Ersatzprodukte für Lebensmittel tierischer Herkunft – die Revolution auf dem Teller?

Elisa Scheib

 

Das Angebot an pflanzlichen Ersatzprodukten zu Lebensmitteln tierischer Herkunft nimmt kontinuierlich zu, denn die Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher nach gesunden und nachhaltigen Alternativen zu tierischen Lebensmitteln steigt. Doch wie ist es mikrobiologisch um pflanzliche Ersatzprodukte bestellt? Finden sich vielleicht sogar krankheitserregende Keime?

 

Pflanzliche Ersatzprodukte – Was ist das?

Pflanzliche Ersatzprodukte sind in der Regel Alternativen zu klassischen Milch- und Milchprodukten sowie Fleisch- und Wurstprodukten. Wurstersatzprodukte werden häufig auf der Basis pflanzlicher Proteine (z. B. Soja-, Erbsen-, Weizenprotein) und pflanzlicher Öle (z B. Sonnenblumen-, Rapsöl) hergestellt. Für die Konsistenz werden Verdickungsmittel (z. B. Xanthan, Johannisbrotkernmehl) hinzugefügt. Gewürze und Aromen (z. B. Zucker, Kochsalz, Zwiebel- und Knoblauchpulver, Rauch) werden als geschmackslieferende Zusätze und für die Nachahmung des Wurstgeschmacks eingesetzt. Käseersatzprodukte basieren vorwiegend auf Nüssen und Samen (z. B. Cashewkerne, Mandeln, Sonnenblumenkerne) sowie pflanzlichen Ölen (z. B. Kokos-, Rapsöl). Als strukturgebende Komponente kommt oft Stärke zum Einsatz. Die gelbe „Käsefarbe“ wird durch färbende Zusätze (z. B. Karotten- oder Apfelkonzentrat) erzeugt. Milchersatzprodukte, sog. Pflanzendrinks, werden meist auf der Basis von Soja, Nüssen, Getreide oder Hülsenfrüchten hergestellt.

 

Besonders geeignet sind pflanzliche Ersatzprodukte für vegan bzw. vegetarisch lebende Personen, da sie eine wichtige Proteinquelle darstellen. Pflanzendrinks und Käseersatzprodukte können bei Milchzuckerunverträglichkeit und Milcheiweißallergie Abhilfe schaffen. Viele Ersatzprodukte sind dem tierischen Original sensorisch (optisch, geruchlich, geschmacklich) inzwischen sehr ähnlich (siehe Bilder 1–4). Darüber hinaus können sie häufig auch in Bio-Qualität erworben werden.

 

Bild 1 (links): pflanzlicher Wurstaufschnitt; Bild 2 (rechts): pflanzlicher Käseaufschnitt.

Bild 1 (links): pflanzlicher Wurstaufschnitt; Bild 2 (rechts): pflanzlicher Käseaufschnitt

 

Bild 3 (links): Sojabratwürstchen; Bild 4 (rechts): veganes Hackfleisch zum Braten.

Bild 3 (links): Sojabratwürstchen; Bild 4 (rechts): veganes Hackfleisch zum Braten

 

Ähnlich wie ihre tierischen Verwandten können auch pflanzliche Ersatzprodukte verderben. Grobsinnlich zeigt sich dies in Form eines sauren Geruchs und Geschmacks, bedingt durch die unerwünschte Vermehrung von z. B. verderbniserregenden Milchsäurebakterien. Käseersatzprodukte neigen häufig zu Schimmelbildung. Auch das Aussehen der pflanzlichen Alternativen kann sich verändern, so kann beispielsweise eine schleimige Oberfläche auf Verderb hindeuten. Ursächlich hierfür sind verderbniserregende Pseudomonaden. Auch Hygieneindikatorkeime, Enterobacteriaceae, können sich durch unzureichende Hygiene- und/oder Lagerbedingungen im Produkt vermehren. Ein Eintrag dieser Hygieneindikatorkeime kann durch den Einsatz belasteter Rohstoffe, z. B. bei der händischen Ernte von Cashewkernen und der anschließenden Trocknung auf dem Boden im Freien (Kontamination durch Verunreinigung mit Vogel- und Schadnagerkot, Insekten) erfolgen [1]. Auch eine unzureichende Hygiene im Produktionsprozess oder eine unsachgemäße Kühlung, z. B. über +7 °C, kann zum Eintrag und zur Vermehrung der genannten Keime führen. Geblähte Verpackungen weisen auf Gasbildung durch mikrobiellen Verderb hin.

 

Käsealternativen, insbesondere Camembert- und Briealternativen, werden durch Fermentierung hergestellt. Aus mikrobiologischer Sicht gibt es bei diesem Prozess kritische Punkte, sofern keine Keimreduktion durch Pasteurisierung vorgesehen ist. Das Einweichen der Nüsse in Wasser bei teils langen Reifezeiten kann zur Vermehrung von potentiell „pathogenen“ Bakterien in Ersatzprodukten führen [1].

 

Pathogene Bakterien sind krankheitsauslösende Keime, die beim Verzehr von damit kontaminierten Lebensmitteln zu Erkrankungen führen können. Abhängig von Art und Menge der Erreger können Symptome, wie zum Beispiel Durchfall und/oder Erbrechen auftreten. Zu diesen pathogenen Bakterien gehören u. a. Salmonellen und Listerien. Diese können für besonders empfindliche Personengruppen gefährlich werden. Hierzu zählen: Schwangere, Kleinkinder, Senioren und immungeschwächte Menschen. In Frankreich sind 2022 mehrere Schwangere an Listeriose durch den Verzehr veganer Käsealternativen erkrankt [2]. Eine Listerien-Erkrankung bricht in der Regel innerhalb von 14 Tagen nach der Infektion aus. Symptome können Durchfall und Fieber sein. Die genannten Personengruppen können schwerere Krankheitsverläufe mit Blutvergiftung und Hirnhautentzündung entwickeln. Bei Schwangeren kann das ungeborene Kind Schaden nehmen

 

Es gilt: geöffnete Verpackungen stets gekühlt zu lagern und alsbald zu verzehren. Zudem empfiehlt es sich, dem eigenen Geruchs- und ggf. Geschmackssinn zu vertrauen und angebrochene oder verdächtig geblähte Verpackungen vorsichtshalber zu entsorgen.

 

Mikrobiologischer Status von pflanzlichen Ersatzprodukten

Am Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart wurden im Jahr 2024 insgesamt 80 Ersatzprodukte mikrobiologisch untersucht. Hierbei handelte es sich u. a. um vegane/vegetarische Ersatzprodukte für Milch, Käse Fleischerzeugnisse, Wurstwaren nach Art einer Brüh- und Rohwurst sowie Feinkostsalate.

 

Von Brühwurst- und Käseersatzprodukten in Form von vakuumierter Aufschnittware lagen in den meisten Fällen jeweils zwei Gebinde derselben Charge vor. Zur Überprüfung der mikrobiologischen Haltbarkeit und Stabilität wurde ein Gebinde am Tag des Probeneingangs grobsinnlich und mikrobiologisch untersucht. Das zweite Gebinde wurde nach Probeneingang unter kontrollierten Bedingungen gemäß Herstellerangaben bis zum angegebenen Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) gelagert und anschließend grobsinnlich und mikrobiologisch untersucht. Erfreulicherweise wurden in keiner der insgesamt 80 untersuchten Alternativprodukten potentiell krankheitsauslösende Keime nachgewiesen. Alle Proben waren am Tag des Probeneingangs und am MHD grobsinnlich unauffällig.

 

Eine Probe, ein Pflanzendrink, wurde wegen zu hoher Keimgehalte an Hygiene- und Verderbskeimen als nicht mehr zum Verzehr geeignet im Sinne von Artikel 14 Abs. 2 Buchstabe b der VO (EG) Nr. 178/2002 [3] beurteilt (siehe Abbildung 1). Werden Lebensmittel als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet beurteilt, gelten diese als nicht sicher und dürfen nicht in Verkehr gebracht werden. Bei der untersuchten Probe handelte es sich um einen wärmebehandelten, bereits geöffneten Pflanzendrink in einem Verbundkarton aus einem gastronomischen Betrieb. Keime werden bei einer sachgemäßen Wärmebehandlung von Milchersatzprodukten normalerweise abgetötet, so dass diese Produkte praktisch keimfrei sind. Der Nachweis eines erhöhten Keimgehaltes in wärmebehandelten Pflanzendrinks kann daher z. B. für eine nachträgliche Kontamination des Lebensmittels im Betrieb nach dem Öffnen des Originalgebindes durch betriebs- und/oder personalhygienische Mängel und/oder für eine fehlerhafte Lagerung (unzureichend gekühlt und/oder zu lange) sprechen.

 

Hinsichtlich der mikrobiologischen Stabilität und Haltbarkeit fielen sechs von 28 untersuchten Brühwurstersatzprodukten durch erhöhte Gehalte an Verderbnis- und/oder Hygienekeimen auf (siehe Abbildung 1). Eine Probe wurde aufgrund erhöhter Gehalte an Hygieneparametern beanstandet. Am Tag des Probeneingangs konnte ein erhöhter Keimgehalt an Enterobacteriaceae (> 104 KbE/g) nachgewiesen werden. Bis zum Erreichen des MHD erhöhte sich dieser Gehalt noch weiter (> 106 KbE/g). Dies deutet auf Mängel in der Personal- und/oder Betriebshygiene gemäß VO (EG) Nr. 852/2004 [4] bzw. der Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) [5] hin.

 

Bei fünf Proben wurde am MHD ein erhöhter Keimgehalt festgestellt. In zwei dieser Proben vermehrten sich bis zum Erreichen des MHD verderbniserregende Milchsäurebakterien (> 107 KbE/g). Bei zwei weiteren Proben wurden am MHD Milchsäurebakterien (> 107 KbE/g) und Enterobacteriaceae (> 105 KbE/g) nachgewiesen. Bei einer Probe wurden am Tag des Probeneingangs Enterobacteriaceae (> 104 KbE/g) festgestellt, die sich jedoch bis zum Erreichen des MHD nicht weiter vermehrten (> 104 KbE/g).

 

Abbildung 1: Auswertung der mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2024 für vegane/vegetarische Ersatzprodukte für Lebensmittel tierischer Herkunft.

Abbildung 1: Auswertung der mikrobiologischen Untersuchungsergebnisse aus dem Jahr 2024 für vegane/vegetarische Ersatzprodukte für Lebensmittel tierischer Herkunft.

 

Fazit

Unsere Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Untersuchung pflanzlicher Ersatzprodukte wichtig und sinnvoll ist. Pathogene Keime konnten erfreulicherweise nicht nachgewiesen werden. Zudem war keine der Proben für den Menschen gesundheitsschädlich. Sieben Proben (8,7 %) waren mikrobiologisch auffällig. Eine dieser sieben Proben wurde aufgrund von Hygiene- und Verderbskeimen als nicht mehr zum Verzehr geeignet beurteilt. 73 der insgesamt 80 untersuchten Proben (91,3 %) waren nach den Ergebnissen der Untersuchungen im CVUA Stuttgart unauffällig, so dass pflanzliche Alternativprodukte bedenkenlos als Ersatz für Lebensmittel tierischer Herkunft in den Einkaufswagen wandern können. Der Revolution auf dem Teller steht also aus mikrobiologischer Sicht in der Regel nichts im Weg.

 

Bildnachweis

CVUA Stuttgart, Abt. Tierische Lebensmittel

 

Quellen

[1] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit BVLReport 19.1: Bundesweiter Überwachungsplan 2023 [letzter Zugriff: 11.03.2025]

 

[2] top agrar: Listerien in veganem Käse in mehreren Ländern nachgewiesen [letzter Zugriff: 11.03.2025]

 

[3] VO (EG) 178/2002: Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1381 vom 20. Juni 2019 (ABl. L 231/1)

 

[4] VO (EG) 852/2004: Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2021/382 vom 3. März 2021 (ABl. L 74/3)

 

[5] LMHV: Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln (Lebensmittelhygiene-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Juni 2016 (BGBl. I S. 1469), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 20. Juni 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 159)

 

Artikel erstmals erschienen am 27.03.2025