Streptococcus agalactiae bei Asiatischen und Afrikanischen Elefanten
Ein Bericht aus unserem Laboralltag
Jörg Rau (CVUAS), Tobias Eisenberg (LHL), Tobias Knauf-Witzens (Wilhelma), Reinhard Sting (CVUAS)
Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Zootierärzten, Landeslaboren und Universitäten sowie dem Nationalen Referenzzentrum für Streptokokken ermöglichte einen umfangreichen Vergleich der bei diesen beliebten großen Exoten bisher nur wenig beachteten Bakterien aus Wundinfektionen.
Abb. 1: Asiatische Elefanten im zoologischen Garten (Foto: Wilhelma, Stuttgart).
Erkrankte Zootiere stellen immer wieder eine besondere Herausforderung für die behandelnden Tierärzte wie auch für die an der Diagnose beteiligten Untersuchungslabore dar. Die zum Teil seltenen und bedrohten Tierarten können ungewöhnliche, bisher nicht beschriebene Mikroorganismen tragen [1,2]. Auch kann die Ursache einer Erkrankung exotischer Tiere aufgrund der Seltenheit der Patienten oder der nur geringen Fallzahlen noch unzureichend geklärt sein. In solchen Fällen ist eine zielgerichtete Behandlung der Krankheit erschwert.
In einer aktuellen Studie wurde der Zusammenhang des Bakteriums Streptococcus agalactiae (S. agalactiae) mit infizierten Hautwunden und chronischen Nagelbettentzündungen (Pododermatitis, Abb. 2) Asiatischer und Afrikanischer Elefanten beleuchtet [1]. Durch die gezielte Anfrage des Hessischen Landeslabors, gerichtet an Zootierärzte und Labore, wurden 23 Bakterien-Isolate von Elefanten aus vier Zoos, 20 Isolate von anderen Tierarten und drei Isolate vom Menschen, die über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren gesammelt worden waren, für diese Studie zusammengetragen.
Abb. 2: Verschiedene mit S. agalactiae infizierte Hautstellen (A, B) und ein Fuß eines asiatischen Elefanten mit Pododermatitis (C) (Foto: T. Eisenberg, LHL).
Streptococcus agalactiae (s. Abb. 3) ist sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin gut bekannt (s. Infokasten). Bei Nutztieren tritt diese Streptokokken-Art vornehmlich als Erreger des sogenannten Gelben Galts, einer Euterentzündung der Milchkühe, seltener auch der kleinen Wiederkäuer, auf. Bei Elefanten in freier Wildbahn ist S. agalactiae bereits in Verbindung mit Entzündungen des Nagelbettes beobachtet worden [3]. Bei Elefanten in menschlicher Obhut gab es hierzu aber nur vereinzelte Berichte und bisher keine umfangreichen Studien.
Infokasten
Streptococcus agalactiae
Bakterien der Gattung Streptococcus (S.) gehören zu der Familie der Streptococcaceae, die sich im Mikroskop als Gram-positive kugelförmige Bakterien (Kokken) darstellen. Unter dieser weit verbreiteten Familie gibt es harmlose (apathogene) Arten, aber auch pathogene Spezies, die beispielsweise für Scharlach, eine eitrige Entzündungen des Rachens (S. pyogenes), Karies (S. mutans) oder Lungenentzündungen (S. pneumoniae) verantwortlich sind.
Der β-hämolysierende Vertreter Streptococcus agalactiae (Abb. 3) ist in der Veterinärmedizin hauptsächlich als Erreger des „Gelben Galt“, einer von Kuh zu Kuh übertragbaren (kontagiösen) Euterentzündung (Mastitis) bekannt. Beim Menschen wird S. agalactiae regelmäßig auf den Schleimhäuten des weiblichen Genitaltraktes nachgewiesen und kann während einer Schwangerschaft unbehandelt zu Infektionen des Neugeborenen führen.
Der Zusammenhang einer S. agalactiae Infektion mit chronischen Pododermatiden und anderen Entzündungen der Haut von Elefanten wurde nun durch Eisenberg et al., 2017 näher beleuchtet [1].
Bei guter Pflege können Elefanten unter menschlicher Obhut ein sehr hohes Lebensalter erreichen. Die „betagten“ Tiere können – auch infolge einer altersbedingten Schwächung ihres Immunsystems – an sich harmlose Haut- oder die bereits beschriebenen Fußerkrankungen (Pododermatiden) schlechter ausheilen, weshalb solche Entzündungsprozesse einen bisweilen langwierigen, chronischen Verlauf nehmen (Abb. 2). Ein vertieftes Wissen über diese bakteriellen Infektionen ist daher die Grundlage für verbesserte Behandlungsstrategien und Therapieansätze.
In der neuen Studie wurden daher die gesammelten S. agalactiae Isolate mit modernen Methoden der Mikrobiologie umfangreich verglichen, wobei jedes der beteiligten Laboratorien einen Anteil übernahm: Mitarbeiter des Landesbetriebs Hessisches Landeslabor (LHL) initiierten und koordinierten die Studie, bestätigten die Isolate und stellten umfangreiche biochemische und Antibiotika-Profile zusammen. Serotypisierungen wie auch den aufwändigen molekularbiologischen Vergleich mit der hoch auflösenden Pulsfeld-Gelelektrophorese und der sog. RAPD (Random Amplified Polymorphic DNA) PCR übernahmen das Nationale Referenzzentrum für Streptokokken an der Universität Aachen sowie Kolleginnen und Kollegen an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Abb. 3: Streptococcus agalactiae auf Schafblutagar, im Durchlicht zeigt sich die β-Hämolyse (Foto: M. Dyk, CVUAS).
Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart brachte vor Allem seine Kompetenz in der Identifizierenden Spektroskopie ein. Für Gattungs- und Speziesdiagnosen kommen hier routinemäßig die MALDI-TOF Massenspektrometrie (MS) und für feinere Differenzierungen unterhalb der Speziesebene die Fourier-Transformations-Infrarotspektroskopie (FT-IR) zum Einsatz. Insbesondere die langjährige Erfahrung des CVUA Stuttgart mit der FT-IR war gefragt.
Die Vergleiche mit den verschiedenen Methoden ließen die Unterscheidung verschiedener Infektionsmuster für die Isolate zu. Die Elefanten-Isolate aus jeweils demselben Zoo glichen sich, wohingegen es zwischen den Zoos erkennbare Unterschiede gab. In einem Zoo ließen sich zudem zwei zeitlich getrennte Infektionsgeschehen nachweisen. Auffällig war die hohe Zahl an Isolaten, für die kein Serotyp ermittelt werden konnte. Die Isolate konnten hingegen mit Hilfe der PFGE, der RAPD PCR und der FT-IR abhängig von der Herkunft der Isolate mindestens sechs verschiedenen Linien zugeordnet werden.
Unter Leitung des LHL wurden die Labor-Ergebnisse mit den Fallbeschreibungen der Zootierärzte zusammengefasst und in der Fachzeitschrift Veterinary Microbiology veröffentlicht [1]. Dieses Projekt zeigt, dass die Erkenntnisse und der Austausch unter den behandelnden Tierärzten und den in den Laboren arbeitenden Wissenschaftlern wirksam zur Vorbeugung und Behandlung dieser und anderer Bakterieninfektionen beitragen können.
Für die MALDI-TOF MS wurde bereits die Datenbank der Untersuchungsämter Baden-Württembergs um Referenzeinträge aus der Elefantenstudie ergänzt. Diese Einträge stehen dem Fachpublikum zum Austausch über die MALDI-TOF User Plattform http://maldi-up.ua-bw.de zur Verfügung [4].
Quellen
[1] Eisenberg T, Rau J, Westerhüs U, Knauf-Witzens T, Fawzy A, Schlez K, Zschök M, Prenger-Berninghoff E, Heydel C, Sting R, Glaeser SP, Pulami D, van der Linden M, Ewers C 2017: Streptococcus agalactiae in elephants – A comparative study with isolates from human and zoo animal and livestock origin. Veterinary Microbiology 204: 141–150; http://dx.doi.org/10.1016/j.vetmic.2017.04.018
[2] Sammra O, Rau J, Wickhorst JP, Alssahen M, Hassan AA, Lämmler C, Kämpfer P, Glaeser SP, Busse HJ, Kleinhagauer T, Knauf-Witzens T, Prenger-Berninghoff E, Abdulmawjood A, Klein G 2017: Arcanobacterium wilhelmae sp. nov., isolated from the genital tract of a rhinoceros (Rhinoceros unicornis). Int. J. Syst. Evolut. Microbiol. Published Ahead of Print: 10 January, 2017; doi: 10.1099/ijsem.0.001784
[3] Keet DF, Grobler DG, Raath JP, Gouws J, Carstens J, Nesbit JW, 1997: Ulcerative pododermatitis in free-ranging African elephant (Loxodonta africana) in the Krüger National Park. Onderstepoort J. Vet. Res. 64, 25
[4] Rau J, Eisenberg T, Männig A, Wind C, Lasch P, Sting, R. 2016: MALDI-UP – An Internet Platform for the Exchange of MALDI-TOF Mass Spectra – User guide for http://maldi-up.ua-bw.de. Aspects of Food Control and Animal Health. 2016-1, 1–17.