Übersicht über die Herkunftsländer der Tafeltrauben im Verlauf des Jahres dargestellt. Je nach den klimatischen Bedingungen kann sich der Zeitraum, in dem Trauben aus bestimmten Ländern verfügbar sind, leicht verschieben.

 

Abbildung 1: Saisonale Herkunft von Tafeltrauben.

Abbildung 1: Saisonale Herkunft von Tafeltrauben

 

Unsere Untersuchungsergebnisse

Von Anfang Januar bis Ende Oktober 2024 haben wir insgesamt 64 Proben Tafeltrauben, davon 61 aus konventionellem Anbau und drei aus ökologischer Produktion, auf Rückständen an über 750 Pflanzenschutzmitteln und Kontaminanten untersucht. Die Herkunftsländer der untersuchten konventionellen Tafeltrauben sind in Abbildung 2 dargestellt. Die drei Öko-Trauben hatten als Herkunft Südafrika (2x) und Italien (1x).

 

Abbildung 2: Übersicht der Herkunftsländer der untersuchten Tafeltraube.

Abbildung 2: Übersicht der Herkunftsländer der untersuchten Tafeltrauben

 

In nachfolgender Abbildung 3 sowie in Tabelle 1 sind die mittleren Pestizidgehalte nach Herkunft aufgeschlüsselt. Der mittlere Rückstandsgehalt bei Tafeltrauben, die aus den Drittstaaten kommen, liegt mit 1,9 mg/kg deutlich über dem Wert der aus den EU-Mitgliedstaaten stammenden Tafeltrauben (0,57 mg/kg). Auch wurden in den Proben aus den Drittstaaten acht mit Pestiziden über der Höchstmenge festgestellt. Im Vergleich dazu wurde nur eine Probe über der Höchstmenge aus den anderen EU-Mitgliedstaaten ermittelt.

 

Abbildung 3: Mittlerer Rückstandsgehalt von konventionellen Tafeltrauben im Vergleich (EU ohne D, Drittstaaten).

Abbildung 3: Mittlerer Rückstandsgehalt von konventionellen Tafeltrauben im Vergleich (EU ohne D, Drittstaaten)

 

Insgesamt wurden neun Proben konventionelle Tafeltrauben entweder wegen der Überschreitung von Rückstandshöchstgehalten und/oder der Ausschöpfung der akuten Referenzdosis (ARfD) für einen Wirkstoff beanstandet (siehe Tabelle 1). Im Vergleich zu den konventionellen Tafeltrauben wurden in den Trauben aus ökologischem Anbau keine Rückstände nachgewiesen.

 

Tabelle 1: mittlere Pestizidgehalte in konventionellen Tafeltrauben
 
Proben Inland
Proben anderer EU-Mitgliedstaaten
Proben Drittstaaten
Proben unbekannter Herkunft
Proben Gesamt
Anzahl Proben
1
24
34
2
61
davon mit Rückständen
1
24 (100 %)
34 (100 %)
2
61 (100 %)
Proben über Höchstmenge
0
1 (4 %)
8 (24 %)
0
9 (15 %)
mittlerer Pestizidgehalt (mg/kg)*
0,32
0,57
1,9
0,24
1,3

*ohne Fosetyl (Summe)

 

In Abbildung 4 wurde die Anzahl der Pestizide pro Probe in den Tafeltrauben dargestellt. In allen Proben waren Mehrfachrückstände enthalten. Durchschnittlich enthielt jede Probe acht Wirkstoffe. Die maximale Anzahl lag bei 19 verschiedenen Wirkstoffen in einer Probe.

 

Abbildung 4: Anzahl Pestizide pro Probe.

Abbildung 4: Anzahl Pestizide pro Probe

 

Fungizide und Insektizide werden in der Tafeltraubenproduktion oft eingesetzt, da die Pflanzen besonders anfällig für Pilzkrankheiten und Schädlingsbefall sind. Tafeltrauben, die in warmen und feuchten Klimazonen wachsen, werden häufig von Pilzkrankheiten wie Echtem und Falschem Mehltau befallen, die erhebliche Schäden verursachen können. Um diese Erkrankungen zu kontrollieren und Ernteverluste zu vermeiden, kommen fungizide Wirkstoffe präventiv zum Einsatz, was die Haltbarkeit und Qualität der Trauben sichert [3, 4]

 

Insektizide spielen ebenfalls eine wichtige Rolle, da Schädlinge wie die Traubenwickler-Larve oder Blattzikaden die Früchte direkt schädigen können. Diese Pestizide helfen den Befall zu minimieren, die Fruchtqualität zu bewahren und Verluste zu verringern, was besonders für den kommerziellen Vertrieb der Trauben entscheidend ist. Besonders vor langen Transporten, die bei importierten Trauben üblich sind, müssen die Früchte gesund und stabil bleiben, um ihre Marktattraktivität zu gewährleisten [4, 5].

 

Die Häufigkeit und Art der Anwendungen wird dabei durch klimatische Bedingungen und spezifische lokale Schaderreger bestimmt, da sich das Risiko je nach Wetter und Standort des Anbaus stark unterscheiden kann [4].

 

Abbilddung 5: Auszug aus dem Stoffspektrum.

Abbilddung 5: Auszug aus dem Stoffspektrum

 

In Abbildung 5 wurden die am häufigsten ermittelten Wirkstoffe dargestellt. In knapp über 80 % der Proben konnte der Wirkstoff Phosphonsäure nachgewiesen werden. Als gesetzlicher Höchstgehalt ist für diesen die Summe aus Fosetyl und Phosphonsäure und deren Salzen, ausgedrückt als Fosetyl, festgesetzt. Rückstände an Phosphonsäure können als Folge der Anwendung der fungiziden Wirkstoffe Fosetyl, Kalium- und Dinatriumphosphonat (in Deutschland im Obst- und Gemüsebau, z. B. bei Gurke, Salaten, Paprika und frischen Kräutern zugelassen) sowie aus früheren Anwendungen von Pflanzenstärkungsmitteln (sog. Blattdünger) auftreten. Phosphonsäure wurde in 50 Proben, das entspricht 82 % aller im Berichtszeitraum untersuchten Tafeltrauben mit Gehalten bis zu 36,4 mg/kg (entspricht 49,0 mg/kg Fosetyl, Summe) nachgewiesen. Dagegen wurde in lediglich fünf Proben der Wirkstoff Fosetyl selbst nachgewiesen. In Tabelle 1 wird der mittlere Pestizidgehalt pro Probe deshalb ohne Fosetyl (Summe) angegeben.

 

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Phosphonsäure und Fosetyl

Sowohl Fosetyl als auch Phosphonsäure sind in der EU zugelassene fungizide Wirkstoffe, die unabhängig vom Eintragsweg unter den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 396/2005 fallen. Neben der Anwendung als Fungizid ist ferner ein Eintrag durch Düngemittel (sog. Blattdünger), die Phosphonate (Salze der Phosphonsäure) enthalten, denkbar. Diese Anwendung ist jedoch durch die Einstufung der Phosphonate als Fungizide seit dem Erntejahr 2014 nicht mehr möglich. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass die Pflanzen Phosphonsäure speichern und erst im Laufe der Zeit abgeben, so dass auch Jahre später noch Befunde auf eine früher zulässige Blattdünung zurückgehen können.

 

In Tabelle 2 sind alle auffälligen Befunde zusammengefasst worden. In einer konventionellen Probe aus Namibia überschritt der Wirkstoff Glufosinat den Höchstgehalt nicht gesichert. Der Inverkehrbringer wurde von dem Befund mit einem Hinweis-Gutachten in Kenntnis gesetzt.

 

Glufosinat wird als Breitband-Herbizid eingesetzt, ist aber seit Mitte 2018 in der EU nicht mehr zugelassen. Des Weiteren wurde das Fungizid Procymidon in einer Tafeltraube aus Italien gesichert über dem Höchstgehalt nachgewiesen und die Probe beanstandet. Der Wirkstoff ist in der EU bereits seit Mitte 2008 nicht mehr zugelassen. In sieben Proben mit Herkunft Türkei wurden Rückstände des in der EU zugelassenen Insektizids Acetamiprid über dem gesetzlichen Höchstgehalt (2x nicht gesichert, 5x gesichert) nachgewiesen. Auch der ebenfalls zugelassene Wirkstoff Pyriproxyfen (Insektizid) wurde 4x gesichert über dem Höchstgehalt beanstandet (siehe Tabelle 2).

 

Tabelle 2: auffällige Tafeltrauben
Herkunftsland
Anzahl Proben
Stoff
Gehalt (mg/kg)
Bewertung
Namibia
1
Glufosinat, Summe
0,28
nicht gesichert über Höchstgehalt
Italien
1
Procymidon
0,076
gesichert über Höchstgehalt
Türkei
7
Acetamiprid (7x)
0,93–3,2
2x nicht gesichert über Höchstgehalt,
5x gesichert über Höchstgehalt
Pyriproxyfen (4x)
0,041–0,28
4x gesichert über Höchstgehalt

 

Alle sieben Proben mit Überschreitungen des Höchstgehaltes an Acetamiprid wiesen zudem eine deutliche Ausschöpfung der akuten Referenzdosis (ARfD) >> 200 % auf und waren somit darüber hinaus als gesundheitsschädlich und nicht sichere Lebensmittel nach Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Basis-Verordnung) zu beurteilen.

 

Zudem war eine weitere Probe (Herkunft Italien) hinsichtlich Acetamiprid auffällig: Bei dieser lag der nachgewiesene Rückstand unter dem gesetzlich gültigen Höchstgehalt, die akute Referenzdosis war aber auch in diesem Fall >> 200 % ausgeschöpft. Auch hier war die Probe als gesundheitsschädlich und nicht sicher zu beurteilen.

 

Hierzu ist noch anzumerken, dass die derzeit noch gültigen Höchstgehalte für Acetamiprid in absehbarer Zeit geändert werden. Für Tafeltrauben bedeutet dies eine Absenkung von derzeit noch 0,5 mg/kg auf dann 0,08 mg/kg. Alle acht hier auffälligen Proben würden Stand heute den neuen abgesenkten Höchstgehalt gesichert überschreiten. Zudem gibt es seit September 2024 eine neue toxikologische Bewertung des Wirkstoffes Acetamiprid, mit welcher die bis dato gültige ARfD von 0,025 mg/kg Körpergewicht und Tag auf 0,005 abgesenkt wurde.

 

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Akute Referenzdosis (Acute Reference Dose, ARfD)

Zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, die eine hohe akute Toxizität aufweisen und schon bei einmaliger oder kurzzeitiger Aufnahme gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen können, eignet sich der ADI-Wert (acceptable daily intake) nur eingeschränkt. Da er aus längerfristigen Studien abgeleitet wird, charakterisiert er eine akute Gefährdung durch Rückstände in der Nahrung möglicherweise unzureichend. Deshalb wurde neben dem ADI-Wert ein weiterer Expositionsgrenzwert eingeführt, die sogenannte akute Referenzdosis (acute reference dose, ARfD). Die Weltgesundheitsorganisation hat die ARfD als diejenige Substanzmenge definiert, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko für den Verbraucher resultiert. Anders als der ADI- wird der ARfD-Wert nicht für jedes Pflanzenschutzmittel festgelegt, sondern nur für solche Wirkstoffe, die in ausreichender Menge geeignet sind, schon bei einmaliger Exposition die Gesundheit zu schädigen.

 

» EU Pesticides database

» EFSA calculation model Pesticide Residue Intake Model “PRIMo”– revision 3.1

 

Fazit

Die Untersuchung von Tafeltrauben hat gezeigt, dass konventionell angebaute Trauben im Durchschnitt Rückstände von acht verschiedenen Pestiziden enthalten. Besonders auffällig ist der hohe mittlere Rückstandsgehalt in Proben aus Drittstaaten mit 1,9 mg/kg, verglichen mit 0,57 mg/kg bei Proben aus EU-Mitgliedstaaten und 0,32 mg/kg bei einer deutschen Probe. Bei 15 % der konventionellen Traubenproben wurden gesetzliche Höchstgehalte überschritten, darunter besonders auffällig Proben aus der Türkei, bei denen sogar mehrfach die akute Referenzdosis (ARfD) zu mehr als 200 % ausgeschöpft wurde und die somit sogar als gesundheitsschädlich und nicht sichere Lebensmittel zu beurteilen waren.

 

Darüber hinaus sind auch Mehrfachrückstände ein häufiges Problem: In allen untersuchten konventionellen Proben wurden jeweils mindestens drei verschiedene Wirkstoffe gefunden. In Bio-Trauben wurden dagegen keine Rückstände nachgewiesen, was die Vorteile ökologisch angebauter Tafeltrauben hervorhebt. Verbraucher, die gesundheitliche Risiken und Umweltbelastungen reduzieren möchten, sollten zu Bio-Produkten greifen.

 

Bildernachweis

Tafeltrauben: Grapes bouquet, Green grape bouquet und Black red grape bouquet von Yuliya Derbisheva auf Canva

 

Quellen

[1] Versorgungsbilanzen des Bundeministeriums für Ernährung und Landwirtschaft von Obst, Gemüse, Zitrusfrüchten, Schalen- und Trockenobst (zuletzt abgerufen am 14.11.2024)

 

[2] Webseite Statista, Pro-Kopf-Verbrauch von Tafeltrauben in Deutschland in den Jahren 2008/09 bis 2022/23 (zuletzt abgerufen am 14.11.2024)

 

[3] MDPI, Modern Analytical Methods for the Analysis of Pesticides in Grapes: A Review, Foods 2022 (zuletzt abgerufen am 15.11.2024)

 

[4] FRONTIERS, Impact of Chemical and Alternative Fungicides Applied to Grapevine cv Nebbiolo on Microbial Ecology and Chemical-Physical Grape Characteristics at Harvest, 29 May 2020 (zuletzt abgerufen am 15.11.2024)

 

[5] Cornell University, Grape Disease Control, Spring 2021 (zuletzt abgerufen am 15.11.2024)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 02.12.2024