Vermehrtes Auftreten der Tularämie (Hasenpest) im Ostalbkreis und ein seltener Fall bei einem Wildschwein erfordern vermehrte Achtsamkeit

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Birgit Blazey, Dr. Reinhard Sting

 

Die Tularämie (Hasenpest) ist in diesem Jahr in den Monaten Oktober und November vermehrt bei Feldhasen aufgetreten.

Bei der Tularämie handelt es sich um eine vom Tier auf den Menschen übertagbare Infektionskrankheit (Zoonose), die durch das Bakterium Francisella tularensis subsp. holarctica verursacht wird und in Baden-Württemberg weit verbreitet (endemisch) vorkommt [1, 2, 3].

 

Als Erregerreservoir gelten Wildtiere, insbesondere Feldhasen und Mäuse. Das Auftreten der Tularämie wird durch das Auffinden infizierter Feldhasen offensichtlich, während infizierte Mäuse vielfach nicht entdeckt werden.

Neben den zahlreichen Tularämiefällen bei Feldhasen im Ostalbkreis kam im direkt benachbarten Landkreis Heidenheim ein seltener Fall einer Tularämie bei einem Wildschwein hinzu. Diese Infektion ist sicherlich auf das Fressen eines infizierten Kadavers eines Feldhasen zurückzuführen.

Bei diesem Wildschwein wurde Francisella tularensins aus der auffällig geschwollenen Milz isoliert. Das Tier zeigte bei der Sektion als Hauptbefund eine durch Lungenwürmer und nachfolgende bakterielle Infektion verursache hochgradige Pneumonie (Lungenentzündung).

Tularämie beim Wildschwein ist ein seltener Befund. So konnte bisher in Baden-Württemberg in den Untersuchungsämtern nur im Jahr 2010 der Tularämieerreger aus der Leber eines verendeten Wildschweins isoliert werden (CVUA Karlsruhe). Auf die Tularämie zurückführende pathologisch-anatomische Veränderungen sind in der Literatur beim Wildschwein bisher nicht beschrieben.

Zum Vorkommen der Tularämie bei Wildtieren wurden im Zeitraum von 1995 bis 2012 in einer Studie 566 Wildschweine und 457 Füchse in Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen serologisch (auf Antikörper) untersucht. Bei den Wildschweinen wiesen lediglich 1,1 %, bei den Füchsen jedoch 7,4 % der Tiere Antikörper gegen den Tularämieerreger auf [4].

 

Quellen

[1] Stalb S., Polley B., Danner K-J., Reule R., Tomaso H., Hackbart A., Wagner-Wiening C., Sting R. (2017): Detection of tularemia in European brown hares (Lepus europaeus) and humans reveals endemic and seasonal occurrence in Baden-Wuerttemberg, Germany. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift. DOI: 10.2376/0005-9366-16079

[2] Müller W., H. Hotzel, P Otto, A. Karger, B. Bettin, H. Bocklisch, S. Braune, U. Es-kens, S. Hörmansdorfer, R. Konrad, A. Nesseler, M. Peters, M. Runge, G. Schmoock. B.-A. Schwarz. R. Sting, E. Karlsson. M. Forsman, H. Tomaso (2013): German Francisella tularensis isolates from European brown hares (Lepus europaeus) reveal genetic and phenotypic diversity. BMC Microbiology 13, 61. doi: 10.1186/1471-2180-13-61.

[3] Epidemiologisches Bulletin, RKI-Ratgeber für Ärzte, 29. März 2016/ Nr.12, Tularämie (Hasenpest), DOI 10.17886/EPIBULL-2016-019.

[4] Otto P., V. Chaignat., D. Klimpel, R. Diller, F. Melzer, W. Müller, H. Tomaso (2014): Serological investigation of wild boars (Sus scrofa) and red foxes (Vulpes vulpes) as indicator animals for circulation of Francisella tularensis in Germany. Vector Borne Zoonotic Dis. 14, 46-51. doi: 10.1089/vbz.2013.1321.

 

Artikel erstmals erschienen am 16.11.2017