Quartäre Ammoniumverbindungen

Christina Riemenschneider

 

Was sind quartäre Ammoniumverbindungen und wozu werden sie eingesetzt?

Bei quartären Ammoniumverbindungen (QAVs) handelt es sich um eine große Gruppe von Industriechemikalien, die zu den Tensiden gehören. Tenside sind aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften sowohl in Wasser als auch in Fett löslich und werden daher in sehr vielfältigen Bereichen eingesetzt. So werden QAVs unter anderem in Desinfektionsmitteln, Pflanzenschutzmitteln, als Zusatz bei technischen Anwendungen (Farben, Lacke) und in Kosmetikprodukten verwendet. Zu den bekanntesten Substanzklassen der QAVs zählen die Benzalkoniumchloride (BAC) und Dialkyldimethylammoniumchloride (DDAC) [1].

 

In Lebensmittel gelangen quartäre Ammoniumverbindungen in erster Linie durch die Verwendung von QAV-haltigen Desinfektionsmitteln bei der Reinigung von Oberflächen und Schneidgeräten in der Lebensmittelindustrie. Jedoch können auch Handdesinfektionsmittel QAVs enthalten. Um einen Übergang auf Lebensmittel zu vermeiden, ist beim Reinigungsprozess auf ausreichendes Spülen mit heißem Wasser zu achten [2]. Darüber hinaus wurden QAVs auch als Verunreinigung in Pflanzenstärkungsmitteln nachgewiesen, sodass Lebensmittel aus Nutzpflanzen, die mit diesen Mitteln behandelt wurden, entsprechende Rückstände aufwiesen. Die Anwendung dieser Mittel ist jedoch mittlerweile untersagt. Die Behandlung von exotischen Früchten mit nicht-essbarer Schale mit QAV-haltigen Pflanzenschutzmitteln nach der Ernte ist in einigen Drittländern zugelassen, sodass z. B. Zitrusfrüchte gelegentlich Rückstände von QAVs aufweisen können. [3]

Untersuchungsergebnisse zu quartären Ammoniumverbindungen in tierischen Lebensmitteln

Am CVUA Freiburg wurden seit dem Jahr 2013 mehr als 1600 Proben tierischen Ursprungs auf BAC und DDAC untersucht. In ca. 7% der Proben wurden Rückstände an Stoffen dieser Substanzklassen nachgewiesen. Am häufigsten betroffen waren dabei Sahne aus Automaten in der Gastronomie, helle Speiseeissorten aus Eisdielen und Fisch aus asiatischen Binnengewässern (Pangasius).

 

Ein Teil der Untersuchungsergebnisse zu Sahne, Eis und Pangasius ist bereits durch Internetbeiträge auf der Seite des CVUA Freiburg veröffentlicht:

 

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten in Lebensmitteln tierischer Herkunft - Ergebnisse des Jahres 2012 (2013)

Rückstände von Chlorat und quartären Ammoniumverbindungen in Pangasiusfilet (2020)

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es für quartäre Ammoniumverbindungen in Lebensmitteln?

Pflanzenschutzmittel mit Wirkstoffen aus den Substanzklassen der Benzalkoniumchloride (BAC) und Dialkyldimethylammoniumchloride (DDAC) sind in der EU nicht mehr zugelassen. Als Wirkstoffe in Reinigungs- und Desinfektionsmitteln (Bioziden) haben BAC und DDAC jedoch weiterhin eine Zulassung in der EU. Vertreter dieser beiden Substanzklassen werden daher zu den sogenannten Dual-use-Stoffen gezählt, d.h. sie sind sowohl ein Biozid- als auch ein Pflanzenschutzmittelwirkstoff.

 

Basierend auf Daten von Mitgliedsstaaten und Lebensmittelunternehmern legte die EU-Kommission im Jahr 2014 einen vorläufigen Rückstandshöchstgehalt von je 0,01 mg/kg für BAC und DDAC in Lebensmitteln fest, welcher in die Verordnung (EG) Nr. 396/2015 aufgenommen wurde und als technologisch unvermeidbar gilt [4, 5]. Diese gesetzlichen Rückstandshöchstgehalte gelten unabhängig davon, ob die Stoffe zu Pflanzenschutz-Zwecken oder als Biozide verwendet wurden.

 

Literatur

[1] Gans O. et al. (2005): Grundlagen zur Risikoabschätzung für quaternäre Ammoniumverbindungen. Umweltbundesamt, Wien.

[2] H. Knapp, P. Fecher, K. Werkmeister, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Erlangen, „Desinfektionsmittelrückstände in Lebensmitteln“, Lebensmittelchemie 65, 1-16 (2011)

[3] www.bvl.bund.de: Rückstände von quartären Ammoniumverbindungen in Lebensmitteln

[4] Verordnung (EU) Nr. 1119/2014 der Kommission vom 16. Oktober 2014 zur Änderung des Anhangs III der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Höchstgehalte an Rückständen von Benzalkoniumchlorid und Didecyldimethylammoniumchlorid in oder auf bestimmten Erzeugnissen

[5] VO (EG) 396/2005: Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70/1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 2018/1516 vom 10. Oktober 2018 (ABl. L 256/45)

 

 

Artikel erstmals erschienen am 23.03.2021