Fleischwaren aus dem Internet- attraktive Alternative oder böse Überraschung?

J. Hengen

 

Im Rahmen eines Projektes „Untersuchung von Waren aus Testkäufen“ wurde überprüft, wie im Internet bestellte Lebensmittel, die nur gekühlt haltbar sind, beim Verbraucher angeliefert werden. Bei Überprüfung der Anlieferung wurden schwere Hygienedefizite festgestellt. Unsere Untersuchungen zeigten vor allem Mängel bei der Kühlung leicht verderblicher Lebensmittel auf.

Der Onlinehandel boomt - auch mit kühlpflichtigen Lebensmitteln

Der Internethandel mit Lebensmitteln nimmt stark zu. Dies zeigt sich nicht nur an den Verkaufszahlen der großen Plattformen Amazon oder eBay, sondern auch an einer wachsenden Anzahl an Onlineshops. Neben haltbaren Produkten werden im Onlinehandel auch leicht verderbliche kühlpflichtige Produkte wie Hackfleisch, Milch, Fisch oder Käse angeboten. Bei kühlpflichtigen Produkten müssen die vorgegebenen Kühltemperaturen eingehalten werden. Das Überschreiten von Kühltemperaturen kann zum vorzeitigen Verderb der Lebensmittel führen, schlimmstenfalls können daraus sogar Gesundheitsgefahren für den Verbraucher resultieren.

 

Das Anliefern frischer und kühlpflichtiger Waren zum Verbraucher stellt die Onlinehändler vor große Herausforderungen. So führt das Wirtschaftsmagazin „Der Handel“ [1] aus, dass die übliche Handhabung von Paketen, wie die Abgabe beim Nachbarn oder ein erneuter Zustellversuch am Folgetag bei kühlpflichtigen und frischen Produkten nicht praktikabel seien. Auch die Lieferung in nicht gekühlten Transportern, in denen durchaus bis zu 60°C herrschen könnten, sei für die Lieferung von kühlpflichtigen Waren nicht geeignet.

 

Wie kommt die kühlpflichtige Ware beim Verbraucher an?

Im Rahmen einer groß angelegten Internetrecherche der „Zentralstelle der Länder -G@ZIELT“ wurden deutschlandweit Onlinehändler ermittelt, die kühlpflichtige Ware (insbesondere Fleischwaren) zum Verkauf an im Inland ansässige Konsumenten anboten. In Zusammenarbeit mit dem mikrobiologischen Labor des CVUA Karlsruhe und dem Internetüberwachungsteam in Baden-Württemberg wurde aus diesen Recherchedaten ein Projekt organisiert. Es wurden Testkäufe durchgeführt und die Waren bei Anlieferung überprüft.

 

Das Projekt„Untersuchung von Waren aus Testkäufen“

Bei zwei im Regierungsbezirk Karlsruhe ansässigen Onlinehändlern wurden Testkäufe von besonders leicht verderblichen Lebensmitteln durchgeführt. Ein Händler lieferte nach eigenen Angaben die Waren selbst aus, der andere bediente sich eines Paketdienstes. Nur einer der beiden Testkäufe war letztendlich erfolgreich. So wurden am CVUA Karlsruhe rohes Hackfleisch und rohe Hähnchenleber angeliefert. Die Waren wurden nicht in einem speziellen Kühltransport, sondern per Paketservice in einem nicht gekühlten Fahrzeug angeliefert. Auf dem eingesandten Paket befand sich kein Kühlhinweis.

 

Direkt bei Ankunft der Proben im Labor wurde die Temperatur der Lebensmittel erfasst. Zudem erfolgte eine Überprüfung der sensorischen Beschaffenheit und des mikrobiologischen Status. Ein Teil der Proben wurde zur Überprüfung der Lagerfähigkeit unter Einhaltung der deklarierten Lagertemperaturen bis zum Ende der Haltbarkeitsfristen gelagert. Daran schloss sich eine weitere sensorische und mikrobiologische Untersuchung der Lebensmittel an.

 

Das haben unsere Untersuchungen ergeben:

 

Die Proben kommen am CVUA Karlsruhe an. Schon auf den ersten Blick zeigt sich, dass die zur Kühlung beigefügten Kühl-Akkus nicht mehr gefroren sind, sondern der Inhalt bereits verflüssigt ist.

Abb.: Die Proben kommen am CVUA Karlsruhe an. Schon auf den ersten Blick zeigt sich, dass die zur Kühlung beigefügten Kühl-Akkus nicht mehr gefroren sind, sondern der Inhalt bereits verflüssigt ist.

 

Bereits bei der Anlieferung fiel auf, dass die zur Kühlung in die Packung eingelegten Kühlelemente wegen ihres schon verflüssigten Inhaltes keine Kühlleistung mehr erbringen konnten. Bei beiden Produkten lag die Eingangstemperatur demnach auch zwischen +16 und +17 °C.

Die Kühlkette war unterbrochen. Weiterhin zeigte sich, dass die Kühltasche innen verschmutzt war.

 

Nach Ausräumen der Kühltasche zeigt sich, dass die Tasche innen verschmutzt ist

Abb.: Nach Ausräumen der Kühltasche zeigt sich, dass die Tasche innen verschmutzt ist

 

Das rohe Hackfleisch wies bereits  bei Probeneingang Geruchsabweichungen auf. Bei der mikrobiologischen Untersuchung wurden hohe Keimgehalte der typischerweise zum Verderb führenden Keime festgestellt. Nach der Lagerung war das Hackfleisch verdorben, das deklarierte Verbrauchsdatum wurde nicht eingehalten.

Bei der rohen Hähnchenleber konnte zwar noch kein Verderb festgestellt werden, jedoch wurden hohe Zahlen von zum Verderb führenden Keimen festgestellt.

Der Verderb des Hackfleisches und die hohe Keimbelastung der Hähnchenleber können auf die Unterbrechung der Kühlkette während der Anlieferung der Lebensmittel zurückgeführt werden.

 

Ähnliche Ergebnisse hatte das CVUA Karlsruhe schon 2010 im Rahmen eines ähnlich gelagerten Pilotprojektes erhalten[2].

 

Was können Sie tun?

Dem Verbraucher ist zu raten, bei der Bestellung kühlpflichtiger Lebensmittel im Internet besonders vorsichtig zu sein. Es besteht das Risiko, dass - trotz Bemühungen der Onlinehändler – Lebensmittel bereits während des Transports verderben oder angegebene Haltbarkeitsfristen beeinträchtigt werden.

 

Quellen:

[1] http://www.derhandel.de/news/technik/pages/Onlinehandel-Frische-ist-die-Achillesferse-von-Amazon-6410.html
Screenshot als PDF-Dokument, abgerufen am 09.09.2014

[2] Löbell-Behrends, S., Böse, W., Marx, G., Sabrowski, A., Lexe, M., Lohneis, M., & Lachenmeier, D. W. (2010). Lebensmittelüberwachung im Internet. Rundschau für Fleischhygiene und Lebensmittelüberwachung, 62 (12), 433-434.

 

Autoren:

  • J. Hengen, Internetbeauftragte am CVUA Karlsruhe

 

Co-Autoren:

  • M. Lohneis, Sachverständiger am CVUA Karlsruhe
  • C. Finke: Sachverständige am CVUA Karlsruhe
  • C. Andlauer: Sachverständige am CVUA Karlsruhe
  • Stabsstelle Ernährungssicherheit am RP Tübingen: Kontaktstelle für die Überwachung des Internethandels in Baden-Württemberg

 

 

Artikel erstmals erschienen am 18.12.2014