Pestizideinsatz bei der Produktion von Bio-Lebensmitteln?

Gemäß EU-Bio-Vorgaben sind in der ökologischen Landwirtschaft weder die Anwendung chemisch synthetischer Pestizidwirkstoffe noch der Einsatz chemisch synthetisierter Düngemittel zugelassen. Das Repertoire erlaubter Pflanzenschutzmitteln ist für den ökologischen Landbau daher stark eingeschränkt. So kommen etwa natürliche Extrakte aus Blüten (Pyrethrum) oder den Samen des Neembaumes (auch Niembaum genannt) zum Einsatz. Auch Mittel auf Basis von Paraffinölen, Pflanzenölen oder tierischen Ölen sowie Mikroorganismen (z. B. Bacillus thuringiensis) und bestimmte anorganische Verbindungen aus Kupfer oder Schwefel werden angewendet. Im Falle von Schädlingen können zusätzlich natürliche Feinde (Nützlingseinsatz) für eine biologische Schädlingsbekämpfung genutzt werden. Im Allgemeinen werden in der biologischen Landwirtschaft bereits im Vorfeld oft robustere Kulturpflanzensorten gepflanzt [1].

 

Was ist Ökomonitoring?

Das Land Baden-Württemberg führt seit 2002 jedes Jahr ein spezielles Überwachungsprogramm im Bereich der ökologisch erzeugten Lebensmittel durch. Das Ökomonitoring-Programm steht im Zusammenhang mit der vom Ministerrat des Landes beschlossenen Gesamtkonzeption zur Förderung des ökologischen Landbaus und erfolgt im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung. Lebensmittel aus ökologischem Anbau werden hier systematisch auf Rückstände und Kontaminanten sowie bezüglich weiterer Fragestellungen untersucht. Ziel des Ökomonitoring-Programms ist es, in dem weiter stark expandierenden Marktsegment Verbrauchertäuschungen besser zu erkennen und das Verbrauchervertrauen in die Qualität ökologisch erzeugter Lebensmittel zu stärken. Wo Bio draufsteht, muss auch Bio drin sein [2].

 

Dass dies auch der Fall ist, zeigen die Ökomonitoring-Berichte der letzten Jahre. So unterscheidet sich ökologisches Obst und Gemüse deutlich von konventionell erzeugter Ware. Sowohl bezüglich der Häufigkeit von Rückstandsbefunden als auch der Rückstandsgehalte chemisch-synthetischer Pestizide. Bei der Mehrzahl der Proben aus ökologischem Anbau sind keine Rückstände an Pflanzenschutzmitteln nachweisbar. Sofern Rückstände festgestellt werden, handelte es sich in der Regel nur um Rückstände einzelner Wirkstoffe im Spurenbereich (kleiner 0,01 mg/kg) und damit um Gehalte, die deutlich unterhalb der Konzentrationen liegen, die üblicherweise nach Anwendung entsprechender Wirkstoffe in konventioneller Ware festgestellt werden [2].

 

Das Ökomonitoring ist ein Gemeinschaftsprojekt der vier Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Baden-Württembergs (CVUAs) in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde für ökologische Produktion in Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Karlsruhe, wobei das CVUA Stuttgart die Koordination und Organisation übernimmt [2].

 

Gibt es auch Pestizidrückstände in Bio-Lebensmitteln?

Meist sind in Bio-Produkten Pestizidrückstände nicht oder nur im Spurenbereich nachzuweisen. Die Befunde unterscheiden sich jedoch signifikant von Rückstandsbefunden in konventionell erzeugten Lebensmitteln. So ist die Anzahl an verschiedenen Pestizidrückständen in einer Probe aus einem ökologisch erzeugten Produkt in der Regel geringer als in konventioneller Ware [2].

 

In der Verordnung Nr. 396/2005 der EU sind Höchstgehalte für einzelne Pestizidwirkstoffe und für bestimmte Lebensmittel festgelegt. Darüber hinaus gibt es für Bio-Produkte bislang keine gesetzlich festgelegten Höchstgehalte.

 

Was passiert, wenn doch Rückstände in Bio-Lebensmitteln gefunden werden?

Die EG Öko-Verordnung erlaubt praktisch keine Anwendung chemisch synthetischer Pestizide. Allerdings gibt es in der Öko-Verordnung keine speziellen Grenzwerte, die die Verkehrsfähigkeit von Öko-Lebensmitteln mit Pestiziden regelt: für Öko-Lebensmitteln gelten nach der VO (EG) 396/2005 die gleichen Grenzwerte wie für konventionelle Lebensmittel, was unserer Auffassung nach nicht der Verbrauchererwartung entspricht.

Angesichts der hohen Messempfindlichkeit der Nachweismethoden muss ein Bio-Produkt, das nachweisbare Rückstände von Pflanzenschutzmitteln enthält, nicht zwangsläufig unzulässig behandelt oder mit konventioneller Ware vertauscht bzw. vermischt worden sein.

 

Die Untersuchung ökologischer Produkte im Rahmen des Ökomonitorings hat gezeigt, dass bei Erzeugnissen aus ökologischem Landbau in der Regel und auch unter Berücksichtigung von Abdrift und Umweltkontamination keine bestimmbaren Rückstände über dem von der baden-württembergischen Lebensmittelüberwachung für amtliche Maßnahmen erarbeiteten analytischen „Orientierungswert“ von 0,01 mg/kg zu erwarten sind. Ein Wert von 0,01 mg/kg zur Beurteilung von Bio-Produkten findet sich auch im ehemals gültigen Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG). Damals entsprach dieser Wert jedoch der Nachweisgrenze bei der Analytik von Pestizidwirkstoffrückständen.

 

Wichtig ist, dass der Wert von 0,01 mg/kg heute nicht einen Grenzwert darstellt, bei dessen Überschreiten feststeht, dass das Produkt nicht entsprechend der Regeln der EG-Öko-Verordnung erzeugt wurde. Vielmehr handelt es sich um einen Schwellenwert, oberhalb dessen festgestellt werden muss, woher die Rückstandsbelastung stammt.

Rückstandsgehalte die oberhalb dieses Orientierungswertes liegen, sind bei vielen Pflanzenkulturen ein deutlicher Hinweis, dass gegen die Pflanzenschutzmittel-Anwendungsverbote der Öko-Verordnung verstoßen wurde, dass eine Kontamination während der Verarbeitung stattgefunden hat oder dass konventionelle Waren zu „Bio“-Produkten umdeklariert wurden. In diesen Fällen, wird von einer Verbrauchertäuschung ausgegangen und die Ware als irreführend gekennzeichnet beurteilt.

 

Woran erkennt man Bio?

Bei Produkten, die mit „Bio“ oder „Öko“ gekennzeichnet sind, müssen mindestens 95 % der landwirtschaftlich gewonnenen Bestandteile aus ökologischer Landwirtschaft stammen. Auf der Verpackung darf und muss in diesem Fall auch das EU-Bio-Logo abgebildet sein. Darüber hinaus können zusätzliche Werbe-Logos, das nationale Bio-Logo oder Bio-Verbands-Logos verwendet werden. Bio-Verbänden wie beispielsweise Demeter oder Naturland haben zusätzliche, verbandsinterne Anforderungen an ihre Produkte, die über die gesetzlichen Mindestanforderrungen für Bio-Ware hinausgehen.

 

Bestehen die landwirtschaftlich gewonnenen Bestandteile eines Produktes aus weniger als 95 % bio, sind Bio-Logos oder die Bewerbung mit „Bio“ oder ähnlichen, sinngemäßen Ausdrücken verboten. Auch das EU-Bio-Logo ist dann nicht erlaubt. Im Zutatenverzeichnis ist insbesondere bei den „weniger als 95 % Bio-Proben“ noch genau aufgeführt, welche Bestandteile des Produktes aus ökologischer Landwirtschaft stammen.

 

Der Code der Kontrollstelle und der Ort der Erzeugung der Bio-Zutaten dürfen bei allen Bio-Produkten nicht fehlen. Ist ein EU-Bio-Logo vorhanden, sind diese Angaben in der Regel direkt unter dem Logo zu finden.

 

Damit sind Bio-Produkte und Bio-Zutaten in Lebensmitteln leicht zu erkennen:

 

Abbildung 1: Das offizielle EU-Siegel für ökologisch erzeugte Lebensmittel (links) und das offizielle deutsche Bio-Siegel (rechts).

Abbildung 1: Das offizielle EU-Siegel für ökologisch erzeugte Lebensmittel (links) und das offizielle deutsche Bio-Siegel (rechts).

 

Abbildung 2: Beispiele von Bio-Siegeln bestimmter Verbände oder Firmen.

Abbildung 2: Beispiele von Bio-Siegeln bestimmter Verbände oder Firmen.

 

Literatur

[1] Flyer des BVL zum Thema Pflanzenschutzmittel

[2]  Ökomonotoring Baden-Württemberg

 

Artikel erstmals erschienen am 18.01.2016