Rückstände des Begasungsmittels Phosphorwasserstoff in wasserarmen pflanzlichen Lebensmitteln

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Ellen Scherbaum, Dr. Roland Perz, Erika Caspart, Anja Barth, Anne Wolheim und Dieter Köhl

 

Zusammenfassung

Schmuckelement.Nach Etablierung einer hinreichend empfindlichen Nachweismethode, (Bestimmungsgrenze 0,1 µg/kg) wurden 101 Proben Getreide, Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Gewürze auf Rückstände an dem Begasungsmittel Phosphorwasserstoff untersucht.
In 24,7% der Proben waren Phosphinrückstände nachweisbar, jedoch lagen die Gehalte weit unter den gesetzlichen Höchstmengen. Hülsenfrüchte, Gewürze und Nüsse waren häufiger positiv als beispielsweise Getreideproben. Hier könnte auch die Herkunft der Ware und der Transportweg eine Rolle spielen, da Phosphorwasserstoff häufig in Seecontainern eingesetzt wird.
Während in 31 % der untersuchten konventionellen Lebensmittel Rückstände an Phosphin nachweisbar waren, lag der Prozentsatz bei „Bio“ mit 12 % deutlich niedriger. Im ökologischen Landbau ist Phosphin jedoch nicht zugelassen, so dass hier auch nicht mit Rückständen zu rechnen ist. Auffällig war, dass die gefundenen Gehalte für konventionelle und ökologische Lebensmittel in der gleichen Größenordnung lagen. Dies deutet darauf hin, dass bei Bio-Ware entweder eine Vermischung mit konventioneller Ware stattgefunden hat oder eine nicht zulässige Anwendung erfolgt ist. Die Untersuchungen werden daher fortgeführt.

 

Hintergründe

Begasungsmittel

Als Begasungsmittel bezeichnet man gasförmige Stoffe, die zur Abtötung von Schädlingen in Gebäuden, Räumen oder Containern verwendet werden. Die Begasungsmittel sollen gelagerte Waren von Milben, Insekten und anderen unerwünschten Lebewesen befreien. Das soll sowohl zwischen den Partikeln der Produkte als auch in deren Inneren geschehen, um Anforderungen an Qualität und Schädlingsfreiheit zu genügen.
Das bekannteste Einsatzgebiet sind Seecontainer. Daneben werden auch Lagerräume an Land begast um Schädlinge abzutöten. Die Freigabe zum Betreten darf wegen der hohen Toxizität nur durch besonders geschultes Personal erfolgen. Lieferanten und Importeure sind verpflichtet begaste Container anzumelden und zu deklarieren [3].

 

Phosphorwasserstoff

Phosphorwasserstoff ist ein farbloses Gas, bei dem typische Verunreinigungen für einen knoblauch- oder fischartigen Geruch sorgen. Wegen seiner Toxizität darf es nur von eingewiesenen Fachleuten angewendet werden.
In Deutschland sind einige Präparate mit den Wirkstoffen Phosphorwasserstoff, und den Salzen Aluminiumphosphid und Magnesiumphosphid für die Anwendung bei Kaffee, Kakao, fetthaltigen Samen, Trockenobst, Hülsenfrüchte und für vorratslagerndes Getreide zugelassen (BVL, Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit). Zinkphosphid ist in Deutschland nur als Rodentizid (Mittel gegen Nagetiere) zugelassen. Die Salze Aluminiumphosphid und Magnesiumphosphid sind im Trockenen stabil, setzen jedoch mit Feuchtigkeit aus der Luft oder dem Erntegut die Wirksubstanz Phosphorwasserstoff allmählich frei.
Phosphorwasserstoff gilt in reinem Zustand als sehr giftig, und ist hochentzündlich, ätzend und umweltgefährlich. Zudem ist er selbstentzündlich an der Luft.

 

Tabelle 1: Kurze Charakterisierung der möglichen Wirkstoffe [2]

Name

Magnesiumphosphid

Aluminiumphosphid

Phosphorwasserstoff

Synonyme

Trimagnesiumdiphosphid

 

Monophosphan, Phosphin, Phosphan

Summenformel

Mg3P2

AIP

PH3

CAS-Nummer

12057-74-8

20859-73-8

7803-51-2

PubChem

61546

30332

24404

Kurzbeschreibung

grau-grüne Presslinge mit knoblauchartigem Geruch

dunkelgrau bis gelblicher, kristalliner Feststoff

brennbares, giftiges, farb- und geruchloses Gas

Molare Masse

134,86 g/mol

50,90 g/mol

34,00 g/mol

Aggregatzustand

fest

fest

gasförmig

Dichte

2,16 g/cm3

2,42 g/cm3

1,53 g/cm3

Schmelzpunkt

> 750 °C

1800 °C

-133,8 °C

Löslichkeit

zersetzt sich in Wasser

langsame Zersetzung in Wasser

330 mg/L (20 °C) in Wasser

 

Phosphorwasserstoff wirkt auf das zentrale Nervensystem und irritiert die Lungen. Er gilt für Fische als sehr toxisch. Bei der Anwendung als Schädlingsbekämpfungsmittel hat Phosphorwasserstoff schon zur Vergiftung von Menschen geführt und Vergiftungserscheinungen wie Übelkeit, Erbrechen, Benommenheit und Krämpfe, die zum Tode führen können, hervorgerufen. Chronische Vergiftungen sind jedoch nicht bekannt; die zugeführten kleinen Dosen werden im Blut laufend entgiftet [4].

 

Rechtliche Aspekte:

Für konventionelle Lebensmittel sind Höchstmengen für die Summe aus Phosphin und Phosphiden zwischen 0,01 und 0,1 mg/kg Lebensmittel festgesetzt worden (siehe auch Tabelle 2).
Für Lebensmittel aus dem ökologischen Landbau ist die Anwendung von Phosphin und Phosphiden nicht vorgesehen, hier dürften sich auch keine Rückstände an diesen Stoffen nachweisen lassen.

 

Tabelle 2: Reg. (EC) No 149/2008 Höchstmengenregelungen für Phosphine und Phosphide

Lebensmittelgruppe

Höchstmenge
Summe (mg/kg)

Obst

0,05

Gemüse

0,05

Kartoffeln

0,01

Hülsenfrüchte, getrocknet
außer Erbsen

0,05
0,1

Ölsaaten, Ölsaaten
außer Sonnenblumenkerne
außer Rapssamen

0,05
0,1
0,1

Getreide

0,1

Tee, Kaffee, Kakao

0,05

Hopfen

0,02

Gewürze

0,05

Zuckerpflanzen

0,01

 

Etablierung einer Analysenmethode

Bereits im Jahr 2003 veröffentlichten Schweizer Kollegen eine gaschromatographische Methode, bei der das trockene Lebensmittel mit wässriger Schwefelsäure versetzt wird. Das dadurch freigesetzte gasförmige Phosphin wird aus dem Dampfraum injiziert (Headspacetechnik siehe Infokasten) und gaschromatographisch mit einem flammenphotometrischen Detektor bestimmt.
Die Untersuchungsergebnisse der Kantonschemiker zeigten, dass die Nachweis- und Bestimmungsgrenze sehr niedrig sein muss, da die gefundenen Gehalte in einem Bereich zwischen 0,3 µg/kg und 2,5 µg/kg lagen [1].
Ausgehend von dieser Veröffentlichung hat das CVUA Stuttgart in diesem Jahr eine Headspace-GC Methode mit massenspektrometrischer Bestimmung etabliert, mit der eine Bestimmungsgrenze von 0,1 µg/kg erreicht wird. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen Proben aus dem Handel zu analysieren.

 

Die Headspace-Technik in der Gaschromatographie

Schmuckelement.Eine elegante Möglichkeit flüchtige Verbindungen nachzuweisen ist die so genannte Dampfraumanalyse (Headspace)-Technik. Dazu wird nur der Dampfraum über einer Probe analysiert, nicht aber die Probe im Ganzen in ein Analysegerät eingebracht. Die Probe befindet sich gasdicht verschlossen in einem ca. 20 mL großen Headspace-Gläschen. In dem Dampfraum über der Probe stellt sich bei meist erhöhten Temperaturen ein Gleichgewicht der flüchtigen Bestandteile zwischen Gasraum und Probe ein, das von der Art und Konzentration der Analyten abhängt. Für die Messung wird dann nur das Gas injiziert. Diese Methode stellt eine Art Gasextraktion dar.

Diese vollständige Trennung der gaschromatographisch erfassbaren Analyten von ihrer Matrix macht diese Methode besonders elegant bei pharmazeutischen, medizinischen, Umwelt- und Lebensmittelproben [5].

 

Erste Untersuchungsergebnisse

Um einen ersten Überblick über die Rückstandssituation zu gewinnen wurden 101 Proben Getreide, Gewürze, Ölsaaten, Hülsenfrüchte aus konventioneller, und zum geringeren Teil auch aus biologischer Erzeugung untersucht. Von den untersuchten Proben waren in 25 Proben Phosphinrückstände nachweisbar, jedoch lagen die Gehalte alle erwartungsgemäß weit unter den gesetzlichen Höchstmengen. Hülsenfrüchte, Gewürze und Nüsse waren häufiger positiv als beispielsweise Getreideproben. Hier könnte auch die Herkunft der Ware und der Transportweg eine Rolle spielen, da Phosphorwasserstoff häufig in Seecontainern eingesetzt wird.

Im Gegensatz zu Obst und Gemüse muss bei vielen anderen Erzeugnisseen das Herkunftsland nicht auf der Packung oder auf einem Schild bei der Ware angegeben werden. In vielen Fällen ist das Herkunftsland daher „unbekannt“.

 

Exceldiagramm: Phosphingehalte in konventionellen Lebensmitteln.

 

Abbildung 1: Anzahl der Proben mit und ohne Phospin-Rückstände in konventio-nellen Lebensmitteln.

 

Eine detaillierte Darstellung der Ergebnisse findet sich in Tabelle 3 für konventionelle Lebensmittel und in Tabelle 4 für biologische Ware.

 

Tabelle 3: Untersuchungsergebnisse auf Phosphin in konventionellen Lebensmitteln

Lebensmittel

Herkunftsland

Anzahl
Proben

Davon
positiv

Gehalte (µg/kg)

 

Weizen

Deutschland

6

1

1,4

unbekannt

1

0

 

Roggen

Deutschland

3

0

 

 

Gerste

Deutschland

1

0

 

unbekannt

1

0

 

Hafer

Deutschland

2

0

 

 

Reis

Griechenland

1

1

0,1

Italien

1

0

 

unbekannt

5

0

 

Buchweizen

Deutschland

1

0

 

Hirse

unbekannt

1

1

1,5

Getreideerzeugnisse

Frankreich

1

0

 

 

 

Hülsenfrüchte

Italien

3

1

0,7

Kanada

1

1

0,2

unbekannt

8

1

0,4

Türkei

9

6

0,1 bis 0,6

 

Ölsaaten

unbekannt

1

0

 

Türkei

1

0

 

Nüsse

unbekannt

4

4

0,9 bis 3,7

 

 

Gewürze

unbekannt

13

4

0,7 bis 3

Ungarn

1

0

 

USA

1

0

 

Syrien

1

1

1,4

Tee

China

1

0

 

Gesamt konventionell

 

68

21 (31%)

0,1 bis 3,7

 

Während in 31 % der untersuchten konventionellen Lebensmitteln Rückstände an Phosphin nachweisbar waren, lag der Prozentsatz bei biologisch erzeugten Lebensmitteln mit 12 % deutlich niedriger.
Im ökologischen Landbau ist Phosphin jedoch nicht zugelassen, so dass hier auch nicht mit Rückständen zu rechnen ist. Auffällig war, dass die gefundenen Gehalte für konventionelle und ökologische Lebensmittel in der gleichen Größenordnung lagen. Dies deutet darauf hin, dass bei Bio-Ware entweder eine Vermischung mit konventioneller Ware stattgefunden hat oder eine nicht zulässige Anwendung erfolgt ist.

 

Exceldiagramm: Phosphingehalte in Bio-Lebensmitteln.

Abbildung 2: Anzahl der Proben mit und ohne Phospin-Rückstände in Bio- Lebensmitteln.

 

Tabelle 4: Untersuchungsergebnisse auf Phosphin in Bio-Lebensmitteln

Lebensmittel

Herkunftsland

Anzahl
Proben

Davon
positiv

Gehalte (µg/kg)


Weizen

Deutschland

3

1

1,1

Österreich

1

0

 

Roggen

Deutschland

1

0

 

Gerste

Deutschland

2

0

 

Hafer

Deutschland

2

0

 

Reis

unbekannt

5

1

0,35

 

Hirse

Österreich

1

0

 

unbekannt

1

0

 

 

 

 

Hülsenfrüchte

China

2

0

 

Deutschland

2

0

 

Kanada

3

0

 

unbekannt

2

1

0,29

Türkei

3

1

0,12

 

Ölsaaten

Deutschland

1

0

 

Kasachstan

1

0

 

ohne Angabe

3

0

 

Gesamt Bio

 

33

4 (12%)

0,3 bis 1,1

 

Die Untersuchungen werden fortgeführt.

 

Danksagung:

Wir danken Herrn Thomas Amrein, Coop Schweiz für seine Unterstützung und den konstruktiven fachlichen Austausch sowie für die Möglichkeit „last-minute“ an einem Methodenvalidierungs-Ringversuch teilzunehmen.

 

Literatur:

[1] Richard Amstutz, Anton Knecht and Daniel Andrey: Detection of phosphine residues in (organic) cereals, Mitteilungen aus Lebensmitteluntersuchung und Hygiene, Band 94, 6/2003, Seite 603-608

[2] Wikipedia, Magnesiumphosphid, Aluminiumphosphid, Phosphorwasserstoff
[3] Wikipedia, Begasungsmittel
[4] www.umweltlexikon-online.de
[5] www.chemgapedia.de

 

Bildernachweis

Leercontainer, C. Nöhren, Pixelio.de, Image-ID=120730.

Dampfraum-GC-Vials, Anja Barth, CVUA Stuttgart.

 

English version

 

Artikel erstmals erschienen am 03.09.2012