Rückstände von Pflanzenschutzmitteln - Häufig gestellte Fragen
Kathi Hacker (CVUA Stuttgart)
Was sind Pestizide?
Der Begriff Pestizid wird häufig als Synonym für das Wort Pflanzenschutzmittel verwendet. Pestizide werden eingesetzt, um Pflanzen oder pflanzliche Produkte vor Krankheiten, schädigenden Mikroorganismen und tierischen oder pflanzlichen Schädlingen (z. B. Unkräutern) zu schützen. Ihre Anwendung dient insbesondere dazu, höhere Erträge zu erzielen.
Pestizide sind im allgemeinen Stoffgemische. Ihre Wirkungsweise wird durch die Wirkungsweise der darin enthaltenen Wirkstoffe bestimmt.
Anhand ihres Hauptwirkungsziels werden Pestizide in verschiedene Pestizidklassen eigeteilt. Die am häufigsten eigesetzten Pestizidklassen sind die Insektizide, die gegen Insekten wirksam sind und die Herbizide, die gegen Unkräuter wirksam sind.
Neben den Pestizidwirkstoffen können weitere Substanzen in den Pestiziden enthalten sein. Beistoffe etwa dienen beispielsweise einer besseren Haftung oder Verteilung des Pestizids auf der Pflanze. Synergisten hingegen können die Wirkung des Pestizidwirkstoffes verstärken.
Auf wie viele Pestizide wird untersucht?
Wenn man alles zusammen zählt, gibt es auf der Welt über 1400 verschiedene Pestizide. Darunter sind allerdings auch solche, die für uns nicht so wichtig sind, zum Beispiel Chili-Extrakt, oder Abschreckmittel für Vögel oder Wundheilmittel für Bäume. Als Vergleichsubstanzen haben wir über 1000 Substanzen im Kühlschrank. Viele von diesen Stoffen können wir bei unseren Übersichtsanalysen ("Screening") an unseren Detektoren (GC-ToF, LC-ToF oder am ECD/NPD) auch dann finden, wenn sie nicht nur in ganz kleinen Spuren vorhanden sind. Auf über 500 Stoffe prüfen wir ganz genau, das heißt von diesen gut ausgewählten Stoffen finden wir auch kleinste Mengen.
Kann man am Geruch oder am Aussehen erkennen, ob gespritzt wurde?
Normalerweise kann man sensorisch nicht erkennen, ob gespritzt wurde. Selten, auf Paprika oder Trauben zum Beispiel, erkennt man einen tröpfchenartigen Belag. Bei dem Belag kann es sich allerdings auch um ganz ungefährliche Kieselsäure handeln, die zur Stärkung der Abwehrkräfte der Pflanzen gegen Pilze eingesetzt wird.
Kann man die Pestizide abwaschen?
Bei den Pestiziden gibt es solche, die nur oberflächlich auf den Pflanzen liegen (nicht-systemisch) und dort wirksam sind (zum Beispiel als Kontaktgift). Viele Pestizide dringen jedoch in die Pflanzen ein und werden über die Leitbündel über die ganze Pflanze verteilt. Das hat den Vorteil, dass der Schutz auch dort gewährleistet wird, wo die Spritzdüse nicht hingekommen ist.
Das heißt oberflächlich aufliegende Pestizide kann man durch Waschen zumindest reduzieren (hängt auch von der Wasserlöslichkeit der Substanz ab, lauwarmes Wasser ist besser als kaltes), systemische Pestizide, die auch im Innern der Pflanzen verteilt sind kann man mit Waschen kaum reduzieren.
Warum werden bei einer Kultur so viele verschiedene Pestizide eingesetzt? Wie kommt es zu Mehrfachrückständen?
Das gleichzeitige Vorkommen von verschiedenen Pestizidrückständen bei einem Lebensmittel kann verschiedene Ursachen haben.
Zum einen gibt es verschiedene Pestizidklassen, die gegen ganz bestimmte Schaderreger wirken: Herbizide gegen Unkräuter, Fungizide gegen Schimmelpilze, Insektizide und Akarizide gegen Insekten und Milben. Ein einzelnes Pflanzenschutzmittel kann mehrere Wirkstoffe enthalten, die sich in ihrer Wirkung ergänzen (sog. Kombinationspräparate).
Durch den Einsatz von Kombinationspräparaten aber auch durch die zeitlich aufeinander folgende Anwendung verschiedener Pflanzenschutzmittel in der Fruchtfolge (u.a. zur Vorbeugung von Resistenzen) kann es zu Mehrfachrückständen bei einem Lebensmittel kommen.
Warum werden Bananen mit der Schale untersucht?
Die Höchstmengen, die festgesetzt wurden geben an, welche Menge maximal nach einer ordnungsgemäß durchgeführten Pflanzenschutzmaßnahme und nach Einhaltung der Wartezeit zwischen Anwendung und Ernte auf einem Produkt vorhanden ist. Das heißt Höchstmengen sind auch dazu da, zu überprüfen, ob der Landwirt ordnungsgemäß gearbeitet hat. Würde man die Bananen geschält untersuchen, könnte man das nicht mehr feststellen.
Das heißt aber auch, bei unseren Untersuchungen wird die Menge an Pestiziden ermittelt, die der Verbraucher maximal aufnehmen könnte.
Tatsächlich ist das aber meistens etwas weniger, da bei der Zubereitung gewaschen, geschält, zerkleinert wird oder äußere Blätter entfernt werden.
Was passiert, wenn man zu viele Pestizide isst?
Jedes einzelne Pestizid wird vor seiner Zulassung sorgfältig und kostenintensiv toxikologisch untersucht. Dann wird noch ein Sicherheitsfaktor (meistens 100) berücksichtigt um sicher zustellen, dass beim Menschen keine unerwünschten Wirkungen auftreten.
Im Normalfall ist deshalb auch bei einer Überschreitung der Höchstmenge nicht von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung beim Verbraucher auszugehen.
Es gibt nur eine sehr geringe Anzahl von Wirkstoffen, die in Konzentrationen vorkommen können, die beispielsweise zu vorübergehendem Unwohlsein führen könnte (Überschreitung der akuten Referenzdosis).
Ein Problemfeld, das wissenschaftlich noch nicht und vermutlich auch noch lange nicht bewältigt ist, ist das Vorhandensein von mehreren verschiedenen Fremdstoffen und deren Zusammenwirken.
Ist eine Probenbearbeitungszeit von 3 Wochen nicht zu lang? Da ist doch schon alles gegessen.
In der Europäischen Union sind die Hersteller und Importeure verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die von Ihnen produzierte oder in den Handel gebrachte Ware den gesetzlichen Bestimmungen entspricht (Eigenkontrolle). Die Lebensmittelüberwachung überprüft stichprobenweise, ob Hersteller und Importeure ihren Verpflichtungen nachkommen - "Kontrolle der Eigenkontrolle". Eine Überprüfung aller Waren kann von der staatlichen Lebensmittelüberwachung gar nicht geleistet werden, das wäre viel zu teuer.
Auf der anderen Seite haben wir den Anspruch alle Pestizide, die eine Probe enthält auch zu finden. Das heißt unsere Untersuchung ist nicht auf Schnelligkeit angelegt, sondern auf ein breites Untersuchungsspektrum und auf Qualität, schließlich müssen wir unsere Ergebnisse vor Gericht vertreten können und dürfen uns keine Fehler erlauben.
Trotzdem sind unsere Ergebnisse nicht ohne Wirkung! Wenn es keine Verkehrskontrollen gäbe, würden alle zu schnell fahren, so ähnlich wirkt auch unsere Arbeit. Und, da unsere Ergebnisse auch der EU gemeldet werden, wurde schon manche Kontrolle durch EU-Inspektoren in Spanien, Italien oder der Türkei gemacht und vor Ort die Beseitigung von Missständen eingefordert. Eine Maßnahme die getroffen werden kann ist die sogenannte Vorführpflicht. Dann können die Waren ohne entsprechende Untersuchung durch ein staatliches Labor gar nicht mehr in die EU importiert werden.
In welchen Ländern wird am meisten gespritzt?
Unterschiede ergeben sich zum einen durch unterschiedliche klimatische Bedingungen, zum anderen durch unterschiedliche Produktionsweisen. So wird in den Niederlanden zum Beispiel viel mit Nützlingen gearbeitet, wodurch ein Einsatz von Insektiziden vermieden wird. Aktuelle Ergebnisse werden laufend auf unserer Internetseite veröffentlicht.
Sind Bio-Produkte wirklich rückstandsärmer? Wie ist der Unterschied zu konventioneller Ware?
Die Rückstandsgehalte in Lebensmitteln aus ökologischem Landbau unterscheiden sich von konventionell erzeugten Lebensmitteln signifikant. So lag 2007 die mittlere Pestizidbelastung von Öko-Obst und -Gemüse bei 0,002 mg/kg, konventionelles Obst und Gemüse enthielt dagegen im Mittel 0,28 mg Pestizidrückstand pro Kilogramm, also 140-mal mehr.
Die von verschiedenen Seiten immer wieder vertretene Auffassung, dass sich Lebensmittel aus ökologischem Landbau und aus konventioneller Produktion wegen der allgemeinen Umweltkontamination und auf Grund von Abdrift kaum unterscheiden, ist zumindest für den Bereich Pestizidrückstände in pflanzlichen Lebensmitteln nicht zutreffend.