Milch aus Kaffeeautomaten: nur ein Schaumschläger?

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Scheib, Elisa

 

Abbildung 1 (Foto): Latte macchiato mit charakteristischer Milchschaumkrone und dekorativer Latte Art.

Abbildung 1: Latte macchiato mit charakteristischer Milchschaumkrone und dekorativer Latte Art

Cappuccino, Latte macchiato oder Milchkaffee, dank moderner Kaffeevollautomaten sind diverse Kaffeevarianten samt cremigem Milchschaum oft nur einen Knopfdruck entfernt. Während die Zubereitung nahezu automatisch erfolgt, erfordert die Reinigung manuellen Einsatz. Insbesondere die milchleitenden Anteile innerhalb der Kaffeeautomaten stellen ein Reservoir für Mikroorganismen dar. In den letzten fünf Jahren untersuchte das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart insgesamt 218 Milchproben aus Kaffeeautomaten auf bakterielle Krankheitserreger sowie Hygiene- und Verderbniskeime. 83,9 % der Proben waren mikrobiologisch unauffällig. 15,1 % der Proben wurden aufgrund erhöhter Keimgehalte, insbesondere an Hygiene- und Verderbniskeimen, lebensmittelrechtlich beanstandet. Der Anteil an Proben, der aufgrund inakzeptabler Keimgehalte als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt wurde, betrug lediglich 0,9 %. Krankheitserreger in erkrankungsrelevanter Menge wurden in keiner Probe nachgewiesen.

 

Wie es um den mikrobiologischen Status von Milch aus Kaffeeautomaten bestellt ist, wertete das CVUA Stuttgart erstmalig im Jahr 2009 aus [1]. Erfreulicherweise wurden in den Jahren 2009 bis 2013 nur 9,7 % der insgesamt 176 untersuchten Proben aufgrund von abweichenden Keimgehalten beanstandet [2].

 

In den letzten Jahren hat insbesondere der „Coffee to go“-Konsum zugenommen. 2015 wurde jede vierte Tasse außer Haus getrunken, besonders häufig aus Bäckereien, Gastronomiebetrieben (klassische Cafés, Gaststätten, Kioske) und zunehmend auch aus Tankstellen [3]. Um auf die Nachfrage zu reagieren, verfügen die meisten Dienstleistungsbetriebe inzwischen über einen Kaffeevollautomaten. Für das CVUA Stuttgart stellt sich daher die Frage, ob sich der mikrobiologische Status von Milch aus Kaffeeautomaten verändert hat. Um diese Frage zu klären, wurden die mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse von Milchproben aus Kaffeeautomaten im Zeitraum von 2015 bis 2020 ausgewertet. Insgesamt wurden 218 Milchproben aus 134 Dienstleistungsbetrieben (52 Bäckereien, 49 Tankstellen und 33 Gastronomiebetriebe) erhoben. Soweit möglich wurden je Betrieb Milch aus der Originalverpackung (n = 6), Milch aus dem Vorratsbehälter (n = 116) und das Endprodukt, der Milchschaum (n = 96), steril entnommen.

 

Aufgrund der gleichbleibend guten Untersuchungsergebnisse von Milchproben aus Kaffeeautomaten in Bäckereien, wurden in den letzten fünf Jahren gezielt Milchproben aus Kaffeeautomaten in Tankstellen und ähnlichen Dienstleistungsbetrieben angefordert. Der größte Anteil der untersuchten Proben stammte daher aus Tankstellen (39 %), gefolgt von Bäckereien (38 %) und Gastronomiebetrieben (24 %) (s. Abb. 2).

 

Abbildung 2 (Balkendiagramm): Untersuchte Milchproben aus Kaffeeautomaten (n = 218) je Untersuchungsjahr und Entnahmebetrieb.

Abbildung 2: Untersuchte Milchproben aus Kaffeeautomaten (n = 218) je Untersuchungsjahr und Entnahmebetrieb

 

Untersuchungsspektrum

Das CVUA Stuttgart untersuchte den mikrobiologischen Status der Milchproben aus Kaffeeautomaten im Rahmen eines internen Projektes mittels Anreicherungs- und Keimzählverfahren. Untersucht wurde auf verschiedene mikrobiologische Parameter: Gesamtkeimgehalt, verderbniserregende Pseudomonaden, Hygieneindikatorkeime (Enterobacteriaceae, Escherichia (E.) coli) und Krankheitserreger (Salmonellen, Listeria monocytogenes, Bacillus cereus, Staphylococcus aureus). Letztere können bei entsprechend hoher Keimzahl ein Erkrankungsrisiko darstellen. Der mikrobiologischen Analytik vorausgehend fand eine grobsinnliche Beurteilung jeder Probe durch mindestens einen Sachverständigen statt. Die anschließende Beurteilung der Untersuchungsergebnisse erfolgte in Anlehnung an die für aufgeschlagene Sahne empfohlenen Richt- und Warnwerte der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM e.V.) [4] (siehe Infokasten). Die angegebenen Richt- und Warnwerte sind als Empfehlung zu verstehen und rechtlich nicht bindend.

 

Infokasten

DGHM – Deutsche Gesellschaft für Mikrobiologie und Hygiene e.V.

Richt- und Warnwerte für aufgeschlagene Sahne
  Richtwert (KbE/g) Warnwert (KbE/g)
Aerobe mesophile Koloniezahl 1 x 106 ---
Enterobacteriaceae 1 x 103 1 x 104
Escherichia coli 1 x 101 1 x 102
Pseudomonaden 1 x 103 ---
Koagulase-positive Staphylokokken 1 x 102 1 x 103
Präsumtive Bacillus cereus 1 x 102 1 x 103
Salmonellen --- n. n. in 25 g
Listeria monocytogenes --- 1 x 102

KbE/g: koloniebildende Einheiten pro 1 g Lebensmittel; n. n.: nicht nachweisbar

 

Richtwerte geben eine Orientierung, welches Mikroorganismenspektrum zu erwarten ist und welche Keimgehalte in den jeweiligen Lebensmitteln bei Einhaltung einer guten Hygienepraxis akzeptabel sind. Überschreitungen dieser Werte weisen auf Schwachstellen in der Herstellungs- und Hygienepraxis hin.
Warnwerte geben Mikroorganismengehalte an, deren Überschreitung einen Hinweis darauf gibt, dass die Prinzipien einer guten Hygiene- und/oder Herstellungspraxis verletzt wurden.

 

Untersuchungsergebnisse der Jahre 2015–2020

83,9 % der insgesamt 218 am CVUA Stuttgart untersuchten Milchproben aus Kaffeeautomaten waren mikrobiologisch unauffällig. 35 Proben wurden beanstandet, was einer Beanstandungsquote von 16,1 % entspricht. Beanstandet wurde aufgrund erhöhter Keimgehalte, insbesondere an Hygiene- und/oder Verderbniskeimen. Beanstandungen aufgrund von Krankheitserregern erfolgten nicht. Zwar wurden in vier Proben quantitativ im Keimzählverfahren Listeria spp. (< 102 KbE/g) nachgewiesen, hierbei handelte es sich jedoch nicht um potenziell pathogene Listeria monocytogenes. Präsumtive Bacillus cereus wurden in sechs Proben nachgewiesen. Diese Keime können beim Menschen zu Erbrechen oder Durchfall führen. Die ermittelten Keimgehalte (< 104 KbE/g) waren für eine etwaige Toxinbildung jedoch zu gering. Salmonellen und Staphylococcus aureus wurden in keiner Probe nachgewiesen.

 

Alle Milchproben aus der Originalverpackung waren mikrobiologisch unauffällig (s. Abb. 3). Dies ist in der Art des Herstellungsverfahrens (Pasteurisierung oder Ultrahocherhitzung) begründet, wodurch die Milch mikrobiologisch nahezu keimfrei ist.

 

Abbildung 3 (Balkendiagramm): Nicht beanstandete und beanstandete Milchproben aus Kaffeeautomaten (n = 218).

Abbildung 3: Nicht beanstandete und beanstandete Milchproben aus Kaffeeautomaten (n = 218)

 

80,2 % der Milchproben aus dem Vorratsbehälter waren mikrobiologisch unauffällig. Beanstandet wurden 23 Proben, was einer Beanstandungsquote von 19,8 % entspricht (s. Abb. 3). 22 Proben (19 %) wurden im Sinne der EU-Verordnung VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene und der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) als nachteilig beeinflusst beanstandet [5,6]. Zehn dieser Proben wurden in Tankstellen erhoben, neun in Bäckereien und drei in Gastronomiebetrieben (s. Abb. 4). Bei fünf Proben lagen die Keimgehalte der zu den Hygieneindikatorkeimen zählenden Enterobacteriaceae über dem von der DGHM empfohlenen Richtwert und bei neun Proben über dem Warnwert. E. coli, aus der Gruppe der Enterobacteriaceae, stellt einen typischen Darmkeim dar und deutet auf eine fäkale Verunreinigung der Milchproben hin. In einer Probe lag dieser Keimgehalt über dem Richtwert und in zwei Proben über dem Warnwert. Verderbniserregende Pseudomonaden wurden in 20 Proben über dem Richtwert nachgewiesen. Eine Probe wurde aufgrund erhöhter Gehalte an Enterobacteriaceae (> 4,0 x 105 KbE/g) und Pseudomonaden (> 4,0 x 105 KbE/g) im Sinne der EU-Verordnung VO (EG) 178/2002 als inakzeptabel kontaminiert und somit als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt [7]. Diese Probe stammte aus einer Tankstelle (s. Abb. 4).

 

Im Gegensatz zu H-Milch in der geschlossenen Originalverpackung stellt Milch aus dem offenen Vorratsbehälter ein leicht verderbliches Lebensmittel dar. Ein erhöhter Gesamtkeimgehalt kann durch eine zu lange Standzeit der Milch nach dem Öffnen des Originalgebindes, durch unzureichende Kühlung oder durch einen mangelhaften Reinigungszustand des Vorratsbehälters des Kaffeeautomaten entstanden sein.

 

Als vorbeugende Maßnahme wird empfohlen, die Milch aus dem Vorratsbehälter des Kaffeeautomaten über Nacht zu entnehmen und bis zum erneuten Einsatz an einem kühlen und kontaminationsfreien Ort zu lagern. Zudem sollten bei Kaffeeautomaten mit Milchvorratsbehälter eine regelmäßige, im besten Fall tägliche, Reinigung sowie Desinfektion erfolgen.

 

87,5 % der Proben, die als Endprodukt Milchschaum zur Untersuchung vorgelegt wurden, waren mikrobiologisch unauffällig. 12 Proben wurden beanstandet, was einer Beanstandungsquote von 12,5 % entspricht (s. Abb. 3). 11 Proben (11,5 %) wurden im Sinne der EU-Verordnung VO (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene und der Lebensmittelhygieneverordnung (LMHV) als nachteilig beeinflusst beanstandet [5,6]. Sieben dieser Proben wurden in Tankstellen erhoben, drei Proben in Bäckereien und eine Probe in einem Gastronomiebetrieb (s. Abb. 4). Im Falle der Enterobacteriaceae lagen fünf Proben über dem Richtwert und zwei Proben über dem Warnwert. E. coli wurde in drei Proben über dem Warnwert nachgewiesen. Verderbniserregende Pseudomonaden wurden in sieben Proben über dem Richtwert nachgewiesen. Eine Probe wurde aufgrund der erhöhten Keimbelastung an Enterobacteriaceae (1,2 x 103 KbE/g) und E. coli (8,6 x 102 KbE/g) gemäß der EU-Verordnung VO (EG) 178/2002 als inakzeptabel kontaminiert und daher als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt [7] (s. Abb. 4). Erhoben wurde diese Probe in einer Bäckerei.

 

Eine Kontamination des Milchschaums kann unter anderem durch unzureichende und unregelmäßige Reinigung des Vorratsbehälters oder der milchleitenden Systeme (z. B. Schläuche und Düsen) hervorgerufen werden. In diesen bilden sich keimhaltige Ablagerungen, die das Endprodukt, die aufgeschäumte Milch, während des Aufschäumvorgangs mikrobiell verunreinigen können. Milchschaumproben waren aus hygienisch-mikrobiologischer Sicht jedoch seltener kontaminiert (12,5 %), als Proben aus dem Vorratsbehälter (19,8 %). Eine Erklärung hierfür stellt die Heißaufschäumung der meisten Kaffeesysteme dar. Die Ausgangsmilch wird erhitzt (max. 60 °C) und mit Luft durchmischt. Keime, die sich bereits vor dem Aufschäumvorgang in der Milch aus dem Vorratsbehälter befinden, werden dadurch reduziert, jedoch nicht vollständig abgetötet.

 

Drei Milchproben aus Tankstellen, zwei Milchproben aus Bäckereien und eine Probe aus einem Gastronomiebetrieb, jeweils aus dem Vorratsbehälter stammend, wiesen erhöhte Keimzahlen auf, die zu einer Beanstandung führten. Die nach der Heißaufschäumung erhobene Milchschaumprobe war jedoch mikrobiologisch unauffällig und somit nicht förmlich zu beanstanden.

 

Abbildung 4 (Balkendiagramm): Nicht beanstandete und beanstandete Milchproben aus Kaffeeautomaten (n = 218) je Entnahmebetrieb.

Abbildung 4: Nicht beanstandete und beanstandete Milchproben aus Kaffeeautomaten (n = 218) je Entnahmebetrieb

 

Fazit

Die Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung von Milchproben aus Kaffeeautomaten in den Jahren 2015 bis 2020 sind größtenteils erfreulich. Milchproben aus Kaffeeautomaten in Tankstellen wurden am häufigsten beanstandet (21,4 %), gefolgt von Milchproben aus Bäckereien (15,9 %) und Milchproben aus Gastronomiebetrieben (7,7 %). Insgesamt weisen die Untersuchungsergebnisse jedoch auf die überwiegende Einhaltung einer guten und regelmäßigen Reinigungs- und Hygienepraxis in den verantwortlichen Dienstleistungsbetrieben hin. Aus Sicht des Verbraucherschutzes kann der tägliche Milchkaffee, Latte macchiato oder Cappuccino bedenkenlos genossen werden.

 

Bildernachweis

Elisa Scheib, privates Foto

 

Literatur

[1] Internetbeitrag 2009: Milchschaum aus Kaffeeautomaten - immer nur lecker?

[2] Internetbeitrag 2014: Aufgeschäumte Milch aus Automaten – ein Rückblick auf 4 Jahre Untersuchungstätigkeit

[3] Deutscher Kaffeeverband e.V.: Kaffeemarkt 2014 (veröffentlicht: 01.05.2015, abgerufen: 27.07.2021)

[4] DGHM Richt- und Warnwerte für Lebensmittel (Stand: 27.07.2021)

[5] Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2021/382 vom 3. März 2021 (ABl. L 74/3)

[6] Lebensmittelhygiene-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl. I S. 1469), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 3. Januar 2018 (BGBl. I S. 99)

[7] Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1381 vom 20. Juni 2019 (ABl. L 231/1)

 

Artikel erstmals erschienen am 02.08.2021