Hirsch-Gulasch und Büffel-Mozzarella – Schneller Nachweis der Echtheit per MALDI-TOF MS

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Bianca Gmeiner, Jörg Rau

 

Ist der Hirschgulasch auf der Speisekarte vom Rothirsch oder doch ein Mix mit Känguru? Ist der teure Büffel-Mozzarella auf der Pizza aus Kuhmilch oder gleich ein Imitat? Sichere Methoden, die schnell und kostengünstig falsche Deklaration aufdecken, sind gefragt. Das CVUA Stuttgart setzt hier verstärkt auf die MALDI-TOF Massenspektrometrie.

 

Der Schutz des Verbrauchers vor falsch deklarierten Lebensmitteln ist eines der wichtigsten Ziele amtlicher Lebensmittelüberwachung. Bei Molkereiprodukten oder bei Fleisch ist die Angabe der Tierart dabei besonders relevant für die Kaufentscheidung. In Baden-Württemberg werden bei von Tieren stammenden Produkten zur Analyse der wertbestimmenden Proteine (Eiweißstoffe) neue Schnellmethoden entwickelt und effektiv eingesetzt.

Für den Routine-Nachweis von Täuschungen durch die falsche Angabe der Tierart werden bisher vor allem aufwändige molekularbiologische, immunologische oder fettanalytische Methoden verwendet. Einen weiteren Zugang zur Tierartbestimmung bietet die MALDI-TOF Massenspektrometrie (MS), die bisher hauptsächlich für Mikroorganismen im Einsatz ist. Mit der MALDI-TOF MS werden Proteine von Lebensmittel-Proben auf typische tierartspezifische Muster abgesucht [1]. Irreführende, falsche Angaben fallen so in wenigen Minuten auf.

 

Die Technik

Die MALDI-TOF Massenspektroskopie ist besonders geeignet, um Proteine zu analysieren. Diese werden durch das Verfahren schonend mit Hilfe der Matrix (einer speziellen Substanz) durch einen gepulsten Laser mit positiver Ladung versehen und nach der Masse über ein Flugzeit-Massenspektrometer (TOF-MS) getrennt. Auch größere Moleküle gelangen so ohne Zerfall in den „Fingerabdruck“ der Probe. Aus dem Massenspektrum wird unmittelbar in Folge eine Liste der detektierbaren Massen erzeugt, und diese mit den Referenzmustern einer Datenbank verglichen. Durch den Vergleich wird die unbekannte Probe direkt in kürzester Zeit identifiziert.

 

Die Methode

Neue Anwendungen zur Erweiterung der MALDI-TOF MS zu erarbeiten, erfordert mehrere Schritte.

  • Entwicklung einer auf die neue Anwendung angepassten, möglichst einfachen Probenvorbereitung
  • Aufstellen einer größeren Sammlung an Referenz-Massenspektren der relevanten Tierarten
  • Formelle Überprüfung der Methode, um Fehlbefunde zu vermeiden (Validierung)
  • Zusammenstellung der Dokumente, um die Methode transparent und nachvollziehbar darzustellen.

 

Erst wenn alle Teilschritte systematisch erarbeitet wurden, kann eine neue MALDI Methode für amtliche Proben verwendet werden. Im Rahmen der Akkreditierung durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) werden solche neuen Methoden dann noch regelmäßig extern und unabhängig überprüft.

 

Ein Aufwand, der sich lohnt: Durch die einfache Durchführung und die hohe Geschwindigkeit bei gleichzeitig validem Ergebnis können deutlich mehr Proben als bisher auf die Tierartfrage hin untersucht werden. Hoch verarbeitete Produkte eignen sich allerdings noch nicht für diese Art der schnellen Analyse. Für diese Fragestellungen werden in der Proteinanalytik bereits andere Ansätze, beispielsweise die LC-MS/MS, verfolgt.

 

Untersuchungsergebnisse

In unserem Labor wird die Tierartbestimmung mit MALDI-TOF MS seit 2017 in der Routine bei der amtlichen Untersuchung tierischer Lebensmittel (Fleisch; Milch) eingesetzt.

So wurden in 2018 und 2019 am CVUA Stuttgart 221 geeignete Proben aus den Bereichen Fleisch (gewachsenes Muskelfleisch, beispielsweise Gulasch, roh oder zubereitet) und 170 Proben verarbeiteter Molkereiprodukte (Käse aus Milch verschiedener Tierarten) mit MALDI untersucht (Tab. 1). Die Proben stammten nicht nur aus dem Einzelhandel, sondern wurden auch bei kleineren handwerklichen Herstellern (u. a. Metzgereien, Käsereien) sowie aus der Gastronomie entnommen. Erfreulicherweise stellten wir bei Fleisch und Käseprodukten bisher nur wenige Hinweise auf Fehldeklarationen bezüglich der Tierartangabe fest. Bisher waren ca. 97 % der untersuchten Proben diesbezüglich unauffällig.

 

Tabelle 1: Mit MALDI-TOF MS auf Tierart untersuchte Proben in 2018 und 2019
Probenart
Anzahl der Proben
Nicht deklarierte oder nicht zutreffende Tierartangabe
Anteil
Fleisch (Muskel), roh, gegart
221
5
2,3 %
Weichkäse in Lake (Feta-artig)
56
3
5,4 %
Mozzarella
14
0
0 %
Andere Käse
100
2
2,0 %
Sonstiges
32
0
0 %

 

 

Abbildung 1: drei irreführend deklarierte Fleischwaren.

Abbildung 1:

  • Links: Steak (Rind, sofern die Tierart nicht angegeben ist) deklariert, Tierart: Schwein nachgewiesen.
  • Mitte: Reh deklariert, Tierart: Rothirsch nachgewiesen.
  • Rechts: Cordon Bleu (Kalb, sofern die Tierart nicht angegeben ist), Tierart: Schwein nachgewiesen.

 

Abbildung 2: vier irreführend deklarierte Käseprodukte.

Abbildung 2:

  • Oben links: Auslobung „Feta“ (Käse aus Schafs- bzw. Ziegenmilch)
  • Oben rechts: Auslobung „Schafskäse“
  • Unten links: Auslobung „Ziegenkäse“
  • Unten rechts: Auslobung „ Befteki Hackfleisch gefüllt mit Schafskäse“

Bei allen vier Käseprodukten konnte die ausgelobte Tierart nicht nachgewiesen werden. Dafür wurde Käse aus Kuhmilch nachgewiesen.

 

Im Untersuchungszeitraum 2018 bis 2019 waren fünf Fleischproben bezüglich einer nicht zutreffenden Tierartendeklaration auffällig. Dabei handelten es sich um drei Steaks, die nicht vom Rind, sondern vom Schwein stammten, sowie um ein Cordon Bleu, bei dem statt einem Kalbsschnitzel ein Schweineschnitzel zur Herstellung verwendet wurde. Eine weitere Probe wurde als Rehkeule deklariert. Mittels MALDI konnte aber nachgewiesen werden, dass es sich bei der Probe nicht um Reh, sondern um Rothirsch handelte (Abb. 1; Abb. 3).

 

Abbildung 3: Falsche deklarierte „Rehkeule“ (s. Abb. 1 Mitte). Der Vergleich der MALDI-TOF Massenspektren weist eindeutig Rothirsch (Cervus elaphus) nach.

Abbildung 3: Falsche deklarierte „Rehkeule“ (s. Abb. 1 Mitte). Der Vergleich der MALDI-TOF Massenspektren weist eindeutig Rothirsch (Cervus elaphus) nach.

 

Im Gegensatz zu den Fleischproben wurden alle auffälligen Käseproben aus Dienstleistungsbetrieben entnommen. Die Proben wurden dort jeweils als Schafskäse, Ziegenkäse oder Feta ausgelobt und als Zutat zu verschiedenen Gerichten (u. a. Döner, Befteki, Salate) angeboten. Mit der Tierartbestimmung mittels MALDI konnten wir eindeutig nachweisen, dass es sich bei oben genannten Proben um den deutlich preiswerteren Kuhmilchkäse handelte. Die fehlende bzw. nicht zutreffende Angabe der Tierart wurde bei allen beschriebenen Proben als irreführend beurteilt.

 

Neben den gängigen Methoden für den Tierartennachweis (z. B. PCR, ELISA) haben wir mit der MALDI-TOF MS nun die Möglichkeit, bei deutlich reduziertem Aufwand eine hohe Anzahl an Untersuchungen preiswert, schnell und valide durchzuführen. Das hat auch den Vorteil, dass die Gutachten mit den auffälligen Ergebnissen den zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörden deutlich schneller übermittelt werden können. Die Aufdeckung von Lebensmittelbetrug (food fraud) wird so erleichtert.

 

Die Ergebnisse dienen als Anreiz, auch weiterhin an der methodischen Ergänzung der MALDI-TOF MS zu arbeiten, um die Vorteile der Technik auf weitere für den Verbraucherschutz relevante Untersuchungen auszudehnen.

 

Für Experten

In der Mikrobiologie hat der Einzug der MALDI-TOF MS Technologie eine deutliche Änderung der Arbeitsgänge in der Identifizierung von Mikroorganismen bewirkt. Manche Autoren sprechen hier von einer „Revolution“. MALDI kann aber noch deutlich mehr. Neue Anwendungen und Datenbanken wachsen rapide. In vielen Laboren können so bestehende Geräte-Systeme besser ausgenutzt werden, was die Kosten und den Aufwand reduziert. Das ist besonders in amtlichen Laboren mit ihren oft beschränkten finanziellen und personellen Ressourcen ein wichtiges Argument.

 

Am CVUA Stuttgart liegen die Schwerpunkte bei der Ergänzung der Datenbanken für Mikroorganismen, für Muskelfleisch und für die Tierartbestimmung in Milch und Käse. Andere Fragestellungen werden in Baden-Württemberg an den CVUAs in Freiburg, Karlsruhe und Sigmaringen erarbeitet (Fischarten, Insekten [2]). Gemeinsam engagieren wir uns, unser Fachwissen und unsere Praxiserfahrung auf Veranstaltungen und Schulungen weiterzugeben.

 

Referenzen zu einer Datenbank zusammenzutragen, ist mit einem etwas größeren Aufwand verbunden. Sei es um abgesicherte Referenzproben zu sammeln, oder daraus nach standardisierten Protokollen qualitätsgesichert die Referenz-Spektren zu erstellen. Auch hier bietet die Technik beste Möglichkeiten, den Aufwand zu reduzieren: Immer mehr Anwender schätzen das „spectra-sharing“, also den direkten Austausch mit anderen Laboratorien und Experten, da Datenbank-Referenzen und Probenspektren auf elektronischem Wege schnell geteilt werden können. Ein stetig wachsendes Angebot dieser Spektren steht dem MALDI Anwender zum Tausch über maldi-up.ua-bw.de zur Verfügung. Auf diesem Wege ließ sich bereits eine vielfältige gegenseitige Unterstützung (Spektren- und Materialaustausch, Wissenstransfer und Schulung) mit unseren Partnern in der amtlichen Kontrolle und der Wissenschaft organisieren. Eine Möglichkeit, für die wir sehr dankbar sind.

 

Referenzen

[1] Hiller E, Männig A, Rau J (2017); Tierartendifferenzierung bei Fleisch – Mit MALDI-TOF MS von der Datenbank zur Validierung. Deutsche Lebensmittelrundschau 113, 12–16.

[2] Wind C, Diekmann R, Helble S, Grabowski N, Scherer B (2016); Insekten als Lebensmittel Identifikation mittels MALDI-TOF-MS. 57. Arbeitstagung des Arbeitsgebietes Lebensmittelhygiene der DVG, 27.–30.09.2016, Garmisch-Partenkirchen; Poster

 

Artikel erstmals erschienen am 26.02.2020