Trüffel in Fertigprodukten – wertvoll oder nur eine Auslobung?

Dr. Pat Schreiter

 

Seit einigen Jahren erfahren Trüffel eine Renaissance: Immer häufiger werden unterschiedlichen Lebensmitteln Trüffel beigemischt und im Handel angeboten. Selbst bei Discountern findet man mittlerweile getrüffelte Lebensmittel, meistens als Delikatessen zu Festtagen. Bekanntlich sind Trüffel eines der teuersten Lebensmittel, die z.B. bei Alba-Trüffel (Tuber magnatum) bis zu 6000 Euro pro Kilogramm kosten können. Allerdings gibt es auch eine ganze Palette minderwertigere Trüffel-Arten, wie z.B. China-Trüffel (T. indicum), die weniger nach Trüffeln riechen, schmecken und weniger als 7 % der Alba-Trüffel (T. magnatum) oder Périgord-Trüffel (T. melanosporum) kosten. Die Verwendung minderwertiger Trüffeln und falsch deklarierter Trüffelprodukte sorgt nicht nur bei Verbrauchern für kulinarische Enttäuschungen, sondern ist in der Tat oft eine kriminelle Verbrauchertäuschung und für den Betrüger ein lukratives Geschäft. Nur selten wurde bisher die Echtheit der angebotenen oder deklarierten Trüffelarten untersucht. Eine strenge Kontrolle der Trüffelprodukte ist notwendig. Dabei ist die Trüffelanalyse nicht besonders schwierig. In den meisten Fällen genügt eine mikroskopische Untersuchung. Daher wurden zwischen September 2012 und Mai 2013 10 im Handel angebotene, mit „Trüffel“ gekennzeichnete Produkte unter die Lupe genommen. Wir möchten wissen, ob die Trüffelprodukte tatsächlich das enthalten, was auf der Verpackung steht.

 

Fotos von 6 verschiedenen Trüffelarten.

 

Kleine Trüffelkunde

In den im Jahr 2008 veröffentlichten „Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse“ [3] werden folgenden „Trüffel“-Arten unter der Verkehrsbezeichnung „Trüffel“ aufgeführt:
Verkehrsbezeichnungen Wisseschaftliche Bezeichnungen Handelswert € / kg

Burgundertrüffel

Tuber uninatum Chatin
(auch T. aestivum forma uninatum)

 

Chinesische Trüffel,
China-Trüffel
(s. auch Schwarze Trüffel)

Tuber indicum C. & M. (inklusive T. himalayense Zhang&Minter; T. sinense Tao & Liu)

60 – 200 für T. indicum

Kalaharitrüffel

Terfezia pfeilli Hennings

 

Löwentrüffel

Terfezia leonis Tul.
(synonym T. arenaria (Moris) Trappe)

 

Périgordtrüffel

Tuber melanosporum Vitt.

800 – 3000

Piemonttrüffel,
Weißer Piemonttrüffel

Tuber magnatum (Pico) Vitt.

1500 – 6000

Schwarze Trüffel
(s. auch Chinesische Trüffel, China-Trüffel)

Tuber indicum C. & M. (inklusive T. himalayense Zhang&Minter; T. sinense Tao & Liu)

60 – 200 für T. indicum

Sommertrüffel

Tuber aestivum Vitt.
(im weiteren Sinne auch inklusive T. bituminatum Berk & Br., T. macrosporum Vitt., T. mensentericum Vitt.)

400 – 600 für T. aestivum,
80 – 150 für T. mensentericum

Weißertrüffel

Choiromyces venosus (Fr.) Th. Fr.
(Synonym: C. maeandriformis Vitt.)

 

Wintertrüffel

Tuber brumale Vitt

400 – 600

 

In Trüffelprodukten im Handel sind in erster Linie nur Trüffel der Gattung „Tuber“ von Bedeutung. Die Wüstentrüffel (Terfezia) und Mäandertrüffel (Choiromyces) haben mit den echten Trüffeln außer den knollenförmigen, unterirdischen Fruchtkörpern wenig gemeinsam: weder geruchlich noch geschmacklich. Außerdem sind alle „unechten“ Trüffeln roh genossen giftig.

Beim Inverkehrbringen von Trüffeln sowie beim Handel mit getrüffelten Lebensmitteln besteht in Deutschland keine Pflicht zur wissenschaftlichen Bezeichnungen der verwendeten Trüffelarten. Im Gegensatz zur Schweiz[4] und zu Frankreich [5] ist in Deutschland kein Mindestanteil an Trüffeln festgelegt, den ein Produkt enthalten muss,  um „Trüffel“ in der Produktbezeichnung führen zu dürfen.

 

Untersuchte Proben und mikroskopische Ergebnisse:
  Mikroskopische Aufnahmen Charakteristika der Sporen der gefundenen Trüffelart[2]
Probe 1

Produkt

Trüffelschinken

Abbildung: "Ascus mit 4 Sporen von T. aestivum, 400 x, angefärbt mit Baumwollblau".

Ascus mit 4 Sporen von
T. aestivum, 400 x,
angefärbt mit Baumwollblau

Rundlich bis ellipsoid, hellgelb bis hellbraun, grobmaschig netzig-wabig, Waben unregelmäßig polygonal. Die netzig-wabige Ornamentierung ist gut in Baumwollblau zu sehen. 1-6, meist 4 Sporen pro Ascus

deklariert

Trüffel

gefundene Sporen

T. aestivum

Probe 2

Produkt

Leberpastete mit Trüffeln

Abbildung: "Ascus mit 3 Sporen von T. indicum, 1000 x".

Ascus mit 3 Sporen von T. indicum, 1000 x

Ellipsoid, je nach Reifegrad hellbraun bis schwarz, opak, mit plumpen Stacheln, deren Spitzen häufig umgebogen sind, Stachelbasis breit und teils verbunden. Die stellenweise bei Berührung angrenzender Stacheln können ein netziges Muster andeuten.

(1) 2-4 (5), meist 4 Sporen pro Ascus

deklariert

Trüffel

gefundene Sporen

T. indicum

Probe 3

Produkt

Gekochter Schinken mit Trüffeln

Abbildung: "Ascus mit 4 Sporen von T. aestivum, 400 x".

Ascus mit 4 Sporen von T. aestivum, 400 x

s. Produkt Nr. 1

deklariert

Trüffel

gefundene Sporen

T. aestivum

Probe 4

Produkt

Leberwurst mit Trüffeln

Abbildung: "Ascus mit 4 Sporen von T. melanosporum, 400 x".

Ascus mit 4 Sporen von T. melanosporum, 400 x

Länglich ellipsoid, mit zunehmender Reife von hellbraun nach schwarzbraun, reif opak,  mit kurzen Stacheln, deren Basis teils miteinander verbunden sind, wodurch ein feinscholliges Oberflächemuster entsteht.

1-4 (6), meist 3 (4) Sporen pro Ascus

deklariert

T. melanosporum

gefundene Sporen

T. melanosporum

Probe 5

Produkt

Trüffelravioli

Abbildung: "Asci mit 1 und 2 Sporen von T. borchii, 400 x".

Asci mit 1 und 2 Sporen von T. borchii, 400 x

Ellipsoid, hellgelb bis hellbraun, eng netzma-schige Oberfläche, Maschenweite recht konstant für jede einzelne Spore 1-4, meist 2-3 Sporen pro Ascus

deklariert

Trüffel

gefundene Sporen

T. borchii

Probe 6

Produkt

Trüffelkäse

Abbildung: "Ascus mit 3 bzw. 4 Sporen von T. aestivum, 400 x, SW Aufnahme".

Ascus mit 3 bzw. 4 Sporen von T. aestivum, 400 x, SW Auf-nahme

s. Produkt Nr. 1

deklariert

Trüffelaroma

gefundene Sporen

T. aestivum

Probe 7

Produkt

Trüffelschinken

Abbildung: "Ascus mit 3 Sporen von T. indicum, 1000 x".

Ascus mit 3 Sporen von T. indicum, 1000 x

s. Produkt Nr. 2

deklariert

2 % Schwarze Trüffel (Tuber indicum)

gefundene Sporen

T. indicum

Probe 8

Produkt

Triangoloni mit Steinpilzen und Trüffeln

Kein Trüffelsporen zu sehen

 

deklariert

0,0006 % Tuber magnatum Pico

gefundene Sporen

Probe 9

Produkt

Trüffelbratwurst

Abbildung: "Ascus mit 6 Sporen von T. aestivum, 400 x".

Ascus mit 6 Sporen von T. aestivum, 400 x

s. Produkt Nr. 1

deklariert

Sommertrüffel

gefundene Sporen

T. aestivum

Probe 10

 

 

 

 

Produkt

Trüffelbutter

Abbildung 10a: "Ascus mit 3 Sporen von T. indicum, 400 x".

Ascus mit 3 Sporen von T. indicum, 400 x

s. Produkt Nr. 2

deklariert

Trüffel

gefundene Sporen

 

T. indicum

 

T. pseudohimalayense

Abbildung 10b: "Asci mit 6 bzw. 7 Sporen von T. pseudohimalayense, 400 x". Abbildung 10c: "Asci mit 6 bzw. 7 Sporen von T. pseudohimalayense, 400 x".

Asci mit 6 bzw. 7 Sporen von T. pseudohimalayense, 400 x

Ellipsoid, hellgelb bis dunkel- und kastanienbraun, schwach transparent, mit stachelig-netziger Ornamentierung, an der Basis miteinander verbunden, feinmaschig, Marscheweite bei jeder einzelnen Spore recht konstant
1-8, meist 4-6 Sporen pro Ascus

 

In einer Probe Trüffelschinken (Probe 1), bei der lediglich „Trüffel“ angegeben war, wurde überraschenderweise T. aestivum (Sommertrüffel) gefunden. Bei einem anderen Trüffelschinken mit „2 % Schwarzer Trüffel (T. indicum)“ (Probe 7) in der Zutatenliste konnte auch tatsächlich nur die in „Leitsätzen für Pilze und Pilzerzeugnisse“[3] unter der Verkehrsbezeichnung „Schwarze Trüffel“ aufgelistete, günstigere T. indicum bestätigt werden. Allerdings wird unter „schwarze Trüffel“ im landläufigen Sprachgebrauch häufig die erheblich teurere T. melanosporum (truffe noire, black truffle) verstanden.

 

Ein Trüffelkäse (Probe 6) aus einer Käsetheke wurde zwar nur mit „Trüffelaroma“ gekennzeichnet, allerdings konnten wir bereits unter einer 10x Lupe die typische Trüffel-Peridien und -Gleba sehr gut erkennen und unter dem Mikroskop sogar die Sporen von T. aestivum in großer Menge finden. Dass das an sich hochwertige Produkt „minderwertig“ gekennzeichnet wurde, lässt vermuten, dass der Verkäufer sich nicht auskennt und einer eventuellen Täuschung auf diese Weise vorbeugen wollte.

 

Als Exoten wurde in einer Trüffelbutter (Probe 10) neben T. indicum etwa in gleichen Mengen Sporen von T. pseudohimalayense gefunden.Mikroskopisch sind zwar die Sporen von T. pseudohimalayense mit denen der hochwertigen Bianchetti-Trüffel (T. borchii) schwer zu unterscheiden, jedoch enthält ein Ascus von T. pseudohimalayense 1-8 und meist 4-6 Sporen, während die Asci von T. borchii 1-4 und meist 2-3 Sporen [1, 2]. Außerdem ließen die untersuchten Trüffelstücke bei 10facher Vergrößerung dicke, dunkelbraun bis schwarze Peridien erkennen, während T. borchii dünnwandige helle Peridien besitzt. Somit ist der Befund von T. pseudohimalayense eindeutig. T. pseudohimalayense sind selten im Handel und soll laut Literatur wenig intensiv riechen. Sporen dieser Art wurden schon neben Sporen von T. indicum, T. aestivum und Terfezia leptoderma in einer getrüffelten Streichleberwurst gefunden, die lediglich T. aestivum als enthaltene Trüffel deklariert hatte[2].

 

Bei der Probe „Triangoloni“ (Probe 8), die laut der Kennzeichnung  die teure Alba-Trüffel (T. magnatum) zu 0,0006 % enthält und auffällig stark nach Trüffel roch, konnten wir erwartungsgemäß selbst nach mehrmaligen Beprobungen keine Sporen sichten. Die Kennzeichnung mag beim Verbraucher die Annahme erwecken, auf Grund der genannten teuersten Trüffelart ein hochwertiges Produkt erworben zu haben, das jedoch in einer 250 g Packung nur 0,0015 g Trüffel enthält, die einen Marktwert von lediglich 0,009 Euro haben. Diese Kennzeichnung wäre in einigen Ländern Europas nicht statthaft. So dürfen beispielsweise Lebensmittel in der Schweiz nicht mit einem besonderen Hinweis auf „Trüffel“ gekennzeichnet werden, wenn ihr Anteil an Trüffel weniger als 1 Massenprozent beträgt[4].

 

Fazit

Trüffelbetrug ist zwar allgemein weit verbreitet, scheint jedoch im Bereich der industriell hergestellten Fertigprodukte eher selten zu sein, wahrscheinlich auf Grund der leichten Nachprüfbarkeit. Viele Trüffelprodukte sind nur unspezifisch mit „Trüffel“ gekennzeichnet, so dass auch die Verwendung minderwertiger Trüffeln keinen Betrug darstellt. Trüffelprodukte, die hinsichtlich der Trüffelart spezifisch gekennzeichnet waren, enthielten bei unserer Untersuchung weitgehend korrekt den deklarierten Inhalt. Um einer Irreführung der Verbraucher durch die Verwendung von Bezeichnungen vorzubeugen, die auch minderwertigen Trüffel umfassen, ist z.B. in der Schweiz seit 2008 die vereinfachte Kennzeichnung „Trüffel“ auf Lebensmittel untersagt[4]. Ähnliches gilt auch in Frankreich[5].

 

Anders sieht die Situation jedoch bei Frischwaren aus, wie ein aktueller Bericht[2] zeigt. Gastronomen, Metzger und andere Verarbeiter von Trüffeln sowie Verbraucher, die auf Märkten oder im Handel Trüffeln beziehen, können leicht beim Erwerb von Trüffeln getäuscht und betrogen werden, sei es in betrügerischer Absicht oder arglos durch einen zuvor selbst getäuschten Händler, da eine makroskopische Unterscheidung mancher Trüffelarten großer Erfahrung bedarf. Es sollten dringend Untersuchungen angestellt werden, die Aufschluss über die Qualität und korrekte Kennzeichnung der im Handel angebotenen Trüffeln geben, zum Schutz der Verbraucher und in Anbetracht der hohen Erlöse, die Betrüger hier erzielen können bzw. der hohen finanziellen Schäden, die getäuschte Verbraucher erleiden. Unser Haus wird demnächst neben der weiteren Untersuchung von Trüffeln in Fertigprodukten auch Proben aus Märkten, dem Handel, der Gastronomie und von kleineren Verarbeitern zur Untersuchung beziehen.

 

Literatur und Vergleichsmaterial:

  • [1] René Flamme: Chinesische Marktpilze und Pilzmärkte (2): Trüffel. Schweizerische Zeitschrift für Pilzkunde / Bulletin Suisse de Mycologie (SZP/BSM) 2005 (6), 256-7.
  • [2] René Flamme, Thomas Flammer, Peter Reil: Trüffeln-Leitfaden zur Analyse der im Handel vorkommenden Arten (2013). IHW-Verlag, Eching, ISBN 978-3-930167-77-7.
  • [3] Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Leitsätze für Pilze und Pilzerzeugnisse (2008).
  • [4] Verordnung des EDI (des Eidgenössischen Departement des Innern) über Speisepilze und Hefe (817.022.106) vom 23. November 2005 (Stand am 1. April 2008).
  • [5] Décret n° 2012-129 du 30 janvier 2012 relatif à la mise sur le marché des truffes et des denrées alimentaires en contenant.
  • Peter Reil (Bösingen) und Dr. Jörg Rau (CVUA Stuttgart) haben freundlicherweise folgendes Material zur Verfügung gestellt:
    - authentische Dauerpräparate von T. melanosporum, T. borchii, T. indicum, T. brumale und mehrere Examplare frischer T. borchii (Peter Reil)

     

    - zwei eingelegte Knollen von T. aestivum (Dr. Jörg Rau).

 

Bildernachweis:

Alle Fotos der Trüffel von Antonio Rodríguez (mit freundlicher Genehmigung) auf: http://www.trufamania.com.

Alle Mikroskop-Aufnahmen von Dr. Pat Schreiter, CVUA Stuttgart.

 

 

Artikel erstmals erschienen am 11.09.2013