Pseudotuberkulose nicht nur bei Ziegen und Schafen: Ein fataler Fall beim Dromedar

Ein Bericht aus unserem Laboralltag

Dr. Reinhard Sting, Dr. Christine Süß-Dombrowski, Dr. Jörg Rau, Dr. Wolfram Rietschel (Pferdeklinik in Kirchheim/Teck)

 

Die Pseudotuberkulose (käsige Lymphadenitis, Lymphadenitis caseosa), eine bei Ziegen und Schafen bekannte Infektionskrankheit, kommt hierzulande auch bei exotischen Tieren wie Dromedaren vor. Wir berichten hier über einen besonderen Fall einer schweren Pseudotuberkulose-Infektion bei einem Dromedar, die einige Überraschungen bot.

 

Die Pseudotuberkulose wird durch das Bakterium Corynebacterium (C.) pseudotuberculosis hervorgerufen und betrifft bei uns vor allem Ziegen und Schafe. Kleine Wiederkäuer sind allerdings nicht die einzigen Tierarten, die an der Pseudotuberkulose erkranken können. Auch Kameliden sind für den auslösenden Erreger empfänglich.

 

Die Pseudotuberkulose ist eine chronische und bisher unheilbare Infektionskrankheit, die mit Abszessen in den Lymphknoten und oft auch in inneren Organen einhergeht. Zur Bekämpfung der Pseudotuberkulose bei Ziegen wurde deshalb 2016 ein landesweites Programm des Ziegenzuchtverbandes Baden-Württemberg, unterstützt durch das Land Baden-Württemberg und dem Schafherdengesundheitsdienst der Tierseuchenkasse Baden-Württemberg gestartet [1, 2]. Auch andere Bundesländer Deutschlands und unsere Nachbarländer haben begonnen, die Pseudotuberkulose systematisch zu bekämpfen. Grundlagen der Bekämpfung sind klinische Untersuchungen der Tiere zur Erkennung von Abszessen sowie serologische Untersuchungen zum Nachweis von Antikörpern gegen den Erreger, die in unserem Hause durchgeführt werden [2].

 

In dem Fachartikel „Corynebacterium pseudotuberculosis infection in a dromedary (Camelus dromedaries) in Germany“ beschreiben wir den Fall einer schweren Infektion mit C. pseudotuberculosis bei einem Dromedar (Camelus dromedarius) [3]. Dieser Fall zeigt, dass die Pseudotuberkulose auch bei uns nicht nur bei Ziegen und Schafe, sondern auch Kamele betrifft.

 

Ein acht Jahre altes, weibliches Dromedar wurde im August 2014 zu Zuchtzwecken in eine neue Herde integriert. In dieser Herde zeigten bereits mehrere Tiere Hautknoten unbekannter Ursache. Im Juli 2015 wurden bei dem neu eingeführten Dromedar ebenfalls mehrere Knoten in der Haut und ein großer Abszess am unteren Bauch festgestellt. Nach Rückkehr in den Ursprungsstall, musste das Dromedar wegen zahlreicher Abszesse und einer quälenden Gelenkentzündung, die auf eine Behandlung leider nicht ansprachen, aus Tierschutzgründen und wegen der bakteriologisch gesicherten Diagnose einer unheilbaren Pseudotuberkulose euthanasiert werden. Bei der Sektion des Tieres wurden zahlreiche Knoten unter der Haut festgestellt. Zudem traten Abszesse in der Lunge auf, die von einer fibrösen Kapsel umgeben und mit gelblichem, cremigem Eiter gefüllt waren. Histologische Untersuchungen der Unterhautknoten und der Lungenabszesse zeigten das Bild einer granulomatösen Entzündung, von denen Tuberkulose differentialdiagnostisch abgegrenzt wurde. Die bakteriologische Untersuchung ergab ein von Staphylokokken begleitetes starkes Wachstum von Corynebakterien. Mittels MALDI-TOF MS und FT-IR wurden die Bakterien als C. pseudotuberculosis und Staphylococcus aureus identifiziert. Serologische Untersuchungen mittels eines in unserem Untersuchungsamt entwickelten und eines kommerziellen ELISA ergaben starke Antikörper-Reaktionen.

 

Dieser Fall beim Dromedar ist aus folgenden Gründen besonders interessant:

  • Das Dromedar stellt ein mögliches Erregerreservoir für den Pseudotuberkuloseerreger in Deutschland dar.
  • Es werden die pathologisch-histologischen Veränderungen der Pseudotuberkulose für das Dromedar beschrieben.
  • Die bei uns eingesetzten ELISA-Systeme (validiert für Schaf und Ziege) sind auch zum Nachweis von Antikörpern gegen C. pseudotuberculosis beim Dromedar geeignet. Dies ist wichtig, um infizierte Tiere zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten.

 

Abbildung 1: Infiziertes Dromedar mit Hautknoten und Arthritis.

Abbildung 1: C. pseudotuberculosis infiziertes Dromedar mit Hautknoten und Arthritis (Gelenkentzündung).
(Quelle: Dr. Wolfram Rietschel, persönlich)

 

 

Abbildung 2: Eröffneter Hautknoten eines infizierten Dromedars.

Abbildung 2: Eröffneter Hautknoten eines mit C. pseudotuberculosis infizierten Dromedars. (Quelle: CVUAS)

 

Quellen

[1] Ziegenzuchtverband Baden-Württemberg (2016): Richtlinie des Ziegenzuchtverbandes Baden-Württemberg zur Bekämpfung der Pseudotuberkulose in Ziegenbeständen.

[2] Sting, R., L. Schneider-Bühl, H. Wagner, J. Maget, B. Polley, D. Bürstel, H. Axt (2017): Clinical and serological investigations on caseous lymphadenitis in goat breeding herds in Baden-Wuerttemberg. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 130, 136–143.

[3] Sting, R., W. Rietschel, B. Polley, C. Süß-Dombrowski, J. Rau (2017): Coryne-bacterium pseudotuberculosis infection in a dromedary (Camelus dromedaries) in Germany. Berliner und Münchener Tierärztliche Wochenschrift 130, 511–516.

 

Artikel erstmals erschienen am 03.12.2017