Berliner und „alkoholfreies“ Blubberwasser – Keine Auffälligkeiten bei Acrylamid und Alkoholgehalt

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Carmen Breitling-Utzmann, Bettina Wagner, Stefanie Marschik

 

Das CVUA Stuttgart hat in den Jahren 2019 bis 2022 insgesamt 103 Proben Berliner, Quarkbällchen, Donuts und ähnliches Gebäck auf die Prozesskontaminante Acrylamid untersucht. Erfreulicherweise wies keine der Proben nennenswerte Gehalte an Acrylamid auf. Im gleichen Zeitraum wurden auch 92 Proben „alkoholfreier Sekt“ und 25 Proben alkoholfreier Wein hinsichtlich ihres Alkoholgehaltes untersucht. Keines der Getränke überschritt den für diese Produkte noch zulässigen Alkoholgehalt von 0,5 % vol.

 

Foto: zwei Berliner auf einem weißen Porzellanteller, daneben steht ein Glas Sekt.

 

Kaum Acrylamid in Berlinern und Co.

Kaum sind die letzten Weihnachtskekse verdrückt und gute Ernährungsvorsätze für das neue Jahr gefasst, locken die nächsten Leckereien: Berliner, Fasnachtsküchle, Quarkbällchen, Apfelballen, Narrenstangen und Co. Aufgrund ihrer Zutaten und Herstellungsweise sind diese Produkte eigentlich prädestiniert dafür, die unerwünschte und als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestufte Prozesskontaminante Acrylamid zu bilden. Acrylamid entsteht während der Verarbeitung von Lebensmitteln durch die Reaktion der freien Aminosäure Asparagin mit reduzierenden Zuckern wie Glucose oder Fructose. Neben Temperaturen größer 120 °C fördert eine geringe Wasseraktivität die Bildung von Acrylamid. Stärkereiche Lebensmittel wie Berliner, Quarkbällchen oder Donuts, die im Laufe ihres Herstellungsprozesses in heißem Öl frittiert werden, sind also theoretisch bestens geeignet, bei ihrer Zubereitung Acrylamid zu bilden.

 

In der Praxis kann aber Entwarnung gegeben werden. Erfreulicherweise wurden vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart in keiner der 103 in den Jahren 2019 bis 2022 untersuchten Proben nennenswerte Gehalte an Acrylamid gefunden. In 74 Proben (72 %) war gar kein Acrylamid nachweisbar, der mittlere Gehalt in den Proben mit messbaren Acrylamid-Gehalten lag für die im Jahr 2022 untersuchten Proben bei 10 µg/kg und damit weit unter dem als Vergleich herangezogenen EU-weit gültigen Richtwert von 300 µg/kg für diverse Backwaren. Eine mögliche Erklärung dafür, dass die Acrylamid-Bildung in diesen Produkten auf vergleichsweise niedrigem Niveau bleibt, könnte einerseits die noch hohe Restfeuchte sein, die der Teig während des Backvorgangs aufweist und andererseits auch das günstigere Verhältnis von Oberfläche zu Volumen bei Produkten wie Berlinern im Vergleich zu Pommes frites oder Kartoffelchips. [1]

 

Diese positive Beobachtung setzt sich auch der Fasnachts-Saison 2023 fort. Auch hier waren alle auf Acrylamid untersuchten Proben bislang unauffällig. Und für gute Vorsätze besteht ja auch in der Fastenzeit noch ausreichend Gelegenheit.

 

Verbrauchertipp: Wer sich selbst an der Zubereitung von frittiertem Hefegebäck versuchen möchte, sollte darauf achten, dass das verwendete Frittierfett frisch und frei von Krümeln ist und nicht höher als 175 °C erhitzt wird. Fasnachtsküchle sollten nicht zu dunkel gebacken werden, nach dem bekannten Prinzip „Vergolden statt Verkohlen“.

 

Hält alkoholfreier Wein, was er verspricht?

Zum Beispiel der gute Vorsatz, auf Alkohol (fast) zu verzichten. In den Jahren 2019 bis 2021 wurden bei 60 als schäumende Getränke auf Basis von alkoholfreiem Wein (umgangssprachlich „alkoholfreier Sekt“) und bei 15 als alkoholfreier Wein deklarierten Produkten überprüft, ob die rechtliche Vorgabe eingehalten ist, nach der diese Produkte einen vorhandenen Alkoholgehalt von maximal 0,5 % vol aufweisen dürfen. Außerdem wurden im gleichen Zeitraum 33 aromatisierte Produkte auf Basis von alkoholfreiem Wein (auch schäumend) und 5 Proben alkoholfreier weinähnlicher Produkte wie beispielsweise alkoholfreier Apfelwein untersucht.

 

Bei keiner dieser 113 Proben wurde die für diese als „alkoholfrei“ deklarierten Produkte festgelegte Grenze von 0,5 % vol überschritten. Erfreulich war, dass bei 74 Proben (65 %) ein vorhandener Alkoholgehalt nachgewiesen werden konnte, der sogar unter 0,1 % vol lag (siehe Grafik 1). [2]

 

Grafik 1 (Tortendiagramm): Anteil der Proben mit einem nachgewiesenen Alkoholgehalt kleiner 0,1 % vol, zwischen 0,1 und 0,5 % vol bzw. großer 0,5 % vol.

Grafik 1: Anteil der Proben mit einem nachgewiesenen Alkoholgehalt kleiner 0,1 % vol, zwischen 0,1 und 0,5 % vol bzw. großer 0,5 % vol

 

Von den im Jahr 2022 untersuchten Proben waren 8 Produkte mit der Kennzeichnung „0,0 % vol“ ausgezeichnet. Diese Angabe verpflichtet zur Einhaltung von einem vorhandenen Alkoholgehalt unter 0,05 % vol. Alle 8 untersuchten Proben haben diese Vorgabe erfüllt.

 

Trotz dieser für den Verbraucher positiven Befunde der letzten Jahre wird dieses Jahr natürlich auch weiterhin untersucht.

 

Infokasten

Alkoholfrei = frei von Alkohol?

Auch wenn alkoholfreie Weine bzw. schäumende Getränke aus alkoholfreiem Wein, wie das umgangssprachlich als „alkoholfreier Sekt“ bekannte Getränk derzeit auf den im Handel befindlichen Etiketten bezeichnet ist, aus Wein hergestellt werden, waren sie bis vor kurzem keine Erzeugnisse des Weinrechts.

Dass „Wein“ trotzdem in der Bezeichnung verwendet werden durfte, hat § 47 der Weinverordnung (WeinV) [3] geregelt. Und dort ist auch geregelt, dass „alkoholfrei“ nicht unbedingt „frei von Alkohol“ bedeutet. Denn alkoholfreier Wein ist hier definiert als Wein, der unter schonender Entgeistung hergestellt wird und weniger als 0,5 Volumenprozent Alkohol enthält. Alkoholreduzierte Weine dürfen einen vorhandenen Alkoholgehalt von 0,5 bis 4 Volumenprozent aufweisen.

Da sich diese Produkte nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, immer größerer Beliebtheit erfreuen, hat die EU im Dezember 2021 mit der VO (EU) 1308/2013 [4] nun EU-weit einheitliche Regelungen getroffen.

Nach Art. 119 Abs. 1 a) i) und ii) der VO (EU) 1308/2013 dürfen Weinbauerzeugnisse als „entalkoholisierte Weine“ bezeichnet werden, wenn der vorhandene Alkoholgehalt nicht mehr als 0,5 % vol beträgt. Die Verwendung des Begriffs „teilentalkoholisierter Wein“ darf verwendet werden, wenn der vorhandene Alkoholgehalt mehr als 0,5 % vol beträgt und unter dem vorhandenen Mindestalkoholgehalt der jeweiligen Kategorie vor der Entalkoholisierung liegt.

Teilentalkoholisierter Wein aus Deutschland darf beispielsweise also nur einen vorhandenen Alkoholgehalt zwischen 0,5 % vol und < 8,5 % vol aufweisen.

 

Bildernachweis

CVUA Stuttgart

 

Quellen

[1] Breitling-Utzmann CM (2021), Prozesskontaminante Acrylamid – Abseits der VO (EU) 2017/2158, Lebensmittelchemie, 75, 194–197, doi: https://doi.org/10.1002/lemi.202100602

 

[2] Überwachungsschwerpunkte bei saisonalen Produkten liefern durchweg positive Befunde, Pressemitteilung des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg vom 16.02.2022

 

[3] WeinV: Weinverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. April 2009 (BGBl. I S. 827), zuletzt geändert durch Artikel 1a der Verordnung vom 22. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5259)

 

[4] VO (EU) 1308/2013: Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 (ABl. L 347/671), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2021/2117 vom 2. Dezember 2021 (ABl. L 435/262)

 

Artikel aktualisiert am 15.02.2023

 

Artikel erstmals erschienen am 24.02.2022