Crushed Ice – Scherbeneis – Splittereis – ein Produkt erobert den Markt

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Petra Tichaczek-Dischinger

 

Erfrischend kühle Getränke, Longdrinks und Cocktails gehören bei einem geselligen Abend – sei es in der Gastronomie oder auch im Privathaushalt – heutzutage zum „must have“. Zum Gelingen dieser Getränke trägt neben den geschmacksgebenden Zutaten zum großen Teil auch Scherbeneis bei, welches „neudeutsch“ inzwischen auch als Crushed Ice bekannt ist. Es handelt sich bei diesem Produkt um ausgefrorenes Trinkwasser in Form von unterschiedlich geformten, mehr oder weniger großen Eiswürfeln. Da Trinkwasser üblicherweise sehr keimarm ist, sollte auch Crushed Ice, welches je nach Zerkleinerungsgrad auch als Scherben- oder Splittereis bezeichnet wird, mikrobiologisch kaum belastet sein. Dieser Annahme ging das CVUA Stuttgart im Jahr 2020 auf den Grund und untersuchte 80 Crushed Ice aus Lebensmittelbetrieben aus ganz Baden-Württemberg. 15 % der Proben waren mikrobiologisch auffällig und wurden als hygienisch bedenklich bewertet.

 

Eiswürfel im Wandel der Zeit

Die Zeiten, in denen das Trinkwasser in rechteckigen Kunststoffschalen in kleinen einzelnen Vertiefungen im Tiefkühlfach ausgefroren wurde, gehören meist der Vergangenheit an. Zu groß ist der Bedarf geworden und Crushed Ice wird inzwischen als Beutelware in den Tiefkühltruhen des Einzelhandels oder auch an Tankstellen meist als Kiloware als ein sogenanntes „Convenience“-Produkt angeboten, auf das auch die Endverbraucher mittlerweile gerne zurückgreifen. Häufig stehen in den Haushalten inzwischen auch große Kühlschränke, in denen ein Splittereisbereiter in der Türe integriert ist, so dass je nach Bedarf das Crushed Ice zeitnah frisch entnommen werden kann. Eine typische Ausformungsvariante von Crushed Ice ist in Abbildung 1 dargestellt.

 

Auch Lebensmittelbetriebe beziehen das Produkt entweder direkt von einem entsprechenden Anbieter oder aber im Betrieb selbst wird ein Gerät zur Herstellung von Splittereis installiert. Vor allem bei einem größeren Bedarf an Scherbeneis ist letzteres in den Betrieben auf längere Sicht die meist kostengünstigste Variante, da hier auch die Aufbewahrungsproblematik von industriell erzeugtem und kommerziell erworbenem Crushed Ice im Betrieb entfällt.

 

Neben der Verwendung in gekühlten Getränken wird es in der Lebensmittelindustrie auch in zahlreichen anderen Bereichen eingesetzt: So wird roher Fisch zur Minimierung der Keimvermehrung während der Lagerung auf zerkleinertem Eis aufbewahrt und den Verbrauchern in den Theken des Einzelhandels angeboten und, was den Konsumenten weniger bekannt ist, auch bei der Herstellung von Lebensmitteln kommt Eis oder Eiswasser häufig zum Einsatz. Bei der Produktion von Brühwürsten zum Beispiel wird auf diese Weise der Gerinnungsprozess der Wurstmasse während der Produktion verlangsamt.

 

Abb. 1: Crushed Ice wird je nach Ausformung auch Scherben- oder Splittereis genannt (Foto: Dr. E. Hiller, CVUA Stuttgart).

Abb. 1: Crushed Ice wird je nach Ausformung auch Scherben- oder Splittereis genannt (Foto: Dr. E. Hiller, CVUA Stuttgart)

 

Mikrobiologie von Trinkwasser und dessen Produkten

Trinkwasser ist üblicherweise sehr keimarm und unterliegt im Rahmen der amtlichen Trinkwasserüberwachung durch die Gesundheitsämter sehr intensiven Kontrollen. So sollte man annehmen, dass auch Crushed Ice ein mikrobiologisch unbedenkliches Produkt ist, da es sich ausschließlich um ausgefrorenes Trinkwasser ohne Zusätze weiterer Komponenten handelt.

 

Vor diesem Hintergrund wurden im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung im Jahr 2020 80 Crushed Ice-Proben in Lebensmittelbetrieben in ganz Baden-Württemberg erhoben. Die Probenahme erfolgte unter anderem in Metzgereien, Bäckereien, Gaststätten, Bistros, Einzelhandelsunternehmen bis hin zu Fischzüchtern mit eigener Räucherei.

 

Im Anschluss erfolgte die mikrobiologische Untersuchung der Proben zentral im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart in Anlehnung an die Vorgaben der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) [1] und den dort verankerten mikrobiologischen Kriterien für Trinkwasser gemäß den Anlagen 1 und 3. Gemäß Anlage 1 der TrinkwV dürfen Enterokokken und Escherichia coli in 100 ml Trinkwasser nicht enthalten sein. Nach Anlage 3 der TrinkwV dürfen Coliforme Keime als allgemeine Indikatorparameter sowie der strikt anaerob wachsende Keim Clostridium perfringens ebenfalls nicht in 100 ml Trinkwasser nachweisbar sein. Für die Koloniezahl bei den Bebrütungstemperaturen von 22 °C und bei 36 °C gilt gemäß Anlage 3 der TrinkwV am Zapfhahn des Verbrauchers jeweils ein Grenzwert von 100 KbE/ml. Die genannten Mikroorgansimen finden sich auch weitgehend im Anhang I der Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 [2] über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch wieder.

 

Bei Escherichia coli handelt es sich um Bakterien, die im Darm von Menschen und warmblütigen Tieren vorkommen. Der Nachweis von E. coli im Trinkwasser und Crushed Ice ist daher ein direkter Hinweis darauf, dass eine fäkale Kontamination stattgefunden hat. Enterokokken werden ebenfalls als Fäkalindikator betrachtet; sie deuten aufgrund ihrer im Vergleich zu E. coli längeren Überlebensdauer in Trinkwasser auf eine länger zurückliegende Verunreinigung hin [3].

 

Da das Umweltbundesamt (UBA) in einer Empfehlung auf die Möglichkeit des Vorkommens von Pseudomonas aeruginosa in Trinkwasser hinweist und eine entsprechende Risikoeinschätzung des Keimes beim Nachweis in Trinkwasser durchführt [4], wurde zudem der Nachweis dieses Mikroorganismus in das Untersuchungsspektrum für Crushed Ice einbezogen.

 

Die in der TrinkwV angegebenen Grenzwerte wurden bei der Bewertung der Ergebnisse der Crushed Ice/Scherbeneis-Proben vergleichend herangezogen. Lediglich bei den Nachweisen erhöhter Koloniezahlen bei den Bebrütungstemperaturen der Proben von 22 °C und/oder 36 °C wurde erst bei einer Überschreitung des Grenzwertes um den Faktor 10 von einem auffälligen Befund gesprochen (Nachweis > 1000 KbE/ml Probe).

 

Infokasten

Beurteilungsgrundlagen

Keimspektrum
Trinkwasser
Grenzwert gem. TrinkwV
Crushed Ice
Grenzwert in Anlehnung an TrinkwV
Escherichia coli
0 KbE/100ml
0 KbE/100ml
Enterokokken
0 KbE/100ml
0 KbE/100ml
Coliforme Bakterien
0 KbE/100ml
0 KbE /100ml
Koloniezahl 22°C
100 KbE/ml
1000 KbE/ml
Koloniezahl 36°C
100 KbE/ml
1000 KbE/ml
Clostridium perfringens
0 KbE/100ml
0 KbE/100ml
Pseudomonas aeruginosa
0 KbE/250ml
(in verschlossenen Behältnissen)
0 KbE/100ml

 

Ergebnisse

Von den untersuchten 80 Crushed Ice-Proben wurden 12 Proben als hygienisch bedenklich gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene [5] beurteilt, da der Nachweis der genannten Mikroorganismen in Wasser für den menschlichen Gebrauch eine Verunreinigung in Crushed Ice darstellt. In diesem Zusammenhang wurde bei den kontaminierten Proben auch eine nachteilige Beeinflussung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 der nationalen Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) [6] ausgesprochen.

 

Die Beanstandungsquote lag bei 15 % der untersuchten Proben. In fünf Crushed Ice-Proben wurden ausschließlich Enterokokken festgestellt, in zwei weiteren Proben ausschließlich Coliforme Bakterien. In den übrigen fünf beanstandeten Scherbeneisproben wurden zwei bis vier der in den Anlagen 1 und 3 der TrinkwV genannten mikrobiologischen Indikatororganismen nachgewiesen, wobei in einer Probe zusätzlich zum Nachweis von Coliformen Bakterien die Koloniezahl bei 22 °C deutlich erhöht war. Neben den genannten Enterokokken und Coliformen Bakterien war einmalig auch der typische Fäkalindikatorkeim Escherichia coli in der Eisprobe enthalten, in einer anderen Probe waren neben Enterokokken und Coliformen Bakterien auch die Koloniezahlen bei den beiden Bebrütungstemperaturen von 22 °C und 36 °C stark erhöht. Die in den 12 auffälligen Proben detektierten Keimarten sind in Abbildung 2 dargestellt.

 

Abb. 2.: Farbliche Darstellung der Keimarten, die in den 12 beanstandeten Proben nachweisbar waren. In sieben von 12 Proben wurde nur eine Keimgruppe festgestellt, in drei Proben führten zwei Parameter zur Beanstandung, in jeweils einer Probe wurden sogar drei bzw. vier Keimgruppen detektiert.

Abb. 2.: Farbliche Darstellung der Keimarten, die in den 12 beanstandeten Proben nachweisbar waren. In sieben von 12 Proben wurde nur eine Keimgruppe festgestellt, in drei Proben führten zwei Parameter zur Beanstandung, in jeweils einer Probe wurden sogar drei bzw. vier Keimgruppen detektiert.

 

In Abbildung 3 sind die in den 12 auffälligen Proben nachgewiesenen Mikroorganismen mit den jeweils festgestellten Keimmengen dargestellt. Es muss in diesem Zusammenhang beachtet werden, dass aufgrund der Untersuchungsergebnisse der fünf Proben, in denen mehrere unterschiedliche Indikatororganismen detektiert worden waren, eine Mehrfachnennung der Proben möglich ist. Die Abbildungen 2 und 3 zeigen, dass in den Crushed Ice-Proben Enterokokken am häufigsten nachweisbar waren. Die prozentualen Häufigkeiten der nachgewiesenen Mikroorganismen in den beanstandeten Proben sind in Abbildung 4 erkennbar.

 

Nachgewiesene Keime
Summe der beanstandeten Proben pro Parameter
1–10 KbE in 100 ml
11–100 KbE in 100 ml
> 100 KbE in 100 ml
> 1000 KbE in 1 ml
> 10000 KbE in 1 ml
Koloniezahl bei 22 °C
2
 
 
 
1
1
Koloniezahl bei 36 °C
1
 
 
 
1
0
Coliforme Keime
7
5
1
1
 
 
Escherichia coli
1
1
0
0
 
 
Enterokokken
9
8
1
0
 
 
Pseudomonas aeruginosa
0
0
0
0
 
 
Clostridium perfringens
0
0
0
0
 
 

Abb. 3: Anzahl der Proben mit auffälligen Gehalten der untersuchten Mikroorganismen in Abhängigkeit der Keimmenge. Mehrfachnennungen sind möglich. Grau hinterlegt sind Felder, die keinen der durchgeführten Untersuchungsumfänge abbilden.

 

Abb. 4: Prozentuale Häufigkeit der in den beanstandeten Crushed Ice-Proben nachgewiesenen Mikroorganismen im Verhältnis zur Gesamtprobenzahl.

Abb. 4: Prozentuale Häufigkeit der in den beanstandeten Crushed Ice-Proben nachgewiesenen Mikroorganismen im Verhältnis zur Gesamtprobenzahl

 

Bei 10 der 12 beanstandeten Proben handelte es sich um im jeweiligen Betrieb selbst hergestelltes Crushed Ice, das von den Lebensmittelkontrolleuren als Probe direkt aus der Crushed Ice-Maschine oder von anderer Stelle aus dem Betrieb entnommen worden war. Zwei der mikrobiologisch kontaminierten Proben waren zwar von den betroffenen Betrieben als industriell hergestelltes Scherbeneis tiefgekühlt als Sackware originalverschlossen bezogen worden, allerdings war das Eis vor der Probenahme bereits lose beim Inverkehrbringer aufbewahrt worden.

 

Ursachenanalyse

Der Nachweis hoher Koloniezahlen und von Coliformen Bakterien, Escherichia coli und Enterokokken lässt meist auf eine unsachgemäße Reinigung des Crushed Ice-Automaten zur Herstellung des Eises und/oder auf eine unsachgemäße Aufbewahrung des Eises schließen. Da das Trinkwasser aus dem öffentlichen Versorgungsnetz üblicherweise nicht mit diesen Bakterien verunreinigt ist, gelangen die in den Scherbeneisproben nachgewiesenen Mikroorganismen mit großer Wahrscheinlichkeit durch unsaubere Gerätschaften im Zusammenhang mit einer schlechten Betriebshygiene in das Produkt. Insbesondere E. coli gilt auch als Fäkalindikatorkeim, dessen Nachweis zudem auf mangelhafte Personalhygiene hindeutet. Bei auf die Untersuchungsergebnisse folgenden Hygienekontrollen der Crushed Ice-Maschinen konnten die Lebensmittelüberwachungsbehörden dann meist auch entsprechende Hygienemängel in den Betrieben feststellen. So waren die Crushed Ice-Automaten im Inneren teilweise schlecht zugänglich, was eine Reinigung der Innenwandungen und der Schlauchsysteme schwierig machte. Auflagerungen waren teilweise optisch erkennbar gewesen. Auch war es manchen Betriebsinhabern oder Verantwortlichen nicht bewusst, dass selbst bei ausgefrorenem Trinkwasser hygienische Probleme auftreten und in entsprechenden Scherbeneisproben Mikroorganismen überdauern können und nachweisbar sind.

 

Auch in Privathaushalten kann es vor allem ab dem Perlator des Wasserhahns durch unregelmäßige Reinigungsintervalle zu Verschmutzungen und damit zu mikrobiologischen Verunreinigungen des Trinkwassers und der daraus ausgefrorenen Eiswürfel kommen. Meist sind allerdings auch hier unhygienische Umstände in der Küche für eine mikrobiologische Kontamination ausschlaggebend. So ist es unabdingbar notwendig, dass eingesetzte Mehrweg-Kunststoffbehältnisse zum Ausfrieren des Eises kurz vor der Verwendung gründlich spülmaschinengereinigt werden und dass natürlich auch im privaten Umfeld auf hygienisch einwandfreies Arbeiten geachtet wird.

 

Fazit

Wer denkt, dass beim Einfrieren von Trinkwasser nichts schiefgehen kann, begeht offensichtlich einen großen Fehler. Selbst bei diesem vermeintlich einfachen Vorgang müssen die Grundprinzipien der Küchenhygiene eingehalten werden. Bei einer einwandfreien Betriebs- und Personalhygiene lassen sich die Risiken einer mikrobiellen Kontamination von Crushed Ice bzw. Splittereis allerdings auf ein Minimum reduzieren. Um Kontaminationen in Betrieben vorzubeugen, ist eine regelmäßige und gründliche Reinigung und Desinfektion der Eiswürfelautomaten und der Gerätschaften zur Entnahme der Eiswürfel unerlässlich. Wichtig ist vor allem, dass sich die Mitarbeiter in den Betrieben dieser Aufgaben bewusst sind.

 

85 % mikrobiologisch unauffällige Crushed Ice-Proben aus dem Jahr 2020 zeugen davon, dass sich die meisten Inverkehrbringer dieses Lebensmittels ihrer Verantwortung bewusst sind. Die Verbraucher können demnach ihre eisgekühlten Cocktails in den Gastronomiebetrieben durchaus genießen. Und damit das so bleibt, wird die amtliche Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg auch zukünftig ein wachsames Auge auf die hygienische Herstellung von Crushed Ice haben.

 

Quellenangaben

[1] Verordnung über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Trinkwasserverordnung (TrinkwV)) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 2016 (BGBl. I S. 459), zuletzt geändert durch Artikel 99 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328)

[2] Richtlinie 98/83/EG des Rates vom 3. November 1998 über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (ABl. L 330/32), zuletzt geändert durch die Richtlinie (EU) Nr. 2015/1787 vom 6. Oktober 2015 (ABl. L 260/6)

[3] Hygienische Sicherheit im Verteilungsnetz – Teil 2: Erkennen und Beseitigen der Ursachen mikrobiologischer Güteveränderungen; DVGW energie I wasser-praxis 11/2016, S. 32–41

[4] Empfehlung zu erforderlichen Untersuchungen auf Pseudomonas aeruginosa, zur Risikoeinschätzung und zu Maßnahmen beim Nachweis im Trinkwasser, Umweltbundesamt, 13. Juni 2017

[5] Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 219/2009 vom 11. März 2009 (ABl. L 87/109)

[6] Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung, LMHV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl. I S. 1469), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 3. Januar 2018 (BGBl. I S. 99)

 

Artikel erstmals erschienen am 20.01.2021