Mettwurst mikrobiell

Untersuchungen zur Kontaminations- und Reifungsflora von Zwiebelmettwürsten

Dr. Susann Janowski, Dr. Dagmar Otto-Kuhn

 

96 Zwiebelmettwürste wurden mikrobiologisch und molekularbiologisch auf bakterielle Krankheitserreger und Hygieneindikatoren untersucht. Ergänzend wurde der Reifungszustand beurteilt. Verotoxinbildende Escherichia coli wurden in 7 Proben nachgewiesen, diese Proben wurden als gesundheitsschädlich beurteilt.

Humanpathogene Listeria monocytogenes wurden in 8 Proben in geringen Keimgehalten nachgewiesen. Bei 7 Proben wurden unerwünschte Belastung mit Hygieneindikatorkeimen sowie Hygienemängel oder fehlende Reifung festgestellt.

 

Zwiebelmettwurst: kurze Reifung – mikrobielles Risiko?

Foto einer ganzen Zwiebelmettwurst.Zwiebelmettwürste sind streichfähige Rohwürste. Nach der in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch [1] wiedergegebenen Verkehrsauffassung sind Zwiebelmettwürste umgerötet, nur gering abgetrocknet, ungeräuchert, grobkörnig und zum alsbaldigen Verzehr bestimmt. Da Zwiebelmettwürste keinem Garprozess unterzogen werden sondern roh zum Verzehr gelangen, könnten Krankheitserreger, die u. a. von den Schlachttieren stammen, im Rohwurstgut erhalten bleiben. Unerwünschte Keime, darunter Umweltkeime mit pathogenem Potential, können auch im Verarbeitungsbetrieb in das Rohwurstgut gelangen. Aufgrund der sehr kurz oder gar nicht erfolgten Reifung kann mikrobielle Sicherheit bei der frischen Zwiebelmettwurst nicht gewährleistet werden. Vom CVUA Stuttgart werden streichfähige Rohwürste daher nach dem risikoorientierten Probenplan regelmäßig untersucht.

 

Mikrobiologische Untersuchungen

Das CVUA Stuttgart untersuchte 96 Zwiebelmettwürste, die in den Jahren 2016 bis 2018 als Planproben aus Metzgereien oder Einzelhandelsgeschäften entnommen worden waren. Die Zwiebelmettwürste wurden mittels mikrobiologischer Anreicherungsverfahren auf Salmonellen, verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) und Listerien untersucht. Mittels mikrobiologischer Keimzählverfahren wurde die aerobe mesophile Gesamtkeimzahl sowie der Gehalt an Enterobacteriaceae , Escherichia coli, Pseudomonaden, Milchsäurebakterien, Hefen, Schimmelpilzen, Bacillus cereus, Staphylococcus aureus und Listeria monocytogenes bestimmt. Die Untersuchungen erfolgten gemäß Amtlicher Sammlung nach § 64 LFGB [2]. Ergänzend wurden die Proben einer grobsinnlich beschreibenden Untersuchung unterzogen und der pH-Wert gemessen.

 

Krankheitserreger in Zwiebelmettwürsten

Verotoxinbildende Escherichia coli (VTEC) wurden in 7 Zwiebelmettwürsten nachgewiesen. VTEC gelten grundsätzlich als potentielle EHEC, diese Lebensmittelinfektionserreger können schwere hämorrhagische Enterokolitis (blutige Darmentzündung) verursachen. Die Würste wurden als gesundheitsschädlich beanstandet (siehe Infokasten 1).

Listeria monocytogenes, Erreger der humanen Listeriose, waren in 8 Proben nachweisbar, allerdings in Keimgehalten, die als zu gering eingeschätzt werden, um Erkrankungen auszulösen (siehe Infokasten 2). Andere Listerien waren in 4 weiteren Proben enthalten. Listerien deuten immer auf ein hygienisches Problem im Herstellerbetrieb hin. Bei ihrem Nachweis sind betriebliche Maßnahmen erforderlich mit dem Ziel, die Produktionshygiene zu verbessern.

Staphylococcus aureus, Eitererreger und Verursacher von Lebensmittelintoxikationen, wurden in 3 Proben, Escherichia coli, Indikatorkeim für fäkale Verunreinigung, in einer Probe nachgewiesen (Abb. 1).

Salmonellen, Campylobacter, Bacillus cereus und Clostridium perfringens waren in keiner der untersuchten Proben nachweisbar.

 

Abb. 1: Krankheitserreger, Fäkal- und Hygieneindikatoren in Zwiebelmettwürsten (96 Proben).

Abb. 1: Krankheitserreger, Fäkal- und Hygieneindikatoren in Zwiebelmettwürsten (96 Proben)

 

Infokasten 1

VTEC

Escherichia coli ist ein obligater Darmbewohner bei Mensch und Tier. E.coli wird deshalb als Indikatorkeim für fäkale Verunreinigung gewertet. Viele E. coli-Stämme sind harmlos. Einige können gefährliche Erkrankungen hervorrufen. Verotoxinbildende E. coli (VTEC) bilden Gifte, Verotoxine (auch Shiga-Toxine genannt). Alle VTEC gelten als potentielle enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC). EHEC können sehr schwere Erkrankungen hervorrufen. Die Infektionsdosis ist sehr niedrig. 1–2 Tage nach Verzehr des kontaminierten Lebensmittels treten Symptome einer hämorrhagischen Enterokolitis mit blutigem Durchfall, Übelkeit, Erbrechen und krampfartigen Bauchschmerzen auf. Bei sehr schwerem Verlauf entwickelt sich das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) mit Nierenversagen. Manche Infektionen verlaufen symptomlos, Erreger werden dennoch ausgeschieden. Abwehrgeschwächte Personen sind besonders gefährdet.

 

72 Zwiebelmettwürste (75 %) waren unauffällig und uneingeschränkt zum Verzehr geeignet. Die gutachterliche Beurteilung der Proben ist in Abbildung 2 dargestellt.

 

Abb. 2: Beurteilung der Zwiebelmettwürste (96 Proben).

Abb. 2: Beurteilung der Zwiebelmettwürste (96 Proben)

 

Infokasten 2

Listeriose

Die humane Listeriose ist eine Lebensmittelinfektion mit Listeria monocytogenes. Listeriose ist zwar selten, verläuft aber sehr schwer und mit hoher Sterblichkeit. Bei einer Infektionszeit von wenigen Tagen bis zu 70 Tagen ist die Infektionsursache schwer zu finden. Die Erkrankung manifestiert sich durch Blutvergiftung (Sepsis) und Meningoencephalitis (Gehirn- und Gehirnhautentzündung). Besonders gefährdet sind immungeschwächte Personen. Listerose während der Schwangerschaft kann zu Fehl-, Früh- oder Totgeburten oder der Geburt schwer kranker Babys führen. Bei gesunden erwachsenen Personen kann die Infektion dagegen symptomlos oder mit nur leichten grippeähnlichen Symptomen verlaufen.

 

Rohwurstreifung bei Zwiebelmettwürsten

Nach der in den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse im Deutschen Lebensmittelbuch wiedergegebenen Verkehrsauffassung gehören Zwiebelmettwürste zu den streichfähigen Rohwürsten. Zwiebelmettwürste sind umgerötet, nur gering abgetrocknet, ungeräuchert, grobkörnig und zum alsbaldigen Verzehr bestimmt. Als „Umrötung“ wird die Pökelung mittels Nitritpökelsalz bezeichnet. Mikrobielle Stabilität wird bei der Rohwurstherstellung generell durch Zusatz spezifischer Reifungskulturen, pH-Wert-Absenkung und Abtrocknung erreicht. Durch die Rohwurstreifung wird die Vermehrung von Verderbserregern und Krankheitserregern gehemmt. Als Kriterien für ausreichende Rohwurstreifung können ein pH-Wert unter 5,6 und eine dominierende Reifungsflora aus Milchsäurebakterien und Mikrokokken gewertet werden. Die frische Zwiebelmettwurst ist in der Regel nur sehr kurz gereift. 5 der untersuchten Proben wiesen unzureichende oder fehlende Reifung auf. Bei solchen Produkten handelt es sich somit nicht um Rohwürste, sondern um rohe Fleischzubereitungen.

In 4 der 5 Proben mit unzureichender Reifung wurde darüber hinaus Listeria monocytogenes qualitativ im Anreicherungsverfahren nachgewiesen. 2 weitere Proben wurden aufgrund starker Kontamination mit Verderbs- und Hygieneindikatorkeimen beanstandet.

 

Fazit

Zwiebelmettwürste können gefährliche Lebensmittelinfektionserreger enthalten. Das zeigen die vorliegenden Ergebnisse der Zwiebelmettwurst-Untersuchungen des CVUA Stuttgart. Dies wird auch verdeutlicht durch die jährlichen Bilanzen der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter „Krankmachenden Lebensmitteln auf der Spur“ [3, 4]. Sowohl Herstellerbetriebe als auch Konsumenten sollten sich dieser Tatsache bewusst sein.
Mindern kann der Metzger das Gefährdungspotential durch Einhaltung eines strikten Hygienemanagements zur Vermeidung von Kontamination, Kreuzkontamination und Vermehrung unerwünschter Keime, und durch ausreichende Rohwurstreifung. Sicher ausschalten kann er das Gefährdungspotential jedoch nicht. Den Zwiebelmettwurstliebhabern wird empfohlen: Wenn es denn Zwiebelmettwurst sein soll, diese bitte gut kühlen, schnell verzehren und besser nicht dem kleinen Kind oder dem kranken Opa zu essen geben.

 

Quellen

[1] Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs vom 27./28.11.1974 (Beilage zum BAnz. Nr. 134 vom 25.07.1975, GMBl. Nr. 23 S. 489 vom 25.07.1975), zuletzt geändert am 25.11.2015 (BAnz AT 23.12.2015 B4, GMBl Nr. 69/70 S. 1357 vom 29.12.2015)
[2] Amtliche Sammlung nach § 64 LFGB
[3] Krankmachenden Lebensmitteln auf der Spur: Jahresbilanz der Untersuchungsämter 2016
[4] Krankmachenden Lebensmitteln auf der Spur: Jahresbilanz der Untersuchungsämter 2017

 

Artikel erstmals erschienen am 15.03.2019