Neue Wege zum Wissenstransfer – Forschungs-Besuch vom BfR rund um die Identifizierende Spektroskopie

Dr. Jörg Rau

 

Aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) besuchte Dr. Jens A. Hammerl für zwei Wochen das CVUA Stuttgart. Unser Team vom Labor für Identifizierende Spektroskopie unterstützte ihn bei einer selbst gewählten Forschungs-Fragestellung für die Infrarotspektroskopie, einer Technik, bei der wir auf 20 Jahre Erfahrung zurückblicken.

 

Die Weiterentwicklung von Methoden für die amtliche Untersuchung ist eine wachsende Herausforderung für alle beteiligten Institutionen. Dies gilt für die Untersuchungseinrichtungen der Länder genauso wie für national zuständige Behörden und deren Referenzlabore. Gegenseitige fachliche Unterstützung durch offenen, transparenten Transfer von Erfahrungen können hier wirksam helfen.

 

Im Bereich der identifizierenden Spektroskopie bietet das CVUA Stuttgart seit Jahren spezifische Schulungen für das Fachkollegium der MALDI-TOF Massenspektrometrie an. Inzwischen ist auch das Interesse an der „Schwestertechnik“, der Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FTIR) für Anwendungen in der Mikrobiologie stark angestiegen. Hier hat das CVUA Stuttgart langjährige Erfahrungen in der Methodenentwicklung, der Validierung, wie dem täglichen Routineeinsatz [1, 2]. Dieses Wissen geben wir gerne an unsere Partner weiter.

 

Unser langjähriger MALDI-UP Partner, Dr. Jens A. Hammerl ist Leiter des DVG-Konsiliarlabors für Vibrio spp. in Lebensmitteln am BfR, Berlin. Vibrionen sind eine Gruppe von Bakterien von denen einige lebensmittelbedingte Erkrankungen verursachen können. Wichtige Vertreter sind hier Vibrio parahaemolyticus, aber auch toxintragende V. cholerae oder V. vulnificus [3]. Dr. Hammerl interessierte sich für die infrarotspektroskopische Feintypisierung von nahe verwandten Vibrio Spezies aus der BfR-Stammsammlung. Das Team des Labors am CVUA hat hierfür einen kompakten Arbeitsplan erstellt, der von der Theorie über die Weitergabe eigener Erfahrungen bei der Probenvorbereitung, bis zur Auswertung der IR-Spektren unter Einsatz von künstlichen neuronalen Netzwerken alle Schritte umfasste [Abb. 1].

 

Abb. 1: Dr. Jens Hammerl (BfR) und Martin Dyk (CVUA Stuttgart) bei der Auswertung von IR-Spektren.

Abb. 1: Dr. Jens Hammerl (BfR) und Martin Dyk (CVUA Stuttgart) bei der Auswertung von IR-Spektren.

 

“‘Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ein Fortschritt, Zusammenarbeiten ein Erfolg.’ Dieses Zitat von Henry Ford beschreibt am besten die Erfahrungen, die ich in den letzten zwei Wochen hier am CVUA Stuttgart gemacht habe… – Ich möchte mich herzlich bei Dr. Jörg Rau, Martin Dyk und Dr. Helene Obereuter für die erfolgreiche Zusammenarbeit und die intensive fachliche Unterstützung bedanken. Euer Engagement und eure Professionalität haben wesentlich dazu beigetragen, dass wir uns zukünftig neuen Wegen in der Vibrio Diagnostik widmen können und damit gemeinsam zur Sicherung der Lebensmittelkette beitragen werden. Es war mir eine Freude, mit euch zusammenzuarbeiten, Ideen auszutauschen und von eurer Kompetenz zu lernen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit in den gemeinsamen Projekten.“
so Dr. Hammerl.

 

Unser Besucher vom BfR wurde eingeladen, sein Arbeitsgebiet in unserem Sachverständigen-Kolloquium vorzutragen. Vor 50 interessierten Teilnehmenden schilderte er die wachsende Bedeutung der Vibrio Bakterien, die als typischerweise wassergebundene Keime besonders von der klimatischen Erwärmung profitieren, oder die in Aquakulturen, beispielsweise von Krebstieren, relevant werden können [Abb. 2]. Für unser Zentrallabor für lebensmittelbedingte Erkrankungen waren die neuen Erkenntnisse zur Toxizität, der neuen Taxonomie und der Antibiotikaresistenzen hoch interessant.

 

Abb. 2: Fachvortrag von Dr. Hammerl im Sachverständigen Kolloquium des CVUA Stuttgart als Teil der Forschungswochen.

Abb. 2: Fachvortrag von Dr. Hammerl im Sachverständigen Kolloquium des CVUA Stuttgart als Teil der Forschungswochen.

 

Dazu Dr. Volker Renz, Amtsleiter des CVUA Stuttgart:
„Wir gehen als Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt immer wieder neue Wege, um mit unseren eingeschränkten Ressourcen die größtmögliche Wirksamkeit für Verbraucherschutz und die Tiergesundheit zu leisten. Die Aufrechterhaltung unseres fachlichen Knowhows bedarf größter Anstrengungen. Unser Labor versucht durch Offenheit, eigene Angebote und die aktive Teilnahme an Tagungen und Schulungen unseren Wissensstand zu halten. Deshalb sind wir dankbar für die jährlichen Schulungen und Workshops, gerade des BfR in Berlin. Nun freut es mich, dass wir mit dem aktuellen Fachbesuch auch von unserer Seite einen speziellen Beitrag zum Wissensaustausch leisten konnten.“

 

Die beteiligten Teams werden auch weiterhin einen aktiven Austausch rund um die Spektroskopie anstreben und die gewonnenen Erkenntnisse mit dem Fachpublikum teilen. Neben der bereits etablierten Nutzung der MALDI-User Plattform kommt nun auch der fachliche Austausch über die FT-IR dazu. Der intensive Austausch und die Diskussionen während des zweiwöchigen Forschungsaufenthaltes befördern weitere Ideen zur Anwendung der Technologie für die Typisierung von pathogenen Mikroorganismen.

 

Quellen

[1] Stamm I, Hailer M, Depner B, Kopp PA, Rau J (2009), Yersinia enterocolitica in Diagnostic Fecal Samples from European Dogs and Cats: Identification by Fourier Transform Infrared Spectroscopy and Matrix-Assisted Laser Desorption Ionization-Time of Flight Mass Spectrometry. Journal of Clinical Microbiology 51: 887–893

 

[2] Oberreuter H, Dyk M, Rau J (2023), Validated differentiation of Listeria monocytogenes serogroups by FTIR spectroscopy using an Artificial Neural Network based classifier in an accredited official food control laboratory. Clinical Spectroscopy 5:100030

 

[3] Dietrich J, Hammerl JA, Johne A, Kappenstein O, Loeffler C, Nöckler K, Rosner B, Spielmeyer A, Szabo I, Richter MH (2023) Impact of climate change on foodborne infections and intoxications. J Health Monit. 8 (Suppl 3): 78–92

 

Artikel erstmals erschienen am 07.01.2025