Caipirinha – Sommergenuss mit oder ohne Pestizide?

Hanna Dias

 

Die Sonne genießen, Freunde treffen und vielleicht den ein oder anderen Cocktail trinken – das ist der Sommer. Ein Klassiker unter den Cocktails ist der aus Brasilien stammende Caipirinha. Nur vier Zutaten (Zuckerrohrschnaps, Rohrzucker, Limetten und Crushed Ice) braucht es für den erfrischenden Cocktail. Doch wie beeinflusst die Wahl der Limetten den Pestizidgehalt im Cocktail? Das CVUA Stuttgart hat Cocktails mit konventionellen Limetten, konventionellen Limetten mit dem Hinweis „Schale zum Verzehr geeignet“ und Limetten aus ökologischem Anbau zubereitet und den Pestizidgehalt gemessen. Rechtliche Vorgaben, welche Limetten für die Zubereitung des Cocktails verwendet werden dürfen, gibt es nicht. Doch die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede.

 

Foto der für die Caipirinha-Zubereitung benötigten Zutaten.

 

Limetten – Schale zum Verzehr geeignet?

Zum Schutz vor einem Verderb während des Transports und der Lagerung werden die Schalen von Zitrusfrüchten häufig mit Nacherntebehandlungsmitteln behandelt. Typische Nacherntebehandlungsmittel sind die Fungizide Imazalil, Thiabendazol, Orthophenylphenol und Pyrimethanil. Doch wie erkennt man, ob die Schale von Limetten behandelt wurde oder nicht?

 

Wird zur Konservierung der Wirkstoff Thiabendazol verwendet, so muss auf der Verpackung oder auf einem Schild bei der Ware die Angabe „konserviert mit Thiabendazol“ erfolgen. Werden jedoch andere Wirkstoffe zur Oberflächenbehandlung der Schale eingesetzt, so ist die Angabe der Stoffe nur bei Zitronen, Orangen und Mandarinen (einschließlich Satsumas, Clementinen, Tangerinen) verpflichtend. Bei Limetten kann die Angabe freiwillig erfolgen. Daher findet man dennoch häufig die Angabe „konserviert mit …“ auch bei Limetten. Wird bei Limetten keine Angabe zu einer Nacherntebehandlung gemacht, so ist diese jedoch nicht auszuschließen.

 

Findet keine Nacherntebehandlung der Schale statt, wird dies meist mit der Angabe „Schale zum Verzehr geeignet“ oder „Schale nach der Ernte unbehandelt“ kenntlich gemacht. Erfolgt die Angabe „unbehandelt“, so ist weder eine Nacherntebehandlung, noch eine Anwendung von Pflanzenschutzmitteln vor der Ernte erlaubt. Im ökologischem Anbau ist eine Oberflächenbehandlung bei Zitrusfrüchten generell nicht erlaubt.

 

Infokasten

„gewachst“

Außer Fungiziden wird auch Wachs (z. B. Bienenwachs) zur Oberflächenbehandlung von Zitrusfrüchten verwendet. Dies muss bei allen Zitrusfrüchten durch die Angabe „gewachst“ gekennzeichnet sein. Die Wachsschicht schützt die Zitrusfrüchte vor Wasserverlust und somit vor Austrocknung. Zitrusfrüchte, die gewachst wurden, haben ein glänzende Schale. Das Wachs und die Fungizide werden meist zusammen für die Oberflächenbehandlung von Zitrusfrüchten verwendet.

 

Eine Oberflächenbehandlung der Schale führt zu vergleichsweisen hohen Rückstandsgehalten. Während die Limetten mit behandelter Schale einen mittleren Rückstandsgehalt von 4,9 mg/kg aufweisen, so haben Limetten mit dem Hinweis „Schale zum Verzehr geeignet“ einen deutlich geringeren mittleren Rückstandsgehalt von 0,19 mg/kg (Untersuchungszeitraum 2021 bis Mitte August 2023). Der mittlere Rückstandsgehalt von Limetten aus ökologischem Anbau ist mit 0,003 mg/kg nochmals deutlich niedriger. Untersucht wurde jeweils die ganze Limette mit Schale.

 

Tabelle 1: Rückstandsgehalte in Limetten (2021 – Mitte August 2023)
 
Anzahl Proben
Mittlerer Rückstandsgehalt [mg/kg Probe]
Stoffe pro Probe
Proben > Höchstgehalt
Konventioneller Anbau; Hinweis: Schale behandelt ("konserviert mit …")
11
4,9
9,8
3
(1x Chlorpyrifos, 1x Chlorfenapyr, 1x Chlorat)
 
Konventioneller Anbau; keine Angabe zu Nach-erntebehandlung
3
2,5
8,7
1
(1x Profenofos)
Konventioneller Anbau; Hinweis: Schale zum Verzehr geeignet
8
0,19
3,9
0
Ökologischer Anbau
10
0,003
0,3
0

 

Mehr Informationen zu der Rückstandssituation in Limetten bzw. Zitrusfrüchten gibt es in unserem Beitrag „Rückstände und Kontaminanten in Frischobst aus konventionellen Anbau 2022“.

 

Caipirinha – mit oder ohne Pestizide?

Dass man für den Abrieb von Schalen z. B. für das Backen nur Zitrusfrüchte mit unbehandelten Schalen verwenden sollte, ist bekannt. Aber was ist, wenn man die Limetten selbst nicht verzehrt, aber diese beispielsweise für die Zubereitung eines Cocktails verwendet? Gibt es da Unterschiede in den Pestizidgehalten?

 

Um dies herauszufinden haben wir Caipirinhas wie folgt zubereitet und analysiert:

Zutaten

  • 6 cl Zuckerrohrschnaps
  • 1 Limette
  • 1EL brauner Zucker
  • Crushed Ice

Zubereitung

  • Limetten achteln und zusammen mit braunem Zucker mit einem Stößel zerdrücken
  • Glas mit Crushed Ice auffüllen und Zuckerrohrschnaps zugeben
  • Glasinhalt verrühren und ggf. nochmal Crushed Ice zugeben

 

Für die Analyse haben wir das Eis schmelzen lassen und den Glasinhalt nochmals verrührt. Anschließend haben wir die Flüssigkeit und evtl. Stücke von Limettenfruchtfleisch mit den für die Pestizidanalytik typischen Aufarbeitungsmethoden "QuEChERS" und "QuPPe“ aufgearbeitet und analysiert. Ziel war es, alles was durch einen Strohhalm passt und somit verzehrt wird, mit zu analysieren. Parallel dazu wurde auch der Pestizidgehalt der Limetten gemessen, aus denen die Caipirinhas hergestellt wurden. Die Limetten wurden bei unserem Versuch vor der Zubereitung der Caipirinhas nicht gewaschen.

 

Tabelle 2: Vergleich Rückstandsgehalte in Limetten und Caipirinha (2023)
 
 
Anzahl Proben
Mittlerer Rückstandsgehalt [mg/kg Probe]
Stoffe pro Probe
Konventioneller Anbau; Hinweis: Schale behandelt ("konserviert mit …")
Limetten
2
2,81
14
Caipirinha
0,71
5
Konventioneller Anbau; keine Angabe zu Nacherntebehandlung
Limetten
1
2,07
19
Caipirinha
0,22
5
Konventioneller Anbau; Hinweis: Schale zum Verzehr geeignet
Limetten
2
0,39
10,5
Caipirinha
0,004
1,5

 

Der Versuch zeigt, dass durchaus Pestizide aus den Limetten in den Caipirinha übergehen. Bei Caipirinhas, die mit Limetten mit dem Hinweis „Schale zum Verzehr geeignet“ hergestellt wurden, gehen ca. 1 % der Pestizide aus den Limetten in den Caipirinha über – verwendet man Limetten, deren Schale konserviert wurden, sind es ca. 25 %. Der vergleichbar höhere mittlere Rückstandsgehalt in Caipirinhas, die mit Limetten mit behandelter Schale hergestellt wurden, resultiert zum einen daraus, dass der mittlere Rückstandsgehalt in den Limetten ebenfalls deutlich höher ist und zum anderen daraus, dass sich die Oberflächenbehandlungsmittel leichter in dem Alkohol-Wasser-Gemisch des Caipirinhas lösen können, als beim Anbau angewendete Pestizide.

 

Bei den Limetten mit behandelter Schale sind folgende Stoffe in Gehalten > 0,01 mg/kg in den Caipirinha übergegangen:

  • Phosphonsäure (Fungizid)
  • Azoxystrobin (Fungizid)
  • Fludioxonil (Fungizid)
  • Imidacloprid (Insektizid)
  • Thiabendazol (Oberflächenbehandlungsmittel, Fungizid)
  • Imazalil (Oberflächenbehandlungsmittel, Fungizid)

 

Das Oberflächenbehandlungsmittel Imazalil steht im Verdacht, auf den Menschen eine karzinogene Wirkung zu haben [1]. Noch ein Grund, warum Zitrusfrüchte mit behandelter Schale nicht verzehrt werden sollen und – wie unser Versuch zeigt – auch nicht zur Zubereitung von Cocktails verwendet werden sollen.

 

Abbildung 1: Gehalte an Pflanzenschutzmittelrückständen (Summer aller Rückstände) in konventionellen Limetten und daraus hergestelltem Caipirinha im Vergleich (5 Proben, CVUAS 2023).

Abbildung 1: Gehalte an Pflanzenschutzmittelrückständen (Summer aller Rückstände) in konventionellen Limetten und daraus hergestelltem Caipirinha im Vergleich (5 Proben, CVUAS 2023)

 

Der Versuch wurden nicht nur mit konventionellen Limetten durchgeführt, sondern auch mit zwei Proben Limetten aus ökologischem Anbau. Sowohl in den Limetten, als auch im Caipirinha wurden keine bestimmbaren Gehalte an Pflanzenschutzmittelrückständen gemessen.

 

Fazit

Nicht nur vor dem Backen, sondern auch vor dem Zubereiten von Cocktails lohnt sich ein Blick auf das Etikett oder Schild bei Zitrusfrüchten. Auch wenn die Schale selbst nicht mit verzehrt wird, so können dennoch Pestizide in den Cocktail übergehen. Daher sollten für die Zubereitung nur Zitrusfrüchte verwendet werden, die mit dem Hinweis „Schale zum Verzehr geeignet“ gekennzeichnet sind. Auch bei diesen Zitrusfrüchten können jedoch die in der Frucht vorhanden Pestizide in den Cocktail übergehen. Wer auf Nummer sichergehen möchte, sollte Zitrusfrüchte aus ökologischem Anbau verwenden – denn wo keine Pestizide beim Anbau angewendet werden, kann auch nichts in den Cocktail übergehen.

 

Bildernachweis

Anne Benkenstein

 

Quellen

[1] Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353/1), zuletzt geändert durch die Delegierte Verordnung (EU) 2023/1435 vom 2. Mai 2023 (ABl. L 176/6)

 

Artikel erstmals erschienen am 20.09.2023