Wie kommt der Knochen ins Hackfleisch?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Dagmar Otto-Kuhn, Dr. Jörg Stürmer

 

25 Hackfleischproben aller 101 im CVUA Stuttgart in den Jahren 2011 – 2014 histologisch untersuchten Hackfleischproben enthielten Knochenpartikel. Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung und den geltenden Veterinär-Hygienevorschriften darf das Ausgangsmaterial für Hackfleisch jedoch keine Knochensplitter enthalten. Knochenpartikel in Hackfleisch sind als Hinweis auf Verwendung nicht sorgfältig vorbereiteten oder unzulässigen Ausgangsmaterials zu werten.

Hackfleisch – Rechtsvorschriften und Verkehrsauffassung

Was ist Hackfleisch und wie stellt man es her? Jede Hausfrau, jede Köchin weiß das: Ein schönes Stück Muskelfleisch wird durch den Wolf gelassen, fertig! Am besten gleich verarbeiten und leckere Fleischküchle oder knusprig-lockeren Hackbraten daraus braten.
Fleischtechnologisch exakter beschreiben die Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch die allgemeine Verkehrsauffassung für Hackfleisch im Kapitel über "Erzeugnisse aus gewolftem oder ähnlich zerkleinertem Fleisch". Danach wird Rinderhackfleisch aus grob entsehntem Rindfleisch, Schweinehackfleisch aus grob entfettetem Schweinefleisch und gemischtes Hackfleisch aus grob entfettetem Schweine- und grob entsehntem Rindfleisch hergestellt [1]. Strenge Rechtsvorschriften gibt es auch für Hackfleisch. Nach der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates über spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs [2] und nach der tierischen Lebensmittelhygiene-Verordnung [4] darf Hackfleisch nur aus Skelettmuskulatur mit anhaftendem Fett hergestellt werden, Fleisch, das Knochensplitter enthält, Knochenputz oder Separatorenfleisch dürfen keinesfalls verwendet werden. Daraus folgt eindeutig: Knochen in irgendeiner Form oder irgendeiner Größe hat in redlich hergestelltem Hackfleisch nichts verloren! Verbraucher erwarten und wollen keine Knochen im Hackfleisch.

 

Infokasten

Hackfleisch

Die allgemeine Verkehrsauffassung für Rinder-, Schweine- und gemischtes Hackfleisch wird in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch [1] beschreiben. Rechtsvorschriften für Hackfleisch gibt es im EU-Recht (VO (EG) Nr. 853/2004 [2], VO (EU) Nr. 1169/2011 [3]) und im Bundesrecht (Tier-LMHV [4]).

 

Histologische Untersuchungen des CVUA Stuttgart

Das CVUA Stuttgart unterzieht Hackfleischproben, die in Metzgereien, fleischverarbeitenden Industrie- sowie Lebensmitteleinzel- und Großhandelbetrieben entnommen wurden routinemäßig neben der mikrobiologischen und sensorischen auch der histologischen Untersuchung. Für die Histologie werden dünne gefärbte Schnitte unter dem Mikroskop betrachtet (Abb. 1). Die verschiedenen Gewebe werden anhand ihrer charakteristischen Struktur und Anfärbbarkeit identifiziert, qualitativ und quantitativ ausgewertet. Bei der qualitativen Histologie werden die Gewebsstrukturen in Häufigkeitsklassen eingeteilt, bei der quantitativen Histologie in Vol.-% (Histometrie) oder in Partikel pro cm2 (Planimetrie) angegeben.

 

Abb. 1: Histologie: Gefriermikrotom, histologische Schnitte, Mikroskop.

Abb. 1: Histologie: Gefriermikrotom, histologische Schnitte, Mikroskop.

 

Ergebnisse und Beurteilung

In 25 der untersuchten Hackfleischproben waren Knochenpartikel histologisch nachweisbar (25 %). Die Knochenpartikel waren in allen Fällen zwar nur vereinzelt oder in geringer Menge vorhanden. Die Hackfleischproben konnten daher noch nicht formal als "in ihrem Wert gemindert" beanstandet werden. Die Knochenpartikel im Hackfleisch können jedoch auf Mängel und Fehler bei der Herstellung hinweisen, insbesondere auf die Verwendung von unsorgfältig ausgewähltem oder ungeeignetem Ausgangsmaterial oder von Knochenputz oder Separatorenfleisch.

Wird Fleisch, das nicht sorgfältig von Knochen gelöst wurde, als Ausgangsmaterial eingesetzt, so werden Knochenreste mitgewolft. Diese befinden sich dann im frischen Hackfleisch. Knochenputz und Separatorenfleisch entstehen durch manuelle oder maschinelle Ablösung des Restfleisches vom Knochen und enthalten aufgrund der Herstellungsweise regelmäßig auch Knochenteile.

 

Infokasten

Separatorenfleisch

Nach Definition im EU-Recht (VO (EG) Nr. 853/2004 Anh. I Nr. 1.14) wird Separatorenfleisch durch maschinelles Ablösen des Restfleisches von Knochen nach dem Entbeinen oder des an Geflügelschlachtkörpern anhaftenden Restfleisches gewonnen. Die Struktur der Muskelfasern wird bei der Separation verändert.

 

Das CVUA Stuttgart weist in seinen Gutachten die zuständige Lebensmittelüberwachungsbehörde auf die Untersuchungsbefunde hin, so dass die Veterinäre und Lebensmittelkontrolleure in dem verantwortlichen Schlacht- und Zerlegungsbetrieb oder der Metzgerei gezielte Betriebskontrollen vornehmen und die ordnungsgemäße Herstellung des Hackfleisches überprüfen können.

 

Fazit

In 25 der untersuchten Hackfleischproben waren Knochenpartikel histologisch nachweisbar (25 %). Das Hackfleisch war dadurch zwar in seinem Genusswert und seiner Brauchbarkeit noch nicht erheblich gemindert, Verbraucher werden die Knochenpartikel je nach Größe unter Umständen in dem selbst hergestellten Hackbraten oder Fleischküchle gar nicht bemerken. Allenfalls würden beim Kauen vereinzelt härtere Teilchen auffallen. Die Knochenpartikel im Hackfleisch können jedoch auf Herstellungsfehler hinweisen.

 

Was können Verbraucher tun?

Fragen Sie Ihren Metzger. Wünschen Sie ein besonders schönes, garantiert knochenfreies Hackfleisch, so bitten Sie Ihren Metzger ein ausgesuchtes Stück Fleisch für Sie persönlich zu wolfen!
Was können Metzger in Metzgereien und Hackfleischbetrieben tun?
Halten Sie die gesetzlichen Vorgaben ein! Wählen Sie das Ausgangsfleisch sorgfältig aus. Entbeinen Sie auch bei hoher Arbeitsbelastung gründlich und vollständig, sodass keine Knochen- oder Knorpelteilchen im Ausgangsmaterial sichtbar oder fühlbar sind.

 

Quellen

[1] Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs vom 27./28.11.1974 (Beilage zum BAnz. Nr. 134 vom 25.07.1975, GMBl. Nr. 23 S. 489 vom 25.07.1975), zuletzt geändert am 24.09.2014 (BAnz. AT 01.12.2014 B2, GMBl Nr. 74 S. 1546 vom 08.12.2014)

 

[2] VO Nr. (EG) 853/2004: Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139/55), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 1137/2014 vom 27. Oktober 2014 (ABl. L 307/28

 

[3] VO (EU) Nr. 1169/2011: Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304/18), zuletzt geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 78/2014 vom 22. November 2013 (ABl. 2014 L 27/7)

 

[4] Tier-LMHV: Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tierische Lebensmittel-Hygieneverordnung) vom 8. August 2007 (BGBl. I S. 1816, 1828), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 10. November 2011 (BGBl. I S. 2233)

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart.

 

Anhang

Abb. 2 a-f: Histologische Präparate.
Abb. 2 a-d: Knochenpartikel (blau) in Hackfleisch.

 

Abb. 2 a-f: Histologische Präparate.

 

Abb. 2 a-f: Histologische Präparate.

 

Abb. 2 a-f: Histologische Präparate.

Abb. 2 e (links): Knochenzellige Elemente: verknöcherndes Bindegewebe (Knochenentstehung), Osteozyten rötlich.

Abb. 2 f (rechts): Knochenpartikel (blau) mit Markraum (rötlich).

 

Artikel erstmals erschienen am 06.03.2015