Blaue Paste im Frühstücksbrötchen – Ein schlechter Scherz?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Helene Oberreuter, Thomas Kapp

 

Welch ein intensives Blau! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im CVUA Stuttgart staunten nicht schlecht, als ihnen das belegte Laugenbrötchen zur Untersuchung vorgelegt wurde: Zusätzlich zu Butter und Paprikafleischkäse befand sich eine intensiv-blaue Paste im Inneren der Backware. Zusammen mit einem Coffee-to-go-Einmalbecher, der eine ebenfalls abweichend gefärbte Flüssigkeit enthielt, waren beide Waren als Verbraucherbeschwerde beim Veterinäramt abgegeben worden. Der betroffene Verbraucher hatte glücklicherweise nur eine geringe Menge verzehrt, bevor er die auffällige Farbe der Speisen bemerkte. Dadurch verhinderte er Schlimmeres: Es handelte sich um Rattengift.

 

Der Beschwerdeführer hatte sein Frühstück am frühen Morgen bei einer Tankstelle gekauft und direkt im Anschluss mit dem Verzehr begonnen. Zu seinem Glück bemerkte er – womöglich aufgrund des nun zunehmenden Tageslichts – alsbald die abweichende Färbung seines Frühstücksbrötchens, so dass er den Brötchenbissen wieder ausspuckte und von einem weiteren Verzehr absah. Nach den Angaben auf dem Beschwerdebericht litt der Mann nach dem Teilverzehr vorübergehend unter Beschwerden wie Übelkeit, Durchfall und Erbrechen.

 

Das belegte Brötchen zeigte bereits in der Seitenansicht und noch deutlicher beim Aufklappen eine intensiv-türkisblaue pastös-granulatartige Fremdmasse. In dem mit einem Aufstülptrinkdeckel verschlossenen Kaffeebecher befand sich anstelle des vom Beschwerdeführer georderten Milchkaffees eine olivgrüne, trübe Flüssigkeit mit einem Bodensatz aus wachsartigen, türkisfarbenen, unregelmäßig geformten Partikeln unterschiedlicher Größe (s. Abb. 1–3).

 

Abb. 1: geöffnetes, belegtes Laugenbrötchen mit beigemengter, blauer, pastöser Substanz.

Abb. 1: geöffnetes, belegtes Laugenbrötchen mit beigemengter, blauer, pastöser Substanz

 

Abb. 2: Detailaufnahme: Krume der blauen Paste.

Abb. 2: Detailaufnahme: Krume der blauen Paste

 

Abb. 3: verfärbte Flüssigkeit im Coffee-to-go-Becher.

Abb. 3: verfärbte Flüssigkeit im Coffee-to-go-Becher

 

Aufgrund der auffälligen Farbe wurden beide Proben zur Untersuchung in das Toxin-Labor des CVUA Stuttgart gebracht, wo die blaue Paste unter anderem zunächst chromatographisch und anschließend mittels hochauflösender Massenspektrometrie analysiert wurde. Bei dieser chemischen Untersuchung auf Fremdstoffe wurde in beiden Proben ein übereinstimmendes Substanzmuster aus u. a. Coumatetralyl und Denatoniumbenzoat (Bitrex ®) festgestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass beide Waren mit Rattengift versetzt worden waren. Da in beiden Proben ein übereinstimmender Versatz mit diesem Rodentizid-Präparat festgestellt wurde, ist eine unbeabsichtigte Kontamination der Lebensmittel mit Rattengift als unwahrscheinlich anzusehen. Vielmehr ist hier von einer mutwilligen Beimengung auszugehen. An welcher Stelle, zu welchem Zeitpunkt und durch wen dieser Versatz stattgefunden hat, kann von Seiten des CVUA Stuttgart jedoch nicht abschließend geklärt werden. Zur weiteren Ermittlung des Tatablaufs hat deshalb zwischenzeitlich die Polizei ihre Arbeit aufgenommen. Fest steht jedoch, dass sowohl das belegte Brötchen als auch der Milchkaffee angesichts des nachgewiesenen Rattengifts nicht mehr zum Verzehr geeignet waren.

 

Infokasten

Coumatetralyl und Denatoniumbenzoat (Bitrex®)

Bei Coumatetralyl handelt es sich um einen Stoff aus der Gruppe der 4-Hydroxycumarinderivate, deren Wirkprinzip auf einer Hemmung des Vitamin-K-Stoffwechsels und daraus resultierend auf einer Unterdrückung der Blutgerinnung beruht. Aufgrund dieser Wirkweise wird Coumatetralyl typischerweise als Rodentizid eingesetzt.

Bei dem ebenfalls in beiden Proben nachgewiesenen Denatoniumbenzoat handelt es sich um ein sogenanntes Aversionsmittel, das aufgrund seines extremen Bittergeschmacks Rodentizid-Präparaten ebenfalls zugesetzt wird, um (zusammen mit einem auffälligen, lebensmitteluntypischen Farbstoff) einen unbeabsichtigten menschlichen Verzehr zu verhindern.

 

Zusammenfassung

Ein Verbraucher stellte nach eigenen Angaben in seinem bei einem Kleingastronomiebetrieb zum Frühstück gekauften belegten Brötchen mit Kaffeegetränk die Beimengung einer intensiv-blauen Paste fest und reichte die beiden Lebensmittel als Verbraucherbeschwerde bei seinem zuständigen Veterinäramt ein. Im Rahmen der chemischen Untersuchungen am CVUA Stuttgart wurden das Rodentizid Coumatetralyl sowie das Aversionsmittel Bitrex® nachgewiesen, d. h., den Speisen war Rattengift zugesetzt worden. An welcher Stelle, zu welchem Zeitpunkt und durch wen diese Kontamination erfolgte bleibt unklar.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart

 

Artikel erstmals erschienen am 28.05.2020